1990–1999
Kindern zeigen, wie sich Wahrheit und Irrtum unter
Oktober 1994


Kindern zeigen, wie sich Wahrheit und Irrtum unter

Kinder müssen lernen, Wahrheit und Irrtum zu unterscheiden, und den Mut entwickeln, gemäß dem zu handeln, was sie für richtig halten.

Es ist ein großer Vorzug, an dieser historischen Versammlung teilnehmen zu dürfen. Von ganzem Herzen erhebe ich Hand und Stimme, um den lebenden Propheten des Herrn in seinem Amt anzuerkennen. Ebenfalls erkenne ich Schwester Patricia Pinegar, die heute zur neuen PV-Präsidentin berufen worden ist, in ihrem Amt an. Die Zeit als PV-Präsidentin hat mir viele ungewöhnliche Erlebnisse geschenkt, die mir sehr fehlen werden. Aber ich kenne Schwester Pinegar, Schwester Wirthlin und Schwester Warner und weiß daher, daß unsere Kinder in guten Händen sind. Ich wünsche der neuen Präsidentschaft der Primarvereinigung alles Gutes.

Kinder sind in der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage schon immer sehr wichtig gewesen. Aufgrund der Zustände, die heute auf der Welt herrschen, hat die Erste Präsidentschaft ungewöhnliche Maßnahmen ergriffen, um uns unsere Verantwortung unseren Kindern gegenüber noch deutlicher bewußtzumachen. In einem Artikel mit dem Titel „Konzentrieren Sie sich auf die Kinder” hat sie uns aufgefordert, unsere Kinder mehr als je zuvor zu lieben und

zu beschützen, sie besser zu unterweisen als bisher und sie noch sorgfältiger dafür bereitzumachen, die Kräfte des Satans zu besiegen und den ewigen Frieden und die ewige Herrlichkeit des Herrn zu empfangen. (Siehe Ensign, Januar 1994, Seite 80.)

Es ist uns nicht gleichgültig, was mit unseren Kindern geschieht. Sie sind dem himmlischen Vater kostbar, und wir hoffen darauf, daß sie Gutes auf der Welt bewirken werden. Präsident Boyd K. Packer hat einmal zu mir gesagt: „Die Kinder von heute werden einmal aller Welt das Evangelium bringen. Sie müssen stark sein und unabhängig Entscheidungen treffen können. Damit das möglich ist, müssen sie das Evangelium kennen und wissen, daß es wahr ist.”

Ich möchte Ihnen gerne von einem kleinen Mädchen erzählen, das auf dem richtigen Weg ist. Lindsay ist acht Jahre alt und hat eifrig für die Mathematikarbeit in der Schule gelernt. Sie erzählt: „Als die Arbeit anfing, lehnte sich meine Freundin zu mir herüber und fragte, ob sie von mir abschreiben dürfe. Ich dachte an den Familienabend, den wir jedes Jahr zu Beginn des neuen Schuljahres abhalten. Vati legt uns da immer wieder ans Herz, daß wir unsere Aufgaben selbst machen müssen. Er sagt, daß es besser ist, ehrlich zu sein, als durch Mogeln gute Noten zu schreiben. Wenn ich es zugelassen hätte, daß meine Freundin bei mir abschreibt, hätte ich auch gemogelt. Deshalb schüttelte ich den Kopf. Am nächsten Tag rief die Lehrerin meine Freundin und mich zu sich und sagte, daß wir die gleichen Fehler gemacht hätten. Da fiel es mir nicht schwer, meiner Lehrerin in die Augen zu sehen und ihr zu sagen, daß ich nicht gemogelt hatte. Dann sah ich meine Freundin an - sie weinte. Sie gab zu, daß sie von mir abgeschrieben hatte. Meine Freundin tat mir wirklich leid, aber ich war auch sehr froh, daß ich nicht gemogelt hatte.”

Kinder müssen lernen, Wahrheit und Irrtum zu unterscheiden, und den Mut entwickeln, gemäß dem zu handeln, was sie für richtig halten, so wie Lindsay es getan hat. Als ich mich ausführlicher mit den Grundsätzen hinsichtlich der Fähigkeit zu unterscheiden befaßt habe, sind mir einige Punkte aufgefallen. Vor allem im Buch Mose in der Köstlichen Perle habe ich eine interessante Entdeckung gemacht.

