2000–2009
Dein ganz persönliches Zeugnis
April 2000


Dein ganz persönliches Zeugnis

Der Heilige Geist hat die Macht, Licht und Verständnis in unser Leben zu bringen; wir müssen jedoch den Preis zahlen, indem wir ihn als Begleiter suchen und gewinnen.

Ich möchte heute gern so tun, als führte ich mit den Priestertumsträgern ein Gespräch über das persönliche Zeugnis. Ich glaube, auf diese unkonventionelle Weise kann ich meine Botschaft besser vermitteln. Ich werde hierfür die Namen meiner Enkelsöhne verwenden; stellt euch bitte vor, es wären eure Namen und ich spräche direkt zu jedem von euch jungen Männern.

Lieber James, als du ein kleiner Junge warst, hast du Zeugnis gegeben und gesagt: „Ich weiß, dass das Evangelium wahr ist. Ich weiß, dass Jesus Christus der Sohn Gottes ist. Ich weiß, dass Joseph Smith ein wahrer Prophet war.“ Du wusstest das, weil andere es dir gesagt hatten. Weil du deinen Eltern, deinem Bischof und anderen vertraut hast, hast du dieses Wissen nicht angezweifelt. Aber jetzt, wo du im Verstehen, Begreifen und Wahrnehmen all der verschiedenen Facetten dieses intensiven und wunderbaren Lebens unabhängiger wirst, stellst du oft fest, dass nichtalle Menschen dieses Zeugnis oder den „Frieden Gottes [haben], deralles Verstehen übersteigt“ (Philipper 4:7).

Vielleicht hast du, Jonathan, bereits festgestellt, dass einige Erwachsene zynisch sind und nicht mit dir über das Sühnopfer, die Auferstehung und das ewige Leben reden wollen. Stattdessen sagen sie dir: „Iss und trink und sei lustig, denn morgen sterben wir.“ (2 Nephi 28:7.) Du wirst andere sehen, die umhertappen und nach etwas zu greifen versuchen--auf der Suche nach Antworten, die sie nicht finden. Und trotzdem versuchen sie dir ein Wissen vorzumachen, das sie nicht besitzen. Noch andere sagen: „Nun, vielleicht ist es ja wahr, aber vielleicht auch nicht. Am besten leben wir unser Leben so, wie es uns am besten passt, und wenn es ein Leben nach dem Tod gibt, werden wir ja sehen, was passiert.“

Andrew, ich kann die Gedanken, die dir durch den Kopf gehen, und die Gefühle, die du im Herzen hast, gut verstehen. Ich kann verstehen, dass du dich bei all diesen unterschiedlichen Aussagen fragst, was richtig ist und was nicht.

Bestimmt sind dir viele Fragen durch den Kopf gegangen. MitSicherheit wirst du nicht dafür verdammt, dass du Fragen hast oder etwas in Frage stellst, solange du dich ernsthaft bemühst, die Antwort zu finden. Unsere geistigen Kräfte sind uns gegeben worden, damit wir sie nutzen. Wenn unser Glaube auf Beten, Studium und Gehorsam begründet ist, ist er dauerhafter als blinder Glaube; er ist lohnender und hat mit Sicherheit eine festere Basis.

Und du, Paul, erinnerst du dich daran, wie der Erretter gesagt hat: „Wenn ihr nicht umkehrt und wie die Kinder werdet, könnt ihr nicht in das Himmelreich kommen. Wer so klein sein kann wie dieses Kind, der ist im Himmelreich der Größte.“ (Matthäus 18:3,4.) Es hilft, wenn wir so demütig und belehrbar bleiben wie ein Kind, doch wir müssen auch dafür sorgen, dass wir weiterhin wachsen und uns nicht mit dem beschränkten Evangeliumswissen und -verständnis eines Kindes zufrieden geben. Denk daran, Paul, was der Apostel, dessen Namen du trägst, den Korinthern gesagt hat: „Seid doch nicht Kinder an Einsicht, Brüder! Seid Unmündige an Bosheit, an Einsicht aber seid reife Menschen!“ (1 Korinther 14:20.)

