Geschichte der Kirche
Handkarrenabteilungen


„Handkarrenabteilungen“, Themen im Zusammenhang mit der Geschichte der Kirche

„Handkarrenabteilungen“

Handkarrenabteilungen

Bis Mitte der 50er Jahre des 19. Jahrhunderts war vor allem der Planwagen das Transportmittel der Wahl für den Treck der Pioniere ins Salzseetal. Die Notwendigkeit einer kostengünstigeren und effizienteren Variante veranlasste Brigham Young dazu, die Weisung zu geben, dass Handkarrenabteilungen gebildet wurden. Die Planwagen wurden üblicherweise von Ochsen gezogen, die hölzernen Handkarren hingegen zogen die Pioniere selbst. Handkarren waren erschwinglicher, und eine Handkarrenabteilung kam auch schneller voran als ein Wagenzug.

Bild
Handkarrenpioniere, Gemälde von Minerva Teichert

Handkarrenpioniere, Gemälde von Minerva Teichert

Handkarren wurden ab 1856 eingesetzt und fanden bis 1860 Verwendung. Die Gesellschaft des Ständigen Auswanderungsfonds unterstützte diejenigen, die sich die Reise nicht leisten konnten, mit einem Darlehen. Nur zehn der insgesamt mehr als 350 Abteilungen mit ausgewanderten Heiligen der Letzten Tage machten sich mit Handkarren auf den Weg in den Westen.1

Die meisten Handkarrenabteilungen gelangten ohne größere Zwischenfälle ans Ziel. Zwei Handkarrenabteilungen jedoch, die von James G. Willie und Edward Martin angeführt wurden, sind unter den Heiligen der Letzten Tage wegen der tragischen Folgen ihres späten Reiseantritts bekannt. Die Abteilungen von Willie und Martin gerieten 1856 zusammen mit den Planwagenabteilungen von Hunt und Hodgetts auf der Prärie des heutigen Wyoming in heftige Schneestürme. An die 1.500 Menschen steckten dort im schneeverwehten Gelände fest. Etwa 250 von ihnen starben infolge von Unterkühlung, Erfrierungen und Hunger. Tausende Mitglieder der Kirche aus Utah beteiligten sich an den Rettungsmaßnahmen. Sie sandten Nahrungsmittel und Hilfsgüter, und mehr als 300 Retter setzten sich selbst der Gefahr aus, um den Abteilungen entgegenzukommen und ihnen zu helfen, das Salzseetal zu erreichen. Sie retteten mehr als 1.200 Menschen das Leben. Zwar wurde dieser Rettungseinsatz samt seinen Folgen in so mancher Erzählung da und dort etwas ausgeschmückt,2 doch das rasche Reagieren der Heiligen, die heldenhafte Bereitschaft, das eigene Wohl zurückzustellen, und der Einsatz einer ganzen Gemeinschaft, um den Überlebenden beizustehen, ist seitdem für Generationen von Heiligen der Letzten Tage ein leuchtendes Beispiel.

Abgesehen von der Tragödie bei den Handkarrenabteilungen von Willie und Martin lag die Zahl der Todesopfer bei den anderen Handkarrenabteilungen nicht höher als bei den Planwagenzügen. Die Verwalter des Ständigen Auswanderungsfonds unterstützten daher weiterhin die Handkarren-Trecks. 1860 hatten bereits an die 3.000 Handkarrenpioniere den Weg unbeschadet zurückgelegt.

Anmerkungen

  1. Siehe „Full Company List“, Datenbank zur Landüberquerung der Mormonenpioniere, history.ChurchofJesusChrist.org; siehe Themen: Auswanderung, Treck der Pioniere

  2. Die bekannte Überlieferung von drei jungen Rettern, die eine ganze Abteilung einen nach dem anderen über den Sweetwater River trugen und in der Folge selbst an den Kälteeinwirkungen starben, denen aber für diese eine Tat ewiges Leben verheißen wurde, scheint wohl etwas aufgebauscht worden zu sein; siehe Chad M. Orton, „The Martin Handcart Company at the Sweetwater: Another Look“, BYU Studies, 45. Jahrgang, Nr. 3, 2006, Seite 5–37.