2000–2009
Die Segnungen, die richtiges Fasten mit sich bringt
Oktober 2004


Die Segnungen, die richtiges Fasten mit sich bringt

Ich fürchte, dass zu viele von uns am Fasttag entweder gar nicht oder nur nachlässig fasten.

Brüder, ich hoffe, es ist Ihnen aufgefallen, dass Präsident Hinckley, als er heute Morgen die Namen der zwei neuen Apostel bekannt gab, auch davon gesprochen hat, dass man fasten und beten muss, um Gottes Willen zu erkennen.

Das Fasten war beim Gottesvolk schon immer üblich. In der heutigen Zeit ist es ein Gebot, das der Herr allen Mitgliedern der Kirche gegeben hat. Neben dem gelegentlichen speziellen Fasten aus persönlichen oder familiären Gründen wird von uns erwartet, dass wir einmal im Monat am ersten Sonntag fasten. Wir wissen, dass zu einem richtigen Fasttag dreierlei gehört: Erstens, dass man auf zwei aufeinander folgender Mahlzeiten verzichtet oder, mit anderen Worten, 24 Stunden lang nichts isst und trinkt, dass man zweitens die Fast- und Zeugnisversammlung besucht und drittens ein großzügiges Fastopfer spendet.

In unserer Familie findet das regelmäßige Fasten immer zwischen dem Mittagessen am Samstag und dem am Sonntag statt. Auf diese Weise fasten wir zwei Mahlzeiten lang – samstagabends und sonntagmorgens. Auch wenn die Kirche nicht vorschreibt, wie man fasten soll – abgesehen davon, dass es 24 Stunden dauern soll und wir zwei Mahlzeiten auslassen –, sehen wir einen geistigen Vorteil darin, gegen Ende des Fastens an der Fast- und Zeugnisversammlung teilzunehmen.

Für diejenigen, die es gesundheitlich verkraften können, ist das Fasten ein Gebot. Über den monatlichen Fasttag hat Präsident Joseph F. Smith gesagt: „Der Herr hat das Fasten auf eine vernünftige und intelligente Grundlage gestellt. …Von denjenigen, die dazu imstande sind, wird erwartet, dass sie es befolgen; … es ist eine Pflicht, der sie sich nicht entziehen können. … Es bleibt dem Einzelnen als eine Sache des Gewissens überlassen, hier Weisheit und Umsicht walten zu lassen. …

Aber diejenigen, die fasten können, sollen es tun. … Niemand ist davon ausgenommen; es wird von allen Heiligen, alt und jung, überall in der Kirche erwartet.“ (Gospel Doctrine, 5. Auflage, 1939, Seite 244.)

Ich fürchte, Brüder, dass zu viele von uns am Fasttag entweder gar nicht oder nur nachlässig fasten. Wenn wir dessen schuldig sind, dass wir den Fasttag gedankenlos begehen oder nur am Sonntagmorgen fasten anstatt zwei vollständige Mahlzeiten, also 24 Stunden lang, dann berauben wir uns und unsere Familie der besonderen geistigen Erfahrungen und Segnungen, die wahres Fasten mit sich bringt.

Wenn wir nur 24 Stunden lang weder essen noch trinken und unser Fastopfer zahlen, lassen wir eine gute Möglichkeit aus, geistig zu wachsen. Andererseits bekommt unser Fasten einen viel tieferen Sinn, wenn wir es einem besonderen Zweck widmen. Vielleicht können wir, bevor wir das Fasten beginnen, uns als Familie Zeit nehmen und besprechen, was wir mit diesem Fasten erreichen wollen. Das kann während des Familienabends in der Woche vor dem Fastsonntag oder während einer kurzen Besprechung vor dem Familiengebet geschehen. Wenn wir mit einer bestimmten Absicht fasten, haben wir etwas, auf das wir uns neben unserem Hunger konzentrieren können.

Der Zweck unseres Fastens kann sehr persönlich sein. Fasten kann uns helfen, Fehler und Sünden zu überwinden. Es kann uns helfen, unsere Schwächen zu überwinden – es kann dazu beitragen, dass daraus Stärken werden. Fasten kann uns helfen, demütiger, weniger stolz und weniger egoistisch zu werden und mehr auf die Bedürfnisse anderer bedacht zu sein. Es kann uns helfen, unsere eigenen Fehler und Schwächen besser zu erkennen und die Neigung zu überwinden, andere zu kritisieren. Es kann beim Fasten auch um Probleme in der Familie gehen. Als Familie gemeinsam zu fasten kann zu mehr Liebe und Dankbarkeit und weniger Streit in der Familie führen. Wir können auch als Ehepaar fasten, um das Band unserer Ehe zu stärken. Für uns als Priestertumsträger kann der Zweck des Fastens darin liegen, in unserer Berufung nach der Führung des Herrn zu streben, oder wir können mit unserem Heimlehrpartner fasten, um zu erkennen, wie wir einer Familie helfen können.

In den heiligen Schriften finden wir den Begriff Fasten meist in Verbindung mit Beten. Der Herr weist uns an, „von dieser Zeit an mit Beten und Fasten fortzufahren“ (LuB 88:76). Fasten ohne Beten heißt nur, 24 Stunden lang zu hungern. Fasten in Verbindung mit Beten hingegen bringt größere geistige Kraft.

