2006
Die feierliche Verantwortung, einander zu lieben und zu umsorgen
Juni 2006


Die feierliche Verantwortung, einander zu lieben und zu umsorgen

Ausgewogenheit zwischen unseren Aufgaben

Man hat mich gebeten, über den folgenden Satz aus der Proklamation zur Familie zu sprechen: „Mann und Frau tragen die feierliche Verantwortung, einander und ihre Kinder zu lieben und zu umsorgen.“1 Ich möchte auf ganz andere Weise an dieses Thema herangehen, als Sie es vielleicht von anderen Schulungsversammlungen gewöhnt sind. Ich werde nicht viel aus Handbüchern zitieren, stattdessen möchte ich zu Ihnen von Mensch zu Mensch über Ihren Dienst im Reich unseres Vaters im Himmel sprechen. Vielleicht gelingt es uns ja, gemeinsam besser zu erkennen, wie wir ein Gleichgewicht herstellen können zwischen unserer Pflicht, unsere Familie zu lieben und zu umsorgen, und den anderen besonderen Berufungen, die der Vater im Himmel uns gegeben hat.

Als die Kirche am 6. April 1830 gegründet wurde, erhielt der Prophet Joseph Smith eine Offenbarung, die wir heute in Abschnitt 21 des Buches Lehre und Bündnisse finden. Hier ein Auszug aus dieser Offenbarung:

„Siehe, ein Bericht soll unter euch geführt werden, und darin sollst du ein Seher genannt werden, ein Übersetzer, ein Prophet, ein Apostel Jesu Christi, ein Ältester der Kirche durch den Willen Gottes, des Vaters, und die Gnade eures Herrn Jesus Christus, [inspiriert] vom Heiligen Geist …, ihre Grundlage zu legen und sie zu dem höchst heiligen Glauben aufzubauen. …

Darum sollst du, nämlich die Kirche, all seinen Worten und Geboten Beachtung schenken, die er dir geben wird, wie er sie empfängt, in aller Heiligkeit vor mir wandelnd; denn sein Wort sollt ihr empfangen, als sei es aus meinem eigenen Mund, voller Geduld und Glauben.“ (LuB 21:1,2,4,5.)

Eine der ersten Weisungen an diese neu gegründete Kirche lautete, dass die Mitglieder der Inspiration und Offenbarung, die vom Herrn durch seinen Propheten ergeht, folgen sollen, wenn sie ihre Aufgaben beim Aufbau des Gottesreiches erfüllen. Er hat verheißen, dass er uns den Weg zeigen wird, auf dem wir dieses große Werk voranbringen.

Der Rat des Propheten

Meiner Meinung nach hat uns Präsident Gordon B. Hinckley, der heutige Prophet, in einer früheren weltweiten Führerschaftsschulung, die am 21. Juni 2003 stattfand, den Schlüssel dafür verraten, wie wir für Ausgewogenheit zwischen unseren Aufgaben sorgen können. In dieser Übertragung sagte er:

„Sie … dürfen an der Stelle des Erlösers der Welt stehen und dieses Werk mit voranbringen. Sie haben die Gelegenheit, darüber zu sprechen, wie herrlich es ist, dass das Blut des Herrn Jesus Christus für seine Söhne und Töchter sühnt. Könnte uns etwas Größeres gewährt werden?

Freuen Sie sich darüber. Diese Gelegenheit wird Ihnen nicht immer offen stehen. Zu bald schon bleibt Ihnen nur die Erinnerung an die großartige Erfahrung, die Sie gerade machen.

Keiner von uns wird alles erreichen, was er sich vornehmen mag. Doch geben wir das Beste, zu dem wir fähig sind. Ich bin mir gewiss, dass der Erlöser dann sagen wird: ‚Sehr gut, du bist ein tüchtiger und treuer Diener.‘ (Matthäus 25:21.)“2

Wie Sie sicher noch wissen, hat uns Präsident Hinckley in dieser Übertragung unsere Verantwortung in vier Bereichen dargelegt. Der erste betrifft das Thema, das wir heute behandeln. Präsident Hinckley hat gesagt:

„Ihre Familie dürfen Sie auf keinen Fall vernachlässigen. Sie ist Ihr kostbarster Besitz. Ihre Frau und Ihre Kinder haben ein Anrecht auf die Aufmerksamkeit des Ehemanns und Vaters. Letztlich nehmen wir ja die Familie ins künftige Leben mit. Um den Wortlaut einer Schriftstelle abgewandelt wiederzugeben: ‚Was nützt es einem Menschen, wenn er der Kirche treu dient, dabei aber seine Familie einbüßt?‘ (Siehe Markus 8:36.)“3

Diese Botschaft bekommen wir fortdauernd von all unseren Propheten seit den Anfangstagen der Kirche. Der wichtigste Ort, wo wir das Evangelium lehren und Führung geben, ist die Familie, das Zuhause. Wenn wir dieser Einsicht folgen, erteilen wir Aufträge und planen Programme, Unternehmungen und Unterrichtsstunden, die unsere Familien vervollkommnen und unterstützen.

