Generalkonferenz
Warum der Weg der Bündnisse?
Frühjahrs-Generalkonferenz 2021


Warum der Weg der Bündnisse?

Der Weg der Bündnisse unterscheidet sich aufgrund seiner Einzigartigkeit und ewigen Bedeutung von anderen Wegen

Im Verlauf seines geistlichen Wirkens hat sich Präsident Russell M. Nelson eingehend mit Gottes Bündnissen mit seinen Kindern befasst und hat oft darüber gesprochen. Er selbst geht als leuchtendes Beispiel auf dem Weg der Bündnisse voran. In seiner Antrittsrede als Präsident der Kirche sagte Präsident Nelson:

„Wenn Sie sich verpflichten, dem Erretter nachzufolgen, indem Sie Bündnisse mit ihm eingehen und diese auch halten, öffnet sich Ihnen die Tür zu jeder geistigen Segnung und zu jedem Anrecht, die allen Männern, Frauen und Kindern überall offen stehen. …

Die heiligen Handlungen des Tempels und die Bündnisse, die Sie dort eingehen, sind ganz entscheidend, damit Sie selbst sowie Ihre Ehe und Familie gestärkt werden und damit Sie imstande sind, den Angriffen des Widersachers zu widerstehen. Wenn Sie Gott im Tempel verehren und sich dort für Ihre Vorfahren einsetzen, empfangen Sie vermehrt persönliche Offenbarung, Frieden und festigen Ihre Entschlossenheit, auf dem durch Bündnisse vorgezeichneten Weg zu verbleiben.“1

Was ist der Weg der Bündnisse? Es ist der eine Weg, der zum celestialen Reich Gottes führt. Wir betreten den Weg am Tor der Taufe und streben dann „mit Beständigkeit in Christus [vorwärts], erfüllt vom vollkommenen Glanz der Hoffnung und von Liebe zu Gott und zu allen Menschen [die zwei wichtigsten Gebote,] bis ans Ende“2. Entlang des Wegs der Bündnisse – der übrigens über das Erdenleben hinausreicht – empfangen wir alle heiligen Handlungen und Bündnisse, die der Errettung und Erhöhung dienen.

Im Kern besteht die Bündnisverpflichtung, die wir dabei eingehen, darin, Gottes „Willen zu tun und seine Gebote in allem, was er uns gebieten wird, zu beachten“3. Kein Lebensentwurf verschafft uns mehr Glück und Zufriedenheit als der, Tag für Tag die Grundsätze und Gebote des Evangeliums Jesu Christi zu befolgen. Zum einen vermeidet man damit etliche Probleme und großes Bedauern. Ich möchte einen Vergleich aus dem Sport heranziehen. Beim Tennis gibt es die sogenannten „unerzwungenen Fehler“. Man schlägt etwa einen leicht spielbaren Ball ins Netz oder macht beim Aufschlag einen Doppelfehler. Ein unerzwungener Fehler ist weniger der Spielstärke des Gegners geschuldet als vielmehr einem eigenen Patzer.

Zu oft sind unsere Probleme oder Schwierigkeiten selbst verschuldet, die Folge schlechter Entscheidungen. Man könnte auch sagen, sie sind das Ergebnis „unerzwungener Fehler“. Wenn wir treu den Weg der Bündnisse entlanggehen, vermeiden wir ganz automatisch viele „unerzwungene Fehler“. Wir umgehen die unterschiedlichsten Formen von Sucht. Wir fallen nicht in den Graben des unehrlichen Verhaltens. Wir schreiten über die Abgründe des unsittlichen Verhaltens und der Untreue hinweg. Wir gehen an den Menschen und Dingen vorüber, die, mögen sie noch so beliebt sein, unser körperliches und geistiges Wohlbefinden gefährden würden. Wir treffen keine Entscheidungen, die unseren Mitmenschen schaden oder sie benachteiligen. Stattdessen üben wir uns in Selbstdisziplin und Dienst am Nächsten.4

Elder J. Golden Kimball soll einmal gesagt haben: „Vielleicht bin ich nicht immer auf dem engen und schmalen Pfad entlanggegangen, aber zumindest versuche ich, ihn so oft wie möglich zu queren.“5 Doch Spaß beiseite. Bruder Kimball würde sicher zustimmen, dass wir, wenn wir auf dem Weg der Bündnisse bleiben – und ihn nicht nur queren –, die größte Hoffnung haben, einerseits vermeidbares Elend zu vermeiden und andererseits mit dem unvermeidlichen Kummer im Leben klarzukommen.

