1990–1999
Wir wollen Festungen bauen
Oktober 1994


Wir wollen Festungen bauen

Unsere Festung wird errichtet, indem wir unseren Kindern durch unser Beispiel zeigen, daß die Grundsätze und Lehren des Evangeliums eine Lebensart sind.

In unserer Welt eskalierender Krisen, wo Bruderkriege, Korruption, geheime Verbindungen und Unmoral an die Schlechtigkeit erinnern, die im Buch Mormon geschildert wird, hat der Satan seine Anstrengungen vermehrt, die Familie zu zerstören, indem er die Jugend verdirbt und die Kindheit ihrer Unschuld beraubt.

Unsere jungen Menschen sind besonders verletzlich, da der Feind tückischerweise jedes verfügbare Mittel, auch Massenmedien und Verfassungsänderungen, einsetzt, um sie zu täuschen. Er bombardiert unsere Familien, indem er sie über Fernsehen, Videos, die Presse und Bücher mit zerstörerischen und schädlichen Produkten und Sitten verführt.

Wir, die Heiligen der Letzten Tage, und die guten Menschen überall, müssen gewissenhaft filtern, was wir in unsere Familie einlassen. Die Eltern haben das unveräußerliche Recht und die Pflicht, ihre Kinder zu erziehen. Keinem unerwünschten Außenseiter darf es gestattet sein, die Wertbegriffe unserer Familie zu diktieren oder zu bestimmen, was unsere Kinder gelehrt werden sollen.

Das Evangelium fußt auf dem Grundsatz der Entscheidungsfreiheit, und der himmlische Vater hat es uns auferlegt, unsere Kinder so zu erziehen, daß sie errettet werden und in seine Gegenwart eingehen können. In Abschnitt 68 des Buches, Lehre und Bündnisse’, Vers 25, sagt uns der Herr: „Wenn Eltern in Zion oder einem seiner organisierten Pfähle Kinder haben und sie nicht lehren, die Lehre von der Umkehr, vom Glauben an Jesus Christus, den Sohn des lebendigen Gottes, und von der Taufe und der Gabe des Heiligen Geistes durch Händeauflegen zu verstehen, … so sei die Sünde auf dem Haupt der Eltern.”

Im Mittelalter wurden um Burgen und Städte große Festungsanlagen zum Schutz gegen feindliche Angriffe errichtet. Im Buch Mormon bauten die Nephiten Festungen, um ihre Familien vor den Feinden zu beschützen. Wir müssen unser Zuhause zu einer Festung machen, um unsere Familie gegen die unablässig Attacken des Gegners zu schützen.

Ich will damit nicht sagen, daß wir uns von der Welt abschirmen, indem wir tiefe Gräben ziehen oder meterhohe Hindernisse um unser Zuhause errichten, sondern daß wir vielmehr beim Familienrat unter dem Einfluß des Geistes Aktivitäten, Unterhaltungsprogramme, Bücher, freundschaftliche Beziehungen und Gewohnheiten etablieren, die zu einer Festung für uns werden.

Unsere Festung besteht darin, daß wir die Kinder mit Hilfe der Schrift im Evangelium unterweisen, daß wir es uns zur Gewohnheit machen, als Familie täglich in der Schrift zu lesen, und daß wir häufig darüber reden. Das heißt, daß wir gemeinsam jeden Tag zum Beten niederknien und unsere Kinder lehren, wir wichtig die direkte Kommunikation mit dem himmlischen Vater ist.

Unsere Festung wird errichtet, indem wir unseren Kindern durch unser Beispiel zeigen, daß die Grundsätze und Lehren des Evangeliums eine Lebensart sind, mit deren Hilfe wir auf dieser Erde Frieden finden sowie die nötige Kraft, um den Kummer und die Sorgen des Lebens zu ertragen. Wir müssen sie lehren, daß sie sich nicht mit unangemessener Kleidung und negativen Gewohnheiten der Welt anpassen, sondern nein sagen, wenn sie damit konfrontiert werden.

Eine Festung zu schaffen bedeutet, damit man mit der Familie beim wöchentlichen Familienabend Rat hält, wo Entscheidungen und Vereinbarungen getroffen werden.

In alten Zeiten mußte eine Festung regelmäßig inspiziert werden, damit gewährleistet war, daß keine Schwachstelle entstand, die der Feind sich zunutze machen konnte, und die Wächter auf den Türmen stellten sicher, daß sich kein Feind unbemerkt nähern konnte. Mit anderen Worten: Wenn eine Stadt einmal befestigt war, mußten ständig Anstrengungen unternommen werden, die Festung in dem Zustand zu erhalten, daß sie ihren Zweck erfüllen konnte.