Richtige Prioritäten setzen

Die Art und Weise, wie wir unsere Zeit nutzen und Ausgewogenheit in unserem Leben herstellen, bestimmt grundlegend, wie gut wir unseren familiären Verpflichtungen und Aufgaben in der Kirche nachkommen. Üben Sie sich in Selbstdisziplin und beherzigen Sie den Rat des Propheten, was die Prioritäten bei der Zeiteinteilung betrifft.

Ihr Partner für die Ewigkeit

Fangen Sie damit an, dass Sie mit Ihrem ewigen Partner besprechen, wie viel Zeit Sie gemeinsam brauchen, um Ihre Ehe zu festigen und sich gegenseitig Ihre Liebe zu zeigen. Das ist Ihre oberste Priorität.

Die Kirche soll dem Einzelnen und der Familie helfen, zu Christus zu kommen und das ewige Leben zu erlangen. Ewiges Leben ist Gottes größte Gabe an seine Kinder und kann nur durch eine Familienbeziehung erlangt werden. Diese Beziehung muss mit der Verbindung von Mann und Frau beginnen, die dem Herrn heilig ist und mit der nicht leichtfertig umgegangen werden darf. Der Ehebund ist aus dem Plan des Herrn nicht wegzudenken. Er ist der Grund, weshalb der Herr Himmel und Erde erschaffen hat. In allen Zeitaltern der Geschichte hat er sein göttliches Gesetz gegeben, um die heilige Verbindung von Mann und Frau zu bewahren und zu schützen.

Ihre Kinder

Zweitens, berücksichtigen Sie die geistigen Bedürfnisse Ihrer Kinder. Wie viel Zeit brauchen Sie, um sicher sein zu können, dass Sie ihnen nahe stehen? Als Vater oder Mutter müssen Sie sich genügend Zeit dafür nehmen, sie zu belehren, denn die wichtigste Unterweisung, die Kinder je erhalten, sollte von ihren Eltern kommen. Wir müssen wissen, was unsere Kinder in der Kirche lernen, damit das, was wir ihnen beibringen, damit übereinstimmt. In der Broschüre Für eine starke Jugend wird zum Beispiel die Proklamation zur Familie zitiert und den Jugendlichen der folgende Rat in Bezug auf die Familie gegeben:

„Ein glückliches Familienleben kann am ehesten erreicht werden, wenn die Lehren des Herrn Jesus Christus seine Grundlage sind. Erfolgreiche Ehen und Familien gründen und sichern ihren Bestand auf den Prinzipien Glaube, Gebet, Umkehr, Vergebungsbereitschaft, gegenseitige Achtung, Liebe, Mitgefühl, Arbeit und sinnvolle Freizeitgestaltung.“4

In der Broschüre heißt es weiter:

„Es ist ein großer Segen, zu einer Familie zu gehören. In eurer Familie findet ihr Gesellschaft und Glück; ihr könnt dort wahre Grundsätze in einer liebevollen Umgebung lernen, und sie kann euch helfen, euch für das ewige Leben bereitzumachen. Nicht alle Familien sind gleich, doch eine jede ist wichtig für den Plan des himmlischen Vaters.

Tragt euren Teil zu einem glücklichen Zuhause bei. Seid fröhlich, hilfsbereit und rücksichtsvoll. Viele familiäre Probleme rühren daher, dass Mitglieder der Familie egoistisch oder unfreundlich sprechen und handeln. Befasst euch mit den Bedürfnissen anderer Familienmitglieder. Trachtet danach, ein Friedensstifter zu sein, statt andere zu ärgern, mit ihnen zu zanken oder zu streiten. Bedenkt, dass die Familie die heiligste Einheit in der Kirche ist.“5

Für Ihre Familie sorgen

An dritter Stelle steht, dass wir für unsere Familie sorgen. Ich zitiere noch einmal die Proklamation zur Familie:

