Generalkonferenz
Hilfe für die Armen und Bedrängten
Herbst-Generalkonferenz 2022


Hilfe für die Armen und Bedrängten

Der Kirche Jesu Christi ist es ein Anliegen, den Bedürftigen beizustehen, und es ist ihr ebenso ein Anliegen, bei diesem Werk mit anderen zusammenzuarbeiten

Brüder und Schwestern, unser lieber Präsident, Russell M. Nelson, wird später in dieser Versammlung zu uns sprechen. Er hat mich darum gebeten, als Erster zu Ihnen zu sprechen.

Ich möchte heute darauf eingehen, was die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage und ihre Mitglieder für die Armen und Bedrängten geben und tun. Zudem spreche ich über weitere gute Menschen, die ebenso geben. Den Bedürftigen zu geben, gilt als Grundsatz in allen abrahamitischen Religionen sowie auch in anderen.

Vor einigen Monaten hat die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage erstmals ausführlich über den Umfang ihrer weltweiten humanitären Arbeit berichtet.1 Unsere Ausgaben für Bedürftige in 188 Ländern beliefen sich 2021 auf insgesamt 906 Millionen US-Dollar, also fast eine Milliarde US-Dollar. Darüber hinaus leisteten unsere Mitglieder über 6 Millionen Arbeitsstunden freiwilliger gemeinnütziger Hilfe.

Solche Zahlen sind natürlich ein unvollständiger Bericht über den Umfang unserer Zuwendungen und Hilfen. Sie berücksichtigen nicht den persönlichen Einsatz unserer Mitglieder, die sich im Rahmen ihrer Berufungen und auch aus Eigeninitiative umeinander kümmern. Und in unserem Bericht für das Jahr 2021 wird auch nicht erwähnt, was einzelne Mitglieder in unzähligen gemeinnützigen Organisationen leisten, die nicht formell mit unserer Kirche in Verbindung stehen. Damit möchte ich gerne beginnen.

1831, weniger als zwei Jahre nach der Gründung der wiederhergestellten Kirche, gab der Herr diese Offenbarung, um die Mitglieder und, wie ich glaube, alle seine Kinder auf der ganzen Welt anzuleiten:

„Siehe, es ist nicht recht, dass ich in allem gebieten muss; denn wer in allem genötigt werden muss, der ist ein träger und nicht ein weiser Diener …

Wahrlich, ich sage: Die Menschen sollen sich voll Eifer einer guten Sache widmen und vieles aus ihrem eigenen, freien Willen tun und viel Rechtschaffenheit zustande bringen;

denn die Macht ist in ihnen, wodurch sie für sich selbst handeln können. Und insoweit die Menschen Gutes tun, werden sie keineswegs ihres Lohnes verlustig gehen.“2

In mehr als 38 Jahren als Apostel und in über 30 Jahren beruflicher Tätigkeit habe ich viele großzügige Anstrengungen von Organisationen und Menschen erlebt, wie sie in dieser Offenbarung beschrieben werden. Sie verschreiben sich „einer guten Sache“ und bringen „viel Rechtschaffenheit zustande“. Es gibt unzählige Beispiele für solche humanitäre Hilfe auf der ganzen Welt, jenseits unserer Grenzen und oft auch jenseits unserer Kenntnis. Wenn ich darüber nachdenke, denke ich an den Propheten und König Benjamin aus dem Buch Mormon, dessen Predigt diese ewige Wahrheit enthielt: „Wenn ihr euren Mitmenschen dient, dann dient ihr eurem Gott.“3

Wohlfahrt und humanitäre Hilfe für unsere Mitmenschen wird in der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage gelehrt und von ihr und von uns Mitgliedern praktiziert. Beispielsweise fasten wir am Anfang eines jeden Monats und spenden mindestens den Gegenwert der nicht verzehrten Mahlzeiten, um Bedürftigen in unseren eigenen Gemeinden zu helfen. Die Kirche leistet auch enorme Beiträge für humanitäre und sonstige Hilfe auf der ganzen Welt.

