Generalkonferenz
Wie man ein Leben aufbaut, das dem Widersacher standhält
Herbst-Generalkonferenz 2022


Wie man ein Leben aufbaut, das dem Widersacher standhält

Ich bete darum, dass wir unser Leben weiterhin nach den Plänen und technischen Einzelheiten des göttlichen Entwurfs errichten, den unser Vater im Himmel erstellt hat

Über die Jahre hinweg haben wir von diesem schönen Rednerpult des Konferenzzentrums aus großartigen Rat, Inspiration, Unterweisung und Offenbarung erhalten. Von Zeit zu Zeit haben Redner Vergleiche im Zusammenhang mit ihren Wissens- und Erfahrungsbereichen verwendet, um einen Grundsatz des Evangeliums Jesu Christi klar und überzeugend zu veranschaulichen.

So haben wir beispielsweise etwas über Flugzeuge erfahren und darüber, wie uns bei einer Flugreise eine anfangs winzige Abweichung an einen Ort führen kann, der weit von unserem ursprünglichem Ziel entfernt ist.1 Ebenfalls auf diese Weise gelernt haben wir aus einem Vergleich der Funktion unseres physischen Herzens mit der mächtigen Wandlung des Herzens, die erforderlich ist, um der Aufforderung des Herrn, ihm zu folgen, nachzukommen.2

Voll Demut möchte ich heute einen Vergleich hinzufügen, zu dem ich durch einen Bereich meiner Berufsausbildung angeregt wurde. Ich spreche von der Welt des Bauingenieurwesens. Von Beginn meines Studiums an sehnte ich den Tag herbei, an dem ich die Anforderungen dafür erfüllt haben würde, den Kurs zu belegen, in dem mir beigebracht werden sollte, Gebäude und andere Bauwerke zu entwerfen, die als erdbebensicher gelten.

Endlich war der Tag gekommen, an dem ich die erste Stunde zu diesem Thema hatte. Die ersten Worte des Professors waren die folgenden: „Sie können es sicher kaum erwarten, in diesem Kurs zu lernen, wie man erdbebensichere Bauwerke entwirft.“ Viele von uns nickten erwartungsvoll. Daraufhin sagte er weiter: „Es tut mir leid, Ihnen mitteilen zu müssen, dass dies nicht möglich ist. Ich kann Ihnen nicht beibringen, wie man ein Gebäude entwirft, das so ,sicher‘ vor einem Erdbeben ist, dass es gar nicht erst dazu kommt. Das ergäbe nämlich keinen Sinn“, sagte er, „da Erdbeben in jedem Fall auftreten, ob wir es wollen oder nicht.“

Dem fügte er hinzu: „Ich kann Ihnen jedoch beibringen, wie man ein Gebäude entwirft, das Erdbeben standhält, ein Bauwerk also, das den von einem Erdbeben ausgehenden Kräften widerstehen kann, sodass es ohne ernsthafte Beschädigung stehen bleibt und dann weiterhin den Zweck erfüllen kann, für den es konzipiert wurde.“

Der Ingenieur stellt Berechnungen an, um die Abmessungen, Eigenschaften und Merkmale der Fundamente, Stützen, Balken, Betonplatten und anderen Bauelemente anzugeben. Diese Ergebnisse bilden die Grundlage für Pläne und technische Einzelheiten, die dann vom Bauträger genauestens zu befolgen sind, damit das Bauwerk realisiert werden kann und somit den Zweck erfüllt, für den es entworfen wurde und gebaut wird.

Obwohl seit dieser ersten Stunde zur technischen Planung von Gebäuden, die Erdbeben standhalten, bereits über 40 Jahre vergangen sind, erinnere ich mich noch ganz genau an den Augenblick, als ich begann, ein tieferes und umfassenderes Verständnis dafür zu entwickeln, wie wichtig dieses Prinzip für die Gebäude sein würde, die ich in meinem zukünftigen Berufsleben entwerfen würde. Ich erkannte nicht nur das, sondern auch etwas noch Wichtigeres: Dieses Prinzip würde in meinem eigenen Leben und in dem derjenigen, auf die ich einen positiven Einfluss ausüben kann, ständig präsent sein.

Wie gesegnet sind wir doch, dass wir uns auf unsere Kenntnis des Erlösungsplans, den unser Vater im Himmel aufgestellt hat, verlassen können, dass wir das wiederhergestellte Evangelium Jesu Christi haben und dass wir uns auf die inspirierte Weisung lebender Propheten stützen können! All dies zusammen bildet die von Gott vorgesehenen „Pläne“ und „technischen Einzelheiten“, die uns zeigen, wie wir ein glückliches Leben aufbauen können – ein Leben, das Sünde standhält, Versuchung standhält und Angriffen des Satans standhält, der ja verzweifelt versucht, unsere ewige Bestimmung zu vereiteln: das ewige Leben zusammen mit unserem Vater im Himmel und mit unserer geliebten Familie.

Der Erretter selbst wurde zu Beginn seines Wirkens allein gelassen, um vom Teufel versucht zu werden.3 Aber Jesus ging erfolgreich aus dieser großen Prüfung hervor. Was hätte es ihm gebracht, sich einzubilden, vor dem Satan und vor Versuchung sicher zu sein? Was Jesus aus diesen äußerst schwierigen Momenten siegreich hervorkommen ließ, war seine geistige Vorbereitung. Dank ihr war er in der Lage, den Versuchungen des Widersachers zu widerstehen.

Welche Faktoren haben dem Erretter geholfen, auf diesen entscheidenden Augenblick vorbereitet zu sein?