Dadurch, daß wir ein eigenes Sicherheitssystem entwickeln, können wir den Feind davon abhalten, die Schwachstellen in unserer Familienfestung zu nutzen, durch die er sich zu unserem kostbarsten Schatz, unserer Familie, Zutritt verschaffen und ihr Schaden zufügen könnte.

Einer der Wachttürme in unserer Festung kann die Gewohnheit des Vaters sein, regelmäßig mit jedem Angehörigen zu sprechen.

Das persönliche Gespräch ist ein wichtiges Hilfsmittel, durch das die Unversehrtheit unserer Festung garantiert wird. Dadurch können wir unsere Kinder besser kennenlernen, von ihren Problemen und Sorgen erfahren und eine offene Kommunikation sowie Vertrauen schaffen, wodurch wir jegliche Gefahr voraussehen, ihnen bei Entscheidungen helfen und ihnen in schwierigen Augenblicken zur Seite stehen.

Im Buch, Lehre und Bündnisse’, Abschnitt 93, Vers 39 und 40 heißt es: „Und jener Schlechte kommt und nimmt von den Menschenkindern infolge ihres Ungehorsams und wegen der Überlieferungen ihrer Väter

Licht und Wahrheit weg. Ich aber habe euch geboten, eure Kinder in Licht und Wahrheit auf zuziehen.”

Ein liebevolles, vom Geist getragenes Gespräch kann dem Leben unseres Kindes Richtung geben, nötige Kurskorrekturen oder Änderungen bewirken und vielleicht sogar Wunder hervorbringen.

Ich möchte Ihnen von einem besonderen Erlebnis unserer Familie berichten. Es war ein Gespräch, das ich mit meinem Enkel hatte. Als ich mich vor einigen Jahren durch ein Gebet geistig für ein Gespräch mit einer meiner Töchter bereitmachte, fühlte ich mich inspiriert, mit Kemish zu sprechen, einem Enkelsohn, der etwas über drei Jahre alt war und bei uns wohnte. Kemish war ein Energiebündel und konnte keine Minute stillsitzen. Immer lief, hüpfte oder spielte er. So ließ ich das Gefühl vorübergehen und wollte warten, bis er etwas älter war und aufmerksam sein konnte.

Einige Monate danach hatte ich dasselbe Gefühl, während ich betete; nur war es diesmal stärker, und ich ging darauf ein. Ich ging zu Kemish und sagte ihm: „Morgen werden wir beide uns unterhalten.” Am nächsten Tag sagte ich ihm zu Beginn des Gesprächs unter anderem, daß wir uns dabei in die Augen sehen und sitzen bleiben mußten. Es war wirklich ein Wunder; Kemish blieb fast zehn Minuten still sitzen. Wunderbarer war jedoch, daß ich seine Zweifel und Gefühle kennenlernte. Was ihn am meisten beunruhigte, war, wann er ein Fahrrad bekommen würde. Als ich ihm erklärte, daß er warten mußte, bis er etwas älter sei, verstand er es völlig. Er erzählte mir dann eine Geschichte von Nephi und seinen Brüdern, die er gelernt hatte. Was mich als Großvater am meisten begeisterte, war, daß er wußte, wer Jesus Christus ist, und er mir sein Zeugnis vom Erretter gab. Nirgendwo ist mehr Wahrheit und Reinheit zu finden als im Zeugnis eines dreijährigen Jungen.

Ich kann mir ein Interview mit dem himmlischen Vater vorstellen, ehe ich auf die Erde kam. Ein Interview, in dem er mich berief und mir zeigte, was er für mich bereithält. Es muß ein von zärtlichen Gefühlen bestimmtes Interview gewesen sein mit einem liebenden Vater, der seinen Sohn für einige Zeit gehen ließ. Ich warte mit Spannung auf mein nächstes Interview.

Ich weiß, wir haben einen liebevollen Vater, der auf uns wartet. Ich weiß, daß er uns durch seinen Einziggezeugten, unseren Erretter und Erlöser, unterweist. Ich weiß, daß seine Kirche und sein Evangelium wirkliche Festungsanlagen sind, die unserem kostbarsten Schatz auf Erden, unserer Familie, Frieden und Sicherheit gewähren. Das bezeuge ich im Namen unseres Herrn, Jesus Christus. Amen.