Geschichte der Kirche
Thomas B. Marsh


„Thomas B. Marsh“, Themen im Zusammenhang mit der Geschichte der Kirche

„Thomas B. Marsh“

Thomas B. Marsh

Thomas B. Marsh erblickte 1799 in Massachusetts das Licht der Welt. Er verließ seine Heimat mit 14 Jahren und übte in Vermont und New York verschiedene kurzfristige Tätigkeiten aus. Unter anderem verdingte er sich auf Farmen, als Kellner, als Pferdeknecht, er verkaufte Lebensmittel und stellte Lettern für Druckerpressen her. Weil er mit den Religionen seiner Zeit unzufrieden war, zog er sich von allen Kirchen zurück und erwartete den Tag, da sich eine neue Kirche mit „der reinen Wahrheit“ erheben würde.1 1830 hörte er von dem wiederhergestellten Evangelium und reiste nach Palmyra in New York, wo er Martin Harris traf. Er erhielt von diesem 16 frisch gedruckte Seiten des Buches Mormon. Thomas Marsh kehrte nach Massachusetts zurück und zeigte die Seiten seiner Frau Elizabeth, geborene Godkin. Sie hielt die Übersetzung für das Werk Gottes.

Das Ehepaar Marsh zog mit seinen drei Kindern im September 1830 nach Palmyra, wo sich die Familie kurz darauf taufen ließ. Nach einem Umzug nach Kirtland in Ohio im Jahr 1831 wurde Thomas Marsh zum Hohen Priester ordiniert. Im November 1832 zog er in den Kreis Jackson in Missouri, wo er sich mit seiner Familie in einem gemütlichen Blockhaus am Big Blue River niederließ und damit begann, das Land zu bestellen. Nachdem der Pöbel die Heiligen aus Jackson vertrieben hatte, ließ sich Familie Marsh in der Nähe des Kreises Lafayette nieder, wo Thomas Marsh an einer Schule als Lehrer tätig war.

Er erfüllte in diesen Jahren wichtige Berufungen. Kurz nachdem er sich der Kirche angeschlossen hatte, wurde er durch Offenbarung zum „Arzt für die Kirche“ berufen. Es ist allerdings nicht klar, ob Marsh, der keine medizinische Ausbildung absolviert hatte, wirklich als Arzt tätig sein oder eher in geistiger Hinsicht die Aufgabe eines Heilers erfüllen sollte.2 In Missouri war er als Zweigpräsident und später in Zion im Hoherat tätig. Im April 1835 wurde er als Mitglied des neu gegründeten Kollegiums der Zwölf Apostel ordiniert. Mit 36 Jahren war er das älteste Mitglied dieses Gremiums und wurde somit in der Geschichte der Kirche als dessen erster Präsident bestätigt.

Unverzüglich führte Thomas Marsh die Zwölf auf eine Mission in die Oststaaten. Das Kollegium bestand aus jungen Männern, die alle erst wenige Jahre der Kirche angehörten. 1837 kam es in Kirtland zu einer Wirtschaftskrise und zu Streitigkeiten, und einige der Zwölf stellten Joseph Smith als Führer in Frage. Thomas Marsh fiel es schwer, für Einigkeit im Kollegium zu sorgen. Zwar wurden vier der Zwölf aus der Kirche ausgeschlossen, aber anderen, etwa Parley P. Pratt, half Thomas Marsh ganz entscheidend dabei, ihre Bedenken zu überwinden und treu zu bleiben.

Ungefähr zu dieser Zeit hatte Joseph Smith den Apostel Heber C. Kimball losgeschickt, in England die Missionsarbeit aufzunehmen. Als Thomas Marsh davon erfuhr, war er gekränkt und möglicherweise enttäuscht, dass er als Kollegiumspräsident nicht über diesen Auftrag unterrichtet worden war. „Sei demütig, dann wird der Herr, dein Gott, dich … führen“, hieß es in einer Offenbarung an ihn, die durch Joseph Smith gegeben wurde. Der Herr ermahnte Thomas Marsh, treu zu sein und sich „nicht gegen meinen Knecht Joseph auf[zulehnen]“.3

Dennoch hatte Marsh, nachdem er 1838 nach Far West in Missouri gezogen war, immer mehr an Joseph Smith auszusetzen. Auch war er vehement dagegen, dass sich einige Heilige gewaltsam gegen den Pöbel in Missouri verteidigten.4 In einer eidesstattlichen Erklärung taten er und Orson Hyde kund, weshalb sie Gewalt durch Mormonen nicht befürworteten. Das Dokument wurde später als Beweisstück von den Beamten in Missouri gegen die Heiligen verwendet. „Ich hatte einen Balken in meinem Auge und dachte, ich könne einen Splitter in Josephs Auge sehen“, berichtete Marsh später. „Dabei steckte in meinem eigenen Auge ein Balken.“5 Er zog sich im Oktober 1838 von der Kirche zurück. Er zog mit seiner Frau nach Missouri, wo sie ihre Kinder großzogen. Elizabeth Marsh starb 1854. Drei Jahre später bat Thomas Marsh darum, sich der Kirche wieder anschließen zu dürfen. Er half Mitgliedern, die ausgewandert waren, und wurde bald darauf in Florence in Nebraska erneut getauft. Schließlich ließ er sich in Utah nieder, wo er Hannah Adams heiratete und als Lehrer in Spanish Fork arbeitete. Später zog er nach Ogden, wo er 1862 verstarb.

Verwandte Themen: Kollegium der Zwölf Apostel

  1. Thomas B. Marsh, „History of Thos. Baldwin Marsh (Written by Himself in Great Salt Lake City, November, 1857)“, Deseret News, 8. Jahrgang, Nr. 3, 24. März 1858, Seite 18

  2. „Revelation, September 1830-F [DC 31]“, in: Revelation Book 1, Seite 44, josephsmithpapers.org; siehe auch Kay Darowski, „The Faith and Fall of Thomas Marsh: DC 31, 112“, in: Matthew McBride und James Goldberg, Hg., Revelations in Context: The Stories behind the Sections of the Doctrine and Covenants, Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage, Salt Lake City 2016, Seite 54–60

  3. „Revelation, 23 July 1837 [DC 112]“, in: Joseph Smith, „Journal, March–September 1838“, Seite 72f., josephsmithpapers.org

  4. Aus einigen Quellen geht hervor, dass es 1838 in Far West in Missouri zu einem Streit zwischen Elizabeth Marsh und Lucinda Harris kam, weil Schwester Marsh Milchrahm für sich einbehielt, und dass dies ein weiterer Beweggrund für Thomas Marsh war, die Kirche zu verlassen (siehe George A. Smith, Predigt, 21. Dezember 1845, in: Helen Mar Whitney, „Scenes in Nauvoo, and Incidents from H. C. Kimball’s Journal“, Woman’s Exponent, 12. Jahrgang, Nr. 3, 1. Juli 1883, Seite 14; George A. Smith, 6. April 1856, in: Journal of Discourses, 3:283f.; Thomas B. Marsh, Brief an Heber C. Kimball, 5. Mai 1857, Historisches Archiv der Kirche, Salt Lake City; Erastus Snow, „Autobiography of Erastus Snow [1875]“, Utah Genealogical and Historical Magazine, 14. Jahrgang, Nr. 3, Juli 1923, Seite 106f.).

  5. Thomas B. Marsh, Autobiografie, in: „History of Brigham Young“, Latter-day Saints’ Millennial Star, 26. Jahrgang, Nr. 26, 25. Juni 1864, Seite 406