Geschichte der Kirche
Emmeline B. Wells


„Emmeline B. Wells“, Themen im Zusammenhang mit der Geschichte der Kirche

„Emmeline B. Wells“

Emmeline B. Wells

Emmeline Blanche Woodward wurde 1828 in Petersham in Massachusetts geboren. Schon zu Beginn ihrer Schulzeit zeigte sich, dass sie schriftstellerisches Talent hatte. Als sie etwa 14 Jahre alt war, schlossen sich ihre Mutter und ihre zwei jüngeren Schwestern der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage an. Emmeline rang mit sich, ob sie ihrem Beispiel folgen sollte. Obwohl der heftige Widerstand gegen die Kirche in ihrem Umfeld sie einschüchterte, fühlte sie sich zur Botschaft der Wiederherstellung hingezogen. Im März 1842 entschloss sie sich zur Taufe, die in einem überfrorenen Bach stattfand.1 Nach Beendigung ihrer Ausbildung unterrichtete Emmeline ein Jahr lang. Dann heiratete sie James Harvey Harris und zog mit der Familie Harris nach Nauvoo. Als sie im Mai 1844 in Nauvoo von Bord eines Dampfers ging, war Joseph Smith da, um die Neuankömmlinge zu begrüßen. „Der einzige Gedanke, der meine Seele erfüllte“, schrieb sie später, „war, dass ich den Prophet Gottes gesehen hatte.“2

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Porträt von Emmeline B. Wells

Porträt von Emmeline B. Wells

Emmelines Hingabe und Kraft wurden in den nächsten paar Monaten arg auf die Probe gestellt: Joseph Smith wurde ermordet, die Familie Harris wandte sich von der Kirche ab, Emmelines erstes Kind starb kurz nach der Geburt, und ihr Mann James verließ Nauvoo auf der Suche nach Arbeit und kehrte nie mehr zurück. Emmeline fand jedoch bei den Heiligen in Nauvoo Unterstützung, besonders bei der Familie von Newel K. Whitney und seiner Frau Elizabeth Ann. 1845 wurde sie als weitere Frau an Newel gesiegelt und überquerte dann mit der Familie Whitney die Prärie. 1850 starb Newel, der Vater von Emmelines zwei ältesten Töchtern. Emmeline bewies geistige Selbständigkeit, als sie daraufhin Daniel H. Wells (später Brigham Youngs Ratgeber in der Ersten Präsidentschaft) einen Antrag machte und ihn als seine dritte Frau heiratete.3 Gemeinsam hatten sie drei Töchter. In ihren Tagebüchern hielt Emmeline fest, wie schwierig es war, in Mehrehe mit einem Ehemann zu leben, der zeitraubende Aufgaben in der Gesellschaft und in der Kirche zu erfüllen hatte.

Nachdem sie sich viele Jahre um ihre Familie gekümmert hatte, begann sie 1873 ihre Laufbahn als Journalistin mit einem Artikel, den sie bei der gerade erst ins Leben gerufenen Frauenzeitung Woman’s Exponent einreichte. 1875 wurde sie Mitherausgeberin des Woman’s Exponent und bald darauf die alleinige Herausgeberin. Während der vier Jahrzehnte beim Woman’s Exponent veröffentlichte sie Leitartikel, Berichte, Gedichte und Biografien unzähliger Frauen. Damit erreichte sie sowohl die Frauen in der Kirche als auch Frauen anderer Glaubensrichtungen und brachte gesellschaftliche Anliegen ebenso voran wie religiöse. Sie veröffentlichte außerdem ihre gesammelten Gedichte in einem Band mit dem Titel Musings and Memories (Träumereien und Erinnerungen).

