1990–1999
Glaube ist die Antwort
April 1994


Glaube ist die Antwort

Wenn unser Glaube stärker wird, dann gelingt es uns besser, die schweren Zeiten nicht nur zu überleben, sondern dadurch sogar zu besseren Menschen zu werden.

Warum gerade ich?” Diese Frage haben wir uns in schweren Zeiten lle schon einmal gestellt. Schwierigkeiten in der Familie, Einsamkeit, Gefühle der Unzulänglichkeit, Probleme in der Schule - „Warum gerade ich?” Was könnte helfen? Wie lautet die Antwort?

Präsident Gordon B. Hinckley, Erster Ratgeber in der Ersten Präsidentschaft, hat gesagt: „Ich glaube, wir brauchen nichts dringender als stärkeren Glauben.” (Der Stern, Januar 1988, Seite 51.)

Könnte der Glaube die Antwort sein? Wir alle wissen, daß ein stärkerer Glaube unsere Probleme nicht verschwinden läßt. Ich denke aber, wenn unser Glaube stärker wird, dann gelingt es uns besser, die schweren Zeiten nicht nur zu überleben, sondern dadurch sogar zu besseren Menschen zu werden. Ich bin sicher, daß der Glaube die Antwort ist.

Hört heute abend mit den Ohren und dem Herzen zu, denn jedes Lied, jede Ansprache und jedes Video soll dazu beitragen, daß ihr, wenn ihr nach der Konferenz nach Hause geht, besser versteht, was Glaube ist, wie er helfen kann und wie wir stärkeren Glauben entwickeln können. Glaube ist das erste Ideal der Jungen Damen: „Ich bin eine Tochter des himmlischen Vaters, der mich liebt, und ich glaube an seinen ewigen Plan, in dessen Mittelpunkt Jesus Christus, mein Erretter, steht.” (Mein Fortschritt, Seite 7.)

Wenn wir diese Definition in einer alltäglicheren Sprache ausdrücken, bedeutet Glaube, daß ich an folgendes glaube:

  • Der himmlische Vater und Jesus Christus leben, und die Welt steht unter ihrer Obhut.

  • Sie kennen mich.

  • Sie lieben mich.

  • Sie haben einen Plan für meine Zukunft.

  • Ich will die Gebote befolgen, mich wirklich anstrengen und auf ihren Plan vertrauen. Früher oder später kommt dann alles in Ordnung.

Nun möchte ich euch drei einfache wahre Geschichten erzählen. Beginnen wir mit einer, die euch vertraut ist.

Gott hat Mose geliebt. Er nannte ihn „mein Sohn” (Mose 1:6,7,40). Er wachte über ihn, als er als kleines Baby in eine Decke gewickelt, in ein Binsenkästchen gelegt und im Schilf ausgesetzt wurde (siehe Exodus 2:3). Wie Gottes Plan für Mose es vorsah, wurde er wie durch ein Wunder am Hof des Pharao großgezogen. Dann führte Gott ihn zu Jitro, der ihn in den Wegen der Rechtschaffenheit unterwies. Mose hielt Gottes Gebote. Als Gott immer noch schwierigere Aufgaben von ihm verlangte, gehorchte Mose. Er ging sogar zum Pharao, obwohl er Angst hatte und sich unzulänglich fühlte, und forderte den Pharao immer wieder auf, die Kinder Israel aus der Knechtschaft zu befreien - „Laß mein Volk ziehen” (Exodus 7:16).

Der Herr zeigte dem Pharao viele Wunder, doch der weigerte sich, Moses Bitte nachzukommen, bis sein eigener erstgeborener Sohn erschlagen wurde. Da ließ der Pharao voller Angst „Mose und Aaron noch in der Nacht rufen und sagte: Auf, verlaßt mein Volk, ihr beide und die Israeliten! Geht und verehrt Jahwe, … Auch eure Schafe, Ziegen und Rinder nehmt mit, … geht!” (Exodus 12:31,32.)

Und so machten sich sechshunderttausend Männer und etwa eineinhalb Millionen Frauen und Kinder zu Fuß auf den Weg und verließen Ägypten. „Der Herr zog vor ihnen her, … um ihnen den Weg zu zeigen.” (Exodus 13:21.)

Als die Israeliten jedoch das Rote Meer erreichten, hatte der Pharao inzwischen seine Meinung geändert. Er wollte seine sechshunderttausend Sklaven zurück und jagte ihnen mit seinen Streitwagen nach. Das aufgewühlte und unüberwindbare Rote Meer vor sich und die Streitmacht der Ägypter im Rücken, die sich donnernd näherte, waren die Israeliten vor Entsetzen wie gelähmt. In diesem furchtbaren Augenblick vergaßen sie, wer ihre Zukunft wirklich in der Hand hatte. Sie vergaßen die Wunder, die sie bereits gesehen hatten. Sie vergaßen, daß Gott sie kannte. Und sie schrien zu Mose: „Es ist für uns immer noch besser, Sklaven der Ägypter zu sein, als in der Wüste zu sterben.

