1990–1999
Spanne die Stricke des Zeltes”
April 1994


Spanne die Stricke des Zeltes”

Das 54. Kapitel des Buches Jesaja vergleicht das Evangelium Christi mit einem Zelt, das in den letzten Tagen über die ganze Erde gespannt ist.

Brüder und Schwestern, wir haben ein Wunder miterlebt; ich bin so dankbar für Eider Hunter, der uns veranschaulicht hat, wem wir folgen sollen.

Ich komme heute mit einem starken Gefühl der Besorgnis und Unzulänglichkeit an das Rednerpult. Seit zwei Tagen gehen mir zwei Abschnitte aus der Schrift nicht mehr aus dem Kopf. Dabei handelt es sich um Daniel, Kapitel 2 und Jesaja, Kapitel 54, die beide miteinander in Beziehung stehen. Daniel 2 beschreibt die Vision Nebukadnezzars und Daniels Deutung des Steins, der in den letzten Tagen vom Berg losbricht - er stellt das Reich dar, das Gott errichtet - und über die ganze Erde rollt, wobei er alle anderen Reiche zermalmen und alle Menschen einladen wird, zu Christus zu kommen (siehe Daniel 2:44-45).

In Jesaja 54:1,2 geht es um ein Zelt, das das Evangelium Jesu Christi darstellt. Jesaja sagt, daß in den letzten Tagen die Stricke des Zeltes über die ganze Erde gespannt und Pflöcke oder Pfähle in jedem Land festgemacht werden. Wir sehen, wie sich das heute buchstäblich erfüllt. Während ich über diese beiden Abschnitte nachgedacht habe, habe ich auch an die ehrfurchtgebietende Aufgabe gedacht, die Brüder darin zu unterstützen, das Evangelium jeder Nation, Abstammung, Sprache und jedem Volk zu bringen. Die Verantwortung der Präsidierenden Bischofschaft und all derer, die mit ihnen zusammenarbeiten, besteht darin, die Brüder in ihrem weltweiten Dienst zu unterstützen. Wegen dieser Visionen in Jesaja und Daniel möchte ich Sie, Brüder und Schwestern, dringend bitten, durch Ihren Glauben und Ihre Gebete zu helfen. Ich wünsche von ganzem Herzen, diesen Männern und dem Herrn und Erretter, Jesus Christus, zu dienen.

Heute möchte ich meiner Frau Dank sagen. Seit fünfunddreißig Jahren steht sie an meiner Seite. Wir sind in den ersten zwanzig Jahren unserer Ehe neunzehnmal umgezogen. Sie muß wohl gedacht haben, daß sie einen Mann geheiratet hat, der nicht weiß, was er will. Aber ich muß ihr wirklich meine Anerkennung aussprechen. Ich habe in den letzten acht Monaten gestaunt, während sie mit mir im Gebiet Nordasien gearbeitet hat. Wochenende um Wochenende sind wir zu Konferenzen gefahren, und ich habe beobachtet, wie diese kleine, blonde Frau immer und immer wieder das Herz dieser schönen, schwarzhaarigen Heiligen gewonnen hat. Scharen von Frauen haben sie umarmt, als wir nach Hause fuhren. Sie ist die Mutter von sieben Kindern und fünfzehn Enkelkindern. Noch wichtiger aber ist, daß sie meine ewige Gefährtin ist. Ich bin dankbar für sie.

Ich möchte mein Zeugnis mit einer kleinen Geschichte beschließen. Vor ein paar Monaten bereisten meine Frau und ich die Japan-Mission Fukuoka. Die Missionare in Kumamoto stellten uns einem jungen japanischen Bruder vor, der sich gerade der Kirche angeschlossen hatte, und sie erzählten uns von seiner Bekehrung. Er kam aus einer nichtchristlichen Familie. Als er die Missionare traf, war er an ihrer Botschaft interessiert. Er mochte die jungen Männer, die ihn belehrten, gern, aber er konnte während der Belehrungen die Notwendigkeit eines Erretters nicht verstehen oder nachempfinden. Die Missionare führten ihn durch die Lektionen und belehrten ihn über den himmlischen Vater, Christus und den Plan der Erlösung, aber er hatte kein Zeugnis. Die Missionare überlegten, was sie tun sollten, und beschlossen eines Tages, ihm einen Film zu zeigen, einen Film der Kirche, der vom Sühnopfer handelt. Er heißt: „Die Brücke”. Der junge Mann sah den Film und wurde davon aufgewühlt. Er ging nach Hause und konnte die ganze Nacht nicht schlafen. Aber er hatte immer noch kein Zeugnis.

Am nächsten Morgen ging er zur Arbeit. Er arbeitete in einem Optikergeschäft und stellte Brillen her. Im Laufe des Tages kam eine ältere Frau vorbei. Er erinnerte sich, daß sie ein paar Wochen vorher schon einmal dagewesen war. Ihre Brille war zerbrochen. Sie brauchte eine neue. Als sie das erste Mal gekommen war, hatte sie nicht genug Geld, und sie war wieder weggegangen, um mehr anzusparen, so daß sie sich eine neue Brille kaufen könnte. Als sie an dem Tag kam, zeigte sie ihm wieder ihre Brille und das Geld, das sie jetzt hatte. Er sah, daß sie immer noch nicht genug hatte. Da kam ihm ein Gedanke: Ich habe etwas Geld. Das brauche ich ihr ja nicht zu sagen. Ich kann den Rest bezahlen. Er sagte ihr also, daß sie jetzt genug Geld habe, nahm ihre Brille, vereinbarte mit ihr einen Termin, wann sie sich die fertige Brille abholen konnte, und ließ sie dann gehen.

Sie kam später wieder. Er hatte ihre Brille fertig. Er gab sie ihr, und sie setzte sie auf. „Miemasu! Miemasu! Ich kann sehen. Ich kann sehen.” Darauf begann sie zu weinen. In dem Moment überkam ihn ein brennendes Gefühl in seinem Herzen, und es wurde immer stärker. Er sagte: „Wakari masul Vfakari masul Ich verstehe. Ich verstehe.” Auch er begann zu weinen. Und schon lief er aus der Tür hinaus und suchte die Missionare. Als er sie fand, sagte er: „Ich sehe jetzt! Meine Augen sind geöffnet worden! Ich weiß, daß Jesus der Sohn Gottes ist. Ich weiß, daß der Stein von seinem Grab weggerollt wurde und daß er an jenem wunderbaren Ostermorgen von den Toten auferstanden ist. Er kann in meinem Leben das ausgleichen, was ich nicht für mich selbst tun kann.”

Ich verpflichte mich, mein ganzes Leben dem Dienst des Herrn zu weihen. Ich habe ein tiefes Zeugnis von ihm und seinem Werk hier auf der Erde. Er ist es, der die Angelegenheiten dieser Kirche führt und leitet. Im Namen Jesu Christi. Amen.