2002
Standhaft und unerschütterlich
Januar 2002


Standhaft und unerschütterlich

„Wir dürfen unseren Glauben nicht preisgeben, wenn wir auf Herausforderungen treffen. Wir wenden uns nicht ab, wir ziehen uns nicht zurück, wir lassen uns nicht entmutigen.“

Manche Menschen und Ereignisse treten in unser Leben, hinterlassen ihre Spuren in unserem Herzen und machen uns zu einem anderen Menschen.

Wir als Präsidentschaft beten heute darum, dass die heute Abend gesprochenen Worte in unserem Herzen ihre Spuren hinterlassen und uns als Töchter Gottes fest, standhaft und unerschütterlich machen.

Bei meinen Reisen in alle Welt hinterlassen die glaubenstreuen Schwestern von der FHV in meinem Herzen ihre Spuren. Ich beobachte, wie engagiert sie bemüht sind, einander behilflich zu sein und einander zu dienen – hier und in der ganzen Welt. Ich bin dadurch ein anderer Mensch geworden.

Bitte beten Sie für mich: ich möchte jetzt einiges ansprechen, von dem ich hoffe, dass es Ihnen ins Herz dringt und Sie unserem Erretter und Erlöser näher bringt.

Wegen der Verheißung ewiger Herrlichkeit, ewiger Vermehrung und des fortdauernden Familienlebens im celestialen Reich entscheiden wir uns dafür, im Glauben standhaft und unerschütterlich zu sein. Wir lieben unsere Familie und wissen, dass wir dann die größte Freude und den größten Frieden erfahren, wenn wir sehen, wie jeder in unserer Familie sich den Prüfungen des Lebens stellt und rechtschaffene Entscheidungen trifft, um die Welt zu überwinden.

Gelegentlich lege ich die Hände um das Gesicht eines meiner Kinder oder Enkelkinder, wenn sie etwas tun, das ihnen sofort oder auf längere Sicht schaden kann. Ich blicke ihm tief in die Augen und erkläre ihm genau, wie sehr es geliebt wird. Dann beschreibe ich den Schaden, der entstehen könnte, wenn es tut, wofür es sich da entschieden hat.

Ich kann mir vorstellen, wie der Erretter unser Gesicht in die Hände nimmt und jeden von uns inständig bittet, standhaft und unerschütterlich und dem Gott, der uns erschaffen hat, treu zu bleiben.

Schwestern, ich wünsche mir, ich könnte die Hände um Ihr Gesicht legen, Ihnen tief in die Augen blicken und Ihnen eine klare Vorstellung von Ihrer wichtigen Rolle als geliebte Tochter Gottes übermitteln, deren „Leben … Sinn und Zweck“ hat. Wir sind Frauen, die „ihr Zeugnis von Jesus Christus durch Beten und Studium der heiligen Schrift stärken“, die „sich um geistige Stärke bemühen, indem sie den Eingebungen des Heiligen Geistes folgen“, und die „sich der Stärkung von Ehe und Familie widmen, Größe in der Mutterschaft und Freude im Frausein finden“.1 Wir sind Frauen, die der FHV der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage angehören.

Ehe wir in diese Welt der Sterblichkeit kamen, lebten wir gemeinsam in der Gegenwart eines liebenden himmlischen Vaters. Ich stelle mir vor, dass eins unserer liebsten Gesprächsthemen sich darum drehte, was wohl geschah, wenn wir durch den Schleier gingen und unser Leben auf dieser Erde begann.

Jetzt sind wir hier. Auch wenn wir unterrichtet wurden, welche Probleme uns auf der Erde begegnen würden, bezweifle ich, dass wir es verstanden haben und uns vorstellen konnten, wie anspruchsvoll und anstrengend, wie ermüdend und manchmal auch traurig dieses Erdenleben sein würde.

Zweifellos haben wir alle manchmal das Gefühl, dass das, was wir durchmachen, einfach zu schwer zu ertragen ist. Doch der Prophet Joseph Smith hat einmal erklärt: „Als [wir uns] dieser Kirche angeschlossen [haben, haben wir uns] in den Dienst Gottes gestellt. Damit [haben wir] den neutralen Boden verlassen und [können] ihn auch nie wieder betreten. Sollten [wir] den Herrn verlassen, in dessen Dienst [wir uns] ja gestellt [haben], geschieht dies auf Betreiben des Bösen, und dann [folgen wir] seinem Befehl und [sind] sein Diener.“2

Ich kann mir vorstellen, wie der Erretter die Hände um unser Gesicht legt, uns tief in die Augen blickt und uns eine Schwesternschaft, eine Frauenhilfsvereinigung, verheißt, die uns in unseren Prüfungen hilft. Diese Organisation für alle Frauen der Kirche ist dazu da, uns zu helfen, dass wir zum Erretter gelangen; sie soll uns helfen, einander dabei zu unterstützen, den Kranken und Bedürftigen zu helfen. Die Schwestern von der FHV legen den Arm um die neuen Mitglieder und geben jeder Schwester das Gefühl, dass sie sie brauchen und umsorgen, unabhängig von ihren gegenwärtigen Lebensumständen. Sie heißen die neuen Jungen Damen in der FHV willkommen und beziehen sie in ihre Aktivitäten ein. Geben Sie ihnen etwas zu tun. Wir können es uns nicht leisten, sie zu verlieren. Jede wird aufgebaut und geliebt. Jede folgt den Priestertumsführern, die uns durch die enge Durchfahrt in den sicheren Hafen, zu reiner Wahrheit und einem Lebensstil führen, der einer Tochter Gottes ansteht.

