Generalkonferenz
Beständige Nachfolge
Herbst-Generalkonferenz 2022


Beständige Nachfolge

Wir können Zuversicht und Frieden in geistigen Belangen finden, wenn wir heilige Gewohnheiten und rechtschaffene Gepflogenheiten fördern, die das Feuer unseres Glaubens stärken und anfachen können

Im vergangenen Sommer konnten über 200.000 unserer Jugendlichen auf der ganzen Welt auf einer der hunderten einwöchigen FSY-Tagungen (Für eine starke Jugend) ihren Glauben stärken. Für viele war es nach der pandemiebedingten Isolation ein Akt des Glaubens an den Herrn, überhaupt daran teilzunehmen. Viele der jungen Teilnehmer scheinen nun einem ähnlichen Aufwärtstrend zu folgen – hin zu einer tieferen Bekehrung. Am Ende der Woche fragte ich sie gerne: „Wie warʼs denn so?“

Zu hören bekam ich manchmal etwas wie: „Am Montag war ich noch so sauer auf meine Mutter, weil sie mich hierher gezwungen hat. Ich kannte niemanden. Und ich war mir sicher, dass das nichts für mich ist. Und dass ich keine Freunde finden würde. … Aber jetzt ist Freitag, und ich möchte am liebsten hierbleiben. Ich möchte einfach den Heiligen Geist in meinem Leben spüren. Ich möchte so leben.“

Jeder hat seine eigene Geschichte zu erzählen, wie ihm die Augen geöffnet wurden und geistige Gaben ihn erfüllt haben, die ihn bei dieser Aufwärtsentwicklung begleiten und tragen. Auch ich habe mich diesen Sommer durch FSY verändert. Ich habe gesehen, wie der Geist des Herrn unablässig den rechtschaffenen Herzenswünschen dieser vielen jungen Menschen nachkam, die alle den Mut hatten, sich eine Woche lang der Obhut des Herrn anzuvertrauen.

So, wie ein stählernes Schiff mit glänzendem Schiffsrumpf dem Meer ausgesetzt ist, leben wir in einem Umfeld, das Geistiges zerstört. Unsere strahlendsten Überzeugungen müssen achtsam bewahrt werden – sonst könnten sie verätzt werden, dann rosten und schließlich ganz zerfallen.

Was können wir tun, um das Feuer unserer Überzeugungen weiter zu nähren?

Erlebnisse wie FSY-Tagungen, Zeltlager, Abendmahlsversammlungen und die Erfüllung einer Mission können dazu beitragen, unser Zeugnis zu polieren; sie fördern unsere Aufwärtsentwicklung, lassen uns Geistiges entdecken und geleiten uns an Orte, wo wir im Großen und Ganzen Frieden spüren können. Doch was müssen wir tun, um dort zu bleiben und weiter „mit Beständigkeit in Christus vorwärts[zu]streben“ (2 Nephi 31:20), anstatt Rückwärtsbewegungen zu machen? Wir müssen weiterhin all das tun, wodurch wir überhaupt erst dorthin gelangt sind, wie etwa oft zu beten, uns in die heiligen Schriften zu vertiefen und aufrichtig unserem Nächsten zu dienen.

Für manche bedeutet das vielleicht, dem Herrn Vertrauen entgegenzubringen und sei es nur, um dann die Abendmahlsversammlung zu besuchen. Doch sind wir erst einmal dort, können der heilende Einfluss des Abendmahls des Herrn, Infusionen mit Evangeliumsgrundsätzen und die Stärkung, die wir in der Kirche durch die Gemeinschaft erfahren, uns nach Hause bringen – auf eine höhere Ebene.

Woher kommt die Kraft, die damit einhergeht, dass wir persönlich zusammenkommen?

Bei FSY haben mehrere Hunderttausend unserer Jugendlichen den Erretter besser kennengelernt, indem sie eine einfache Formel anwandten: sich dort zu treffen, wo zwei oder mehr im Namen des Herrn versammelt waren (siehe Matthäus 18:20), sich mit dem Evangelium und den heiligen Schriften zu befassen, gemeinsam zu singen, gemeinsam zu beten und Frieden in Christus zu finden. Das ist ein wirksames Rezept für geistiges Erwachen.

