2014
Erstaunt und bewundernd erkenne ich Jesu Lieb
Juni 2014


Wir sprechen von Christus

Erstaunt und bewundernd erkenne ich Jesu Lieb

Der Verfasser lebt in Mexiko-Stadt.

An einem Sonntag vor der Abendmahlsversammlung kam der Bischof auf mich zu und sagte: „Wir könnten deine Hilfe brauchen. Würdest du heute bitte das Abendmahl segnen?“ Natürlich war ich gern dazu bereit.

Ich holte mein Gesangbuch, wusch mir die Hände und setzte mich an den Abendmahlstisch. Als ich das Gesangbuch aufschlug, fiel mein Blick auf das Lied „Erstaunt und bewundernd“ (Gesangbuch, Nr. 118). Die Versammlung hatte noch nicht angefangen, da las ich die erste Zeile: „Erstaunt und bewundernd erkenne ich Jesu Lieb.“ Sogleich war mein Herz von tiefer Liebe erfüllt.

Am Abend zuvor hatte ich in der Bibel von den letzten Lebenstagen Jesu gelesen – dem letzten Abendmahl, dem Garten Getsemani, Jesu Tod und Auferstehung. Ich stellte mir vor, wie Jesus gefoltert, geschlagen und von seinen Peinigern verspottet wurde. Ich dachte daran, wie er im Garten Getsemani das Sühnopfer vollbrachte, während seine Jünger schliefen.

Mir wurde bewusst, dass ich in wenigen Augenblicken das Brot und das Wasser segnen würde, die seinen Leib und sein Blut darstellen. Beim Abendmahl dürfen wir den Bund erneuern, den wir mit der Taufe geschlossen haben, nämlich immer an ihn zu denken, seine Gebote zu halten und seinen Namen auf uns zu nehmen.

All diese Gedanken gingen mir zu Beginn der Abendmahlsversammlung durch den Kopf. Mir ging es sehr nahe, dass Jesus auf so schreckliche und unglaubliche Weise gelitten hatte, dass wir es nicht erfassen können. Schließlich kam mir der Gedanke, dass er dieses Leid aus Liebe zu uns ertragen hatte – aus Liebe zu mir.

Ich fühlte, wie sehr der Herr mich liebt, und konnte die Tränen nicht zurückhalten. Ich hatte das Gefühl, dass ich dessen, was der Erlöser für mich getan hat, nicht würdig war. Aber ich spürte auch, dass er mich mit vollkommener Liebe liebt. Ein Freund gibt sein Leben für seine Freunde hin (siehe Johannes 15:13). Als das Abendmahlslied begann, stand ich zusammen mit dem Bruder an meiner Seite auf, um mit der heiligen Handlung zu beginnen.

Wir schlugen die schöne weiße Tischdecke zurück, mit der das Brot bedeckt war. Ich nahm das Brot in die Hand. Ich wusste, dass es nun meine Aufgabe war, das Brot für das Abendmahl zu brechen, aber ich zögerte. Das Brot symbolisiert den Leib Christi. Ich dachte an die Soldaten, die dem Herrn wehgetan hatten, und wollte das Brot nicht brechen. Als ich schließlich das erste Stück abbrach, dachte ich daran, wie sehr Jesus vor seinem Tod misshandelt und gedemütigt worden war. Ich dachte an die Dornenkrone, das Auspeitschen, die Qual. Die Tränen liefen mir über die Wangen, während ich das Brot vorbereitete.

Dann kam mir der Gedanke, dass diese schmerzhaften und demütigenden Ereignisse notwendig gewesen waren. Sie waren Teil des Sühnopfers Jesu Christi, und er hat dieses Opfer vollbracht, weil er mich und jeden Einzelnen von uns liebt.

Nun verspürte ich tiefen Frieden und große Freude. Langsam und bedächtig brach ich das Brot in Stücke, Ich wusste ja, dass es gleich für einen ganz besonderen Zweck gesegnet und geheiligt werden würde und etwas sehr Kostbares, Schönes und Außergewöhnliches symbolisierte. Ich spürte, welch große Verantwortung darin lag, diese heilige Handlung auszuführen, um den Anwesenden zu ermöglichen, ihren Bund mit dem Herrn zu erneuern und die Segnungen des Sühnopfers zu empfangen.

Als wir fertig waren, sah ich das Abendmahlsgeschirr, das nun mit dem gebrochenen Brot gefüllt war. Es war ein wunderbarer, erhebender Anblick. Der Bruder an meiner Seite sprach das Gebet. Nie zuvor habe ich die Formulierung „damit sie zum Gedächtnis des Leibes deines Sohnes essen“ (LuB 20: 77) so bewusst wahrgenommen.

Als ich vom Brot nahm, verspürte ich erneut die Liebe meines Heilands. Ich fühlte mich geborgen und war demütig und fest entschlossen, das Rechte zu tun. Ich wollte mein Leben prüfen und von allem umkehren, was ich falsch gemacht hatte.

Ich bin Jesus Christus dankbar, dass er mich liebt. Ich bin dankbar, dass wir die Segnungen seines Sühnopfers empfangen können – dass uns unsere Sünden vergeben werden und wir die Möglichkeit haben, zum Vater im Himmel zurückzukehren.

Christus wird von einem Soldaten verspottet, Gemälde von Carl Heinrich Bloch © Hope Gallery