Manch einer behauptet: „Ich kann mit oder ohne Taufe gute Entscheidungen treffen; ich brauche keine Bündnisse, um ehrbar und erfolgreich zu sein.“ Und in der Tat gibt es viele, die zwar nicht auf dem Weg der Bündnisse wandeln, die aber so entscheiden und handeln, als täten sie es. Man könnte sagen, sie werden dafür gesegnet, einen „bündniskonformen“ Weg zu gehen. Worin unterscheidet sich der Weg der Bündnisse also davon?

Tatsächlich ist der Unterschied von einzigartiger, ewiger Bedeutung. Es geht um die Beschaffenheit unseres Gehorsams, um die Verpflichtung, die Gott uns gegenüber eingeht, um die göttliche Hilfe, die wir erhalten, um die Segnungen, die mit der Sammlung als Bundesvolk verbunden sind, und vor allem um unser ewiges Erbe.

Entschlossener Gehorsam

Zunächst einmal geht es um die Beschaffenheit unseres Gehorsams gegenüber Gott. Wir haben nicht einfach nur gute Vorsätze. Vielmehr geloben wir feierlich, von jedem Wort zu leben, das aus dem Mund Gottes hervorkommt. Darin folgen wir dem Beispiel Jesu Christi. Durch seine Taufe „zeigt er den Menschenkindern, dass er sich gemäß dem Fleische vor dem Vater demütigt und dem Vater bezeugt, dass er ihm im Halten seiner Gebote gehorsam sein will“6.

Bei Bündnissen geht es uns um mehr als nur darum, Fehler zu vermeiden oder vernünftige Entscheidungen zu treffen. Wir fühlen uns Gott gegenüber rechenschaftspflichtig für unsere Entscheidungen und unser Leben. Wir nehmen den Namen Christi auf uns. Wir konzentrieren uns auf Christus – darauf, im Zeugnis von Jesus tapfer zu sein und einen Charakter wie seinen zu entwickeln.

Durch Bündnisse wird der Gehorsam gegenüber den Grundsätzen des Evangeliums in unserer Seele verankert. Ich möchte Ihnen von einem Ehepaar erzählen, das ich kenne. Als sie heirateten, war die Frau nicht aktiv in der Kirche und der Ehemann war kein Mitglied. Ich nenne sie hier einfach Mary und John. Als die beiden dann Kinder hatten, spürte Mary die dringende Notwendigkeit, sie, wie es in den heiligen Schriften heißt, „in der Zucht und Weisung des Herrn“7 zu erziehen. John befürwortete das. Mary opferte viel dafür, zuhause zu sein und ihre Kinder beständig im Evangelium erziehen zu können. Sie sorgte dafür, dass die Familie in den Genuss all der Vorteile kam, die der Gottesdienstbesuch und das Aktivsein in der Kirche mit sich bringen. Mary und John wurden vorbildliche Eltern, und ihre Kinder (allesamt lebhafte Jungen) entwickelten Glauben und lernten, sich an die Grundsätze und Maßstäbe des Evangeliums zu halten.

Johns Eltern, die Großeltern der Jungen, freuten sich, dass ihre Enkel ein so gutes Leben führten und viel erreichten. Doch sie hatten Vorbehalte gegen die Kirche und führten den Erziehungserfolg daher ausschließlich auf die Fähigkeiten von John und Mary zurück. Obwohl John nicht der Kirche angehörte, widersprach er seinen Eltern. Er bestand darauf, dass die Familie die Früchte der Lehren des Evangeliums erntete – die Früchte dessen, was seine Söhne in der Kirche und auch zuhause erlebten.

John selbst wurde durch den Heiligen Geist, durch die Liebe und das Beispiel seiner Frau und durch das Drängen seiner Söhne beeinflusst. Nach einiger Zeit ließ er sich taufen, sehr zur Freude der Gemeindemitglieder und Freunde.