Mose aber sagte zum Volk: Fürchtet euch nicht! Bleibt stehen, und schaut zu, wie der Herr euch heute rettet. … Der Herr kämpft für euch, ihr aber könnt ruhig abwarten.” (Exodus 14:12-14.)

Und sie erinnerten sich an ihren Glauben. Ihr wißt, wie die Geschichte weitergeht: „Der Herr … ließ das Meer austrocknen … Die Israeliten zogen auf trockenem Boden ins Meer hinein, während rechts und links von ihnen das Wasser wie eine Mauer stand.” (Exodus 14:21,22.)

Die Ägypter verfolgten sie, doch „das Wasser kehrte zurück und bedeckte Wagen und Reiter, die ganze Streitmacht des Pharao. … Nicht ein einziger von ihnen blieb übrig. … So rettete der Herr an jenem Tag Israel. … Sie glaubten an den Herrn und an Mose, seinen Knecht.” (Exodus 14:28,30,31.)

  • Der himmlische Vater und Jesus Christus leben, und die Welt steht unter ihrer Obhut.

  • Der himmlische Vater kannte die Israeliten.

  • Der himmlische Vater liebte die Israeliten.

  • Der himmlische Vater hatte einen Plan für ihre Zukunft.

  • Mose und sein Volk befolgten die Gebote, strengten sich sehr an und vertrauten auf den Plan des himmlischen Vaters. Mit der Zeit kam dann alles in Ordnung.

Meine Ur-Ur-Großmutter hieß Mary Goble Pay. Sie war zwölf Jahre alt und lebte in Brighton in England, als die Missionare ihrer Familie das Evangelium predigten. Das war 1855, und Marys Mutter dachte an nichts anderes mehr als daran, sich den Heiligen in Utah anzuschließen. Und so gingen im folgenden Frühjahr Marys Eltern und ihre vier jüngeren Geschwister an Bord des Schiffes Horizon, das sie nach Amerika brachte.

Bis sie die notwendige Ausrüstung beisammen hatten und sich auf den Weg nach Westen machen konnten, war es bereits Mitte Juli. Die Winterstürme begannen in diesem Jahr schon sehr früh, so daß die Gobles fünf schreckliche Monate auf dem Weg zwischen St. Louis und Salt Lake City erlebten. Mary schrieb: „Wir mußten in der Nähe der Handkarren-Kompanien bleiben, um ihnen notfalls zu helfen. Das Essen wurde knapp, und unser Vieh konnte nicht mehr weitergehen.” (A Believing People, Hg. Richard H. Cracroft und Neal E. Lambert, Seite 144.) Viele starben - darunter Marys zweijährige Schwester, ihr fünfjähriger Bruder und Edith, die während der Reise nach Westen geboren und in Wyoming beerdigt wurde.

Und dann, als alles verloren schien, wurden die Heiligen, die nicht mehr weiterkonnten, auf wunderbare Weise von Männern und Gespannen gerettet, die Brigham Young geschickt hatte. Als dann die Handkarren-Kompanien gerade den letzten Berg überquerten, starb auch noch Marys Mutter.

Mary schildert die Situation so: „Wir erreichten Salt Lake City am 11. Dezember 1856 um neun Uhr abends. Drei von vier Überlebenden hatten Erfrierungen. Meine Mutter lag tot im Wagen. … Wir wurden in ein Haus gebracht … und die Schwestern brachten uns reichlich zu essen. … Früh am nächsten Morgen kam Bruder Brigham Young mit einem Arzt. … Als Bruder Young hereinkam, schüttelte er uns allen die Hand. Als er unseren Zustand sah - die Füße erfroren und unsere Mutter tot - rollten ihm Tränen über die Wangen.” (Ibd., Seite 145.)

Nun, Mary wurde erwachsen. Sie heiratete einen guten Mann. Sie hatten dreizehn Kinder, die sie lehrte, das Evangelium zu lieben. Sie sagte, es machte sie immer traurig, von ihrer Reise über die Prärien zu erzählen, aber sie vergaß nie die Worte ihrer Mutter: „Ich möchte nach Zion gehen, solange meine Kinder noch klein sind, damit sie im Evangelium Christi erzogen werden können. Denn ich weiß: dies ist die wahre Kirche.” Mary sagt zum Schluß: „Ich glaube, der Wunsch meiner Mutter ist in Erfüllung gegangen.” (Ibd., Seite 149f.)

  • Der himmlische Vater und Jesus Christus leben, und die Welt steht unter ihrer Obhut.

  • Sie kannten Mary Goble Pay.

  • Sie liebten sie.

  • Sie hatten einen Plan für ihre Zukunft.

  • Mary befolgte die Gebote, strengte sich sehr an und vertraute auf diesen Plan. Und mit der Zeit kam dann alles in Ordnung.

