2000–2009
Gehen wir dem Licht seiner Liebe entgegen
Oktober 2004


Gehen wir dem Licht seiner Liebe entgegen

Verbindungen, die in der FHV zwischen den Frauen des Bundes geknüpft werden, können unseren Lebensweg erleuchten, beleben und bereichern.

An einem Frühlingsmorgen, als die Sonne gerade eben über die Berge schaute, machten Jan und ich zum ersten Mal Walking. Wir waren neu berufene Besuchslehrpartnerinnen und beide junge Mütter mit einer wachsenden Familie und einem vollen, anstrengenden Terminplan.

Jan war mit ihrer Familie erst vor kurzem in unsere Gemeinde gezogen, und ich wusste nicht genau, worüber wir uns unterhalten sollten. Tag für Tag mühten wir uns mit den Steigungen einer gebirgigen Straße in der Nähe ab und unterhielten uns dabei, etwas außer Atem.

Anfangs waren es nur oberflächliche Gespräche über unseren Mann oder die Kinder, ihre Interessen oder die Schulen in der Gegend. Nach und nach öffneten wir einander unser Herz, besprachen geistige Gedanken und erzählten ausführlich von unseren Erfahrungen auf der Suche nach Wahrheit. Offenbar führten unsere Bemühungen, uns körperlich in Form zu bringen, auch dazu, dass wir uns seelisch in Form brachten. Ich liebte diese großartige Anstrengung.

Ich habe in der Zeit mit Jan zwei unvergessliche Lektionen gelernt, die noch immer meinen Verstand erleuchten und meine Seele mit Freude erfüllen. Erstens: Wie auch immer unsere Lebensumstände sein mögen – wenn wir geistig bereit sind, brauchen wir uns nicht zu fürchten (siehe LuB 38:30).

Lange nachdem wir mit dem Walking angefangen hatten, erfuhr ich, dass Jan vor Jahren Entscheidungen getroffen hatte, die sie Schritt für Schritt von der Kirche weggebracht und auf einen Weg geführt hatten, den sie jetzt bedauerte. Ungefähr zu der Zeit, als sich unsere Wege kreuzten, hatte sie beschlossen, ihr Leben in Ordnung zu bringen. Sie hatte den Wunsch im Herzen, sich darauf vorzubereiten, dass sie im Tempel an ihren Mann und ihre Kinder gesiegelt werden konnte. Ihr einziger Wunsch war es, sich mit Christus zu versöhnen und durch das schmale Tor einzutreten und auf dem engen Pfad zu wandeln, der zum Leben führt, und bis ans Ende des Tages der Bewährung auf dem Pfad zu bleiben, wie Nephi es ausgedrückt hat (siehe 2 Nephi 33:9).

Nachdem Jan sich so ernsthaft wie Lamonis Vater im Buch Mormon entschlossen hatte, alle ihre Sünden aufzugeben, um den Herrn zu erkennen (siehe Alma 22:18), sollte man meinen, ihr Weg sei nun geebnet gewesen. Das war aber nicht der Fall. Sie erlebte einige der schmerzlichsten Prüfungen. Bei Jan wurde ein Hirntumor festgestellt, ihr Mann verlor seinen Arbeitsplatz, und dann musste die Familie auf Haus und Auto verzichten.

Doch Jans Glaube an Jesus Christus wurde fester, je schwieriger ihr Weg wurde. Als wir uns jeden Morgen beim Walking abplagten, lernte ich von Jan sehr viel darüber, wie ihr Glaube an den Herrn und ihre tägliche geistige Vorbereitung ihr halfen, die Angst zu besiegen. Sie schien voll und ganz verstanden zu haben, was Präsident Gordon B. Hinckley gesagt hat: „Wir tun gut daran, uns in demütigem Gebet vor Gott niederzuknien. Er wird uns helfen. Er wird uns segnen. Er wird uns trösten und stützen.“ (Standing for Something, Seite 178.)

Obwohl sie sich inmitten schrecklicher Prüfungen befand, war es für mich offensichtlich, dass Jan wusste: Die Worte des Propheten sind wahr. Sie hörte nie mit ihrer persönlichen geistigen Vorbereitung auf, während sie furchtlos voranging – einen Tag nach dem anderen, mit einer bemerkenswerten inneren Ruhe. Im Laufe der gemeinsam verbrachten frühen Tagesstunden habe ich buchstäblich gesehen, wie der Morgen nahte, die Schatten flohen und ein herrlicher Tag heranbrach (siehe „Der Morgen naht“, Gesangbuch, Nr. 1), als Jans Umkehr ihr Befreiung von Sünde und eine tiefe geistige Erleuchtung brachte.

