2023
Er konnte mich heilen!
Mai 2023


Er konnte mich heilen!

Die heilende und erlösende Macht des Erretters wirkt bei versehentlichen Fehlern, schlechten Entscheidungen, Herausforderungen und Prüfungen jeder Art – und auch bei unseren Sünden

Moroni verheißt uns: Wenn wir das Buch Mormon lesen und dann Gott, den ewigen Vater, mit aufrichtigem Herzen und mit wirklichem Vorsatz voller Glauben an Christus fragen, ob es wahr ist, wird Gott uns durch die Macht des Heiligen Geistes kundtun, dass es wahr ist.1 Millionen Menschen haben diese Verheißung beim Wort genommen und ein sicheres Zeugnis von der Wiederherstellung der Fülle des Evangeliums Jesu Christi empfangen.

Moroni ermahnt uns ferner, wenn wir im Buch Mormon lesen, daran zu denken, „wie barmherzig der Herr zu den Menschenkindern gewesen ist, von der Erschaffung Adams an bis herab zu [dieser] Zeit, … und … im Herzen darüber [nachzudenken]“2. Die Geschichten und Lehren im Buch Mormon erinnern uns an die Liebe, das Mitgefühl und die Barmherzigkeit des Erretters und geben Zeugnis dafür.

Mein Vater ist im April 2013 verstorben. Als ich mich darauf vorbereitete, bei seiner Beerdigung zu sprechen, wurde mir bewusst, wie dankbar ich war, seine Lieblingsschriftstellen zu kennen und zu mögen. Er sprach bei Familientreffen über sie und las sie mit mir, wenn ich Rat oder Führung brauchte oder mein Glaube gestärkt werden musste. Ich hörte, wie er sie in seinen Ansprachen und in seiner Berufung verwendete. Ich kannte sie nicht nur, sondern weiß auch immer noch, wie seine Stimme klang und welche geistigen Empfindungen ich hatte, während er sie vorlas. Dadurch, dass er Schriftstellen und Gedanken an mich weitergab, half mein Vater mir, eine feste Grundlage des Glaubens an den Herrn Jesus Christus zu errichten.

Meinem Vater gefiel besonders die Begebenheit, als der Erretter dem Volk Nephi erscheint.3 In dieser heiligen Begebenheit wird vom auferstandenen und erhöhten Herrn Jesus Christus berichtet. Er hatte vom bitteren Kelch getrunken und alles erlitten, damit wir nicht leiden müssen, sofern wir umkehren.4 Er hatte sich in die Geisterwelt begeben und dort die Verkündigung des Evangeliums organisiert.5 Er war von den Toten auferstanden. Er war mit dem Vater zusammen gewesen und hatte von ihm das Gebot empfangen, den Nephiten Schriften zu geben, die künftigen Generationen ein Segen sein würden.6 Er war erhöht worden und war nun im Besitz all seiner ewigen Macht und Fähigkeiten. Wir können aus jeder Einzelheit seiner Lehren etwas lernen.

In 3 Nephi 11 lesen wir, wie der Erretter aus dem Himmel herabkam, um den Nephiten zu verkünden, dass er Jesus Christus ist, von dem die Propheten bezeugt haben, er werde in die Welt kommen. Er verkündete, dass er das Licht der Welt sei und dass er den Vater dadurch verherrlicht habe, dass er die Sünden der Welt auf sich genommen hat. Er forderte die Menschen auf, hervorzukommen und die Hände in seine Seite zu legen und die Nägelmale in seinen Händen und Füßen zu fühlen. Er wollte, dass sie erkannten, dass er der Gott Israels war, der für die Sünden der Welt getötet wurde. Die Menschen reagierten freudig und gingen einer nach dem anderen hin, bis sie alle gesehen und gespürt hatten, dass er wahrhaftig der war, von dem die Propheten geschrieben hatten, dass er kommen sollte.7

Jesus erklärte den Nephiten, wie wichtig die Umkehr ist, dass man wie ein kleines Kind werden soll und sich von jemandem taufen lassen muss, der die Vollmacht des Herrn hat. Dann verkündete er einen Großteil der Lehre, mit der wir uns dieses Jahr im Neuen Testament beschäftigen.

In 3 Nephi 17 lesen wir, dass Jesus dem Volk sagte, dass es für ihn nun an der Zeit sei, zum Vater zu gehen und sich auch den verlorenen Stämmen Israels zu zeigen.8 Als er seine Augen über die Menschenmenge schweifen ließ, bemerkte er, dass sie „in Tränen waren und ihn unentwegt anblickten, als wollten sie ihn bitten, noch ein wenig länger bei ihnen zu verweilen“9.

Die Antwort des Erretters an die Nephiten ist gleichermaßen berührend wie lehrreich. Er sprach: „Siehe, mein Inneres ist von Mitleid für euch erfüllt.“10

Ich glaube, sein Mitgefühl war weit mehr als nur eine Reaktion auf die Tränen der Menschen. Offenbar konnte er sie durch die Augen seines Sühnopfers betrachten. Er sah ihren ganzen Schmerz, jede Bedrängnis und jede Versuchung. Er sah ihre Krankheiten. Er sah ihre Schwächen und er wusste aufgrund seines qualvollen Leidens in Getsemani und auf Golgota, wie er ihnen beistehen konnte gemäß ihren Schwächen.11

In ähnlicher Weise sieht und versteht unser Erretter, Jesus Christus, wenn er uns anblickt, den Schmerz und die Last unserer Sünden. Er sieht unsere Süchte und Herausforderungen. Er sieht unsere Kämpfe und Bedrängnisse jeglicher Art – und er ist von Mitleid für uns erfüllt.