Als ich fünfzehn Jahre alt war, schlug meine Mutter vor, daß ich mir meinen Patriarchalischen Segen geben lassen sollte. Obwohl ich bis dahin noch nicht daran gedacht hatte, hatte ich das Gefühl, daß ihr Vorschlag richtig war, und ich bereitete mich vor. Ich kann mich nicht mehr an die Unterredung mit meinem Bischof erinnern oder daran, wie ich den Termin vereinbarte, aber ich erinnere mich, daß ich immer ängstlicher wurde, je näher der Tag rückte.

Ich war sehr neugierig auf meine Zukunft. Ich hatte schon von so vielen Leuten Geschichten über einen außergewöhnlichen Segen mit ungewöhnlichen Verheißungen gehört. An manchen Tagen fühlte ich mich großartig - als ob mich etwas ganz Besonderes erwartete. Doch meistens fühlte ich mich ganz normal - manchmal sogar völlig unscheinbar. Was, wenn in meiner Zukunft gar nichts geschehen würde? Das wollte ich lieber gar nicht wissen. Vielleicht hatte der Patriarch gar nichts zu sagen und der Segen wurde nur ein, zwei Sätze lang. Ich fragte mich, ob ich auf Mission gehen würde würde ich heiraten - würde ich Kinder bekommen - wie viele?

Wie ihr sehen könnt, hatte ich den Unterschied zwischen einem Patriarchalischen Segen und einem Glückskeks noch nicht ganz begriffen. Ein ganz wichtiger Unterschied war mir jedoch klar: Ich glaubte nicht an die Botschaft eines Glückskekses, aber ich glaubte an den Patriarchalischen Segen. Ich war bereit, alles zu glauben, was gesagt oder nicht gesagt wurde.

Der erwartete Tag kam. Ich ging mit meinen Eltern in das gemütliche, kleine Arbeitszimmer des Patriarchen. Als er mir die Hände auf den Kopf legte, empfand ich eine Sicherheit, die alle Zweifel schwinden ließ. Ich erinnere mich noch, wie überrascht und erstaunt ich an dem Tag war, aber auch später noch, jedesmal, wenn ich den Segen wieder las - die aufrüttelnde Nachricht: Er kennt mich. Der himmlische Vater kennt mich! Und er hat einen Plan für meine Zukunft. Ich muß nicht alle Einzelheiten kennen, aber wenn ich meinen Teil tue, wird am Ende alles ganz wunderbar werden.

  • Der himmlische Vater und Jesus Christus leben, und die Welt steht unter ihrer Obhut.

  • Sie kennen mich.

  • Sie lieben mich.

  • Sie haben einen Plan für meine Zukunft.

  • Ich möchte die Gebote befolgen, mich sehr anstrengen und auf diesen Plan vertrauen. Früher oder später kommt dann alles in Ordnung.

Ich habe euch diese drei Begebenheiten aus einem ganz wichtigen Grund erzählt. Sie alle sind ein Teil von euch - die alten Israeliten sind euer Volk. Die Wunder, die Gott für sie vollbracht hat, sind Teil eures geistigen Erbes. Die Pioniere sind euer Volk. Es kommt gar nicht darauf an, ob ihre Namen auf eurer Ahnentafel auftauchen. Die Wunder, die Gott für sie vollbracht hat, sind Teil eures geistigen Erbes. Wenn Gott dies für Mose am Roten Meer getan hat, für Mary Goble Pay in den Prärien Amerikas und für mich unter den Händen des Patriarchen, dann tut er es auch für euch!

Denkt daran, denkt daran, denkt daran, wie Gott das Leben dieser Menschen beeinflußt hat. Denkt daran, wie er euer Leben beeinflußt hat. Schreibt in euer Tagebuch, wie ihr seine Liebe, die er für euch hat, gespürt habt. Schreibt, wie er auf versteckte oder ganz offensichtliche Weise eingegriffen hat, damit sich für euch alles zum Guten gewendet hat. Und wenn ihr euch verlassen und verzweifelt fühlt, werden solche Erinnerungen euren Glauben erneuern und euch genug Vertrauen geben, bis ihr besser versteht.

Achtet jetzt auf eure Gefühle, wenn ich ein letztes Mal den Glauben definiere:

  • Der himmlische Vater und Jesus Christus leben, und die Welt steht unter ihrer Obhut.

  • Sie kennen euch.

  • Sie lieben euch.

  • Sie haben einen Plan für eure Zukunft.

  • Ihr müßt die Gebote befolgen, euch sehr anstrengen und auf ihren Plan vertrauen. Früher oder später wird dann alles ganz wunderbar sein.

Habt ihr bemerkt, wie ihr euch gefühlt habt? Selbst wenn wir nur über Glauben reden, empfinden wir inneren Frieden und Sicherheit, nicht wahr? Glaube ist die Antwort. Ich brauche stärkeren Glauben. Ihr braucht stärkeren Glauben. Himmlischer Vater, stärke unseren Glauben, das erbitte ich im Namen Jesu Christi. Amen.

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