Generalkonferenz
Was wir lernen und nie vergessen werden
Frühjahrs-Generalkonferenz 2021


Was wir lernen und nie vergessen werden

Wenn ihr euer Leben gebeterfüllt betrachtet, erkennt ihr bestimmt, wie der Herr euch auf vielerlei Weise durch diese schwere Zeit geführt hat

Meine lieben Brüder, ich habe mich sehr auf diese virtuelle Versammlung mit euch gefreut. Die letzte Priestertumsversammlung bei einer Generalkonferenz haben wir im April 2019 abgehalten. Viel ist geschehen in den vergangenen zwei Jahren! Einige haben einen geliebten Menschen verloren. Andere haben ihren Arbeitsplatz, ihren Lebensunterhalt oder ihre Gesundheit verloren. Wieder andere haben den inneren Frieden oder die Hoffnung für die Zukunft verloren. Ich fühle mit einem jedem, der diese oder andere Verluste erlitten hat. Ich bete beständig dafür, dass der Herr ihn trösten möge. Wenn wir Gott weiterhin in unserem Leben siegen lassen, sieht er unsere Zukunft gewiss ebenso optimistisch wie seit jeher.

Inmitten der Verluste, die wir erfahren haben, haben wir auch einiges gefunden und gewonnen. Einige haben zu tieferem Glauben an unseren Vater im Himmel und an seinen Sohn Jesus Christus gefunden. Viele haben einen ganz neuen Blick aufs Leben gewonnen – ja, sogar einen, der in die Ewigkeit reicht. Vielleicht haben wir zu engeren Beziehungen zu unseren Lieben und zum Herrn gefunden. Ich hoffe, dass wir vermehrt die Fähigkeit gewonnen haben, den Herrn zu hören und persönliche Offenbarung zu empfangen. Schwierige Prüfungen eröffnen uns oft Gelegenheiten zu wachsen, wie es vielleicht auf keine andere Weise möglich gewesen wäre.

Denkt an die vergangenen zwei Jahre zurück. Welchen Fortschritt habt ihr gemacht? Was habt ihr dazugelernt? Vielleicht wünscht ihr euch zunächst in das Jahr 2019 zurück und wollt dort verbleiben. Wenn ihr jedoch euer Leben gebeterfüllt betrachtet, erkennt ihr bestimmt, wie der Herr euch auf vielerlei Weise durch diese schwere Zeit geführt hat und euch dabei hilft, hingebungsvoller zu werden und euch noch weiter zu bekehren und somit ein wahrer Mann Gottes zu werden.

Ich weiß, dass der Herr Großes und Wunderbares mit uns vorhat – mit jedem Einzelnen und mit uns als Gemeinschaft. Voller Mitgefühl und Geduld sagt er:

„Ihr seid kleine Kinder, und ihr habt noch nicht verstanden, welch große Segnungen der Vater … für euch bereitet hat;

und ihr könnt jetzt noch nicht alles ertragen; doch seid guten Mutes, denn ich werde euch weiter führen.“1

Meine lieben Brüder, ich bezeuge, dass er uns weiter geführt hat und immer noch weiter führt, wenn wir uns bemühen, ihn zu hören. Er möchte, dass wir uns weiterentwickeln und dazulernen, auch – vielleicht sogar insbesondere – durch Widrigkeiten.

Widrigkeiten sind ein großer Lehrmeister. Was habt ihr in den vergangenen zwei Jahren gelernt, woran ihr euch immer erinnern wollt? Jeder hat darauf seine eigene Antwort, aber ich möchte auf vier Lektionen eingehen, die wir hoffentlich alle gelernt haben und nie vergessen werden.

Lektion 1: Das Zuhause ist das Zentrum des Glaubens und der Gottesverehrung

Wenn der Herr uns vor den Gefahren der Letzten Tage warnt, gibt er uns oft diesen Rat: „Steht an heiligen Stätten und wankt nicht.“2 Zu diesen „heiligen Stätten“ gehören sicherlich die Tempel und Gemeindehäuser des Herrn. Doch als die Möglichkeiten, sich an diesen Orten zu versammeln, in unterschiedlichem Maße eingeschränkt wurden, haben wir gelernt, dass einer der heiligsten Orte auf Erden das Zuhause ist – ja, auch euer Zuhause.

