Handbücher und Berufungen
DEMJENIGEN HELFEN, DER STÖRT


24

DEMJENIGEN HELFEN, DER STÖRT

Elder Boyd K. Packer hat gesagt:

„Jede Lehrkraft muss begreifen, dass die Menschen im Grunde genommen gut sind. Man muss erkennen, dass sie im Grunde genommen das Rechte tun möchten. Solch ein erhabener Gedanke schafft Glauben und ist ganz entscheidend, wenn wir unsere eigenen Kindern oder eine Gruppe junger Leute unterweisen wollen.

… Wir als Lehrer müssen uns ständig dessen bewusst sein, dass wir einen Sohn, eine Tochter Gottes unterweisen und dass in jedem, weil er ja von Gott abstammt, die Möglichkeit steckt, so zu werden wie er.“ (Teach Ye Diligently, Neuauflage, [1991], Seite 89.)

Über die Atmosphäre in der Familie hat Präsident Gordon B. Hinckley gesagt: „Wenn kleine Probleme auftreten, wie es unweigerlich geschieht, halten Sie sich zurück. Denken Sie an den weisen alten Spruch: ‚Eine sanfte Antwort dämpft die Erregung.‘ (Sprichwörter 15:1.) Keine Strafe der Welt kommt einer Strafe mit Liebe gleich. Sie hat eine ganz eigene Kraft.“ („Die Atmosphäre in der Familie“, Der Stern, Oktober 1985, Seite 4.)

Wie Präsident Hinckley bereits erwähnt hat, treten kleine Probleme unweigerlich auf. Ob Sie nun in der Familie oder in der Kirche unterrichten – es kann da wie dort vorkommen, dass der Unterricht durch das Verhalten dessen, den Sie unterweisen, gestört wird. Denken Sie bei Ihrem Bemühen, dem Störenfried zu helfen, daran, dass Sie nicht bloß unangemessenes Verhalten in die richtigen Bahnen lenken oder darauf achten müssen, dass alle ruhig sind: Sie müssen dem Lernenden helfen, ein besserer Jünger des Erretters zu werden. Die folgende Information wird Ihnen helfen, Störungen auf christusgleiche Weise zu beseitigen.

An den Wert der Seele denken

Der Herr hat gesagt: „Denkt daran: Die Seelen haben großen Wert in den Augen Gottes.“ (LuB 18:10.) Jeder, den Sie unterweisen, hat göttliche Eigenschaften und eine göttliche Bestimmung. Wie Sie auf sein Verhalten reagieren, kann ihn daran erinnern, dass er als Sohn oder sie als Tochter Gottes unendlichen Wert hat. Durch Ihr Beispiel können Sie in ihm vermehrt den Wunsch wecken, mitzuhelfen, dass auch die anderen Teilnehmer das Evangelium lernen und gemäß seinen Grundsätzen leben können.

Sich bemühen, die Schüler zu verstehen

Beziehen Sie in Ihre Überlegungen, wie Sie einem Störenfried helfen können, auch die Frage ein, warum er stört. Vielleicht hat sogar die Umgebung im Klassenzimmer etwas damit zu tun. Beten Sie um Führung durch den Geist. Manchmal stört jemand, weil ihn etwas stört, was Sie oder jemand anders tun. Manchmal sagt jemand etwas Unpassendes oder verhält sich unangemessen, weil er Sorgen hat oder zornig, müde oder frustriert ist. Ziehen Sie alle diese Möglichkeiten in Betracht. Wenn Sie Ihre Schüler verstehen, können Sie besser dazu beitragen, dass sie sich auf positive Weise am Unterricht beteiligen. (Siehe „Die Schüler verstehen“, Seite 33–34. Die Bedürfnisse der verschiedenen Altersgruppen finden Sie unter „Kinder unterweisen“, Seite 108–109; „Altersbedingte Merkmale bei Kindern“, Seite 110–116; „Jugendliche verstehen und unterweisen“, Seite 118–120; „Erwachsene verstehen und unterweisen“, Seite 123– 124.)

Die eigenen Bemühungen bewerten

Wenn jemand den Unterricht stört, konzentriert man sich leicht auf dessen Verhalten statt auf das eigene. Doch der Erretter hat gesagt: „Wie kannst du zu deinem Bruder sprechen: Lass mich dir den Splitter aus dem Auge ziehen! – und siehe, du hast selbst im Auge einen Balken? … Ziehe dir zuerst selbst den Balken aus dem Auge, und dann wirst du klar sehen, so dass du deinem Bruder den Splitter aus dem Auge ziehen kannst.“ (3 Nephi 14:4,5.)