Präsident Gordon B. Hinckley hat den Frauen der Kirche geraten: „Verwirklichen Sie die großen Möglichkeiten, die Sie in sich haben. Ich verlange nicht, dass Sie mehr tun, als Sie können. Ich hoffe, dass Sie sich nicht mit dem Gedanken an Fehler quälen. Ich hoffe, Sie versuchen nicht, sich Ziele zu setzen, die Sie gar nicht erreichen können. Ich hoffe, dass Sie ganz einfach tun, was Sie können, und das so gut, wie es Ihnen möglich ist. Dann werden Sie nämlich erleben, dass Wunder geschehen.“3

Wenn ich höre, dass Schwestern sagen: „Es ist einfach zu schwer, Besuchslehren zu gehen.“ Oder: „Ich habe ganz einfach nicht die Zeit zu beten und die heiligen Schriften zu lesen!“ „Ich hab viel zu viel um die Ohren, um zur Versammlung Wohnen, Familie und eigene Entfaltung zu gehen.“ – Dann möchte ich sagen, was auch Präsident Hinckley geraten hat: „Verwirklichen Sie die großen Möglichkeiten, die Sie in sich haben.“ Vielleicht müssen wir einmal darüber nachdenken, ob das, was wir tun, auch das ist, was uns am wichtigsten ist. Wenn wir das Wichtigste in unserem Leben an die erste Stelle setzen, dann leben wir jeden Tag so, dass wir nichts zu bereuen haben.

Wir gehen nicht nur jede Woche zur FHV, um umsorgt und geliebt zu werden, sondern auch um uns zum Dienst zu melden. Manchmal findet der wichtigste Dienst in unseren vier Wänden statt.

Luzifer tut, was er kann, um uns von dem abzubringen, was am wichtigsten ist. Eine der effektivsten Methoden des Satans besteht darin, uns davon zu überzeugen, dass es unmöglich ist, auf geistige Belange ausgerichtet zu bleiben, wenn die Anforderungen des Lebens so dringlich sind.

Als ein Gesetzeslehrer den Erretter fragte, welches von allen Geboten das wichtigste sei, antwortete Jesus ohne Zögern: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit all deinen Gedanken. … Ebenso wichtig ist das zweite: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“4 Dies sind die wichtigsten Gebote. An ihnen hängt das ganze Gesetz samt den Propheten. Auf sie kommt es an. Wenn wir danach streben, diese Gebote zu halten, folgen die anderen von selbst.

Welche Beziehung haben wir zu unserem himmlischen Vater? Lieben wir ihn von ganzem Herzen und ganzer Seele und mit allen Gedanken? Wie ist es um die Liebe zu unserer Familie, unseren Nachbarn, unseren Schwestern in der FHV und unseren Mitmenschen bestellt? Anhand dieser Fragen können wir erkennen, was wirklich wichtig ist, sie dienen uns als Muster, an dem wir messen können, ob unser alltägliches Tun den Ansprüchen gerecht wird.

Beweisen wir dem Herrn unsere Liebe, wenn wir unsere Zeit damit verbringen, Filme anzusehen, die nicht jugendfrei sind, oder pornografisches Material zu lesen oder uns mit Dingen zu beschäftigen, die einer Tochter Gottes unwürdig oder abträglich sind? Zeigen wir, dass wir den Herrn lieben, wenn wir uns unschicklich kleiden? Als ich vor kurzem zu einer großen Gruppe Jugendlicher gesprochen hatte, gab mir ein junger Mann nach der Versammlung einen Zettel, auf dem stand: „Sagen Sie den Frauen der Kirche doch bitte, wie sehr ich ihre Sittsamkeit zu schätzen weiß. Ich weiß, wie schwer es in unserer Welt ist, sittsame Kleidung zu finden. Aber sagen Sie ihnen doch bitte, dass es das wert ist – für mich und auch für den würdigen Mann, den sie einmal heiraten werden.“

Wir dürfen unseren Glauben nicht preisgeben, wenn wir auf Herausforderungen treffen. Wir wenden uns nicht ab, wir ziehen uns nicht zurück, wir lassen uns nicht entmutigen. Wir gehen mutig und eindeutig vorwärts und sind allen um uns herum ein Vorbild an Sittsamkeit, Demut und Glauben. Wenn wir danach trachten, standhaft und unerschütterlich zu sein, können wir ewigen Lohn erwarten, denn wir sollen dies tun, „damit Christus, der allmächtige Herr Gott, [uns] als die Seinen siegle, damit [wir] zum Himmel geführt werde[n], damit [wir] immerwährende Errettung und ewiges Leben hab[en].“5

