Unsere Kinder lehren, untadelig vor dem Herrn zu w
Unsere Kinder sind den Anforderungen, die ihnen begegnen, besser gewachsen, wenn sie wissen und verstehen, daß sie Frieden und Freude finden, indem sie Gottes Gebote halten.
Schwester Wilson sah sich jedes Kind genau an, als sie das Klassenzimmer der PV betrat. „Du liebe Güte, wie groß die Kleinen seit Januar geworden sind”, dachte sie. Dann bat sie die Kinder, einen Kreis zu bilden, und begann mit dem Unterricht. „Ihr seid etwas ganz Besonderes! Ihr habt schon so viel gelernt. Ihr habt nämlich gelernt, wie man still sitzt und der Lehrerin zuhört. Und außerdem könnt ihr schon selbst ein Gebet sprechen!”
„Ja natürlich”, fiel Clayton ein. „Ich bin ja auch schon seit fünf Jahren hier auf der Erde!”
Für Clayton war das schon eine lange Zeitspanne, und er sah keine Grenzen für das, was er noch lernen konnte. Brüder und Schwestern, Kinder sind lerneifrig. Sie wollen belehrt werden; sie müssen belehrt werden.
Die Erste Präsidentschaft hat alle erwachsenen Mitglieder aufgefordert, sich auf die Kinder zu konzentrieren und sich zu bemühen, sie darin zu unterweisen, daß sie die Lehren des Erretters beherzigen. Die Aufforderung, uns auf die Kinder zu konzentrieren, soll folgendes bewirken: Alle erwachsenen Mitglieder sollen sich um die Kinder kümmern, damit diese ein festes Zeugnis entwickeln und glaubenstreu nach dem Evangelium Jesu Christi leben. (Siehe auch „Kinder stark machen”, Richtlinien und Anweisungen.) Wenn wir uns klarmachen, daß viele Kinder so sind wie der kleine Clayton in meinem Beispiel, dann wird uns bewußt, daß diese Aufgabe sehr wichtig und auch hochinteressant ist.
Die Erste Präsidentschaft hat vier Ziele genannt, die uns helfen sollen, uns auf die Kinder zu konzentrieren. Erstens sollen wir uns den Wert unserer Kinder klarmachen, zweitens sollen wir Kinder zur Kirche bringen, die bisher nicht an den Segnungen des Evangeliums teilhaben, drittens sollen wir die Kinder so im Evangelium unterweisen, daß sie es verstehen und danach leben, und viertens sollen wir dafür sorgen, daß die Kinder für die Taufe und die Ordinierung bereitgemacht werden und diese Möglichkeit auch nutzen. Ich möchte heute gerne über das dritte Ziel sprechen, nämlich daß wir die Kinder so im Evangelium unterweisen sollen, daß sie es verstehen und danach leben.
Im Rahmen einer Offenbarung hat der Herr uns im Buch Lehre und Bündnisse, Abschnitt 68, deutlich gemacht, daß wir als Eltern die Aufgabe haben, unsere Kinder in Rechtschaffenheit zu unterweisen und zu erziehen. Der Herr hat die Eltern angewiesen: „Und sie sollen ihre Kinder auch lehren, zu beten und untadelig vor dem Herrn zu wandeln.” (LuB 68:28.)
Was versteht man nun darunter, untadelig vor dem Herrn zu wandeln? „Untadelig” bedeutet ehrlich, ehrenhaft, aufrichtig. Ein Kind, das heute das Evangelium versteht und danach lebt, findet Sicherheit und Freude und wird eines Tages untadelig in die Gegenwart des Herrn eingehen.
Manchmal ist es für uns als Eltern nicht leicht, unsere Kinder zu unterweisen. Manchmal machen wir Fehler, und es kann auch sein, daß unsere Kinder sich dem widersetzen, was wir ihnen ans Herz legen. Dennoch müssen wir uns als Eltern den Wunsch bewahren, unser Bestes zu geben, unseren Kindern immer wieder zeigen, daß wir sie lieben, und uns nicht die Schuld daran geben, wenn sie sich für einen anderen Weg entscheiden.
In dem Bemühen, in unseren Kindern den Wunsch zu wecken, untadelig vor dem Herrn zu wandeln, können wir uns dreierlei fragen:
Erstens: Was lehren wir unsere Kinder überhaupt? Es ist wichtig, daß wir sie im Evangelium Jesu Christi unterweisen. „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater außer durch mich.” (Johannes 14:6.) Ich glaube, daß die heilige Schrift uns sehr dabei helfen kann, daß wir unsere Kinder lehren, untadelig vor dem Herrn zu wandeln.
