Generalkonferenz
Auf die Weise des Erretters lehren
Frühjahrs-Generalkonferenz 2021


Auf die Weise des Erretters lehren

Jeder von uns trägt die Verantwortung, dem Beispiel des Meisters zu folgen und auf dessen Weise zu lehren

Außergewöhnliche Lehrer

Aus meiner alten Kindergartengruppe in Overton in Nevada – meinem Heimatort – machte jemand vor ein paar Monaten einen Vorschlag: Wie wäre es, so die Frage, wenn wir unserer Erzieherin, die wir alle sehr gern hatten und die vor kurzem ihren 98. Geburtstag gefeiert hatte, gemeinsam etwas zu Weihnachten schenkten? Sie brachte uns bei, nett zueinander zu sein, unseren Mittagsschlaf zu schätzen, uns mit Milch und Keksen zu stärken und einander liebzuhaben. Danke, Schwester Davis, dass Sie so eine wunderbare Lehrerin waren!

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Schwester Davis

Auch in meiner Zeit am Ricks College hatte ich einen außergewöhnlichen Lehrer. Ich wollte auf Mission gehen und dachte, der Missionsvorbereitungskurs würde sicher nützlich sein. Was ich dort lernte, hat mein Leben verändert.

Vom ersten Unterrichtstag an war mir klar, dass mir ein großartiger Lehrer gegenüberstand. Er hieß F. Melvin Hammond. Ich spürte, dass Bruder Hammond den Herrn liebte – und auch mich von Herzen gern hatte. Ich sah und hörte es ihm an. Wenn er unterrichtete, erleuchtete der Geist meinen Verstand. Er brachte uns die Lehre nahe, ermutigte mich aber auch, sie mir selbst zu eigen zu machen. Dadurch wurde mir klar, dass ich selbst die Verantwortung dafür trage, mich mit der Lehre des Herrn zu beschäftigen. Diese Erfahrung hat mich für immer verändert. Danke, Bruder Hammond, dass Sie auf die Weise des Erretters gelehrt haben!

Brüder und Schwestern, auf diese Art lernen zu dürfen, verdient jeder – sei es zuhause oder in der Kirche.

Die Einführung zum Leitfaden Komm und folge mir nach! vermittelt uns eine Vorstellung davon, was das Lehren auf die Weise Christi bewirken kann. Dort heißt es: „Das Ziel hinter allem Lernen und Lehren im Evangelium besteht darin, unsere Bekehrung zu Jesus Christus zu vertiefen und einander dabei zu helfen, mehr wie er zu werden. … Das Evangelium so zu lernen, dass es unseren Glauben stärkt und zum Wunder der Bekehrung führt, ist keine einmalige Sache. Es reicht weit über den Klassenraum hinaus und findet im Herzen und im Zuhause des Einzelnen statt.“1

Aus den heiligen Schriften geht hervor, dass das Wirken des Erretters im alten Amerika so eindrucksvoll war und eine so weitreichende Wirkung hatte, dass „alles Volk zum Herrn bekehrt [wurde], im ganzen Land, sowohl die Nephiten als auch die Lamaniten, und es gab keine Streitigkeiten und Auseinandersetzungen unter ihnen, und ein jeder ging gerecht mit dem anderen um“2.

Wie schaffen wir es, mit unserem Unterricht eine ähnliche Wirkung auf diejenigen zu erzielen, die uns doch so am Herzen liegen? Wie können wir mehr wie der Erretter lehren, damit sich unsere Schüler noch tiefer bekehren? Hierzu möchte ich gerne ein paar Anregungen geben.

Dem Erretter nacheifern

Zuallererst: Ergreifen Sie die Initiative und lernen Sie alles, was Sie über den größten aller Lehrer in Erfahrung bringen können. Wie erwies er anderen seine Liebe? Was haben sie empfunden, wenn er sie unterwies? Was hat er gelehrt? Was erwartete er von den Menschen, die er unterwies? Wenn Sie für sich Antworten gefunden haben, bewerten Sie Ihren eigenen Lehrstil und ändern sie ihn dann so, dass er dem des Herrn noch mehr gleicht.

