Generalkonferenz
Die Welt überwinden und Ruhe finden
Herbst-Generalkonferenz 2022


Die Welt überwinden und Ruhe finden

Finden Sie Ruhe und erholen Sie sich von dem Gewicht, der Unsicherheit und dem Leid dieser Welt, indem Sie die Welt durch Ihre Bündnisse mit Gott überwinden

Meine lieben Brüder und Schwestern, ich bin dankbar, Sie an diesem herrlichen Sabbatmorgen begrüßen zu dürfen. Ich denke immerzu an Sie. Ich bewundere es, wie Sie eilends zur Tat schreiten, wann immer Sie sehen, dass jemand in Not ist. Ich staune über Ihren Glauben und Ihr Zeugnis, die Sie immer wieder unter Beweis stellen. Ich weine angesichts Ihres Kummers, Ihrer Enttäuschungen und Sorgen. Ich habe Sie lieb. Ich versichere Ihnen, dass unser Vater im Himmel und sein geliebter Sohn Jesus Christus Sie lieben. Sie sind sich Ihrer Lebensumstände, Ihrer Herzensgüte, Ihrer Bedürfnisse und Ihrer Hilfe erbittenden Gebete sehr wohl bewusst. Immer wieder bete ich dafür, dass Sie ihre Liebe zu Ihnen spüren mögen.

Ihre Liebe leibhaftig zu erfahren ist lebensnotwendig, da es scheint, als seien wir täglich einem Ansturm an ernüchternden Nachrichten ausgesetzt. Vielleicht würden Sie sich an manchen Tagen am liebsten den Schlafanzug anziehen, sich zusammenrollen und jemanden bitten, Sie erst wieder zu wecken, wenn der Tumult vorbei ist.

Aber, meine lieben Brüder und Schwestern: Viel Wunderbares liegt noch vor uns. Die Tage werden kommen, da sich die Macht des Erretters in einer Großartigkeit kundtun wird, wie es die Welt noch nie gesehen hat. Zwischen dem heutigen Tag und der Zeit, da er „mit Macht und großer Herrlichkeit“1 zurückkehren wird, wird der Erretter den Glaubenstreuen unzählige Vorzüge, Segnungen und Wunder erweisen.

Dennoch leben wir jetzt in einer sicherlich äußerst schwierigen Zeit der Weltgeschichte. Angesichts der vielschichtigen Probleme und Schwierigkeiten sind viele Menschen überfordert und erschöpft. Vielleicht kann aber etwas, was sich jüngst zugetragen hat, ein Licht darauf werfen, wie Sie und ich Ruhe finden können.

Während der Tage der offenen Tür des Washington-D.C.-Tempels, die kürzlich stattfanden, wurde ein Mitglied des Komitees für die Tage der offenen Tür Zeuge eines aufschlussreichen Wortwechsels. Dieser Bruder geleitete diverse bekannte Journalisten durch den Tempel, und irgendwie hatte sich seiner Führung für die Medienvertreter eine junge Familie angeschlossen. Ein Reporter erkundigte sich einige Male nach der „Reise“, die man als Tempelbesucher von Raum zu Raum durchläuft. Er wollte wissen, ob diese „Tempelreise“ denn symbolisch dafür stehe, was für Herausforderungen einem auf dem Lebensweg begegnen.

Ein kleiner Junge der Familie bekam diese Unterhaltung mit. Als die Gruppe einen Endowment-Raum betrat, deutete der Junge auf den Altar, an dem man sich hinkniet, um Bündnisse mit Gott zu schließen, und sagte: „Ach, wie schön! Hier können sich die Leute auf ihrer Tempelreise ausruhen.“

Ich bezweifle, dass dem Jungen bewusst war, wie tiefgründig seine Bemerkung war. Vermutlich wusste er nichts über die direkte Verbindung zwischen dem Schließen von Bündnissen mit Gott im Tempel und der beachtlichen Verheißung des Erretters:

„Kommt her zu mir alle, die ihr niedergedrückt und belastet seid: Ich will euch Ruhe schaffen!

Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir[:] So werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen;

denn mein Joch ist sanft, und meine Last ist leicht.“2

Liebe Brüder und Schwestern, ich bin bekümmert wegen derer, die die Kirche verlassen, weil sie meinen, die Mitgliedschaft verlange ihnen zu viel ab. Sie haben noch nicht entdeckt, dass das Schließen und Halten von Bündnissen das Leben eigentlich viel leichter macht! Jeder, der in einem Taufbecken und in einem Tempel Bündnisse schließt und diese dann hält, kann vermehrt auf die Macht Jesu Christi zugreifen. Bitte denken Sie über diese erstaunliche Wahrheit nach!

Der Lohn dafür, dass wir unsere Bündnisse mit Gott halten, ist Macht vom Himmel – Macht, die uns die Kraft gibt, Prüfungen, Versuchungen und Kummer besser auszuhalten. Diese Macht ebnet uns den Weg. Wer nach den höheren Gesetzen Jesu Christi lebt, hat Zugang zu seiner höheren Macht. Wer eingegangene Bündnisse hält, hat daher ein Anrecht auf eine besondere Art der Ruhe, die ihm aufgrund seiner Bündnisbeziehung zu Gott zuteilwird.

Bevor sich der Erretter den Todesqualen in Getsemani und auf Golgota unterwarf, erklärte er seinen Aposteln: „In der Welt habt ihr Bedrängnis; doch seid getrost: Ich habe die Welt überwunden!“3 Später bat Jesus uns, es ihm gleichzutun, als er sagte: „Ich will, dass ihr die Welt überwindet.“4

Liebe Brüder und Schwestern, meine Botschaft an Sie heute lautet: Weil Jesus Christus diese gefallene Welt überwunden hat und weil er für jeden von uns gesühnt hat, können auch Sie diese Welt überwinden, die so mit Sünde gesättigt, egozentrisch und oftmals kräftezehrend ist.

Weil der Erretter jeden von uns durch sein unbegrenztes Sühnopfer von Schwäche, Fehlern und Sünde erlöst hat und weil er jeden Schmerz, jeden Kummer und jede Last, die Sie je bedrückt haben, durchlebt hat,5 können Sie – wenn Sie wahrhaft umkehren und ihn um Hilfe bitten – über diese gegenwärtig so prekäre Welt hinauswachsen.

Sie können die geistig und seelisch kräftezehrenden Plagen der Welt überwinden, darunter Hochmut, Stolz, Zorn, Unsittlichkeit, Hass, Habgier, Eifersucht und Angst. Trotz der Ablenkungen und Verzerrungen, die uns umbrausen, können Sie wahre Ruhe finden, nämlich Hilfe und Frieden – selbst inmitten Ihrer ärgsten Probleme.

Diese wichtige Wahrheit führt uns zu drei grundlegenden Fragen:

1.) Was bedeutet es, die Welt zu überwinden?

2.) Wie stellen wir dies an?

Und 3.) Inwiefern werden wir gesegnet, wenn wir die Welt überwinden?

Was bedeutet es, die Welt zu überwinden? Es bedeutet, die Versuchung zu besiegen, Weltliches als wichtiger anzusehen als das, was von Gott ist. Es bedeutet, der Lehre Christi mehr Vertrauen zu schenken als den Philosophien der Menschen. Es bedeutet, sich an Wahrheit zu erfreuen, Täuschung anzuprangern und „demütig[e] Nachfolger Christi“6 zu werden. Es bedeutet, sich bewusst von allem fernzuhalten, was den Geist vertreibt. Es bedeutet, bereitwillig alles aufzugeben, selbst die Sünden, an denen wir besonders hängen.7

Die Welt zu überwinden bedeutet gewiss nicht, in diesem Leben vollkommen zu werden, auch bedeutet es nicht, dass Ihre Probleme sich wie von Zauberhand in Luft auflösen – denn das tun sie nicht. Und es bedeutet auch nicht, dass Sie nie wieder Fehler machen. Die Welt zu überwinden bedeutet jedoch, dass Ihre Widerstandskraft, was Sünde anbelangt, zunimmt. Ihr Herz wird weicher, wenn Ihr Glaube an Jesus Christus zunimmt.8 Die Welt zu überwinden bedeutet, dass Ihre Liebe zu Gott und zu seinem geliebten Sohn stärker wird als die Liebe zu irgendwem oder irgendwas sonst.