Im ersten Kapitel des Buches Mose wird berichtet, daß Gott von Angesicht zu Angesicht mit Mose sprach, ihn als seinen Sohn bezeichnete und ihm die Erde von Anfang bis Ende zeigte. Dann aber „kam der Satan, um ihn zu versuchen, nämlich: Mose, Menschensohn, bete mich an!” (Mose 1:12).

Was tat Mose in dieser Situation? „Mose blickte den Satan an und sprach: Wer bist du? Denn siehe, ich bin ein Sohn Gottes, nach dem Ebenbild seines Einziggezeugten; und wo ist deine Herrlichkeit, daß ich dich anbeten sollte?” (Mose 1:13.)

Weil Mose Gott kannte, wußte er, daß der Satan ihn täuschen wollte. Wenn unsere Kinder die Wahrheit kennen, dann wissen sie, was Irrtum ist.

Als Mose erkannt hatte, daß der Satan ihn täuschen wollte, handelte er. Er ließ sich auch nicht versuchsweise mit ihm ein. Im Gegenteil, Mose sagte:

„Ich kann zwischen dir und Gott unterscheiden … Hebe dich hinweg, Satan; täusche mich nicht!” (Mose 1:15,16.)

Mose betete um Hilfe und hörte damit auch nicht auf, als der Satan zornig wurde und ihn mit aller Kraft erneut in Versuchung führen wollte. Der Satan forderte Mose auf: „Ich bin der Einziggezeugte, bete mich an!” (Mose 1:19.)

Mose aber wußte, daß das nicht stimmte, dennoch fing er an, sich über die Maßen vor dem Satan zu fürchten an. Aber er ließ es nicht zu, daß die Furcht Oberhand über ihn gewann. Er betete erneut, und Gott schenkte ihm Kraft und gebot dem Satan, er solle weichen. Und mit Weinen und Wehklagen und Zähneknirschen wich der Satan schließlich hinweg. (Siehe Mose 1:20-22.)

Mose hatte erkannt, daß der Satan ihn täuschen wollte, betete unablässig um Hilfe und überwand die Furcht. Und nur so gelang es ihm, sich vom Satan nicht einschüchtern zu lassen.

Wir möchten gerne, daß unsere Kinder merken, wenn jemand sie täuschen will, und dann handeln wie Mose. Dazu gehört aber viel mehr, als daß wir ihnen nur sagen, was sie denken und tun sollen. Es bedeutet nämlich, daß wir ihnen helfen müssen, nach der Wahrheit zu suchen, sie schätzen zulernen und sich aus freien Stücken dafür zu entscheiden, entsprechend zu handeln.

Dazu gibt es zwei Möglichkeiten. Erstens: wir erzählen unseren Kindern von Jesus und erklären ihnen die einfachen Grundsätze seines Evangeliums. Dazu müssen wir uns allerdings Zeit für sie nehmen, damit wir ihnen unseren Glauben erklären können. Außerdem müssen sie sehen können, wie wir selbst die Evangeliumsgrundsätze anwenden. Beim Arbeiten, beim Spielen, beim Unterrichten, bei den sich spontan ergebenden Gelegenheiten, einem Kind etwas zu erklären - der Zeitpunkt ist immer richtig! Der Familienabend, das Familiengebet und nur mit dem Kind allein verbrachte Stunden tragen dazu bei, unseren Kindern das Samenkorn der Wahrheit ins Herz zu pflanzen.

Unsere Kinder müssen wissen, daß wir aus der Quelle aller Wahrheit trinken, wenn wir die heilige Schrift und die Worte der Propheten lesen und auf die Eingebungen des Heiligen Geistes hören. Wenn wir uns dem widersetzen, was uns die Brüder lehren, die der Herr berufen hat, dann widersetzen wir uns der Wahrheit. Aber wenn wir wirklich wissen möchten, was wahr ist, dann ist es doch nur logisch, daß wir aus der Quelle der Wahrheit trinken wollen.