Wenn Sie ein Problem mit einem Stören- fried lösen wollen, fragen Sie sich zunächst einmal, ob das Problem nicht etwa an dem liegt, was Sie selbst tun. Fragen Sie sich: „Stelle ich im Unterricht den Erretter und seine Lehre in den Mittelpunkt? Unterrichte ich, so gut ich kann, durch den Geist? Habe ich meinen Schülern geholfen, selbst die Verantwortung für ihr Lernen zu übernehmen? Habe ich ihnen geholfen, zu einer Atmosphäre des Lernens beizutragen? Lasse ich sie von einander lernen? Kann ich mich noch besser vorbereiten? Bemühe ich mich ständig, ein besserer Lehrer zu werden?“

Prüfen Sie die Lehrmethoden, die Sie verwenden. Fragen Sie sich: „Helfen sie meinen Schülern, Evangeliumswahrheiten zu verstehen und anzuwenden? Verwende ich unterschiedliche Methoden, so dass die Schüler interessiert bleiben und sich aktiv beteiligen?“

Die eigenen Beweggründe bewerten

Der Herr hat gelehrt, jeder, der den Wunsch habe, in diesem Werk mitzuhelfen, müsse „demütig und voller Liebe [sein und] Glauben, Hoffnung und Nächstenliebe“ haben. (LuB 12:8.) Nur wer sich von der Liebe leiten lässt, hat einen positiven, machtvollen Einfluss auf die Schüler. Beten Sie darum, mit christusgleicher Liebe zu jedem, den Sie belehren, erfüllt zu werden; das gilt besonders, wenn sich jemand manchmal unangemessen verhält. (Siehe „Nach der Gabe der Nächstenliebe streben“, Seite 12; „Liebe erweicht das Herz“, Seite 31–32.)

Fragen Sie sich: „Geht es mir mehr darum, einem anderen zu helfen, dass er das Evangelium lernt, oder mehr darum, mit dem Unterrichtsstoff ohne Störung durchzukommen?“ Denken Sie mehr daran, wie die Teilnehmer den Unterricht erleben, und weniger daran, wie Sie selbst mit dem Unterricht zurechtkommen. Wenn Sie sich stets bemühen, über Ihre eigenen Bedürfnisse hinaus das Herz Ihrer Schüler zu erreichen, fällt es den Schülern leichter, sich auf erbauliche Weise zu beteiligen.

Allen helfen, zu einer Atmosphäre des Lernens beizutragen

Es empfiehlt sich, mit den Lernenden immer wieder die Grundsätze zu besprechen, die sie zu einer Atmosphäre des Lernens beitragen lassen. (Siehe „Andere unterweisen, wie man zu einer Atmosphäre des Lernens beiträgt“, Seite 77–78). Sagen Sie ihnen immer wieder, dass es ihre Aufgabe ist, sich am Unterrichtsgespräch zu beteiligen, dass einer den anderen ausreden lassen soll, dass sie einander zuhören und die heiligen Schriften mitbringen sollen. Sagen Sie ihnen auch, was Sie als Lehrer tun werden, um zum Lernen beizutragen. Versichern Sie ihnen, dass Sie sich gut auf den Unterricht vorbereiten und Unterrichtsgespräche und weitere Aktivitäten durchführen werden, an denen sich jeder beteiligen kann.

Auf gelegentliche Störungen mit einfachen Mitteln reagieren

Mitunter ist es am besten, wenn man kleine Störungen ignoriert und sich auf das gute Verhalten konzentriert. Wenn Sie auf eine Störung aber reagieren müssen, können Sie vielleicht Folgendes tun:

  • Schweigen Sie. Warten Sie einfach, bis der Betreffende zu reden oder zu stören aufhört.

  • Gehen Sie näher an den Störenfried heran. Schon das kann ihn ohne viele Worte daran erinnern, dass er aufpassen soll.

  • Nehmen Sie die Sache mit Humor. Mit einer gewissen Gelassenheit können Sie den Betreffenden vielleicht wieder in den Unterricht mit einbeziehen. Sie dürfen allerdings nie spöttisch werden oder jemand durch Späße in Verlegenheit bringen oder manipulieren.

  • Helfen Sie dem Betreffenden, etwas Positives beizutragen. Bitten Sie ihn etwa, etwas vorzulesen, etwas in eigenen Worten wiederzugeben, ein Beispiel zu nennen oder sich sonstwie zu beteiligen. Es geht darum, dass Sie den Betreffenden einladen, sich zu beteiligen, ihn dabei aber nicht bloßstellen.