Diese weit verstreute Schar Brüder und Schwestern ist nun wieder zuhause. Dort müssen sie herausfinden, was es bedeutet, weiterhin auf den Herrn zu vertrauen (siehe Sprichwörter 3:5; Leitgedanke der Jugendlichen für 2022), wenn einem der Missklang einer ungebärdigen Welt in den Ohren dröhnt. Es ist eine Sache, den Herrn an einem Ort stiller Einkehr, die Schriften vor sich aufgeschlagen, zu hören (siehe Joseph Smith – Lebensgeschichte 1:17). Eine völlig andere Sache ist es jedoch, inmitten der auf uns einprasselnden weltlichen Ablenkungen zu zeigen, dass wir Nachfolger Christi sind. Dann nämlich müssen wir bestrebt sein, ihn zu hören, selbst wenn unser Blick durch die Beschäftigung mit uns selbst getrübt ist und unsere Zuversicht ins Stocken gerät. Ganz zweifellos beweisen unsere Jugendlichen, dass sie echte Helden sind, wenn sie felsenfest dastehen und sich gegen die sittliche Plattentektonik unserer Zeit stemmen.

Was kann jede Familie zuhause tun, um den Schwung gut zu nutzen, den Aktivitäten in der Kirche erzeugen?

Als meine Frau Pfahl-JD-Präsidentin war, stand ich ihr gern zur Seite. An einem Abend bestand meine Aufgabe darin, im Foyer Kekse herzurichten, während meine Frau in der Kapelle eine Fireside für Eltern und deren Töchter abhielt, die in der darauffolgenden Woche an einem JD-Zeltlager teilnehmen würden. Nachdem sie erklärt hatte, wo der Treffpunkt war und was mitzubringen sei, sagte sie: „Wenn Sie Ihre lieben Mädchen am Dienstagmorgen zum Bus bringen, dann nehmen Sie sie fest in den Arm. Geben Sie ihnen einen Abschiedskuss – denn sie werden nicht wiederkommen.“

Ich hörte jemanden nach Luft schnappen und merkte dann, dass ich es war. „Nicht wiederkommen?“

Doch dann fuhr sie fort: „Wenn Sie diese Dienstagmorgen-Mädchen am Bus absetzen, lassen sie die Ablenkung von Unwichtigem hinter sich und verbringen eine Woche damit, gemeinsam zu lernen, zu wachsen und auf den Herrn zu vertrauen. Wir werden die ganze Woche lang gemeinsam beten, singen, kochen, dem Nächsten dienen, einander Zeugnis geben und das tun, was es uns ermöglicht, den Geist des himmlischen Vaters zu spüren, bis wir bis ins Mark davon erfüllt sind. Diese Mädchen, die am Samstag aus dem Bus steigen, werden nicht dieselben sein wie die, die Sie am Dienstag abgesetzt haben. Es werden neue Geschöpfe sein. Und wenn Sie sie dabei unterstützen, auf dieser höheren Ebene weiterzugehen, werden die Mädchen Sie in Erstaunen versetzen und sich weiterhin verändern und wachsen, ebenso wie Ihre Familie.“

An jenem Samstag war es genau so, wie sie es vorhergesagt hatte. Als ich gerade die Zelte einlud, hörte ich die Stimme meiner Frau. Sie sprach in einem kleinen Amphittheater im Wald, wo sich die Mädchen vor der Heimfahrt versammelt hatten, und sagte: „Ach, da seid ihr ja! Wir haben die ganze Woche auf euch gewartet – unsere Samstags-Mädchen.“

Die unerschütterliche Jugend Zions navigiert durch eine atemberaubende Zeit. In dieser Welt der prophezeiten Spaltungen Freude zu finden, ohne ein Teil von dieser Welt zu werden, die für Heiliges blind ist – das ist ihr besonderer Auftrag. Man könnte fast meinen, G. K. Chesterton hätte unser Bestreben gesehen, uns – mit Unterstützung der Kirche – auf das Zuhause auszurichten, als er vor etwa hundert Jahren sagte: „Wir müssen das Universum gleichzeitig als das Schloss eines Ungeheuers ansehen, das erobert werden muss, und als unser eigenes Häuschen, zu dem wir am Abend zurückkehren können.“ (Orthodoxy, 1909, Seite 130.)

