2000–2009
Ein Tröster, ein Führer, ein Zeuge
April 2001


Ein Tröster, ein Führer, ein Zeuge

Durch die Gabe und Macht des Heiligen Geistes könnt ihr euch auf der Reise durch das Leben führen lassen.

Könnt ihr euch an das Lied erinnern, das wie folgt beginnt: “Ich träum’, wenn ich lese die alte Geschicht’, wie Jesus hier ging auf der Erd’ und rief alle Kinder wie Lämmlein zu sich, ich stünde dort unter der Herd’”? (Sing mit mir, B-69.) Versucht euch einmal vorzustellen, wie es gewesen wäre, wenn Jesus euch die Hände aufgelegt und euch gesegnet hätte – so wie er es den heiligen Schriften zufolge damals tat, als er auf der Erde war.

Stellt euch vor, ihr könntet tatsächlich ganz nah beim Erretter sein und von ihm geliebt, geheilt, gesegnet und geführt werden, wie die Menschen damals es erlebten. Als er auf der Erde war, wurde er von den Mitgliedern seiner Kirche geliebt. Sie verließen sich auf ihn und folgten ihm nach. Ihr könnt euch vorstellen, wie traurig sie über die Vorstellung waren, dass er sie verlassen würde, doch er versprach ihnen: “Ich werde den Vater bitten und er wird euch einen anderen Beistand geben, der für immer bei euch bleiben soll… . Der Beistand … [ist] der Heilige Geist.” (Johannes 14:16,26.) Er gab ihnen dann die kostbare Gabe des Trösters, der nach seinem Weggehen ihr Begleiter sein sollte.

Auch euch liebt der Herr, nicht anders als die Jünger vor alters. Ihr werdet mehr geliebt, als ihr euch jemals vorstellen könnt. Er möchte, dass ihr die Mission eures Lebens erfolgreich erfüllt. Ihr müsst euch den Erfahrungen, die das Leben mit sich bringt, nicht allein stellen, und ihr seid auch nicht hierher gesandt worden, um zu versagen.

Aus diesem Grund ist euch bei eurer Taufe und Konfirmierung eine heilige Gabe gegeben worden, als euch nämlich die Hände aufgelegt wurden und euch gesagt wurde: “Empfange den Heiligen Geist.” Es ist fast so, als hätte der himmlische Vater euch ein Geschenk gemacht, um euren offiziellen Eintritt in sein Reich auf Erden zu feiern. Der Heilige Geist kann immer mit euch sein und euch zu ihm zurückführen, doch wenn ihr euch an den Vorteilen dieser heiligen Gabe erfreuen wollt, müsst ihr sie wirklich empfangen und sie nutzen. Wie traurig wäre es, eine solche wertvolle Gabe zu erhalten und sie nicht zu beachten und niemals zu nutzen. Der Heilige Geist kann vieles, ich aber möchte heute dreierlei hervorheben: Er kann trösten, führen und Zeugnis geben.

Wir wollen uns zunächst auf die tröstende Macht des Heiligen Geistes konzentrieren. Als ich ein junges Mädchen war, wurde ich einmal sehr krank. Die Krankheit wurde von Tag zu Tag bedrohlicher. Nichts, was der Arzt empfahl, wirkte. Damals wütete bei uns im Land die gefürchtete Kinderlähmung, die fast epidemische Ausmaße erreicht hatte. Sie kostete viele das Leben und diejenigen, die nicht daran starben, waren anschließend oft verkrüppelt. Damals hielten alle Polio für die größte Gefahr.

Eines Nachts wurde mein Zustand kritisch und mein Vater und mein Großvater gaben mir einen Segen, bei dem sie geweihtes Öl verwendeten. Mit der Macht des heiligen Melchisedekischen Priestertums, das sie würdig trugen, riefen sie Gott an und baten um Heilung, Hilfe, Führung und Trost. Dann brachten meine Eltern mich zu einem Arzt an einem anderen Ort, der uns sofort ins zweieinhalb Stunden entfernte Salt Lake City überwies, wobei er uns dringend riet, uns zu beeilen. Ich hörte den Arzt noch flüstern, er sei sicher, es handle sich um Polio.