Obwohl das Leben für sie und ihre Söhne nicht einfach war, bekräftigen Mary und John von ganzem Herzen, dass der Bund des Evangeliums die eigentliche Quelle ihrer Segnungen ist. Sie sind Zeuge dessen, dass sich die Worte, die der Herr zu Jeremia sprach, in ihrem Leben und dem ihrer Kinder erfüllt haben: „Ich habe meine Weisung in ihre Mitte gegeben und werde sie auf ihr Herz schreiben. Ich werde ihnen Gott sein und sie werden mir Volk sein.“8

An Gott gebunden

Der zweite und ebenfalls einzigartige Aspekt des Weges der Bündnisse ist unsere Beziehung zur Gottheit. Die Bündnisse, die Gott seinen Kindern anbietet, sollen uns nicht nur Führung geben. Sie binden uns an ihn, und so an ihn gebunden, können wir alles bewältigen.9

Ich habe einmal einen Zeitungsartikel gelesen, in dem ein schlecht informierter Journalist schrieb, in unserer Kirche würden wir Taufen für Verstorbene durchführen, indem wir Mikrofilm-Rollen ins Wasser tauchen. Alle, deren Namen auf dem Mikrofilm erscheinen, würden dann als getauft gelten. Diese Vorgehensweise wäre äußerst effizient! Aber sie lässt außer Acht, dass jede Seele unendlich wertvoll und ein persönlicher Bund mit Gott von entscheidender Bedeutung ist.

Jesus sprach: „Tretet ein durch die enge Pforte; denn eng ist die Pforte und schmal ist der Weg, der zum Leben führt, und wenige sind es, die ihn finden.“10 Im übertragenen Sinne ist diese Pforte so eng, dass man immer nur einzeln eintreten kann. Jeder geht seine eigene Verpflichtung gegenüber Gott ein und empfängt im Gegenzug von Gott namentlich einen persönlichen Bund, auf den er sich in Zeit und Ewigkeit blindlings verlassen kann. Durch die heiligen Handlungen und Bündnisse wird „die Macht des Göttlichen“ in unserem Leben offenbar.11

Göttliche Hilfe

Betrachten wir nun die dritte besondere Segnung, die mit dem Weg der Bündnisse einhergeht. Gott macht uns ein beinahe unfassbares Geschenk, um uns dabei zu helfen, Bündnisse nicht nur zu schließen, sondern sie auch zu halten: die Gabe des Heiligen Geistes. Diese Gabe ist das Recht auf die ständige Begleitung, den Schutz und die Führung durch den Heiligen Geist.12 Der Heilige Geist, auch bekannt als der Tröster, „erfüllt mit Hoffnung und vollkommener Liebe“13. Er „weiß alles und gibt Zeugnis vom Vater und vom Sohn“14, deren Zeugen wir uns verpflichten zu sein.15

Auf dem Weg der Bündnisse finden wir auch zwei unentbehrliche Segnungen, nämlich Vergebung und Reinigung von Sünde. Diese Hilfe kann uns nur durch göttliche Gnade zuteilwerden, und zwar durch den Heiligen Geist. „Dies nun ist das Gebot“, spricht der Herr: „Kehrt um, all ihr Enden der Erde, und kommt zu mir, und lasst euch in meinem Namen taufen, damit ihr durch den Empfang des Heiligen Geistes geheiligt werdet, damit ihr am letzten Tag makellos vor mir stehen könnt.“16

Sammlung mit dem Bundesvolk

Viertens: Diejenigen, die den Weg der Bündnisse gehen, finden ganz besondere Segnungen in verschiedenen, von Gott angeordneten Sammlungen. Prophezeiungen über eine buchstäbliche Sammlung der seit langem zerstreuten Stämme Israels in die Länder ihres Erbteils finden sich überall in den heiligen Schriften.17 Die Erfüllung dieser Prophezeiungen und Verheißungen ist im Gange. Das Bundesvolk sammelt sich in der Kirche, dem Reich Gottes auf Erden. Präsident Nelson hat erklärt: „Wenn wir von der Sammlung sprechen, bringen wir schlichtweg diese grundlegende Wahrheit zum Ausdruck: Jedes einzelne Kind unseres Vaters im Himmel … verdient es, die Botschaft des wiederhergestellten Evangeliums Jesu Christi zu hören.“18

Der Herr gebietet den Mitgliedern der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage: „Erhebt euch und lasst euer Licht leuchten, damit es den Nationen ein Banner sei und damit die Sammlung im Land Zion und in seinen Pfählen Schutz bewirke und eine Zuflucht sei vor dem Sturm und vor dem Grimm, wenn diese unvermischt über die ganze Erde ausgegossen werden.“19