Es folgte seine gütige Einladung an die Nephiten: „Habt ihr welche unter euch, die krank sind? Bringt sie her. Habt ihr welche, die lahm sind oder blind oder hinkend oder verkrüppelt oder aussätzig oder die verdorrt sind oder die taub sind oder die in irgendeiner Weise bedrängt sind? Bringt sie her, und ich werde sie heilen, denn ich habe Mitleid mit euch; mein Inneres ist von Barmherzigkeit erfüllt.“12

Und das Volk kam „mit all denen, die auf irgendeine Weise bedrängt waren; und er heilte sie, jeden Einzelnen, wie sie zu ihm geführt wurden“13.

1990 wohnten wir in Sale, einem kleinen Ort im australischen Bundesstaat Victoria. Wir waren glücklich und mit der Familie, der Kirche und den beruflichen Verpflichtungen vielbeschäftigt. An einem schönen Samstag im Sommer kurz vor Weihnachten beschlossen wir, einige Grünanlagen und unseren Lieblingsstrand zu besuchen. Nachdem wir einen schönen Tag als Familie hatten, stiegen wir alle wieder ins Auto und machten uns auf den Heimweg. Als ich am Steuer saß, schlief ich kurz ein und verursachte einen Frontalzusammenstoß. Nachdem ich zu mir gekommen war, blickte ich mich im Fahrzeug um. Meine Frau Maxine hatte sich ihr Bein schwer gebrochen und konnte kaum atmen. Ihr Brustbein war gebrochen. Unsere drei Töchter standen unter Schock, schienen aber ansonsten glücklicherweise wohlauf zu sein. Ich hatte leichte Verletzungen. Unser fünf Monate alter Sohn jedoch war nicht ansprechbar.

Inmitten der Hektik und Verwirrung am Unfallort sagte unsere älteste Tochter, die elfjährige Kate, mit Nachdruck: „Papa, du musst Jarom einen Segen geben!“ Nach einigen Versuchen schafften es meine Töchter und ich, aus dem Auto zu gelangen. Maxine bekamen wir nicht von der Stelle. Vorsichtig hob ich Jarom hoch. Dann nahm ich ihn, während ich auf dem Rücken lag, behutsam auf meine Brust und gab ihm einen Priestertumssegen. Als der Krankenwagen etwa 40 Minuten später eintraf, war Jarom bei Bewusstsein.

An diesem Abend ließ ich drei Familienangehörige im Krankenhaus zurück und fuhr schweigend mit zwei meiner Töchter in einem Taxi nach Hause. In der langen Nacht flehte ich den Vater im Himmel an, dass meine Familie und diejenigen, die in dem anderen Fahrzeug verletzt wurden, gesund werden mögen. Zum Glück wurden meine Gebete und die inständigen Gebete vieler anderer erhört. Alle wurden mit der Zeit geheilt. Es war ein großer Segen und liebevolle Barmherzigkeit.

Dennoch empfand ich weiterhin tiefe Schuldgefühle und Reue, weil ich so einen schrecklichen Unfall verursacht hatte. Immer wieder wachte ich nachts auf und erlebte die schrecklichen Ereignisse im Geiste noch einmal. Viele Jahre konnte ich weder mir selbst vergeben noch Frieden finden. Als ich dann als Priestertumsführer anderen half, umzukehren, und das Mitgefühl, die Barmherzigkeit und die Liebe des Erretters zu verspüren, wurde mir bewusst, dass er mich heilen konnte.

Die heilende und erlösende Macht des Erretters wirkt bei versehentlichen Fehlern, schlechten Entscheidungen, Herausforderungen und Prüfungen jeder Art – und auch bei unseren Sünden. Als ich mich an ihn wandte, wichen meine Schuldgefühle und meine Reue allmählich Frieden und Ruhe.

Präsident Russell M. Nelson hat gesagt: „Als der Erretter für die gesamte Menschheit sühnte, bereitete er seinen Nachfolgern einen Weg, wie sie Zugang zu seiner heilenden, stärkenden und erlösenden Macht erhalten konnten. Diese geistigen Vorzüge stehen allen offen, die auf ihn hören und ihm folgen wollen.“14

Brüder und Schwestern, ob Sie nun die Last einer noch nicht bereinigten Sünde mit sich herumschleppen, unter einer Kränkung leiden, die Ihnen vor langer Zeit zugefügt wurde, oder sich für einen versehentlichen Fehler nicht vergeben wollen – Sie haben Zugang zur heilenden und erlösenden Macht des Erretters Jesus Christus.

Ich bezeuge, dass er lebt. Er ist unser Erretter und Erlöser. Er liebt uns. Er hat Mitgefühl mit uns, ist von Barmherzigkeit erfüllt und er kann Sie heilen. Im Namen Jesu Christi. Amen.