  • Tragen Sie dazu bei, dass sich jeder beteiligen kann. Wenn einer allein das Unterrichtsgespräch bestreitet, bemühen Sie sich besonders, alle jene zu Wort kommen zu lassen, die noch nichts gesagt haben. Nehmen Sie sie als erstes dran, wenn sie eine Frage beantworten wollen. Falls das nicht klappt, lenken Sie die Aufmerksamkeit von dem einen, der redet, wieder der gesamten Klasse zu, indem Sie etwa sagen: „Nehmen wir jetzt noch jemand anders dran“ oder „Sie haben da einige interessante Aspekte erwähnt. Möchte noch jemand etwas dazu sagen?“ (Eingehende Anregungen, wie ein Unterrichtsgespräch geleitet wird, finden Sie unter „Ein Unterrichtsgespräch führen“, Seite 63–65; „Durch Fragen lehren“, Seite 68–70.)

  • Lenken Sie ein Unterrichtsgespräch, das nicht den Geist einlädt, wieder in positive Bahnen. Falls jemand mit Ihnen oder einem anderen Teilnehmer ein Streitgespräch beginnt, ehrfurchtslos spricht oder ein umstrittenes Thema anschneidet, entscheiden Sie liebevoll und demütig, wie Sie darauf reagieren sollen. Sie können vielleicht einfach sagen: „Ein interessanter Gedanke, aber er führt wohl weit über das Thema hinaus.“

  • Führen Sie eine andere Aktivität durch. Sorgen Sie für Abwechslung, indem Sie sogleich zu einer anderen Aktivität übergehen, an der sich die Schüler auf andere Weise beteiligen sollen.

Sich besonders darum bemühen, denen zu helfen, die ständig stören

Selbst wenn Sie sich sehr bemühen, eine Atmosphäre des Lernens zu schaffen, kann es doch vorkommen, dass jemand andauernd den Unterricht stört. Werden andere dadurch ernstlich am Lernen gehindert, dürfen Sie das Problem weder beiseite schieben noch unfreundlich reagieren. Denken Sie in einer solchen Situation daran, dass der Herr uns geboten hat: „Keine Macht und kein Einfluss [soll] anders geltend gemacht werden als nur mit überzeugender Rede, mit Langmut, mit Milde und Sanftmut und mit ungeheuchelter Liebe, mit Wohlwollen und mit reiner Erkenntnis, wodurch sich die Seele sehr erweitert – ohne Heuchelei und ohne Falschheit.

Alsbald mit aller Deutlichkeit zurechtweisend, wenn dich der Heilige Geist dazu bewegt, wirst du danach aber demjenigen, den du zurechtgewiesen hast, vermehrte Liebe erweisen, damit er nicht meint, du seiest sein Feind, damit er weiß, dass deine Treue stärker ist als die Fesseln des Todes.“ (LuB 121:41–44.)

Achten Sie, wenn Sie diesen Rat beherzigen, vor allem auch auf die Bedeutung der Worte alsbald und mit aller Deutlichkeit. Alsbald bedeutet sogleich, umgehend. Mit aller Deutlichkeit bedeutet, dass klare, unmissverständliche Anweisungen gegeben werden.

Wenn man jemand zurechtweist, dann mit Sanftmut und Demut. Beachten Sie, dass eine Zurechtweisung nur erfolgen soll, „wenn dich der Heilige Geist dazu bewegt“. Danach muss dem Betreffenden vermehrte Liebe erwiesen werden.

Die folgenden Anregungen sind vielleicht hilfreich, wenn jemand in der Klasse ständig stört. Sie können manche dieser Anregungen auch dem Umgang mit Ihren Kindern zu Hause anpassen.

Mit dem Betreffenden unter vier Augen sprechen

Mitunter empfiehlt es sich, mit jemand, der andauernd stört, unter vier Augen zu sprechen. Tun Sie das taktvoll und liebevoll. Beschreiben Sie sein störendes Verhalten, machen Sie jedoch gleichzeitig deutlich, dass Sie den Betreffenden lieben und schätzen. Bitten Sie ihn um Unterstützung, und versuchen Sie, gemeinsam eine Lösung zu finden. Tun Sie danach alles, was in Ihrer Macht steht, um ihm vermehrte Liebe zu erweisen. Schon Brigham Young hat gesagt: „Züchtigt niemals so, dass ihr anschließend für die Wunden nicht mehr genug Balsam habt.“ (Lehren der Präsidenten der Kirche – Brigham Young, Seite 219.)

Andere um Hilfe bitten

Die Führungskräfte möchten Sie bei Ihren Herausforderungen im Unterricht unterstützen. Sie können von ihren Ideen und ihrer Hilfe profitieren. Sie können etwa jemand bitten, bei einer bestimmten Aktivität mitzuhelfen oder sich neben ein Kind zu setzen, das sich schlecht benimmt. Sie können bei den regelmäßigen Kontakten mit einer Führungskraft Ihrer Organisation besprechen, wie dem Einzelnen in Ihrer Klasse geholfen werden kann. (Siehe „Hilfe von den Führungskräften bekommen“, Seite 28.)

