Geschichte der Kirche
Öffentlichkeitsarbeit


„Öffentlichkeitsarbeit“, Themen im Zusammenhang mit der Geschichte der Kirche, 2022

„Öffentlichkeitsarbeit“, Themen im Zusammenhang mit der Geschichte der Kirche

Öffentlichkeitsarbeit

Die Kirche wurde zu einer Zeit gegründet, als in den Vereinigten Staaten der Zeitungsjournalismus rasch wuchs und die öffentliche Meinung über die Kirche und ihre Mitglieder von einer oft feindseligen Presse beeinflusst wurde.1 Joseph Smith und andere damalige Führer der Kirche erkannten die Notwendigkeit, die Öffentlichkeit korrekt über die Kirche zu informieren. Hierzu setzten sie oft auf die Zeitung als Medium. Der erste bedeutende Geschichtsbericht der Kirche wurde auf Weisung von Joseph Smith verfasst und als Erstes als Artikelreihe in Zeitungen der Kirche veröffentlicht. Er sollte „die Öffentlichkeit über die falschen Behauptungen aufklären“, die über die Kirche kursierten, und exakt wiedergeben, was die Heiligen der Letzten Tage erlebt hatten.2

Nachdem die Mitglieder der Kirche gewaltsam aus Missouri vertrieben worden waren, schrieb der Prophet aus dem Gefängnis zu Liberty einen Brief, worin er die Heiligen aufforderte, Berichte über alles, was sie erlitten hatten, zu sammeln und an die Öffentlichkeit zu bringen. Dies sei ihre „zwingende Pflicht“.3 Selbst nachdem ihr Ersuchen um staatliche Hilfe abgelehnt worden war, machten die Heiligen das, was sie in Missouri durchlebt hatten, über Berichte, Artikel, Reden und Traktate öffentlich bekannt. Im restlichen 19. Jahrhundert – die Heiligen wanderten in dieser Zeit in den amerikanischen Westen aus, stellten den Antrag, ihr Territorium zum US-Bundesstaat zu machen, und stießen auf weit verbreiteten Widerstand gegen die Mehrehe – waren die Führer der Kirche bestrebt, den Ruf der Kirche durch Missionsarbeit, Druckschriften, Mundpropaganda und regelmäßige Zusammenkünfte mit einflussreichen Leuten zu verbessern.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts setzten Industrieunternehmen und andere Großeinrichtungen zunehmend auf neue, besser ausgestaltete Methoden zur Information der Öffentlichkeit. Zur Entwicklung von Programmen, Veranstaltungen und Kampagnen für die Öffentlichkeitsarbeit ließen Organisationen aller Art Werbefachleute für sich arbeiten. Universitäten, Einzelhandelsgeschäfte und auch Kirchen richteten Informationsbüros, Besucherzentren und Ausstellungen ein, die jedem offenstanden.4 In Salt Lake City eröffnete die Kirche 1902 das Informationsbüro am Tempelplatz. Dort lag Literatur aus und Besucher konnten Fragen stellen.5

Gordon B. Hinckley freundete sich in der Zeit, als er in den 1930er Jahren in Großbritannien auf Mission war, mit mehreren Journalisten an. Das trug dazu bei, die Feindseligkeit gegen die Kirche zu verringern; dabei zeigte sich auch sein Talent für Öffentlichkeitsarbeit. Kurz nach seiner Rückkehr nach Utah wurde er von den Führern der Kirche gebeten, sich dem neu gegründeten Komitee für Radio, Öffentlichkeitsarbeit und Missionsliteratur anzuschließen und bei der Erstellung von Medienprodukten zur Verwendung in den Missionen mitzuwirken. 1935 begann er mit dem Anwerben von Medienspezialisten, die einen fruchtbaren Austausch zwischen Kirche und Öffentlichkeit fördern sollten.6

Ab den 1950er Jahren arbeiteten die Führer der Kirche mit Beratern für Öffentlichkeitsarbeit zusammen, um eine positive Berichterstattung über Veranstaltungen wie die Festspiele am Hügel Cumorah oder über neue Aufnahmen des Tabernakelchors zu erzielen. Im Jahr 1957 stellte die Kirche Fachleute für Öffentlichkeitsarbeit ein und gründete den Informationsdienst der Kirche (CIS). Dieser Bereich hatte die Aufgabe, die Allgemeinheit korrekt über öffentlichkeitswirksame Unternehmungen der Kirche zu informieren.

