2000–2009
Wie Sie Ihrer Seele Frieden und Heilung verschaffen können
Oktober 2004


Wie Sie Ihrer Seele Frieden und Heilung verschaffen können

Wenn die Bekehrung reift und durch das Wirken des Heiligen Geistes unterstützt wird, findet die Seele Frieden und Heilung.

Hier am Hauptsitz der Kirche halten wir viele Ausschuss-Sitzungen ab, und Anfang des Jahres hörte Elder Neal A. Maxwell in einer davon aufmerksam einer Präsentation zu, in der es um den Aufbau von Führungsstrukturen in der Kirche in bestimmten Regionen ging. Gegen Ende der Sitzung fragte Elder Maxwell: „Können wir noch etwas tun, damit die Bischöfe den Mitgliedern leichter Frieden und Heilung verschaffen können?“ Ich wollte mehr über sein Anliegen erfahren, also erläuterte mir Elder Maxwell, nicht lange vor seinem Ableben, in seinem Büro unter vier Augen die Lehren, in denen es darum geht, wie man Frieden und Heilung erlangt. Er forderte mich auf, seine Gedanken an die Mitglieder der Kirche weiterzugeben.

Elder Maxwell war und bleibt ein wunderbares Beispiel für selbstlose Liebe. Seine Sorge um andere erfüllte ihn durch und durch, insbesondere wenn es Menschen mit körperlichen oder seelischen Schmerzen betraf. Wenn man sein Büro verließ, konnte man gar nicht anders, als sich selbst mehr zu verpflichten, so wie Christus zu sein. Er setzte für uns alle einen Maßstab. Er liebte den Erretter. Er war tatsächlich ein wahrer Apostel und Jünger. Wir vermissen ihn.

Er vermittelte wunderbare Einsichten darüber, dass man vollkommenen Frieden und Heilung nur dann erlangt, wenn man sich im Innersten vollständig bekehrt. Er erzählte, dass er viele Jahre vorher von Präsident Marion G. Romney etwas über die Schritte einer vollständigen Bekehrung gelernt habe. Er zitierte aus einer Generalkonferenzansprache von 1963, in der Präsident Romney die Worte des Erretters an Petrus wiedergab: „Ich aber habe für dich gebetet, dass dein Glaube nicht erlischt. Und wenn du dich wieder bekehrt hast, dann stärke deine Brüder.“ (Lukas 22:32.) Präsident Romney sagte dazu: „Es scheint fast so, als sei es nicht unbedingt gleichbedeutend, der Kirche anzugehören und bekehrt zu sein. Bekehrt sein, so, wie wir den Begriff hier verwenden, und ein Zeugnis haben, ist ebenfalls nicht unbedingt dasselbe. Ein Zeugnis erlangt man, wenn der Heilige Geist dem aufrichtig Suchenden die Wahrheit bezeugt. Ein bewegendes Zeugnis belebt den Glauben, das heißt: Es ruft Umkehr und Gehorsam gegenüber den Geboten hervor. Bekehrung andererseits ist die Frucht oder der Lohn für Umkehr und Gehorsam“ (in Conference Report, Oktober 1963, Seite 24).

Eine Bekehrung erfolgt normalerweise nicht plötzlich, auch wenn die heiligen Schriften uns dramatische Berichte liefern. Sie erfolgt schrittweise, bis der Betreffende im Innersten zu einem neuen Menschen geworden ist. In den heiligen Schriften wird dies bezeichnet als „von neuem geboren werden“. Es ist sowohl eine Änderung unseres Denkens als auch unseres Empfindens (siehe Conference Report, Oktober 1963, Seite 23f.).

Im Buch Mormon lesen wir von Enos, dessen Seele danach hungerte, mehr von den Lehren seines Vaters in Bezug auf das ewige Leben zu erfahren. Nachdem er einen Tag und eine Nacht lang unablässig gebetet hatte, hörte er eine Stimme, die zu ihm sagte: „Enos, deine Sünden sind dir vergeben, und du wirst gesegnet sein.“ Enos schreibt: „Ich, Enos, wusste, dass Gott nicht lügen kann; darum war meine Schuld weggefegt.“ (Enos 1:5,6.)