Sie können auch eine Ihrer Führungskräfte bitten, Ihren Unterricht zu besuchen und besonders darauf zu achten, welche Atmosphäre des Lernens im Unterricht herrscht. Besprechen Sie das Problem anschließend, und arbeiten Sie gemeinsam eine Lösung aus. Besprechen Sie sich bei der Umsetzung der Lösungsvorschläge weiterhin mit Ihrer Führungskraft.

Falls ein Kind oder ein Jugendlicher dauernd stört, wenden Sie sich um Hilfe an die Eltern. Alle Eltern wollen wissen, wie sich ihr Kind benimmt, und sie möchten helfen. Lassen Sie, wenn möglich, auch den jungen Menschen an diesem Gespräch teilnehmen, denn das zeigt, dass Sie seine Reife und seine Entscheidungsfreiheit achten. Sie können gemeinsam einen konkreten Plan ausarbeiten und in der Folge darüber sprechen, welcher Fortschritt gemacht wurde.

Falls der Störenfried eine Behinderung hat, finden Sie heraus, was Sie tun können, um ihm zu helfen, besser zu lernen und sich angemessener zu verhalten. (Siehe „Behinderte unterrichten“, Seite 38–39; siehe auch „Behinderten Mitgliedern dienen“, Seite 310–314 im Abschnitt „Lehren und Führen im Evangelium“ im Handbuch Anweisungen der Kirche.)

Geduldig sein

Denken Sie daran: Gut Ding braucht Weile. Arbeiten Sie geduldig mit dem Betreffenden, und geben Sie niemals jemand auf. Seien Sie immer positiv dem Betreffenden gegenüber. Lassen Sie sich nicht entmutigen, wenn er im Unterricht eine negative Einstellung an den Tag legt. Auch wenn er scheinbar nur wenig aus dem Unterricht mitnimmt, kann er hier dennoch vom Evangelium Jesu Christi lernen und den Einfluss des Geistes verspüren. Er ist hier unter Führern, Lehrkräften und Freunden, die sich um ihn sorgen und ihn lieben.

Eingehende Anregungen für PV-Lehrer und Lehrerinnen

Wenn ein Kind stört, bitten Sie es freundlich, damit aufzuhören. Stört beispielsweise ein Kind namens Linda ein anderes Kind, sagen Sie etwa: „Linda, tu das bitte nicht.“ Danken Sie ihr, wenn sie gehorcht. Wenn Sie nicht gehorcht, sagen Sie fester, aber immer noch freundlich: „Linda, hör jetzt bitte damit auf.“ Danken Sie ihr, wenn sie gehorcht.

Wenn Sie immer noch nicht aufhört, sprechen Sie unter vier Augen mit ihr darüber, was in der Klasse erwartet wird. Sagen Sie ihr, was Sie stört und weshalb. Sie können beispielsweise sagen: „Linda, was heute in der Klasse passiert ist, hat mich gestört. Wir können nicht lernen, wenn die Kinder nicht andächtig sind.“ Sie können Sie sodann fragen, was sie von der Situation hält. Hören Sie ihr aufmerksam zu, und lassen Sie sie spüren, dass Sie ihre Gefühle verstehen. Sie können etwa sagen: „Ich kann verstehen, dass Du zappelig bist und dass es schwer ist, stillzusitzen.“ Fragen Sie sodann: „Was können wir beide da tun? Was kann ich tun, um Dir zu helfen? Was wirst du tun?“ Finden Sie gemeinsam einen Lösungsvorschlag.

Nachdem Sie mit Linda gesprochen haben, müssen Sie vielleicht Ihren eigenen Plan aufstellen, um ihr und den anderen Kindern zu helfen, falls sie weiterhin stört. Sie können beispielsweise Folgendes ins Auge fassen:

  • Rücken Sie einen Stuhl von den anderen Kinder weg.

Dort soll Linda kurze Zeit ruhig sitzenblieben, etwa zwei Minuten lang. Kümmern Sie sich während dieser Zeit nicht um sie. Bitten Sie sie, wieder zu den anderen zu kommen, wenn sie die festgelegte Zeit über still gewesen ist.

  • Bitten Sie jemand aus der PV-Leitung oder sonst eine Führungskraft, mit dem Kind in ein leer stehendes Zimmer oder an sonst einen ruhigen Ort im Gemeindehaus zu gehen, wo die Eltern helfen können. Sie können etwa sagen: „Es tut mir leid, dass Du Dich nicht an die Klassenregeln gehalten hast, Linda. Schwester Hildebrant wird Dich jetzt zu Deinen Eltern bringen. Ich hoffe, Du bist bald wieder da. Wenn Du dich an die Regeln halten kannst, darfst Du wieder in die Klasse kommen.“ Die Führerin bleibt beim Kind, und wenn es sich beruhigt hat, darf es wieder zur Gruppe zurück. Lassen Sie es wissen, dass es geliebt wird und zur Klasse gehört.