Wie aber überwinden wir nun die Welt? Das hat uns König Benjamin gelehrt. Er sagte, dass „der natürliche Mensch … ein Feind Gottes“ ist und für immer bleiben wird, „wenn er nicht den Einflüsterungen des Heiligen Geistes nachgibt und den natürlichen Menschen ablegt und durch das Sühnopfer Christi, des Herrn, ein Heiliger wird“9. Jedes Mal, wenn Sie sich um Eingebungen des Geistes bemühen und diesen folgen, jedes Mal, wenn Sie etwas Gutes tun – etwas, was „der natürliche Mensch“ nicht tun würde –, überwinden Sie die Welt.

Das Überwinden der Welt ist kein Ereignis, das nach ein, zwei Tagen vorbei ist. Es dauert ein Leben lang an und im Zuge dessen halten wir uns immer wieder an die Lehre Christi. Wir fördern den Glauben an Jesus Christus, indem wir täglich umkehren und unsere Bündnisse halten, die uns mit Macht ausrüsten. Wir bleiben auf dem Weg der Bündnisse und werden mit geistiger Stärke, persönlicher Offenbarung, wachsendem Glauben und dem Dienst von Engeln gesegnet. Nach der Lehre Christi zu leben, kann den kraftvollsten Kreislauf der Rechtschaffenheit erzeugen, der in unserem Leben für geistige Schwungkraft sorgt.10

Wenn wir bestrebt sind, nach den höheren Gesetzen Jesu Christi zu leben, ändern sich unser Herz und unser innerstes Wesen allmählich. Der Erretter hebt uns über den Sog dieser gefallenen Welt empor, indem er uns mit mehr Nächstenliebe, Demut, Großzügigkeit, Güte, Selbstbeherrschung, Frieden und Ruhe segnet.

Sie mögen jetzt denken: Das alles klingt eher nach harter geistiger Arbeit als nach Ruhe. Doch die alles überragende Wahrheit lautet: Die Welt behauptet zwar, dass Macht, Besitz, Popularität und Vergnügungen des Fleisches glücklich machen, aber das tun sie nicht! Sie können es gar nicht! Sie erzeugen nichts weiter als einen leeren Ersatz für den „gesegneten und glücklichen Zustand“ derjenigen, die die „Gebote Gottes halten“11.

In Wahrheit ist es sehr viel kräftezehrender, Glück dort zu suchen, wo man es niemals finden kann! Wenn Sie sich jedoch unter das Joch Jesu Christi begeben und die geistige Arbeit leisten, die erforderlich ist, um die Welt zu überwinden, hat er – und nur er allein – die Macht, Sie über den Sog dieser Welt emporzuheben.

Inwiefern werden wir nun gesegnet, wenn wir die Welt überwinden? Die Antwort darauf ist klar: Wenn wir mit Gott eine Bündnisbeziehung eingehen, bindet uns das auf eine Weise an ihn, dass alles, was das Leben anbelangt, leichter wird. Bitte verstehen Sie mich nicht falsch: Ich habe nicht gesagt, Bündnisse zu schließen mache das Leben leicht. Erwarten müssen Sie tatsächlich das Gegenteil, denn der Widersacher will ja nicht, dass Sie die Macht Jesu Christi entdecken. Sich unter das Joch des Erretters zu begeben bedeutet aber, dass Sie Zugang zu seiner Stärke und erlösenden Macht erhalten.