Brüder, ihr tragt das Priestertum Gottes. „Die Rechte des Priestertums [sind] untrennbar mit den Mächten des Himmels verbunden.“3 Ihr und eure Familie habt heilige Handlungen des Priestertums empfangen. „In [den] Verordnungen [des Priestertums wird] die Macht des Göttlichen kundgetan.“4 Diese Macht steht euch und eurer Familie in eurem eigenen Zuhause zur Verfügung, wenn ihr die Bündnisse haltet, die ihr geschlossen habt.5

Genau heute vor 185 Jahren, am 3. April 1836, hat Elija die Priestertumsschlüssel wiederhergestellt, die es unseren Familien gestatten, für immer aneinander gesiegelt zu werden. Das ist der Grund dafür, dass es so ein wunderbares Gefühl war, das Abendmahl in euren eigenen vier Wänden durchzuführen. Welche Wirkung hatte es wohl auf eure Angehörigen, zu sehen, dass ihr – ihr Vater, Großvater, Ehemann, Sohn oder Bruder – diese heilige Handlung vollzieht? Wie wollt ihr dieses heilige Gefühl in eurer Familie bewahren?

Vielleicht habt ihr das Gefühl, noch mehr tun zu müssen, um euer Zuhause zu einem Schutzraum für den Glauben zu machen. Wenn dem so ist, tut es bitte! Wer verheiratet ist, berät sich bei diesem bedeutenden Werk mit seiner Frau als gleichwertiger Partnerin. Es gibt kaum etwas, was wichtiger wäre. Bis zu dem Zeitpunkt, da der Herr wiederkommt, müssen wir dafür sorgen, dass unser Zuhause ein Ort der Ruhe und der Sicherheit wird.6

Durch eine Geisteshaltung und durch Handlungen, die den Heiligen Geist herbeibitten, wird euer Zuhause zu einem heiligeren Ort. Ebenso gewiss ist die Tatsache, dass die Heiligkeit abnimmt, wenn es in eurem Verhalten oder eurer Umgebung etwas gibt, was den Heiligen Geist beleidigt, denn dann „ziehen sich die Himmel zurück“7.

Habt ihr euch je gefragt, warum der Herr möchte, dass wir unser Zuhause zu einem Zentrum machen, wo wir das Evangelium lernen und leben? Es geht nicht nur darum, sich auf eine Pandemie vorzubereiten oder diese durchzustehen. Die derzeitigen Einschränkungen für Versammlungen werden irgendwann aufgehoben. Eure Entschlossenheit, euer Zuhause zu eurem wichtigsten Schutzraum für den Glauben zu machen, soll jedoch nie enden. Während der Glaube und die Heiligkeit in dieser gefallenen Welt abnehmen, brauchen wir mehr denn je heilige Stätten. Ich bitte euch inständig, weiter daran zu arbeiten, euer Zuhause zu einer wahrhaft heiligen Stätte zu machen und beim Erreichen dieses wichtigen Ziels nicht zu wanken.8

Lektion 2: Wir brauchen einander

Gott möchte, dass wir zusammenarbeiten und einander helfen. Deshalb sendet er uns zur Erde in eine Familie und organisiert uns in Gemeinden und Pfählen. Deshalb fordert er uns auf, einander beizustehen und zu helfen. Deshalb fordert er uns auf, in der Welt zu leben, aber nicht von der Welt zu sein.9 Gemeinsam können wir erheblich mehr erreichen als alleine.10 Gottes Plan des Glücklichseins würde vereitelt werden, wenn seine Kinder voneinander isoliert blieben.

Die aktuelle Pandemie ist insofern einzigartig, als dass sie alle Menschen auf der Welt im Grunde zur gleichen Zeit getroffen hat. Auch wenn einige mehr als andere gelitten haben, wurden wir doch alle auf die eine oder andere Weise vor Herausforderungen gestellt. Deshalb hat unsere gemeinsame Prüfung das Potenzial, dazu beizutragen, Gottes Kinder zu vereinen wie nie zuvor. Ich frage euch also: Hat diese gemeinsame Prüfung euch eurem Nächsten nähergebracht – euren Brüdern und Schwestern auf der anderen Straßenseite und in aller Welt?

Hierbei können wir uns von den beiden wichtigsten Geboten leiten lassen: erstens, Gott zu lieben, und zweitens, unseren Nächsten zu lieben.11 Wir zeigen unsere Liebe, indem wir einander helfen.