Zum Glück müssen die Jugendlichen nicht alleine in den Kampf hinausziehen. Sie haben einander und sie haben Sie alle. Zudem folgen sie einem lebenden Propheten, Präsident Russell M. Nelson, der mit dem wissenden Optimismus eines Sehers vorangeht und verkündet, dass das wichtigste Werk der heutigen Zeit – die Sammlung Israels – sowohl gewaltig als auch erhaben ist (siehe „Hoffnung Israels“, Andacht für Jugendliche in aller Welt, 3. Juni 2018, HopeofIsrael.ChurchofJesusChrist.org).

Diesen Sommer stiegen meine Frau Kalleen und ich am Flughafen in Amsterdam um, wo ich vor vielen Jahren als neuer Missionar angekommen war. Nachdem ich mich monatelang damit abgemüht hatte, Niederländisch zu lernen, machte der Pilot bei der Landung der KLM-Maschine eine unverständliche Ansage über die Lautsprecheranlage. Nach einem Moment des Schweigens murmelte mein Mitarbeiter: „Ich glaube, das war Niederländisch.“ Wir sahen einander an und konnten die Gedanken des anderen lesen: Alles Gelernte war futsch.

Aber es war nicht alles verloren. Als ich noch über den großen Glauben nachdachte, den wir seinerzeit aufgebracht hatten, als wir durch diesen Flughafen gingen und uns aufmachten zu einem wahren Schauer an Wundern, die wir als Missionare erleben würden, holte mich plötzlich ein sehr lebendiger Missionar in die Gegenwart zurück. Er wollte gerade den Heimflug antreten. Er stellte sich vor und fragte: „Präsident Lund, was muss ich jetzt tun? Was muss ich tun, um stark zu bleiben?“

Nun, die gleiche Frage beschäftigt auch die Jugendlichen, wenn sie nach einer FSY-Tagung, einem Zeltlager oder einer Tempelfahrt nach Hause fahren und jedes Mal, wenn sie die Mächte des Himmels verspüren: „Wie kann sich die Liebe zu Gott in beständige Nachfolge verwandeln?“

Ich spürte, wie in mir Liebe zu diesem hellsichtigen Missionar wuchs, der die letzten Stunden seiner Mission zu fassen hatte, und in diesem Moment, wo der Geist ganz still war, hörte ich, wie ich schlicht mit brüchiger Stimme sagte: „Sie müssen kein Namensschild tragen, um den Namen des Herrn zu tragen.“

Am liebsten wollte ich ihm die Hände auf die Schultern legen und sagen: „Das musst du tun: Du gehst nach Hause und bist einfach weiter der, der du bist. Du bist so gut, dass du beinahe im Dunkeln leuchtest. Die Disziplin, die du auf Mission hattest, und die Opfer, die du erbracht hast, haben einen wunderbaren Sohn Gottes aus dir gemacht. Mach zuhause mit allem weiter, was hier so eindrücklich für dich funktioniert hat. Du hast gelernt, wie man betet und zu wem und wie man sich dabei ausdrückt. Du hast die Worte des Herrn studiert und den Erretter lieben gelernt, indem du dich bemüht hast, wie er zu sein. Du hast den Vater im Himmel geliebt, wie der Erretter ihn geliebt hat, hast anderen gedient, wie er gedient hat, und hast die Gebote befolgt, so wie er es getan hat, und wenn du fehlgegangen bist, bist du umgekehrt. Deine Nachfolge Jesu ist nicht nur ein Spruch auf einem T-Shirt – sie ist ein Teil deines Lebens geworden, das du jetzt bewusst für andere lebst. Geh also nach Hause und tu das. Sei das. Nimm diese geistige Schwungkraft in dein restliches Leben mit.“

Ich weiß, dass wir Zuversicht und Frieden in geistigen Belangen finden können, wenn wir auf den Herrn Jesus Christus und auf seinen Weg der Bündnisse vertrauen und heilige Gewohnheiten und rechtschaffene Gepflogenheiten fördern, die das Feuer unseres Glaubens stärken und anfachen können. Mögen wir uns alle diesem wärmenden Feuer weiterhin nähern und, was immer kommen mag, dort verweilen. Im Namen Jesu Christi. Amen.