Als wir schließlich im Krankenhaus in Salt Lake City ankamen, wartete bereits medizinisches Personal auf uns. Sie rissen mich aus den Armen meiner Eltern und verschwanden eilig mit mir. Ohne ein Wort des Abschieds oder der Erklärung wurden wir getrennt. Ich war allein und dachte, ich müsse sterben.

Im Anschluss an schmerzhafte Untersuchungen, zu denen auch die Entnahme von Rückenmarksflüssigkeit gehörte, brachten sie mich ins Isolierzimmer, wo ich ganz allein blieb, in der Hoffnung, dass ich niemanden ansteckte, denn ich hatte tatsächlich Polio.

Ich kann mich daran erinnern, wie verängstigt ich war. Es war dunkel und ich war so krank und so allein. Aber meine Eltern hatten mich beten gelehrt. Ich begab mich auf die Knie und kniete am Gitter meines Betts und bat den himmlischen Vater, mich zu segnen. Ich kann mich erinnern, dass ich weinte. Der himmlische Vater erhörte mein Gebet, obwohl ich nur ein Kind war. Er tat es. Der himmlische Vater sandte seine tröstende Macht, die mich in stiller Liebe umgab. Ich spürte die Macht des Heiligen Geistes. Ich war nicht allein.

Ich möchte noch von einem zweiten Erlebnis berichten. Ich kenne ein kostbares Mädchen, das wegen eines schmerzhaften Erlebnisses Trost braucht. Sie ist wegen ihrer familiären Situation und der Uneinigkeit zwischen ihren Eltern besorgt. Es ist für sie und ihre Geschwister traurig und sehr beunruhigend. Sie ist das älteste Kind und fragt sich, was sie wegen dieser großen Probleme in ihrer Familie tun kann. Vielleicht seid ihr in einer ähnlichen Situation. Auch wenn es keine einfache Lösung oder ein Allheilmittel gibt, das bei allen traurigen Situationen oder Schwierigkeiten wirkt, gibt es jemanden, der sich um euch und eure Situation kümmert und der weiß, was ihr tun sollt, nämlich unser himmlischer Vater. Er ist so um euer Leben besorgt, als wäre er direkt bei euch und könnte mit euch von Angesicht zu Angesicht sprechen. Er weiß, was dieses Mädchen im Herzen fühlt, und er kennt auch die Gefühle eures Herzens. Um euch zu segnen, ist das Geschenk des Friedens, das der Heilige Geist bringt, gegeben worden. Jesus hat gesagt: “Frieden hinterlasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch; nicht einen Frieden, wie die Welt ihn gibt, gebe ich euch. Euer Herz beunruhige sich nicht und verzage nicht.” (Johannes 14:27.) Ihr jungen Damen, bittet um Trost und ihr werdet diese Gabe erhalten.

Der zweite Punkt lautet: Der Heilige Geist hat die Macht zu führen. Ein fünfzehnjähriges Mädchen hatte das Gefühl, dass es sich neue Freunde suchen sollte. Habt ihr das auch schon mal erlebt? Sie schreibt: “Ich weiß nicht, ob Sie jemals Ihre Freunde wechseln mussten, aber für mich war das, ehrlich gesagt, das Schwerste, was ich je getan habe.” Sie beschloss, ihr Problem in die Hände des Herrn zu legen, und beriet sich außerdem mit ihren Eltern. Sie erzählt, dass sie nach einigen Monaten “einfach aufgeben wollte”. Eines Nachmittags unterhielt sie sich beiläufig mit ihrem Seminarlehrer und vertraute ihm ihr Problem an. “Er sagte daraufhin: Ich weiß eigentlich gar nicht, warum ich dich dies frage, aber kennst du zufällig diese Mädchen?‘ Ich bejahte. Er fragte mich dann: Hast du schon mal daran gedacht, dich mit ihnen anzufreunden?’ Ich erklärte ihm, dass ich nicht die geringste Chance hätte, zu ihrer Gruppe dazuzugehören. Er fragte mich daraufhin, ob er mit einem der Mädchen sprechen dürfe. Ich erlaubte es ihm unter der Voraussetzung, dass er versprach, mich nicht bloßzustellen.