Vor einigen Jahren sagte Schwester Belle Spafford in ihrer Abschiedsansprache zu den Schwestern von der FHV: „Die durchschnittliche Frau tut meiner Meinung nach in der heutigen Zeit gut daran, ihre Interessen zu bewerten, das, womit sie sich beschäftigt, kritisch zu beurteilen, und dann Schritte einzuleiten, um ihr Leben einfacher zu gestalten, indem sie das, was am wichtigsten ist, an die erste Stelle setzt, dem Gewicht beimisst, was am lohnenswertesten und dauerhaftesten ist, und sich von all den Aktivitäten freimacht, die weniger lohnenswert sind.“6

Manchmal ist ein einschneidendes Ereignis nötig, damit wir erkennen, was von größter Bedeutung ist. Vor einigen Wochen haben wir eins dieser dramatischen Ereignisse erlebt, das unser Leben für immer verändert und dazu beigetragen hat, dass wir erkennen, dass wir vorbereitet sein müssen. In erster Linie wünschen sich die Menschen, die von den Terroristenanschlägen, von denen die Ostküste der Vereinigten Staaten vor kurzem heimgesucht wurde, direkt betroffen waren, ihre Familie wäre wieder zusammen. Das verstehe ich gut.

Anfang des Jahres musste ich mich einer schweren Operation unterziehen und habe viele Tage im Krankenhaus verbracht. Während ich über mein Leben und über das nachdachte, was ich wohl dem Herrn berichten würde, wenn ich heimgerufen würde, wurde mir sehr deutlich bewusst, dass die Familie eine unserer wichtigsten Aufgaben ist. Ich wusste, meine größte Freude würde darin bestehen, wenn meine Kinder und Enkelkinder und meine zukünftigen Urenkel fest und standhaft und unerschütterlich im Evangelium bleiben. In jenen einsamen Augenblicken in dem dunklen Krankenzimmer wurde mir klar, dass das, was wir in unseren vier Wänden tun, bei weitem alles überwiegt, was wir außerhalb dieser vier Wände tun.

Ja, das Leben kann schwierig sein. Ja, es gibt Zeiten, in denen wir von Schwierigkeiten, Schmerzen und Kummer bedrängt werden. Aber wir dürfen nicht aufgeben, wir dürfen uns nicht zurückziehen. Eliza R. Snow, die zweite Präsidentin der FHV, schrieb diese Worte nieder: „Ich werde vorwärts gehen. … Ich werde über die Wut des Sturms lächeln und furchtlos und triumphierend über den aufgewühlten Ozean der Umstände fahren. … Und das Zeugnis von Jesus wird als Licht leuchten, das meinen Blick durch die Tore der Unsterblichkeit lenken und meinem Verstand die Herrlichkeiten des celestialen Reiches mitteilen wird.“7

Ich wünschte, ich könnte von Angesicht zu Angesicht jeder Schwester dieser großartigen Kirche in die Augen blicken und sie das Feuer dieser Worte verspüren lassen. Ich wünschte, dass wir wirklich erkennen, wer wir sind und was wir erreichen können. Ich wünschte, dass die Worte unserer Deklaration sich tief in uns verwurzeln: „Wir sind geliebte … Töchter Gottes. … Wir [verehren] gemeinsam … Jesus Christus. … Wir sind Frauen des Glaubens, der Tugend, der Vision und der Nächstenliebe.“8

Entmutigung, Leid, Schmerz und Kummer können uns bedrängen und uns prüfen. Aber, meine lieben Schwestern im Evangelium, da es zu spät ist, uns wieder abzuwenden, können wir fest und standhaft dastehen und im Herzen derer, die unter unserem Einfluss stehen, unsere Spuren hinterlassen. Wir können über die Wut des Sturms lächeln und furchtlos und triumphierend über den aufgewühlten Ozean der Umstände fahren. Wir haben das Zeugnis von Jesus Christus, das uns als Licht leuchten kann, das uns durch die Tore der Unsterblichkeit führt.

Mögen wir ruhmreich unser Ziel erreichen, mögen wir unsere Energie auf das richten, was wirklich wichtig ist, und mögen wir uns auf der anderen Seite des Schleiers wieder treffen und einander in dem triumphierenden Wissen umarmen, dass wir standhaft und unerschütterlich geblieben sind, das ist meine Hoffnung und mein Gebet für Sie, liebe Schwestern, im Namen Jesu Christi. Amen.

Anmerkungen

  1. Deklaration der FHV, in Mary Ellen Smoot, „Freut euch, Töchter Zion“, Liahona, Januar 2000, Seite 112.

  2. Aus „Recollections of the Prophet Joseph Smith,“ Juvenile Instructor, 15. August 1892, Seite 492.

  3. Präsident Gordon B. Hinckley, Motherhood: A Heritage of Faith [1995], Seite 9.

  4. Matthäus 22:37,39.

  5. Mosia 5:15.

  6. Belle S. Spafford, A Woman’s Reach [1974], Seite 23.

  7. Eliza R. Snow, Poems, Religious, Historical and Political, Band 1 [1856], Seite 147 ff.

  8. Deklaration der FHV.