Das Bundesvolk sammelt sich auch wöchentlich am Tag des Herrn im Haus des Betens, damit wir uns „selbst noch mehr von der Welt unbefleckt halten“20 mögen. Dabei nehmen wir zum Gedenken an das Sühnopfer Jesu Christi beim Abendmahl vom Brot und vom Wasser und nehmen uns Zeit, „zu fasten und zu beten und miteinander über das Wohlergehen [unserer] Seele zu sprechen“21. Als Jugendlicher war ich in meiner Schulklasse das einzige Mitglied der Kirche. Mit meinen Freunden in der Schule war ich gern zusammen. Aber ich stellte fest, dass ich dringend jede Woche diese Sammlung am Sabbat brauchte, damit mein Geist und auch mein Körper belebt und erneuert wurden. Wie sehr uns doch während der derzeitigen Pandemie diese regelmäßigen Sammlungen als Bundesvolk fehlen! Sehnsüchtig erwarten wir den Tag, an dem wir wieder wie früher zusammenkommen können.

Das Bundesvolk sammelt sich auch im Tempel, dem Haus des Herrn, um die heiligen Handlungen, Segnungen und Offenbarungen zu empfangen, die diesem Ort vorbehalten sind. Der Prophet Joseph Smith hat gesagt: „Was war der Zweck bei der Sammlung … des Gottesvolkes zu irgendeiner Zeit? … Der Hauptzweck war der, dass dem Herrn ein Haus gebaut werden sollte, worin er seinem Volk die Verordnungen seines Hauses und die Herrlichkeiten seines Reiches offenbaren und den Menschen die Errettung darlegen konnte; denn es gibt bestimmte Verordnungen und Grundsätze, die, nachdem sie gelehrt und ausgeübt worden sind, an einem dafür errichteten Ort vollzogen werden müssen.“22

Erben der Verheißungen des Bundes

Der letzte Punkt lautet: Wir können die Segnungen Abrahams, Isaaks und Jakobs nur ererben, wenn wir den Weg der Bündnisse gehen. Dies sind die höchsten Segnungen, nämlich die Errettung und Erhöhung, die nur Gott gewähren kann.23

Wenn in den heiligen Schriften vom Bundesvolk die Rede ist, sind oft die buchstäblichen Nachkommen Abrahams gemeint, das „Haus Israel“. Zum Bundesvolk gehören aber auch alle, die das Evangelium Jesu Christi annehmen.24 Paulus hat erklärt:

„Denn ihr alle, die ihr auf Christus getauft seid, habt Christus angezogen. …

Wenn ihr aber Christus gehört, dann seid ihr Abrahams Nachkommen, Erben gemäß der Verheißung.“25

Diejenigen, die ihren Bündnissen treu sind, werden „in der Auferstehung der Gerechten hervorkommen“26. Sie werden „vollkommen gemacht durch Jesus, den Mittler des neuen Bundes … Das sind diejenigen, deren Körper celestial ist, deren Herrlichkeit die der Sonne ist, selbst die Herrlichkeit Gottes, des höchsten von allen.“27 „Darum gehört ihnen alles, sei es Leben oder Tod, Gegenwärtiges oder Zukünftiges – alles gehört ihnen, und sie gehören Christus, und Christus gehört Gott.“28

Beherzigen wir den Aufruf des Propheten, auf dem Weg der Bündnisse zu bleiben. In einer Vision sah Nephi uns und unsere Zeit und hielt fest: „Ich, Nephi, sah die Macht des Lammes Gottes, dass sie auf die Heiligen der Kirche des Lammes herabkam und auf das Bundesvolk des Herrn, das über den ganzen Erdboden zerstreut war; und sie waren mit Rechtschaffenheit und mit der Macht Gottes in großer Herrlichkeit ausgerüstet.“29

Zusammen mit Nephi erfreut sich meine Seele an den Bündnissen des Herrn.30 Heute am Ostersonntag gebe ich Zeugnis für Jesus Christus, dessen Auferstehung unsere Hoffnung ist und uns all das zusichert, was uns auf dem Weg der Bündnisse und am Ende dieses Weges verheißen ist. Im Namen Jesu Christi. Amen.