Am nächsten Tag bekam ich einen Anruf von einem der Mädchen. Sie müssen wissen, dass dieses Mädchen zur gewählten Schülervertretung gehörte. Ich mag den Ausdruck nicht, aber sie war extrem beliebt’. Sie fragte mich, ob ich am Abend mit ihr zum Basketballspiel gehen wolle. Dieser Abend war einer der lustigsten und friedvollsten Abende in meinem Leben. Am nächsten Tag stellte sie mich in der Schule zwei weiteren Mädchen vor. Wir waren alle auf Anhieb gute Freundinnen. Dieses Erlebnis hat mich verändert.” Sie schloss mit den Worten: “Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber mir ist es lieber, dass der Herr, der das Ergebnis von allem kennt, mein Leben bestimmt, als ich, die alles nur so sieht, wie es gerade ist. Er ist direkt an unserer Seite und begleitet uns durchs Leben, sogar dann, wenn wir uns einsam fühlen.” (Brief liegt dem JD-Büro vor.)

Der Herr verheißt uns: “Auf Sanftmut und Herzensdemut hin kommt der Besuch des Heiligen Geistes, und dieser Tröster erfüllt mit Hoffnung und vollkommener Liebe, und die Liebe harrt durch Eifer im Gebet aus.” (Moroni 8:26.)

Der himmlische Vater wird euch helfen, den richtigen Weg zu finden, wenn ihr nach seiner Führung strebt. Aber denkt daran: Nach dem Gebet müsst ihr euch von den Knien erheben und anfangen, etwas Positives zu tun, euch in die richtige Richtung auf den Weg machen! Er wird Menschen auf euren Weg schicken, die euch helfen, aber ihr müsst ebenfalls euren Teil dazu beitragen. Durch die Gabe und Macht des Heiligen Geistes könnte ihr euch auf der Reise durch das Leben führen lassen.

Punkt drei: Der Heilige Geist ist auch ein Zeuge. Dieser Heilige Geist kann euch helfen, ganz tief drinnen die wichtigste Wahrheit, die es je gegeben hat, zu begreifen, nämlich dass Jesus Christus der Erretter der Welt ist, dass durch ihn jeder von uns, der je gelebt hat, eines Tages wieder leben wird. Durch ihn können wir von unseren Sünden umkehren und uns wieder auf den Weg begeben, der uns zum himmlischen Vater zurückführt. Dafür ist das Sühnopfer da. Der Heilige Geist wird unserem Herzen diese Wahrheit bezeugen, wenn wir nach dieser Erkenntnis streben und er wird anderen Zeugnis geben, wenn wir ihnen diese Wahrheit bezeugen.

Elder Jeffrey R. Holland lehrt: Wenn wir anderen Zeugnis geben, hören sie nicht nur unser Zeugnis von Christus, sondern auch das Echo anderer, früherer Zeugnisse, zu denen auch ihr eigenes Zeugnis von ihm gehört, denn auch sie gehörten zu jenen Tapferen, die sich im vorirdischen Dasein entschieden, Christus und nicht dem Satan zu folgen. Elder Holland sagt, dass vertraute Gefühle aufkommen, wenn sie hören, wie andere von der Mission Jesu Christi Zeugnis geben. Dann erklingt ein Echo der Wahrheit, die sie selbst bereits kennen. Außerdem ruft ihr die Macht Gottes des Vaters und des Heiligen Geistes herab, wenn ihr von der Mission Christi Zeugnis gebt (siehe “Missionary Work and the Atonement”, Ensign, März 2001, 11 f.). In Moroni Kapitel 10, Vers 5 wird uns verheißen: “Durch die Macht des Heiligen Geistes könnt ihr von allem wissen, ob es wahr ist.” Meine lieben jungen Schwestern, arbeitet daran, ein Zeugnis von der Mission Christi zu erlangen. Ihr werdet es durch die Macht des Heiligen Geistes erhalten. Und dann lasst andere an eurem Zeugnis teilhaben und gebt es oft.