In den darauffolgenden Jahrzehnten konnte der CIS, der 1991 die Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit wurde, etliche Erfolge verbuchen. Unter anderem zeichnete er verantwortlich für den Mormonen-Pavillon bei den Weltausstellungen ab 1964, für eine Reihe von Radio- und Fernsehsendungen zum Thema Familie mit dem Titel Homefront in den 1970er Jahren und für Werbeinitiativen wie die Kampagne „Ich bin Mormone“ in den 2010er Jahren. In den 1990er Jahren koordinierte die Abteilung den ehrenamtlichen Einsatz von 3.500 Beauftragten für Öffentlichkeitsarbeit in Pfählen und Missionen weltweit, um die Lokalpresse über Unternehmungen vor Ort in Kenntnis zu setzen. Da die Kirche auch im 21. Jahrhundert international auf Wachstumskurs ist und die Multimediatechnik immer mehr Verbreitung findet, wurden viele Aufgaben, die in den Bereich der Öffentlichkeitsarbeit fallen – zum Beispiel Dialog auf kommunaler Ebene, interreligiöse Beziehungen, Medien und elektronische Kommunikation oder auch Reputationsmanagement – in der neu gegründeten Kommunikationsabteilung der Kirche zusammengefasst. Auch heute erstellen für die Kirche tätige Fachleute für Öffentlichkeitsarbeit Werbebotschaften, Stellungnahmen und sonstige Beiträge auf Online-Medien.

Verwandte Themen: Weltausstellung 1893, Rundfunkmedien, Hauptsitz der Kirche, Tabernakelchor

  1. Siehe Jack Larkin, „‚Printing is something every village has in it‘: Rural Printing and Publishing“, in: Robert A. Gross und Mary Kelley, Hg., A History of the Book in America, Band 2, An Extensive Republic: Print, Culture, and Society in the New Nation, 1790–1840, University of North Carolina Press, Chapel Hill 2010, Seite 145–160; siehe auch Thema: Widerstand gegen die Kirche in der Anfangszeit

  2. Joseph Smith, „History, 1838–1856, volume A-1 [23 December 1805–30 August 1834]“, Seite 1, https://www.josephsmithpapers.org/paper-summary/history-1838-1856-volume-a-1-23-december-1805-30-august-1834/1; siehe auch Joseph Smith, „Church History“, Times and Seasons, 3. Jahrgang, Nr. 9, März 1842, Seite 706–710, https://www.josephsmithpapers.org/paper-summary/times-and-seasons-1-march-1842/4; Joseph Smith, „Letter to Noah C. Saxton, 12 February 1833“, in: Letterbook 1, Seite 27f., https://www.josephsmithpapers.org/paper-summary/letter-to-noah-c-saxton-12-february-1833/1

  3. Joseph Smith, „Letter to Edward Partridge and the Church, circa 22 March 1839“, Seite 6, https://www.josephsmithpapers.org/paper-summary/letter-to-edward-partridge-and-the-church-circa-22-march-1839/6

  4. Scott M. Cutlip, The Unseen Power: Public Relations, A History, Lawrence Erlbaum Associates, Hillsdale/New Jersey 1994, Seite 10–26; Cayce Myers, Public Relations History: Theory, Practice, and Profession, Routledge, New York 2021, Seite 76–90

  5. Edward H. Anderson, „The Bureau of Information“, Improvement Era, 25. Jahrgang, Nr. 2, Dezember 1921, Seite 131–139

  6. Sheri L. Dew, Go Forward with Faith: The Biography of Gordon B. Hinckley, Deseret Book, Salt Lake City 1996, Seite 86–105