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Präsident Ezra Taft Benson

Ich bekräftige, was Präsident Ezra Taft Benson so tiefgründig gesagt hat: „Wenn wir Gott unser Leben weihen, werden wir feststellen, dass er weitaus mehr aus unserem Leben machen kann als wir selbst. Er wird unsere Freude vertiefen und unseren Blick weiten, unser Verständnis beleben, … unseren Geist erbauen, unsere Segnungen mehren, unsere Möglichkeiten vergrößern, unsere Seele trösten, uns Freunde schaffen und uns Frieden schenken.“12

Diese unvergleichlichen Vorzüge werden denjenigen zuteil, die um Unterstützung vom Himmel bitten, um diese Welt überwinden zu können. Deshalb gebe ich den Mitgliedern der gesamten Kirche denselben Auftrag wie den jungen Erwachsenen im Mai. Ich habe ihnen ans Herz gelegt – und ich bitte nun Sie –, Verantwortung für Ihr Zeugnis von Jesus Christus und seinem Evangelium zu übernehmen. Arbeiten Sie daran. Nähren Sie es, sodass es wächst. Füttern Sie es mit Wahrheit. Verschmutzen Sie es nicht mit falschen Philosophien ungläubiger Männer und Frauen. Wenn Sie das beständige Stärken Ihres Zeugnisses von Jesus Christus ganz in den Vordergrund rücken, können Sie Wunder erwarten.13

Meine Bitte an Sie ist heute Vormittag, Ruhe zu finden und sich von dem Gewicht, der Unsicherheit und dem Leid dieser Welt zu erholen, indem Sie die Welt durch Ihre Bündnisse mit Gott überwinden. Zeigen Sie ihm durch Ihre Gebete und Ihr Handeln, dass Sie es ernst damit meinen, die Welt überwinden zu wollen. Bitten Sie ihn, Ihren Verstand zu erleuchten und die benötigte Hilfe zu senden. Schreiben Sie jeden Tag die Gedanken auf, die Ihnen beim Beten kommen, und setzen Sie diese eifrig in die Tat um. Verbringen Sie mehr Zeit im Tempel und streben Sie nach Erkenntnis, inwiefern Sie im Tempel lernen, über diese gefallene Welt hinauszuwachsen.14

Wie ich in der Vergangenheit schon gesagt habe, ist die Sammlung Israels das wichtigste Werk, das heute auf der Erde stattfindet. Ein wesentlicher Aspekt dieser Sammlung besteht darin, ein Volk vorzubereiten, das fähig, bereit und würdig dafür ist, den Herrn zu empfangen, wenn er wiederkehrt; ein Volk, das sich bereits für Jesus Christus und nicht für diese gefallene Welt entschieden hat; ein Volk, das sich seiner Entscheidungsfreiheit erfreut, nach den höheren, heiligeren Gesetzen Jesu Christi leben zu können.

Ich rufe Sie dazu auf, meine lieben Brüder und Schwestern, dieses rechtschaffene Volk zu werden. Schätzen Sie Ihre Bündnisse mehr als alle sonstigen Verpflichtungen, und halten Sie sie in Ehren. Wenn Sie Gott in Ihrem Leben siegen lassen, so verheiße ich Ihnen mehr Frieden, Zuversicht, Freude, ja, mehr Ruhe.

Mit der Macht des heiligen Apostelamtes, das mir verliehen wurde, segne ich Sie in Ihrem Bemühen, diese Welt zu überwinden. Ich segne Sie, dass Ihr Glaube an Jesus Christus zunehmen möge und Sie lernen, wie Sie seine Macht besser in Anspruch nehmen können. Ich segne Sie mit der Fähigkeit, Wahrheit von Irrtum zu unterscheiden. Ich segne Sie, dass Ihnen das, was von Gott kommt, wichtiger sein möge als die Dinge dieser Welt. Ich segne Sie, dass Sie erkennen können, was Ihre Mitmenschen brauchen, und Sie diejenigen stärken, die Ihnen am Herzen liegen. Weil Jesus Christus diese Welt überwunden hat, können Sie es auch. Dies bezeuge ich im heiligen Namen Jesu Christi. Amen.