Als die Jünger einen Jungen, der von einem bösen Geist besessen war, nicht zu heilen vermochten, fragten sie den Erretter: „Warum konnten denn wir den Dämon nicht austreiben?“ Jesus erwiderte: „Diese Art … kann nur durch Gebet und Fasten ausgetrieben werden.“ (Matthäus 17:19,21 [Fußnote].)

Beginnen wir unser Fasten mit einem Gebet. Wir können uns beispielsweise nach der Mahlzeit, mit der wir das Fasten beginnen, um den Tisch knien. Das Gebet soll ganz natürlich sein. Wir sprechen mit dem Himmlischen Vater über den Zweck unseres Fastens und bitten ihn um seine Hilfe, damit wir unsere Ziele erreichen können. Lassen Sie uns das Fasten ebenso mit einem Gebet beenden. Es ist durchaus angebracht, sich am Tisch niederzuknien, ehe wir mit der Mahlzeit beginnen, mit der wir das Fasten beenden. Wir können dem Herrn für seine Hilfe während des Fastens danken und für das, was wir gespürt und durch das Fasten gelernt haben.

Neben dem Gebet am Anfang und am Ende wenden wir uns während des Fastens oft im persönlichen Gebet an den Herrn.

Von Kindern dürfen wir nicht erwarten, dass sie, wie empfohlen, zwei Mahlzeiten fasten. Aber wir müssen sie die Grundsätze des Fastens lehren. Wenn Fasten innerhalb der Familie besprochen und geplant wird, bekommen die kleineren Kinder mit, dass ihre Eltern und älteren Geschwister fasten, und sie werden den Zweck des Fastens verstehen. Sie sollen am Familiengebet zu Beginn und am Ende des Fastens teilnehmen. Auf diese Weise werden sie, wenn sie im richtigen Alter sind, gern zusammen mit der übrigen Familie fasten. In unserer Familie haben wir das erreicht, indem wir unsere Kinder zwischen 8 und 12 Jahren dazu angehalten haben, beim Fasten eine Mahlzeit auszulassen, und als sie dann zwölf Jahre alt wurden und ins Aaronische Priestertum und zu den Jungen Damen kamen, haben wir sie dazu angehalten, zwei Mahlzeiten auszulassen.

Nachdem der Herr das alte Volk Israel gezüchtigt hatte, weil es nicht auf die richtige Weise fastete, sprach er durch den Propheten Jesaja in schöner, poetischer Sprache über das richtige Fasten:

„Das ist ein Fasten, wie ich es liebe: die Fesseln des Unrechts zu lösen, die Stricke des Jochs zu entfernen, die Versklavten freizulassen, jedes Joch zu zerbrechen.“ (Jesaja 58:6.)

Wenn wir in der Absicht, von Sünde umzukehren und persönliche Schwächen zu überwinden, fasten und beten, sind wir sicherlich bestrebt, die „Fesseln des Unrechts zu lösen“, die es in unserem Leben gibt. Wenn unser Fasten den Zweck hat, dass wir effektiver das Evangelium lehren und in unserer Berufung unserem Nächsten dienen können, dann sind wir sicherlich bestrebt, „die Stricke des Jochs zu entfernen“, die andere tragen. Wenn wir fasten und beten, damit der Herr uns bei unseren missionarischen Anstrengungen hilft, dann ist es doch wohl unser Wunsch, „die Versklavten freizulassen“. Wenn wir mit dem Wunsch fasten, dass wir mehr Liebe für unsere Mitmenschen haben, unseren Egoismus und Stolz überwinden und aufhören, unser Herz auf Weltliches zu setzen, dann sind wir doch bestimmt bestrebt, „jedes Joch zu zerbrechen“.

Der Herr beschreibt das richtige Fasten weiter: „… an die Hungrigen dein Brot auszuteilen, die obdachlosen Armen ins Haus aufzunehmen, wenn du einen Nackten siehst, ihn zu bekleiden und dich deinen Verwandten nicht zu entziehen.“ (Jesaja 58:7.)

Es ist wirklich wunderbar, dass wir durch unser Fastopfer auch heute die Hungrigen speisen, den Obdachlosen Unterkunft und den Nackten Kleidung geben können.

Wer auf die richtige Weise fastet, dem verheißt der Herr:

„Dann wird dein Licht hervorbrechen wie die Morgenröte und deine Wunden werden schnell vernarben. Deine Gerechtigkeit geht dir voran …

Wenn du dann rufst, wird der Herr dir Antwort geben, und wenn du um Hilfe schreist, wird er sagen: Hier bin ich.

Wenn du … dem Hungrigen dein Brot reichst und den Darbenden satt machst, dann geht im Dunkel dein Licht auf und deine Finsternis wird hell wie der Mittag.

Der Herr wird dich immer führen, auch im dürren Land macht er dich satt … Du gleichst einem bewässerten Garten, einer Quelle, deren Wasser niemals versiegt.“ (Jesaja 58:8-11.)

Ich bete darum, dass wir besser fasten, damit wir uns an den wunderbaren Segnungen freuen können, die uns verheißen sind. Ich bezeuge: Wenn wir uns durch Fasten und Beten dem Herrn nahen, dann wird er sich uns nahen (siehe LuB 88:63). Ich gebe Zeugnis: Er lebt, er liebt uns und er möchte sich uns nahen. Im Namen Jesu Christi. Amen.