Wir müssen unseren Kindern auch deutlich machen, in welcher Beziehung sie zum himmlischen Vater stehen. Sie können sich bewußt werden, daß jeder Mensch ein Kind Gottes ist, daß jeder das entsprechende Geburtsrecht besitzt und unbegrenzte Fähigkeiten hat. Als mein Neffe vier Jahre alt war, machte es seinem Vater große Freude, ihn immer wieder nach seinem Namen zu fragen. Rieh fragte: „Mark, wie heißt du?” Und Mark warf sich in die Brust und sagte mit einem fröhlichen Lächeln: „Ich heiße Mark Andrew Broadbent und bin ein Kind Gottes.” Wenn unseren Kindern bewußt ist, daß es den himmlischen Vater wirklich gibt und daß er alle Menschen liebt, dann entwickeln sie auch den Wunsch, untadelig vor dem Herrn zu wandeln.
Unsere Kinder müssen lernen, wie man betet, damit sie mit dem himmlischen Vater sprechen können. Eine Mutter in meinem Bekanntenkreis hat ihre Kinder schon von dem Augenblick an beten gelehrt, als sie die ersten Wörter sagten. Aber sie brachte ihren Kindern nicht nur bei, dem himmlischen Vater für seine Segnungen zu danken, sondern lehrte sie auch, ihn um Hilfe zu bitten, indem sie Gott baten: „Hilf mir, das Rechte zu tun.”
Unsere Kinder müssen das Prinzip der Entscheidungsfreiheit verstehen und wissen, wie wichtig die Entscheidungen sind, die wir hier auf der Erde treffen. Ich kann mich noch an ein Erlebnis in der Schule erinnern, als ich einen Schreibmaschinenkurs aufgeben wollte, der mir einfach zu schwer erschien. Ich konnte diesen Kurs einfach nicht leiden. Deshalb bat ich meine Eltern, den entsprechenden Antrag zu unterzeichnen, der es mir ermöglichte, den Kurs abzuwählen. Mein Vater aber erklärte mir immer und immer wieder, warum er der Meinung sei, daß ich den Kurs weiter besuchen sollte. Er sagte: „Es ist wichtig, daß man das, was man einmal angefangen hat, auch zu Ende führt, vor allem dann, wenn es einem schwerfällt. Du mußt dich eben anstrengen und dein Bestes geben.” Schließlich aber verzweifelte er fast und sagte: „Ruth, ich habe dir gesagt, wie ich darüber denke. Jetzt mußt du die Entscheidung treffen. Wenn du noch willst, unterschreibe ich den Antrag.” Nachdem ich die ganze Nacht kein Auge zugetan und mit mir gerungen hatte, entschied ich mich dafür, den Kurs nicht abzuwählen. Und obwohl ich mich das restliche Jahr mit dem ungeliebten Maschinenschreiben abquälen mußte, bin ich doch froh darüber, daß ich weitergemacht habe, und bin meinem Vater für seinen Rat sehr dankbar. Er hat mir gezeigt, welche Möglichkeiten mir offenstanden. Und obwohl er klar und deutlich seine Meinung gesagt hatte, übte er doch keinen Zwang auf mich aus.
Zweitens: Wo belehren wir unsere Kinder? Am besten unterweisen wir unsere Kinder zu Hause im Evangelium. Eine Mutter von elf Kindern hat einmal gesagt: „Die Luft zu Hause muß vom Evangelium durchtränkt sein, so daß die Kinder es fast mit den Händen greifen können. Wir müssen ihnen eine sichere, schöne Umgebung bieten, so daß sie bereitwillig lernen und selbst ein Zeugnis entwickeln.”
Wir unterweisen unsere Kinder überall, wo wir mit ihnen unterwegs sind, und ich finde, daß wir dabei Spaß haben sollen! Jeden Tag bieten sich uns zahllose Gelegenheiten, unsere Kinder zu unterweisen: beim Spazierengehen, beim Autofahren, bei der gemeinsamen Arbeit, beim gemeinsamen Beten, beim Abendessen, ja, sogar beim Windelwechseln. Nach der Geburt von Natalie, unserem ersten Kind, merkte ich ziemlich schnell, daß es nicht zu meinen Lieblingsbeschäftigungen gehörte, schmutzige Windeln zu wechseln. Um mir und auch meinem Kind diese immer wiederkehrende Arbeit zu erleichtern, sang ich Natalie deshalb PV-Lieder vor, und es dauerte gar nicht lange, bis mir das Windelwechseln zur Gewohnheit geworden war und es mir nichts mehr ausmachte.