Wenn ihr jemanden kennt, der alleine ist, geht auf ihn zu – auch wenn ihr euch selbst alleine fühlt! Ihr braucht dazu keinen Grund, keine Botschaft und auch nichts Geschäftliches, was erledigt werden muss. Sagt einfach Hallo und seid liebevoll. Die Technik kann dabei helfen. Pandemie hin oder her – jedes kostbare Kind Gottes muss wissen, dass es nicht alleine ist!

Lektion 3: Euer Priestertumskollegium kann mehr als sich nur versammeln

Während der Pandemie wurden die Kollegiumsversammlungen am Sonntag eine Zeit lang ausgesetzt. Einige Kollegien können sich nun virtuell treffen. Dennoch soll sich die Arbeit, die der Herr den Priestertumskollegien aufgetragen hat, nie auf die Durchführung einer Versammlung beschränken. Versammlungen stellen nur einen kleinen Teil dessen dar, wozu Kollegien beauftragt und in der Lage sind.

Meine Brüder im Aaronischen Priestertum und in den Ältestenkollegien, erweitern wir doch unsere Vorstellung davon, warum wir Kollegien haben. Wie sollt ihr euer Kollegium wohl nach dem Willen des Herrn nutzen, um sein Werk zu verrichten – und zwar jetzt? Strebt nach Offenbarung vom Herrn. Übt Demut! Fragt nach! Hört zu! Wenn ihr zu einer Führungsaufgabe berufen seid, beratet euch als Präsidentschaft und mit den Mitgliedern eures Kollegiums. Unabhängig von eurem Amt im Priestertum oder eurer Berufung, lasst Gott siegen, was eure Mitarbeit im Kollegium und euren Dienst anbelangt. Erlebt voller Freude, wie viel Rechtschaffenheit ihr zustande bringt, wenn ihr euch „voll Eifer einer guten Sache widme[t]“12. Kollegien sind hervorragend dazu geeignet, die Sammlung Israels auf beiden Seiten des Schleiers zu beschleunigen.

Lektion 4: Wir hören Jesus Christus besser, wenn wir leise sind

Wir leben in einer Zeit, von der schon vor langer Zeit prophezeit wurde, dass „alles … in Aufruhr sein [wird]; und gewiss wird den Menschen das Herz aussetzen, denn Furcht wird über alles Volk kommen“13. Das war vor der Pandemie so und es wird auch danach so sein. Der Aufruhr in der Welt wird weiter zunehmen. Im Gegensatz dazu ist die Stimme des Herrn „nicht eine Stimme von großem, heftigem Lärm, sondern … eine leise Stimme von vollkommener Milde, gleichwie ein Flüstern, und sie [dringt] bis tief in die Seele“14. Um diese leise Stimme zu hören, müssen auch wir leise sein!15

Eine Zeit lang sind wegen der Pandemie viele Aktivitäten, die normalerweise unser Leben ausfüllen, abgesagt worden. Bald werden wir uns wohl dafür entscheiden können, diese Zeit wieder mit dem Lärm und dem Aufruhr der Welt auszufüllen. Oder wir verwenden unsere Zeit darauf, die Stimme des Herrn zu hören, die uns Führung, Trost und Frieden zuflüstert. Stille Zeit ist heilige Zeit – eine Zeit, die persönliche Offenbarung fördert und Frieden schenkt.

Sorgt dafür, dass ihr euch genügend Zeit für euch alleine und für eure Familie nehmt. Öffnet Gott im Gebet euer Herz. Nehmt euch Zeit, euch in die heiligen Schriften zu vertiefen und Gott im Tempel zu verehren.

Meine lieben Brüder, der Herr möchte, dass wir aus unseren Erfahrungen während dieser Pandemie vieles lernen. Ich habe nur vier Punkte aufgeführt. Ich fordere euch auf, euch eine eigene Liste zu erstellen, sie sorgfältig durchzugehen und mit denen zu besprechen, die euch am Herzen liegen.

Die Zukunft für Gottes Volk, das seine Bündnisse hält, ist hoffnungsvoll.16 Der Herr wird seine Diener, die würdig das Priestertum tragen, in zunehmendem Maße dazu aufrufen, die Menschen zu segnen, zu trösten und zu stärken und die Welt und ihre Bewohner auf sein Zweites Kommen vorzubereiten. Es obliegt uns allen, der heiligen Ordinierung, die wir erhalten haben, gerecht zu werden. Wir können das schaffen! Das bezeuge ich, und ich möchte euch sagen, dass ich einen jeden von euch, meine lieben Brüder, liebhabe. Im heiligen Namen Jesu Christi. Amen.