Der Heilige Geist ist ein Tröster, ein Führer und ein Zeuge. Er ist eine bemerkenswerte und heilige Person der Gottheit. Ihr habt ein Recht auf seinen Einfluss und seine Inspiration! Wie sehr seid ihr doch gesegnet und geliebt! Und weil euch so viel gegeben ist, so müsst auch ihr geben. In Anbetracht all dessen möchten wir euch heute um etwas ganz besonderes bitten. Es ist in Wirklichkeit eine Aufforderung, und wir hoffen, dass ihr sie annehmt und danach handelt. Seid ihr bereit? Hier ist die Aufforderung:

Werdet ihr im kommenden Jahr einem anderen Mädchen die Hand reichen und ihm helfen, in der Kirche aktiv zu sein? Sicher kennt jede von euch ein Mädchen, das weniger aktiv ist, eine Neubekehrte oder jemanden, der kein Mitglied ist. Wir bitten euch, die Hand auszustrecken und ein anderes Mädchen am Evangelium Jesu Christi teilhaben zu lassen, damit es sich ebenfalls an den wunderbaren himmlischen Segnungen freuen kann, über die wir heute gesprochen haben.

Stellt euch vor, wie viele Mädchen diesen Segen erfahren würden, wie viele Mädchen getröstet und geführt werden könnten und ein stärkeres Zeugnis erlangen würden. Es gibt dieses Jahr mehr als eine halbe Million junge Damen in der Kirche. Stellt euch vor, wenn jede von euch die Aufforderung annehmen, die Hand ausstrecken und nur eine weitere dazu holen würde, dann gäbe es im nächsten Jahr doppelt so viele aktive junge Damen! Lasst euch bei euren Bemühungen durch den Heiligen Geist leiten. Eure Eltern und eure Führerinnen werden euch behilflich sein, damit ihr wisst, was zu tun ist und wie. Wir sind gespannt darauf, von euren Erfahrungen und Erfolgen zu hören. In dieser Ansprache habe ich keine Geschichte verwendet, um den dritten Punkt – das Zeugnisgeben – zu verdeutlichen, weil diese Geschichte von euch geschrieben werden soll, wenn ihr unsere Aufforderung annehmt. Ich hoffe, dass ihr heute damit beginnt.

Ich habe mit einem Lied begonnen, das uns an die Zeit erinnert, als der Erretter unter den Menschen auf der Erde gelebt hat. Ich schließe jetzt mit den Worten eines Kirchenliedes, die uns daran erinnern, dass unser Erlöser, der Herr Jesus Christus, noch immer lebt, auch wenn wir ihn nicht sehen können, und dass er uns mit seiner Liebe segnet: “Er lebt und hilft mir jederzeit; er lebt, verschafft mir Seligkeit … Er lebt, bewacht mich in Gefahr; er trocknet meiner Tränen Schar.” (“Ich weiß, dass mein Erlöser lebt”, Gesangbuch, Nr. 85.) Ich bezeuge, dass er dies wirklich tut, nämlich durch die Gabe und Macht des Heiligen Geistes. Ich bitte, dass wir diese heilige Gabe Gottes empfangen und nutzen, im heiligen Namen unseres geliebten Erretters, Jesus Christus, amen.