Durch ihre Arbeit beim Woman’s Exponent lernte sie die Leiterinnen der Frauenhilfsvereinigung, der Gemeinschaftlichen Fortbildungsvereinigung Junger Damen und der Primarvereinigung gut kennen. Sie bereiste mit ihnen das ganze Territorium und unterrichtete und schulte die Führerinnen an vielen Orten. 1876 wurde sie von Brigham Young dazu berufen, für die ganze Kirche ein Programm zur Getreidelagerung zu leiten.4 Sie wirkte tatkräftig in der landesweiten Bewegung mit, die für das Frauenwahlrecht kämpfte, und baute Beziehungen zu Aktivistinnen wie Susan B. Anthony oder Elizabeth Cady Stanton auf. Sie arbeitete im Nationalen und im Internationalen Frauenrat mit und vertrat dabei die Frauenorganisationen aus dem Westen.5 Im Rahmen dieser Öffentlichkeitsarbeit traf sie sechs Präsidenten der Vereinigten Staaten.6 1878 schrieb sie in ihr Tagebuch: „Ich möchte all meine Kraft dafür einsetzen, die Lage unseres Volkes zu verbessern, vor allem die der Frauen.“7

Nachdem 1880 der Hauptausschuss der Frauenhilfsvereinigung gegründet worden war, war Emmeline Wells dort unter drei verschiedenen Präsidentschaften als Sekretärin tätig. 1910 wurde sie als fünfte Präsidentin der Frauenhilfsvereinigung berufen, und unter ihrer Leitung führte der Hauptausschuss der Frauenhilfsvereinigung das Motto „Die Liebe hört niemals auf“ ein.8 Sie blieb Präsidentin bis kurz vor ihrem Tod 1921.

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Porträt von Emmeline B. Wells

Porträt von Emmeline B. Wells in reiferen Jahren

Verwandte Themen: Frauenhilfsvereinigung, Organisationen für Junge Damen, Primarvereinigung, Zeitschriften der Kirche, Frauenwahlrecht

Anmerkungen

  1. Emmeline B. Wells, Reisetagebuch 1885/86, 18. Dezember 1885, L. Tom Perry Special Collections, Harold B. Lee Library, Brigham-Young-Universität, Provo/Utah

  2. Emmeline B. Wells, in: „Joseph Smith, the Prophet“, Young Woman’s Journal, 16. Jahrgang, Nr. 12, Dezember 1905, Seite 555

  3. Emmeline B. Whitney [Wells], Brief an Daniel Wells, 4. März 1852, Daniel H. Wells, Schriftstücke, Historisches Archiv der Kirche, Salt Lake City

  4. Emmeline B. Wells, „The Mission of Saving Grain“, Relief Society Magazine, 2. Jahrgang, Nr. 2, Februar 1915, Seite 47

  5. Emmeline B. Wells, „A Glimpse of Washington: The Woman’s National Council“, Woman’s Exponent, 19. Jahrgang, Nr. 17, 1. März 1891, Seite 132f.; siehe auch Jill Mulvay Derr, Carol Cornwall Madsen, Kate Holbrook und Matthew J. Grow, Hg., The First Fifty Years of Relief Society: Key Documents in Latter-day Saint Women’s History, Church Historian’s Press, Salt Lake City 2016, Seite 579–588

  6. Mit ihrem Ehemann, Daniel H. Wells, traf Emmeline im Jahr 1875 Ulysses S. Grant und James A. Garfield (fünf Jahre vor Garfields Wahl zum Präsidenten der Vereinigten Staaten). Emmeline wurde 1879 von Rutherford B. Hayes empfangen, 1886 von Grover Cleveland und 1902 von Theodore Roosevelt. 1919 stattete ihr Woodrow Wilson einen Besuch ab und bedankte sich für ihre Unterstützung während des Ersten Weltkriegs. Außerdem nahm sie 1901 an der Amtseinführung von William McKinley teil.

  7. Emmeline B. Wells, Tagebuch, 4. Januar 1878, L. Tom Perry Special Collections, Harold B. Lee Library, Brigham-Young-Universität, Provo/Utah

  8. Protokoll des Hauptausschusses der Frauenhilfsvereinigung, 1842–2007, 3. Juli 1913, Historisches Archiv der Kirche, Salt Lake City; Jill Mulvay Derr, Janath Russell Cannon und Maureen Ursenbach Beecher, Women of Covenant: The Story of Relief Society, Deseret Book, Salt Lake City 1992, Seite 194