In der App „Archiv Kirchenliteratur“ und auf ChurchofJesusChrist.org steht Ihnen umfangreiches Lehrmaterial zur Verfügung. Dazu zählt auch das Heft Auf die Weise des Erretters lehren. Ich bitte Sie, es zu lesen und sich eingehend damit zu befassen. Die darin enthaltenen Grundsätze unterstützen Sie dabei, mehr auf die Weise Christi zu lehren.

Die Kräfte der Familie entfesseln

Meinen nächsten Vorschlag möchte ich Ihnen anhand einer persönlichen Erfahrung nahebringen. Vor ein paar Monaten schaute ich bei einem Freund vorbei. Als er aufmachte, hörte ich, dass drinnen seine Frau gerade mit jemandem sprach. Schnell verabschiedete ich mich, damit mein Freund wieder bei seiner Familie sein konnte.

Etwa eine Stunde später erhielt ich eine Textnachricht von seiner lieben Frau: „Bruder Newman, danke fürs Vorbeikommen! Wir hätten Sie gerne hereingebeten, aber wir hatten gerade eine wichtige Unterhaltung. Seit der Pandemie besprechen wir jeden Sonntag per Zoom mit unseren erwachsenen Kindern Lektionen aus dem Leitfaden Komm und folge mir nach! Das hat buchstäblich Wunder gewirkt! Zum wohl ersten Mal hat unsere Tochter das Buch Mormon von sich aus gelesen. Heute war die letzte Lektion zum Buch Mormon. Wir waren kurz vor dem Ende, als Sie geklingelt haben. … Vielleicht freut es Sie zu hören, dass der Leitfaden Komm und folge mir nach! und die Videokonferenzen während der Pandemie zur rechten Zeit eine Herzenswandlung herbeigeführt haben. … Ich frage mich, wie viele kleine Wunder sich in dieser sonderbaren Zeit wohl sonst noch ereignet haben mögen.“

Das klingt für mich wie die Erfüllung der Verheißung, die Präsident Russell M. Nelson im Oktober 2018 ausgesprochen hat. Er erklärte, das zuhause stattfindende und von der Kirche unterstützte Lernen des Evangeliums habe „das Potenzial, die Kräfte der Familie zu entfesseln, wenn sich jede Familie gewissenhaft und sorgfältig daran hält und ihr Zuhause in einen Schutzraum für den Glauben verwandelt. Ich verheiße Ihnen: Wenn Sie eifrig daran arbeiten, Ihr Zuhause in ein Zentrum umzubauen, wo das Evangelium gelernt wird, dann wird der Sabbat für Sie mit der Zeit wahrhaftig zu einer Wonne. Ihre Kinder werden mit Freuden die Lehren des Erretters lernen und danach leben … In Ihrer Familie wird es einschneidende Veränderungen geben, die Sie als Familie stärken.“3 Was für eine schöne Verheißung!

Unser Leben ändert sich nur dann wirklich, wenn die Bekehrung zu Jesus Christus unsere gesamte Seele erfasst und jeden Bereich unseres Lebens durchdringt. Deshalb muss sich Bekehrung auf unseren Lebensmittelpunkt konzentrieren: unsere Familien und unser Zuhause.

Bekehrung ist eine individuelle Erfahrung

Zu guter Letzt möchte ich Sie daran erinnern, dass Bekehrung von innen kommen muss. Wie das Gleichnis von den zehn Jungfrauen veranschaulicht, können wir anderen nicht vom Öl unserer Bekehrung abgeben, so gern wir es auch würden. Elder David A. Bednar hat erklärt: „Dieses kostbare Öl wird tropfenweise gesammelt …, mit Geduld und Ausdauer. Es gibt keine Abkürzung; eine rasche Vorbereitung in letzter Minute ist nicht möglich.“4

Der Lehrplan Komm und folge mir nach! basiert auf dieser Wahrheit. Ich möchte ihn mit dem Engel vergleichen, der Nephi aufforderte: „Schau!“5, und ihm damit half, etwas über Jesus Christus zu erfahren. Gleichermaßen ist der Lehrplan für uns ein Ansporn, uns die heiligen Schriften und die Aussagen neuzeitlicher Propheten anzuschauen, um den Erretter zu finden und ihn zu hören. Wenn wir das Wort Gottes lesen und darüber nachsinnen, werden wir wie Nephi ganz persönlich vom Geist unterwiesen. Komm und folge mir nach! ist das Sprungbrett, das jedem Einzelnen von uns die Chance gibt, tief in die lebendigen Wasser der Lehre Christi einzutauchen.