„Gott hat es so vorgesehen, dass der Vater in Liebe und Rechtschaffenheit über die Familie präsidiert und dass er die Pflicht hat, dafür zu sorgen, dass die Familie alles hat, was sie zum Leben und für ihren Schutz braucht.“6

Wir müssen beruflich hoch qualifiziert bleiben, um einen einträglichen Arbeitsplatz haben zu können. In einer sich wandelnden Welt müssen wir auf dem Laufenden bleiben, damit das, was wir können, nicht überholt wird. Auch wenn wir mit unseren Berufungen in der Kirche sehr beschäftigt sind, dürfen wir keine Gelegenheit auslassen, uns weiterzubilden und dafür zu sorgen, dass es unserer Familie besser geht. Dazu gehört, dass wir genügend Zeit und Gedanken darauf verwenden, uns auf die Zukunft vorzubereiten.

Dieser Rat gilt für die Schwestern ebenso wie für die Brüder. Auch wenn die Aufgabe, für den Lebensunterhalt zu sorgen, in erster Linie beim Vater liegt, weist die Proklamation darauf hin, dass „Behinderung, Tod und sonstige Umstände“7 erforderlich machen können, dass auch die Schwestern ihre Fähigkeiten, für die Familie zu sorgen, anwenden und ausbauen.

Der Dienst in der Kirche

An vierter Stelle steht unsere Verpflichtung, uns Zeit für die Kirche zu nehmen. Familien, die in der Kirche aktiv sind, schätzen die Zeit, die sie mit Kirchlichem verbringen, und planen ihr Familienleben so, dass sie dazu kommen.

Die Führungsbeamten müssen sehr einfühlsam auf die konkrete familiäre Situation eingehen, wenn sie eine Berufung aussprechen und Erwartungen an den Betreffenden stellen. Familien mit kleinen Kindern, in denen beide Eltern anspruchsvolle Berufungen haben, die sie oft außer Haus führen, werden höchstwahrscheinlich das Gefühl haben, dass ihr Familienleben unter den kirchlichen Aufgaben leidet. Die Führer der Kirche können helfen, indem sie das Streben der Mitglieder, ihren Dienst in der Kirche und das Familienleben unter einen Hut zu bringen, anerkennen und fördern.

Unsere Familie einbeziehen

Man kann durchaus mehr Zeit mit seiner Familie verbringen und gleichzeitig seine Berufungen in der Kirche erfüllen, wenn man die Familie, sofern es sich anbietet, in diese Aufgaben einbezieht. Ich möchte ein persönliches Beispiel dafür anführen.

Während meiner Kindheit war mein Vater Bischof. Er war ein viel beschäftigter Mann mit einer Anwaltskanzlei, die ihm viel abverlangte. Außerdem war er im Gemeinwesen tätig und als Redner gefragt. Und natürlich war er der Vater von sechs Kindern. Ich war immer dankbar dafür, dass mein Vater seine Prioritäten richtig gesetzt hatte. Mutter stand bei ihm immer an erster Stelle. Das wurde daran deutlich, wie er mit ihr umging. Dem folgte echte Hingabe an jedes seiner Kinder.

Als ich etwa sechs Jahre alt war, bekam ich zu Weihnachten einen roten Handwagen. Er sah genau so aus wie diese Ausgabe im Kleinformat. Der kleine rote Handwagen schuf eine echte Bindung zwischen meinem Vater und mir. Vater musste in seinem geschäftigen Leben Mittel und Wege finden, seine Familie in seine Tätigkeiten einzubeziehen, ohne seine Leistungsfähigkeit zu mindern.

Ein Großteil seiner Zeit als Bischof fiel in die Zeit der Weltwirtschaftskrise in den 30er-Jahren. Viele Mitglieder unserer Gemeinde litten große Not. Als Bischof musste er ihnen das geben, was sie zum Leben brauchten. Das war genau die richtige Aufgabe für einen Bischof, seinen Sohn und einen kleinen roten Handwagen.

Wenn ich von der Schule nach Hause kam, fand ich oft neben der Garage Mehl, Zucker, Weizen und andere Waren aufgestapelt. Ich wusste, dass mein Vater und ich an diesem Abend die Gelegenheit haben würden, Zeit miteinander zu verbringen.

Sobald mein Vater nach Hause kam, wurde der kleine rote Handwagen mit Vorräten beladen, die wir dann zu einer Familie brachten. Mein Vater und ich waren dann gemeinsam unterwegs und unterhielten uns, während wir die Waren den Bedürftigen brachten und so unserer Pflicht im Bereich Wohlfahrt nachkamen.