Ich fragte Jan, wie sie es geschafft hatte, Frieden zu verspüren, wenn ihr Leben doch in einem solchen Aufruhr war und alles um sie herum zusammenbrach. Ich glaube, die Worte eines Liedes beschreiben am besten, was die Macht des Sühnopfers in ihrem Leben bedeutete, und wovon sie mir dann erzählte.

Der Herr ist mein Licht, er ist meine Kraft …

was mich auch umficht, ist er meine Freud …

Er wird in mir Schwachem auch mächtig noch sein

und führt einst zur ewigen Freude mich ein.

(„Der Herr ist mein Licht“, Gesangbuch, Nr. 51.)

Aufgrund ihres beständigen Glaubens erfuhr Jan durch das Sühnopfer des Herrn eine tägliche Erneuerung. Mit jedem Gebet, jeder Schriftstelle und jeder guten Tat unterwarf sie ihren Willen dem Herrn.

Kurz vor ihrem Tod – sie war erst in die dreißig – war ich unter jenen, die sich im Tempel versammelt hatten, und freute mich still, als sie, ihr Mann und ihre Kinder am Altar niederknieten und für die Ewigkeit aneinander gesiegelt wurden.

Die zweite unvergessliche Lektion, die ich von Jan lernte, ist: Wenn die Schwestern der FHV „das Auge nur auf die Herrlichkeit Gottes gerichtet“ (LuB 4:5) haben, können sie tiefe geistige Einsichten bekommen und einander große geistige Kraft geben.

Als wir mit dem Walking anfingen, gingen Jan und ich nicht im Gleichschritt. Doch als sich unsere Herzen mit der Zeit „in Einigkeit und gegenseitiger Liebe“ miteinander verbanden (Mosia 18:21), gingen wir sowohl körperlich als auch geistig immer mehr im Gleichschritt. Wir bauten einander mit unserem Zeugnis auf, trugen einer des anderen Last und stärkten und trösteten einander, wie es die FHV-Schwestern immer schon getan haben.

Durch meine Freundschaft mit Jan lernte ich, was für eine heilige Verwandtschaft uns als FHV-Schwestern verbindet. Aus der Berufung als Besuchslehrpartnerinnen entwickelte sich zwischen Jan und mir, wie bei vielen von Ihnen, eine schwesterliche und enge freundschaftliche Beziehung. Ich bezeuge, dass die Verbindungen, die in der FHV zwischen den Frauen des Bundes geknüpft werden, wahrhaftig unseren Lebensweg erleuchten, beleben und bereichern können, weil wir einander helfen können zu lernen, wie wir den Herrn in unserem Herzen und in unserem Leben an die erste Stelle setzen. Das weiß ich, weil Jan mir vor mehr als zwanzig Jahren durch ihre Lebensweise geholfen hat, unserem Erlöser näher zu kommen. Sie ermutigte mich, über meine eigenen Probleme hinauszuschauen, mich dankbar an der Majestät des Sühnopfers Jesu für meine Sünden zu freuen, mich mit Glauben auf das zu freuen, was jeder neue Tag bringt, und tiefe geistige Beziehungen zu genießen, die nur durch die FHV möglich sind.

Ich mache morgens immer noch Walking – sooft es nur geht. Ich halte noch immer inne, um die Schönheit dieser Erde zu betrachten und dem Himmlischen Vater für die Mission unseres Erretters, Jesus Christus, zu danken. Ich rufe mir oft mit tiefer Dankbarkeit den Geist in Erinnerung, den Jan aufgrund ihres großen Wunsches, die erlösende Liebe des Erretters zu spüren, mitbrachte. Ihre Liebe zum Herrn strömte mir damals so reichlich ins Herz, wie die Strahlen der aufgehenden Sonne auch heute noch jeden Morgen das Land in Licht tauchen.

Ich gebe Zeugnis vom Erretter, der von sich selbst sagte: „Siehe, ich bin Jesus Christus, der Sohn Gottes. Ich bin das Leben und das Licht der Welt.“ (LuB 11:28.) Schwestern, ich weiß: Wenn wir uns täglich Schritt für Schritt vorbereiten, kann jede von uns wie Jan ohne Furcht vorwärts gehen und dadurch, dass sie die Segnungen seines unbegrenzten Sühnopfers selbst erfährt, ihren Weg zu ihm finden. Ich weiß, dass eine der größten Segnungen der FHV unsere Verbindung mit Frauen ist, die ebenfalls Zeugnis vom Herrn geben. Ich bete darum, dass wir immer Seite an Seite gehen mögen – dem Licht seiner erlösenden Liebe entgegen. Im Namen Jesu Christi. Amen.