Die Verantwortung von Eltern ist in vielerlei Hinsicht ähnlich. Kinder erben vieles von ihren Eltern, doch ein Zeugnis gehört nicht dazu. Wir können unseren Kindern genauso wenig ein Zeugnis übergeben, wie wir einen Samen zum Wachsen zwingen können. Aber wir können eine nährstoffreiche Umgebung schaffen, mit gutem Boden, frei von Dornen, die das Wort „ersticken“ würden. Wir können uns bemühen, ideale Bedingungen zu schaffen, damit unsere Kinder – und andere, die wir lieben – Platz für den Samen finden, das Wort hören und verstehen6 und selbst entdecken können, „dass das Samenkorn gut ist“7.

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Bruder Newman und sein Sohn Jack

Vor einigen Jahren hatten mein Sohn Jack und ich die Gelegenheit, auf dem ältesten noch existierenden Golfplatz in St. Andrews in Schottland zu spielen. Es war einfach traumhaft! Nach unserer Rückkehr versuchte ich, anderen zu erklären, wie großartig unsere Zeit dort gewesen war. Doch der Funke sprang nicht über, denn Fotos, Videos und meine besten Beschreibungsversuche waren völlig unzureichend. Ich erkannte schließlich: Wie grandios der Golfplatz von St. Andrews ist, erkennt man nur, wenn man dort war, die weiten Grasflächen gesehen, die Luft geatmet, den Wind im Gesicht gespürt und aus Versehen ein paar Bälle in die grubenartigen Bunker und die dichten Ginsterbüsche geschlagen hat – was uns äußerst erfolgreich gelang.

Ähnlich ist es mit dem Wort Gottes. Wir können es lehren, predigen, erklären. Wir können darüber reden, es beschreiben, es sogar bezeugen. Doch solange ein Mensch nicht spürt, wie das heilige Wort Gottes durch die Macht des Geistes wie der Tau vom Himmel auf seine Seele niederträufelt,8 wird er nur das Gefühl haben, eine Postkarte oder Urlaubsfotos von jemand anderem zu betrachten. Jeder muss die Erfahrung selbst machen. Bekehrung ist ein individueller Weg – ein Weg, auf dem wir Erfahrungen sammeln.

Wer zuhause oder in der Kirche lehrt, kann auch anderen dazu verhelfen, eigene geistige Erfahrungen zu sammeln. Aufgrund dieser Erfahrungen werden sie schließlich selbst „von allem wissen, ob es wahr ist“9. Präsident Nelson hat gesagt: „Wenn Sie aufrichtige Fragen zum Evangelium oder zur Kirche haben und sich dafür entscheiden, Gott siegen zu lassen, werden Sie geführt werden und die absoluten, ewigen Wahrheiten finden und verstehen, die Ihnen dann im Leben eine Richtschnur sind und Ihnen helfen, unbeirrt auf dem Weg der Bündnisse zu bleiben.“10

Den Unterricht erheblich verbessern

Ich bitte die Führungsverantwortlichen und Lehrkräfte jeder Organisation der Kirche, sich gemeinsam mit Eltern und Jugendlichen zu beraten, um den Unterricht auf jeder Ebene – in den Pfählen, Gemeinden und zuhause – erheblich zu verbessern. Wir erreichen dies, indem wir die Lehre vermitteln und geistige Gespräche über jene Wahrheiten anregen, die der Heilige Geist uns in den stillen Momenten unseres persönlichen Studiums gelehrt hat.

Meine lieben Freunde in Christus, jeder von uns trägt die Verantwortung, dem Beispiel des Meisters zu folgen und auf dessen Weise zu lehren. Sein Weg ist der wahre Weg! Ihm müssen wir folgen, „damit wir, wenn er erscheinen wird, ihm gleich sein werden, denn wir werden ihn sehen, wie er ist; damit wir diese Hoffnung haben; damit wir rein gemacht werden, so wie er rein ist“11. Im Namen dessen, der auferstanden ist, des größten aller Lehrer, ja, Jesus Christus. Amen.