1990–1999
Die einzige wahre und gültige Grundlage
Oktober 1994


Die einzige wahre und gültige Grundlage

Wir müssen uns schulen und uns darauf einstellen, daß wir die sanfte, leise Stimme hören, uns nicht ablenken lassen oder ganz abschalten, weil auf dieser heiligen Frequenz zu viele Störungen sind.

Meine lieben Brüder, es ist schön und es gibt mir ein Gefühl der Demut, mit Ihnen in dieser weltweiten Versammlung von Priestertumsträgern zu sein. Ich bin besonders dankbar für die feierliche Versammlung, die wir heute morgen hatten und bei der mir wieder bestätigt wurde, wie der Herr seine Kirche in diesen Letzten Tagen führt.

Vor einigen Tagen führte mich mein Beruf als Flugkapitän einer B-747 von Dallas, Texas, nach Frankfurt. Es war eine mondlose Nacht über dem Nordatlantik, mit zahllosen glitzernden Sternen am Himmel. Während ich so im Cockpit saß und über diesen beeindruckenden Anblick nachdachte, wandten sich meine Gedanken den vielen Wundern zu, die ich schon erlebt hatte.

Vor 45 Jahren, kurz nach den Schrecken des Zweiten Weltkriegs, ließ ich mich in Zwickau/Sachsen taufen. Dazu kam es, weil eine weißhaarige, mutige und liebevolle Frau meinen Großeltern und meinen Eltern vom wiederhergestellten Evangelium erzählt hatte und diese nicht zögerten, die Herausforderung anzunehmen. Wie sehr ich sie doch dafür liebe! 1952 mußte meine Familie jenen Teil meiner Heimat Mitglieder der Kirche, die durch das Nordtor zur Konferenz ins Tabernakel kommen.

verlassen - mit der Aussicht, ihn nie wiederzusehen. Wir zogen nach Frankfurt, wo ich zum Diakon ordiniert wurde und bei strengen, aber liebevollen Führern den Wert von Arbeit und Dienen schätzen lernte.

Zur gleichen Zeit - im Herzen Westdeutschlands - hatte eine andere wunderbare Frau, eine junge Witwe in den Dreißigern, bedrückende Angst vor den Schwierigkeiten der Zukunft. Sie hatte zwei Töchter und fühlte sich einsam in einem Land ohne Hoffnung. Zu der Zeit klingelten zwei junge Missionare an ihrer Tür und brachten ihr die Botschaft des Lichts, der Wahrheit und der Hoffnung.

Ich werde diesen beiden engagierten Missionaren aus Amerika ewig dankbar sein, aber vor allem Schwester Carmen Reich, die meine Schwiegermutter wurde, für ihren Glauben, ihre Kraft und ihre Bereitschaft, auf die sanfte, leise Stimme zu hören. Sicher hat mein Leben aufgrund der Einsicht dieser großartigen Menschen einen anderen Verlauf genommen.

Damals verließen viele Heilige Europa, um nach Zion zu gehen. Dann aber lehrten uns die Führer der Kirche, daß Zion sich überall auf der Welt befinde, wenn wir nur bereit seien, es aufzubauen.

Die Heiligen hatten Glauben und blieben, und Zion nahm an Schönheit und Heiligkeit zu. Pfähle wurden gegründet und gestärkt. Dennoch hatte Deutschland noch zwei völlig unterschiedliche politische Systeme, die durch eine Grenze aus Betonmauern getrennt waren.

Meine ewige Gefährtin, Harriet, ermunterte mich, nie die Hoffnung aufzugeben, daß wir eines Tages wieder ein Deutschland sein würden und unsere Kinder oder Enkelkinder dies vielleicht erleben würden. Ich danke meiner Frau für ihre Liebe und Partnerschaft und für unsere Familie.

1976 gab Präsident Monson meinem Land einen Segen, der Verheißungen enthielt, die über jeglichen logischen oder politischen Verstand hinausgingen. Es waren prophetische Verheißungen, die neuzeitliche Wunder erforderlich machten. Und die Wunder geschahen.

1989 fiel die Mauer in Berlin, und diese Woche vor vier Jahren wurde Deutschland wiedervereinigt. Die Grenzen wurden erweitert, und Zion konnte sich in schöne Gewänder kleiden. Heute gibt es zwei Tempel in Deutschland, fünf in Europa, und weitere werden gebaut. Das Reich Gottes wächst schnell im Osten Europas und dehnt sich weit über die geographischen und politischen Grenzen von gestern aus. Die Missionare dienen an Orten, die die meisten von uns erst im Lexikon suchen müssen und die wir auf Landkarten nur schwer finden können.

Ich bin dankbar für die Heiligen in Europa, für ihr starkes Zeugnis, das Tag für Tag in ihrem Leben sichtbar wird. Ihr Glaube schenkt mir Halt und Geborgenheit. Ihr Beispiel hilft mir, an Tagen der Herausforderung und der Zweifel den richtigen Weg zu finden und einzuhalten.

Als wir in jener dunklen Nacht über dem Nordatlantik den Jumbo sicher auf seinen Bestimmungsort zusteuerten, mußten wir äußerst sorgfältig und präzise die Navigationsgrundlage schaffen, indem wir die geographischen Koordinaten in das Navigationssystem eingaben. Es mußte richtig und gültig sein, denn es war die Grundlage aller kommenden Entscheidungen. 1979 startete ein Flug in Neuseeland auf der Grundlage falscher Koordinaten und zerschellte am Mount Erebus am Südpol.

Das Evangelium Jesu Christi ist die einzige wahre und gültige Grundlage für unser Leben. Wenn wir unser persönliches Navigationssystem danach ausrichten und ihm mit ganzen Herzen, aller Macht, ganzem Sinn und aller Kraft dienen (siehe LuB 4:2), dann werden wir stets das Rechte wählen und wissen, auf wen wir hören sollen.

Auf Langstreckenflügen sind die Kurzwellenfrequenzen oft überlastet, und atmosphärische Störungen machen die Meldungen schwer verständlich. Das gilt auch für unser Leben. Jeder möchte seine Botschaft „rüberbringen”. Wir müssen uns schulen und uns darauf einstellen, daß wir die sanfte, leise Stimme hören, uns nicht ablenken lassen oder ganz abschalten, weil auf dieser heiligen Frequenz zu viele Störungen sind. Das erreichen wir am besten, indem wir die göttlichen Grundwerte, die wir durch die heiligen Schriften und die lebenden Propheten erhalten, verinnerlichen und anwenden.

Seit dem Propheten Joseph Smith bis hin zu Präsident Howard W. Hunter empfangen wir entsprechend unseren Bedürfnissen und unserer Bereitschaft aktuelle geistige Führung. Die Konferenzbotschaften unserer Propheten, Seher und Offenbarer erhalten wir vom Herrn zu der von ihm bestimmten Zeit und auf seine Weise zu einem besonderen Zweck.

Jesus Christus, der Sohn Gottes, ermöglichte das Wunder der Vergebung und der Erlösung. Dies ist die Kirche Jesu Christi; sie verkündet ein Evangelium der Freude, der Hoffnung, des Muts, der Liebe und der Wunder. Davon gebe ich demütig Zeugnis im Namen Jesu Christi. Amen.