Erstens hatte er 40 Tage und 40 Nächte gefastet – ein Fasten, bei dem er beständig gebetet haben muss. Obwohl er körperlich geschwächt war, war sein Geist sehr stark. Auch wenn von uns zum Glück nicht verlangt wird, so lange zu fasten – sondern nur 24 Stunden und das einmal im Monat –, gibt das Fasten uns geistige Kraft und bereitet uns darauf vor, den Prüfungen dieses Lebens standzuhalten.

Zweitens erfahren wir in dem Bericht über die Versuchungen, denen der Erretter ausgesetzt war, dass er dem Satan immer mit Schriftstellen antwortete, die er im Sinn hatte und zitierte und somit im richtigen Moment anwendete.

Als der Satan ihn in Versuchung führte, Steine in Brot zu verwandeln, damit er nach dem langen Fasten seinen Hunger stillen konnte, erwiderte der Herr: „In der Schrift heißt es: Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von jedem Wort, das aus Gottes Mund kommt.“4 Als der Herr dann auf der Zinne des Tempels stand und der Teufel ihn dazu verleiten wollte, seine Macht unter Beweis zu stellen, antwortete der Herr mit Bestimmtheit: „In der Schrift heißt es auch: Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht auf die Probe stellen.“5 Und beim drittem Versuch des Satans entgegnete der Herr: „In der Schrift steht: Den Herrn, deinen Gott, sollst du anbeten und ihm allein dienen.“6

So etwas wie ein Erdbeben hinterlässt selbst bei korrekt entworfenen und erbauten Gebäuden seine Spuren. Es hat Auswirkungen wie zum Beispiel Risse, umgefallene Möbelstücke, eingestürzte Decken und zerbrochene Fenster. Dieses gut entworfene und errichtete Gebäude wird aber seinen Zweck erfüllen, seine Bewohner zu schützen, und mit einigen Ausbesserungen wird es seinen ursprünglichen Zustand wiedererlangen.

In gleicher Weise können die Schläge des Widersachers „Risse“ oder Teilschäden in unserem Leben verursachen – trotz unserer Bemühungen, unser Leben nach dem vollkommenen göttlichen Bauplan zu gestalten. Solche „Risse“ können sich in Form von Traurigkeit oder Reue äußern, etwa weil wir Fehler begangen und nicht alles vollkommen richtig gemacht haben, oder weil wir das Gefühl haben, nicht so gut zu sein, wie wir es gerne wären.

Wirklich ausschlaggebend ist aber, dass wir uns an die von Gott entworfenen Pläne und Einzelheiten gehalten haben, nämlich das Evangelium Jesu Christi, und daher weiterhin standhalten. Wenn man sich unser Leben als ein Gebäude vorstellt, wurde es trotz der Bemühungen des Widersachers oder schwieriger Umstände, mit denen wir konfrontiert waren, nicht zerstört; vielmehr können wir weiter vorwärtsstreben.

Die Freude, die uns in den heiligen Schriften als Zweck unseres Daseins verheißen wird,7 sollte nicht so verstanden werden, dass wir weder Schwierigkeiten noch Kummer haben werden und dass wir keine „Risse“ als Folge der Versuchungen, der Widrigkeiten und der jeweiligen Prüfungen unseres Erdenlebens haben werden.

Diese Freude hat mit Nephis Blick aufs Leben zu tun. Er erklärte, dass er im Laufe seiner Tage viele Bedrängnisse erlebt hat, dass ihm der Herr jedoch alle seine Tage auch viel Gunst erwiesen hat.8 Alle seine Tage! Selbst in den Tagen, als Nephi unter der Verständnislosigkeit und der Ablehnung seiner eigenen Brüder litt, selbst als sie ihn auf dem Schiff festbanden, selbst an dem Tag, als sein Vater Lehi verstarb, und selbst dann noch, als Laman und Lemuel zu Todfeinden seines Volkes wurden. Selbst in diesen schwierigen Tagen fühlte sich Nephi vom Herrn hoch begünstigt.

Wir können beruhigt sein, da wir wissen, dass der Herr niemals zulassen wird, dass wir über das hinaus versucht werden, dem wir widerstehen können. Alma fordert uns auf, ständig zu wachen und zu beten, damit wir nicht versucht werden über das hinaus, was wir ertragen können, und so durch den Heiligen Geist geführt werden und demütig, sanftmütig, fügsam, geduldig, voller Liebe und vollends langmütig werden.9

Das Gleiche gilt für die Prüfungen des Lebens. Ammon ruft uns diese Worte des Herrn in Erinnerung: „Geht hin … und ertragt eure Bedrängnisse mit Geduld, und ich werde euch Erfolg schenken.“10

Der Herr verschafft uns immer Hilfe, wenn wir mit Widrigkeiten, Versuchung, Verständnislosigkeit, Schwächen oder gar dem Tod konfrontiert sind. Er hat erklärt: „Und nun, wahrlich, ich sage euch, und was ich zu einem sage, das sage ich zu allen: Seid guten Mutes, kleine Kinder, denn ich bin mitten unter euch, und ich habe euch nicht verlassen.“11 Er wird uns nie im Stich lassen!

Ich bete darum, dass wir unser Leben weiterhin nach den Plänen und technischen Einzelheiten des göttlichen Entwurfs errichten, den unser Vater erstellt hat und der durch unseren Erretter Jesus Christus ausgeführt wurde. Dank der Gnade, die uns durch das Sühnopfer unseres Erretters zuteilwird, wird es uns gelingen, ein Leben aufzubauen, das der Sünde standhält, der Versuchung standhält und so solide ist, dass wir die traurigen und schwierigen Zeiten unseres Lebens überstehen. Und darüber hinaus werden wir durch die Liebe unseres Vaters und unseres Erretters in der Lage sein, Zugang zu allen verheißenen Segnungen zu haben. Im Namen Jesu Christi. Amen.