Ich konnte aus erster Hand die Liebe und Fürsorge erfahren, die ein guter Priestertumsführer den Mitgliedern seiner Gemeinde entgegenbrachte. Vor allem aber hatte ich die Gelegenheit, kostbare Zeit mit meinem Vater zu verbringen.

Wir müssen uns auf grundlegende Prioritäten konzentrieren

Ich lege Ihnen ans Herz, das umzusetzen, was wir Ihnen bei der ersten weltweiten Führerschaftsschulung vor Augen geführt haben. Wir erinnern Sie daran, dass jede Einheit der Kirche einen anderen Entwicklungsstand und andere Bedürfnisse hat. Beim Planen kirchlicher Veranstaltungen müssen wir auf die Familien Rücksicht nehmen.

Wir ermahnen Sie erneut, Ihre Mitglieder nicht mit mehr als einer Berufung in der Kirche neben dem Heim- oder Besuchslehren zu belasten. Mäßigen Sie sich und halten Sie sich an die grundlegenden Prioritäten. Sie werden überrascht sein, wie der Herr Sie durch Inspiration führt, wenn Sie Ihre Aufgaben als Knecht in seinem Reich weiterhin erfüllen.

Die wiederhergestellte Kirche ist letztlich dazu da, uns Gelegenheiten zu verschaffen, dem Herrn bei seinem Werk, die Unsterblichkeit und das ewige Leben des Menschen zustande zu bringen, zu helfen. Dies tun wir in erster Linie, indem wir die Familie stärken. In einer Zeit des sittlichen Verfalls, politischer Ungewissheit, internationaler Unruhe und wirtschaftlicher Anfälligkeit müssen wir uns noch mehr darauf konzentrieren, die Familie zu stärken und zu festigen. Die Kirche hat im Kern das Ziel, Familien dabei zu helfen, die Errettung und Erhöhung im ewigen Himmelreich zu erlangen.

Die Anleitung für die Familie

Vor einigen Jahren haben wir eine spezielle Anleitung für die Familie herausgegeben. Sie war für die Mitglieder gedacht, besonders für diejenigen, die neu bekehrt sind oder wenig Erfahrung in der Kirche haben. Wir bitten Sie, sie zu verwenden. Sie beginnt mit dieser Aussage:

„Die Familie ist die Grundeinheit der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage und die wichtigste gesellschaftliche Einheit in Zeit und Ewigkeit. Gott hat die Familie geschaffen, damit seine Kinder glücklich werden, in einer liebevollen Umgebung richtige Grundsätze lernen und sich auf das ewige Leben vorbereiten können.

Zu Hause lassen sich die Evangeliumsgrundsätze am besten lehren, lernen und anwenden.“8

Wir halten Sie erneut dazu an, die nützlichen Aussagen in dieser Broschüre zu Rate zu ziehen.

Das Beispiel des Erretters

Unser Herr und Erretter selbst hat den Menschen gedient, die Unterdrückten aufgerichtet, den Entmutigten Hoffnung geschenkt und die Verirrten gesucht. In Wort und Tat hat er den Menschen gezeigt, dass er sie liebte, verstand und schätzte. Er erkannte das göttliche Wesen und den ewigen Wert jedes Einzelnen. Auch dann, wenn er die Menschen zur Umkehr rief, verurteilte er die Sünde, aber nicht den Sünder.

Wie unser Heiland es getan hat, sollen auch wir als Führer der Kirche die Menschen, denen wir dienen, lieben, für sie da sein und Interesse an jedem Einzelnen zeigen. Möge der Herr uns in den heiligen Aufgaben, die er uns übertragen hat, segnen; darum bete ich im Namen Jesu Christi. Amen.

Anmerkungen

  1. „Die Familie – eine Proklamation an die Welt“, Liahona, Oktober 2004, Seite 49

  2. „Freuen wir uns, dass wir dienen dürfen!“, Weltweite Führerschaftsschulung, 21. Juni 2003, Seite 25

  3. Weltweite Führerschaftsschulung, 21. Juni 2003, Seite 25

  4. Liahona, Oktober 2004, Seite 49

  5. Für eine starke Jugend, 2002, Seite 10

  6. Liahona, Oktober 2004, Seite 49

  7. Liahona, Oktober 2004, Seite 49

  8. Anleitung für die Familie, 2001, Seite 1

    Die Anleitung für die Familie (Artikel-Nr. 31180 150) kann über den Versand der Kirche und die Verkaufsstellen bezogen werden.