Trotz allem, was unsere Kirche direkt dazu beiträgt, wird doch der größte Teil der humanitären Hilfe für die Kinder Gottes weltweit von Menschen und Organisationen geleistet, die keine formale Verbindung zu unserer Kirche haben. Wie einer unserer Apostel bemerkte: „Gott wirkt durch mehr als ein Volk, um sein großes und wunderbares Werk zustande zu bringen. … Für ein einzelnes Volk ist diese Sache zu gewaltig, zu schwierig.“4 Als Mitglieder der wiederhergestellten Kirche sollten wir die guten Werke anderer bewusster wahrnehmen und mehr wertschätzen.

Der Kirche Jesu Christi ist es ein Anliegen, den Bedürftigen beizustehen, und es ist ihr ebenso ein Anliegen, bei diesem Werk mit anderen zusammenzuarbeiten. Vor kurzem haben wir dem Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen eine ansehnliche Spende zukommen lassen. In den vielen Jahrzehnten unserer humanitären Arbeit haben sich zwei Organisationen als unsere wichtigsten Kooperationspartner bewährt: Durch Projekte mit dem Roten Kreuz und dem Roten Halbmond in dutzenden von Ländern erhielten Kinder Gottes in Zeiten von Naturkatastrophen und Konflikten dringend notwendige Hilfe. Auch mit der Hilfsorganisation Catholic Relief Services können wir auf eine lange Zusammenarbeit zurückblicken. Diese Organisationen haben uns viel über hervorragende internationale Nothilfe gelehrt.

Eine gute Zusammenarbeit verbindet uns auch mit weiteren Organisationen, darunter Muslim Aid, Water for People und IsraAID, um nur einige zu nennen. Zwar hat jede humanitäre Organisation ihre eigenen Spezialgebiete, doch verfolgen wir das gemeinsame Ziel, das Leid der Kinder Gottes zu lindern. All dies ist Teil von Gottes Werk für seine Kinder.

Durch neuzeitliche Offenbarung wissen wir, dass unser Erretter Jesus Christus „das wahre Licht [ist], das jedem Menschen leuchtet, der in die Welt kommt“5. Dadurch werden alle Kinder Gottes dazu inspiriert, Gott und einander nach bestem Wissen und Können zu dienen.

Das Buch Mormon lehrt uns, dass „alles, was einlädt und lockt, Gutes zu tun und Gott zu lieben und ihm zu dienen, von Gott eingegeben [ist]“6.

Weiter heißt es:

„Denn siehe, jedem Menschen ist der Geist Christi gegeben, damit er Gut von Böse unterscheiden könne; darum zeige ich euch, wie man urteilt; denn alles, was einlädt, Gutes zu tun, und dazu bewegt, dass man an Christus glaubt, geht von der Macht und Gabe Christi aus …

Und nun, meine Brüder, … ihr [kennt] das Licht …, mit dem ihr urteilen könnt, und dieses Licht ist das Licht Christi.“7

Ich möchte einige Beispiele anführen, wie Kinder Gottes anderen Kindern Gottes in Bezug auf deren wesentlichste Bedürfnisse, nämlich Nahrung, medizinische Versorgung und Bildung, helfen.

Vor zehn Jahren starteten die Kandharis, ein Sikh-Ehepaar in den Vereinigten Arabischen Emiraten, ein bemerkenswertes Programm, die Hungernden zu speisen. Über den Sikh-Tempel Guru Nanak Darbar werden derzeit jedes Wochenende über 30.000 vegetarische Mahlzeiten an alle Menschen ausgegeben, die durch die Türen des Tempels kommen, unabhängig von ihrer Religion oder Herkunft. Dr. Kandhari erklärt: „Wir glauben, dass wir alle eins sind; wir sind Kinder des einen Gottes, und wir sind hier, um der Menschheit zu dienen.“8

Ein weiteres Beispiel ist die Bereitstellung von medizinischer und zahnmedizinischer Versorgung für Bedürftige. In Chicago traf ich einen syrisch-amerikanischen Arzt für Intensivmedizin, Dr. Zaher Sahloul. Er ist einer der Gründer von MedGlobal, einer Organisation, über die medizinische Fachkräfte ehrenamtlich Zeit, Fertigkeiten, Wissen und Führungskompetenz zur Verfügung stellen, um anderen in Krisensituationen zu helfen, wie beispielsweise im Syrienkrieg, wo Dr. Sahloul sein Leben riskierte, um Zivilisten medizinisch zu versorgen. MedGlobal und ähnliche Organisationen (darunter viele Fachleute der Heiligen der Letzten Tage) zeigen, dass Gott gläubige Fachleute dazu bewegt, den Armen in aller Welt beizustehen und ihre Not zu lindern.9