Liebe Eltern, nutzen Sie die Hilfe, die die Kirche Ihnen bietet, und bringen Sie Ihre Kinder zur Primarvereinigung. Die Beamtinnen und Lehrerinnen dort bringen Ihren Kindern Zuneigung entgegen, helfen ihnen und vermitteln ihnen unvergeßlichen Evangeliumsunterricht sowie entsprechende Aktivitäten. Sie können Ihnen helfen, Ihre Kinder mit der Wahrheit vertraut zu machen.

Von ganzem Herzen danke ich allen, die in der Primarvereinigung tätig sind. Sie helfen den Kindern, und damit helfen Sie sich auch selbst. Präsident Hunter hat vor kurzem folgendes über die Beamtinnen und Lehrerinnen in der Primarvereinigung gesagt:

„Diejenigen in der Kirche, die unsere Kinder unterweisen dürfen, sind besonders gesegnet, denn sie können ihnen ihre göttliche Herkunft bewußtmachen und ihnen die Absichten des himmlischen Vaters erklären. Sie werden geistige Kraft für sich selbst schöpfen, wenn sie die Kinder in den so kostbaren Evangeliumsgrundsätzen unterweisen.”

Es gibt noch eine zweite Möglichkeit, wie unsere Kinder lernen können, Wahrheit und Irrtum zu unterscheiden, nämlich indem wir ihnen die Möglichkeit geben, selbst zu üben, wie man Wahrheit erkennt und sich dementsprechend verhält.

Eine Mutter beispielsweise ruft ihren Kindern jedesmal, wenn sie das Haus verlassen, folgendes zu: „Denk immer dran!” Und die Kinder antworten: „Ja, ich weiß: WdR!” Sie wissen, daß WdR „Wähle das Rechte” bedeutet.

Eine Familie in unserem Bekanntenkreis stellt beim Familienabend im Rollenspiel mögliche Situationen dar und übt mit den Kindern, wie sie sich hier verhalten können. So wissen die Kinder schon genau, was sie tun sollen, wenn sie in eine bestimmte Situation geraten. Sie lernen, Wahrheit und Irrtum zu unterscheiden und ihre Entscheidungsfreiheit aus freien Stücken richtig anzuwenden.

Wenn unsere Kinder mit der Wahrheit vertraut sind, können sie allen Stimmen, die sich der Wahrheit entgegenstellen, voller Selbstvertrauen begegnen. Niemand kann ihnen einreden, die Kirche sei nicht wahr, denn das käme ihnen einfach falsch vor. Und wenn sie - wie wir alle - einen Fehler machen oder Fragen zu bestimmten Lehren haben, dann erinnern sie sich an ihre Kindheit und finden vielleicht wieder zurück.

Als ich ein kleines Mädchen war, setzte sich mein Vater abends an das Fußende meines Bettes und erklärte mir und meiner Schwester, daß wir schon vor der Erschaffung der Welt beim himmlischen Vater gelebt und uns entschieden hatten, Gottes Gebote zu halten und den Satan zu verwerfen. Er machte uns deutlich, daß der Satan sich freut, wenn wir dem himmlischen Vater nicht gehorchen. So habe ich mir schon damals fest vorgenommen, daß sich der himmlische Vater über mich freuen soll, nicht der Satan. Dieser Vorsatz hat sich auf mein ganzes Leben ausgewirkt.

Ich bitte darum, daß alle Kinder in den Lehren des Evangeliums unterwiesen werden mögen und üben können, wie sie ihre Entscheidungsfreiheit richtig anwenden. Ich bete auch darum, daß alle Kinder so wie ich wissen mögen: Gott lebt, Jesus Christus ist unser Erretter, und wir werden heute von einem lebenden Propheten geführt. Mögen die Worte des folgenden PV-Liedes in ihrem Herzen widerhallen, so wie sie heute in meinem Herzen widerhallen:

„Ich spür, daß er mich liebt, er segnet mich, das weiß ich. Ich schenke ihm mein Herz, mein Hirte wird er sein. Er weiß, ich will folgen ihm, geh all mein Leben ihm. Ich spür, daß er mich liebt, er hat mich wirklich sehr lieb.” (Chüdren’s Songbook, Seite 74.)

Im Namen Jesu Christi. Amen.