Wir haben den Bericht, in dem der Prophet Alma der Jüngere seinem Sohn Helaman erzählt, wie er sich bekehrt hat. Er spricht davon, dass er auf dramatische Weise zur Erkenntnis seiner vergangenen Sünden und Fehler gelangte, und gesteht ein, dass er sich gegen Gott aufgelehnt hatte. Er erinnert sich dann, dass sein Vater, Alma, das Kommen eines Jesus Christus, des Sohnes Gottes, vorhergesagt hatte. Jesus würde kommen, um für die Sünden der Welt zu sühnen. Ich zitiere: „Als nun mein Sinn diesen Gedanken erfasste, rief ich in meinem Herzen aus: O Jesus, du Sohn Gottes, sei barmherzig zu mir, der ich in der Galle der Bitternis bin und ringsum von den immerwährenden Ketten des Todes umschlossen bin.“ Alma erfuhr ewige Qual und Schuld, aber erkannte auch, dass durch das Sühnopfer ein Ausweg geschaffen worden war. Alma fährt fort: „Und nun siehe, als ich dies dachte, konnte ich nicht mehr an meine Qualen denken; ja, ich wurde durch die Erinnerung an meine Sünden nicht mehr gemartert. Und o welche Freude, und welch wunderbares Licht sah ich; ja, meine Seele war von Freude erfüllt, die ebenso übergroß war wie meine Qual!“ (Siehe Alma 36:12-20; Hervorhebung hinzugefügt.)

Alma stellte fest, dass seine Seele durch die Erkenntnis, dass Jesus kommen und all seine Sünden hinwegnehmen würde, geheilt worden war. Als seine Seele geheilt worden war, fand er inneren Frieden. Alma war von den Folgen seiner Bekehrung so überwältigt, dass er für Helaman noch einmal wiederholte, was er empfunden hatte: „Ja, ich sage dir, mein Sohn: Es konnte nichts so außerordentlich und so bitter sein, wie meine Qualen es waren. Ja, und weiter sage ich dir, mein Sohn, andererseits kann nichts so außerordentlich und so süß sein, wie meine Freude es war.“ (Alma 36:21, Hervorhebung hinzugefügt.) Er vermittelte seinem Sohn, wie man dauerhaften Frieden und Freude erlangt, genau, wie es der Vater des Enos getan hat. Wir sehen hier, wie Väter ihre Kinder über das Sühnopfer und das ewige Leben belehren. An dieses Beispiel können sich alle Väter unserer Zeit halten.

An der Bekehrung Almas fallen einige interessante Punkte auf:

  1. Wie Enos hatte er seine vergangenen Sünden, mit denen er Gott gekränkt hatte, deutlich vor Augen und bedauerte sie.

  2. Wie Enos erinnerte er sich an das, was sein Vater gesagt hatte – an die Verheißung, dass Jesus Christus für die Sünden sühnen werde.

  3. Wie Enos legte er Fürbitte für seine Seele ein.

  4. Wie Enos erlebte er das Wunder des Sühnopfers in dem Ausmaß, dass er sich weder an die Qualen, die seine Sünden verursacht hatten, erinnern konnte, noch Schuld fühlte. Die Heilung seiner Seele war eine vollständige, reinigende Erfahrung, sowohl für den Sinn als auch für das Herz. Freude trat an die Stelle von Bitterkeit. Er wurde zu einem neuen Menschen, aus dem Geist von neuem geboren. Wie Enos konzentrierte er sich sofort darauf, dem Herrn und seinen Mitmenschen zu dienen.

Wird der Herr für uns das tun, was er für Enos und Alma getan hat?

C. S. Lewis hat es folgendermaßen ausgedrückt: „Gott bringt einem jeden unbegrenzte Aufmerksamkeit entgegen. Er muss sich nicht um uns alle zusammen kümmern. Sie sind so allein mit ihm, als wären Sie das einzige Wesen, das er je erschaffen hat. Als Christus starb, starb er für Sie persönlich, gerade so, als wären Sie der einzige Mann [oder die einzige Frau] auf der Welt“ (Mere Christianity, 1943, Seite 131).

Gibt es in den heiligen Schriften Berichte darüber, wie sich eine solche Bekehrung unter den Heiligen abspielte? Es gibt einige Beispiele. Der Bericht über die Heiligen zur Zeit von König Benjamin verdeutlicht dies. Wir lesen, wie die Heiligen auf das reagierten, was ihr König und Prophet über die Gebote und das Sühnopfer Jesu Christi gesagt hatte:

„Und sie alle riefen mit einer Stimme, nämlich: Ja, wir glauben all den Worten, die du zu uns gesprochen hast; und wir wissen auch, dass sie gewiss und wahr sind, durch den Geist des Herrn, des Allmächtigen, der in uns, oder in unserem Herzen, eine mächtige Wandlung bewirkt hat, sodass wir keine Neigung mehr haben, Böses zu tun, sondern ständig Gutes zu tun. …

Und wir sind willens, mit unserem Gott den Bund einzugehen, seinen Willen zu tun und seinen Geboten in allem, was er uns gebieten wird, zu gehorchen, alle unsere übrigen Tage.“ (Mosia 5:2,5; Hervorhebung hinzugefügt.)

Ihnen fällt bestimmt auf, dass diese Worte sehr den Verpflichtungen ähneln, die man mit dem Taufbund eingeht (siehe LuB 20:37).