Trotzdem sang ich Natalie und später auch unseren anderen Kindern beim Windelwechseln weiter etwas vor, weil mir nämlich bewußt geworden war, daß sich mir jeden Tag viele Gelegenheiten boten, mein Kind zu unterweisen.
Drittens: Wie unterweisen wir unsere Kinder? Wir lehren durch unser Beispiel. Unsere Kinder lernen nämlich vielmehr dadurch, daß sie uns beobachten, wie wir untadelig vor dem Herrn wandeln, als durch alles andere. Blair hat durch das Beispiel seiner Eltern gelernt, wie wichtig das Gebet ist. Er kann sich noch gut daran erinnern, wie er als Kind den Flur zum Schlafzimmer seiner Eltern hinunterlief und sah, wie sie gemeinsam vor dem Bett knieten, sich bei der Hand hielten und zum himmlischen Vater beteten.
Wir lehren unsere Kinder Schritt für Schritt, untadelig vor dem Herrn zu wandeln, und zwar immer wieder. Ich kenne eine Mutter, die ihre Kinder vor jedem Weggehen folgendes sagen läßt: „Das Evangelium ist wahr. Ich habe dich lieb. Ich bin ein Kind Gottes, was immer auch kommt.” Die Worte „Komme in Ehren zurück!” sind auf ein Schild im Eingangsbereich geschrieben, so daß die Kinder immer wieder daran erinnert werden, wie sie wieder nach Hause kommen sollen.
Unsere Kinder sind dann am empfänglichsten, wenn wir sie voller Achtung und Liebe unterweisen. Im achten Kapitel des Buches Moroni spricht der Prophet Moroni voller Sorge über die Auseinandersetzungen, die unter den Mitgliedern der Kirche aufgekommen waren. Deshalb schrieb er seinem Sohn Moroni einen Brief, in dem er ihm Rat erteilte. Aber ehe er auf das Problem zu sprechen kam, ließ er seinen Sohn wissen, wieviel er ihm bedeutete: „Mein geliebter Sohn Moroni, ich freue mich über die Maßen, daß dein Herr Jesus Christus deiner gedacht und dich zu seinem geistlichen Dienst und seinem heiligen Werk berufen hat.
Ich gedenke deiner immer in meinen Gebeten, denn ich bete beständig zu Gott dem Vater im Namen seines heiligen Kindes Jesus, er möge dich durch seine unendliche Güte und Gnade bewahren, so daß du im Glauben an seinen Namen bis ans Ende ausharrst.” (Moroni 8:2,3.) Zuerst ging Mormon darauf ein, wie sehr er Moroni liebte, und dann erteilte er ihm Ratschläge. Wenn wir unseren Kindern zuerst sagen, daß wir sie lieben, dann hören sie uns wahrscheinlich auch bereitwilliger zu und lassen sich leichter unterweisen.
Unsere Kinder sind den Anforderungen, die ihnen begegnen, besser gewachsen, wenn sie wissen und verstehen, daß sie Frieden und Freude finden, indem sie Gottes Gebote halten, und daß es ihnen dadurch möglich wird, untadelig vor dem Herrn zu wandeln. Als die fünfjährige Klara einmal zusammen mit ihrer Mutter und ihrer kleinen Schwester im Auto unterwegs war, spürte sie irgendwie, daß ihre Mutter sich wegen etwas große Sorgen machte. „Mama, was ist denn los? Du siehst so traurig aus.”
Die Mutter wollte zwar nicht über ihre Sorgen sprechen, hatte aber doch das Gefühl, sie solle zugeben, daß sie sich Sorgen machte. Deshalb fragte sie: „Klara, was tust du, wenn du traurig und enttäuscht bist?”
Klara überlegte eine Weile und sagte dann: „Du mußt dir Zeit zum Nachdenken nehmen. Dann mußt du viel beten und in der heiligen Schrift lesen, vor allem im Buch Mormon. Und du mußt anderen Menschen helfen. Denk doch einmal an das Gute, das die anderen für dich tun, und an das Schöne im Leben, nicht an das Schlechte.” Klara beginnt zu verstehen, wie man untadelig vor dem Herrn wandelt.
Den ird’schen Eltern schenkt Gott Kinder, zu lieben sie und führ’n zum Glück. O sei’n wir seinem Auftrag treu, erfüllen ihn jeden Tag aufs neu’ und führen sie zu ihrem Gott zurück! (Children’s Songbook, Seite 180f.)
Möge Gott uns Eltern segnen, damit wir unsere Kinder lehren können, untadelig vor dem Herrn zu wandeln. Darum bitte ich im Namen unseres Erretters Jesus Christus. Amen.