Viele selbstlose Kinder Gottes engagieren sich für Bildung, ebenfalls weltweit. Ein gutes Beispiel, das uns durch unsere eigene humanitäre Arbeit bekannt ist, ist das Engagement eines Mannes namens Mr. Gabriel, der mehrfach vor verschiedenen Konflikten fliehen musste. Vor kurzem stellte er fest, dass hunderttausende Flüchtlingskinder in Ostafrika Unterstützung brauchen, damit ihre Hoffnung aufrechterhalten und ihr Verstand wach gehalten wird. Zusammen mit anderen Lehrern aus der Flüchtlingsbevölkerung rief er sogenannte „Baumschulen“ ins Leben, wo Kinder im Schatten eines Baumes unterrichtet werden. Er wartete nicht darauf, dass andere etwas organisierten oder veranlassten, sondern leitete persönlich diese Bemühungen, die tausenden von Grundschulkindern in den belastenden Jahren der Vertreibung Lernmöglichkeiten bieten.

Mit diesen drei Beispielen will ich nicht sagen, dass alles, was von Organisationen oder Einzelpersonen gesagt oder getan wird, die vorgeben, gut oder von Gott zu sein, dem auch entspricht. Diese Beispiele zeigen jedoch, dass Gott viele Organisationen und Einzelpersonen inspiriert, viel Gutes zu tun. Es zeigt auch, dass mehr von uns das Gute, was andere tun, anerkennen und unterstützen sollten, wenn es unsere Zeit und Mittel erlauben.

Hier sind einige Beispiele für Einsatzmöglichkeiten, die die Kirche unterstützt und die unsere Mitglieder und andere gute Menschen und Organisationen mit individuellen Zeit- und Geldspenden ebenfalls unterstützen:

Ich beginne mit der Religionsfreiheit. Diese zu fördern dient unseren eigenen Interessen, aber auch den Interessen anderer Religionen. Unser erster Präsident der Kirche, Joseph Smith, verkündete: „Wir beanspruchen das Recht, den allmächtigen Gott zu verehren, wie es uns das eigene Gewissen gebietet, und gestehen allen Menschen das gleiche Recht zu, mögen sie verehren, wie oder wo oder was sie wollen.“10

Andere Beispiele für die humanitäre und anderweitige Hilfe der wiederhergestellten Kirche, die auch von unseren Mitgliedern freigebig unterstützt werden, sind unsere bekannten Schulen, Hochschulen und Universitäten sowie unsere weniger bekannten, aber jetzt veröffentlichten umfangreichen Spenden für die Unterstützung von Menschen, die unter den Zerstörungen und Umwälzungen durch Naturkatastrophen wie Tornados und Erdbeben leiden.

Weitere wohltätige Projekte, die unsere Mitglieder durch ihre freiwilligen Spenden und Bemühungen unterstützen, sind zu zahlreich, um sie alle aufzuzählen, aber allein die Erwähnung einiger weniger zeigt, wie vielfältig und wichtig sie sind: Bekämpfung von Rassismus und anderen Vorurteilen, Forschung zur Vorbeugung und Heilung von Krankheiten, Hilfe für Menschen mit Behinderungen, Unterstützung von Musikorganisationen sowie Verbesserung der moralischen und physischen Umwelt für alle.

Alle humanitäre Arbeit der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage zielt darauf ab, dem im Buch Mormon beschriebenen Beispiel eines rechtschaffenen Volkes zu folgen: „Und so, in ihren gedeihlichen Umständen, schickten sie keinen fort, der nackt war oder der hungrig war oder der durstig war oder der krank war …; darum waren sie freigebig zu allen, seien sie alt oder jung, seien sie geknechtet oder frei, seien sie männlich oder weiblich, sei es außerhalb der Kirche oder in der Kirche.“11

Ich gebe Zeugnis für Jesus Christus, dessen Licht und Geist alle Kinder Gottes dabei leitet, den Armen und Bedrängten auf der ganzen Welt zu helfen. Im Namen Jesu Christi. Amen.