Die Segnungen und Verheißungen für die Bekehrung empfängt man durch Bündnisse, die man bei der Taufe, bei der Konfirmierung, bei allen heiligen Handlungen im Tempel und im Priestertum schließt. Wenn man dann beständig umkehrt und gehorsam und treu die geschlossenen Bündnisse hält, erlebt man, wie die Früchte der Bekehrung wachsen und gedeihen. Wenn die Bekehrung reift und durch das Wirken des Heiligen Geistes unterstützt wird, findet die Seele Frieden und Heilung.

Jemand hat einmal Präsident Romney gefragt, woran man erkennt, dass man bekehrt ist. Präsident Romney antwortete: „Man kann sich dessen sicher sein, wenn die Seele durch die Macht des Heiligen Geistes geheilt ist. Wenn dies geschieht, wird man es spüren, denn dann empfindet man das Gleiche wie das Volk Benjamins, als ihm seine Sünden vergeben wurden. Im Bericht heißt es:, Der Geist des Herrn [kam] über sie, und sie wurden von Freude erfüllt und empfingen Vergebung für ihre Sünden und hatten Frieden im Gewissen.‘ (Mosia 4:3).“ (Siehe Conference Report, Oktober 1963, Seite 25.)

Petrus beschreibt, was bei einer vollständigen Bekehrung geschieht: Wir erhalten „an der göttlichen Natur Anteil“ (2 Petrus 1:4; siehe auch Vers 1-3,5-9).

Durch solch eine vollständige Bekehrung können wir persönlich das Wesen und die Größe Gottes wirklich erfahren und verspüren. Dadurch werden wir nicht nur Knechte des Herrn, sondern auch seine Freunde. Den Heiligen in der Anfangszeit der Wiederherstellung machte der Herr die Art seiner Beziehung zu ihnen deutlich: „Und weiter sage ich euch, meinen Freunden, denn fortan werde ich euch Freunde nennen …“ (LuB 84:77).

Bei der letzten Herbst-Generalkonferenz hat uns Elder Jeffrey R. Holland in seiner Ansprache seine Gedanken über die Größe und das Wesen Gottes vermittelt (siehe „Die Größe Gottes“, Liahona, November 2003, Seite 70-73). Er sprach darüber, wie bedeutsam es für die Ewigkeit ist, Gott den Vater und seinen Sohn Jesus Christus zu erkennen. Er zitierte folgenden bekannten Vers aus dem Abschiedsgebet des Herrn: „Das ist das ewige Leben: dich, den einzigen wahren Gott, zu erkennen und Jesus Christus, den du gesandt hast.“ (Johannes 17:3.)

Er zitierte auch die weniger bekannte Aussage des Propheten Joseph Smith: „Der erste Grundsatz des Evangeliums besteht darin, das Wesen Gottes mit Bestimmtheit zu kennen … Ich möchte, dass Sie alle ihn kennen und mit ihm vertraut sind.“ (History of the Church, 6:305; siehe auch Liahona, November 2003, Seite 70.)

Man erkennt Gott und wird sein Freund, indem man sich bekehrt. Enos hat sich bekehrt. Die Untertanen König Benjamins haben sich bekehrt. Alma hat sich bekehrt. Die Bekehrung steht jedem offen, der umkehrt und die Gebote hält. Sie ist eine intime und sehr persönliche Erfahrung. Es geht dabei um Beziehungen. Dazu gehört, dass der Geist Christi erweckt wird, der in allen Menschen wohnt (siehe LuB 84:45,46; 88:11). Dazu gehört, dass wir in uns das Empfinden für den Heiligen Geist wecken, der uns zu einem Zeugnis von der Wahrheit führt. Dazu gehört, dass wir den Heiligen Geist empfangen, nachdem wir den Taufbund eingegangen sind. Die Gabe des Heiligen Geistes führt und tröstet uns in unserem Bemühen als Jünger und bringt uns dem Erretter näher. Der Erretter ist wiederum unser Fürsprecher beim Vater, und durch unsere Glaubenstreue wird er uns zum Vater bringen, damit wir seine Miterben werden (siehe Johannes 14:6; Römer 8:17; LuB 45:3-5).

Die heiligen Propheten haben uns einen wahren Schatz an Unterweisung und Gedanken hinterlassen. Sie sind wahrlich Boten Gottes, die seine Kinder zur Errettung und zum ewigen Leben führen.

Ihr Zeugnis dient dazu, unseren Glauben zu stärken. Bitte achten Sie auf ihre Worte und ihr Zeugnis. Das wird Ihnen helfen, dorthin zu gelangen, wo Sie Frieden und Heilung für die Seele finden.

Ich habe ein Zeugnis davon, dass der Geist des Herrn existiert und unmissverständlich spricht. Ich bezeuge, dass Sie den Vater und den Sohn erkennen können und dass diese Sie lieben. Ich verspüre ihre Liebe durch die Macht des Geistes. Diese Wahrheiten bezeuge ich im heiligen Namen Jesu Christi. Amen.