Lieber Russell, du wirst dich jetzt fragen: „Muss ich also selbst nach der Antwort suchen? Kann jeder diese Art von Zeugnis erlangen? Ist es eine Gabe, die nur wenige erhalten? Diejenigen, die sagen, sie wüssten--meinen sie nur, dass sie wissen, oder haben sie sich selbst durch irgend einen Psychotrick überzeugt?“

Um deine Fragen zu beantworten und mehr Licht in die Sache zu bringen, lass mich dir sagen, was Elder John A. Witsoe gesagt hat, dass nämlich jemand, der ein Zeugnis vom Evangelium hat, „die höchste Form des Wissens besitzt. Es wird als Offenbarung gegeben, sofern man die Wahrheit kennt und sie befolgt....Es ist wirklich das Größte, was ein Mensch besitzen kann.“ („What Does It Mean to Have a Testimony?“, Improvement Era [Mai 1945], 273; Hervorhebung hinzugefügt.) Ist dir klar geworden, dass ein Zeugnis die höchste Form des Wissens genannt wird--das Größte, was ein Mensch besitzen kann, und dass der Erretter es in Lehre und Bündnisse als Wissen bezeichnet, das „in deinem Herzen wohnen wird“ (LuB 8:2)?

Vielleicht kann man das in deinem Alter nur schwer verstehen, aber unser Zeugnis ist etwas, was wir mit uns ins nächste Leben nehmen. Wir werden alle unsere irdischen Besitztümer zurücklassen, doch dieses Wissen, diese innere überzeugung wird uns erhalten bleiben. Denk an Joseph Smith: Diejenigen, die ihm das Leben nahmen, konnten ihm das Größte, was ein Mensch besitzen kann, nicht nehmen--sein Zeugnis. Joseph, der Prophet, nahm diesen unbezahlbaren Besitz durch den Schleier des Todes in die Ewigkeit mit--dorthin, wo ihm der Herr einen Thron im Reich seines Vaters verheißen hat (siehe LuB 132:49). Doch sein Zeugnis bleibt auch uns erhalten--zusammen mit einem „Namen und Ruf, ... der nicht zerstört werden kann“ (LuB 135:3). Wir hören das machtvolle Zeugnis des Propheten Gottes, nämlich: „[Christus] lebt! Denn wir haben ihn gesehen, ja zur rechten Hand Gottes; und wir haben die Stimme Zeugnis geben hören, dass er der Einziggezeugte des Vaters ist.“ (LuB 76:22,23.)

Mein lieber Matthew, jetzt wo du erkennen kannst, wie weitreichend ein Zeugnis ist, können wir unser Gespräch fortsetzen und aufzeigen, dass du dein eigenes Zeugnis haben kannst, wenn du das tust, was dazu nötig ist.

Der glaubenstreue und engagierte junge Nephi hatte es mit seinen widersetzlichen Brüdern nicht immer leicht. In einer schwierigen Zeit erinnerte er sie daran, wie man ein Zeugnis erlangt. Der Herr hat erklärt: „Wenn ihr euer Herz nicht verhärtet, sondern mich im Glauben bittet--im Vertrauen darauf, dass ihr empfangen werdet, und voller Eifer im Halten meiner Gebote--, so wird euch dies gewisslich kundgetan werden.“ (1 Nephi 15:11.) Lass uns die Schritte nochmals betrachten, die Nephi beschrieben hat.

Erstens: Verhärte nicht dein Herz. Trachte nach Wissen. Mit anderen Worten, du musst den tiefen, unbändigen Wunsch haben, zu wissen. Gib Raum, dass ein Samenkorn in dein Herz gepflanzt werden kann. Weißt du, was dir verheißen ist, wenn du das tust? Alma sagt es uns: „Wer sein Herz nicht verhärtet, der empfängt das größere Maß des Wortes, bis es ihm gegeben ist, die Geheimnisse Gottes zu erkennen.“ (Alma 12:10.)

Zweitens: Bitte im Glauben. Wie oft hast du bei deinem Schriftstudium festgestellt, dass es bei dem Gebot, zu beten und zu bitten, weiter heißt „im Vertrauen darauf, dass ihr empfangen werdet“? Wer um Wissen bittet, muss seinen Glauben ausüben--vertrauen, bevor er empfängt. Dieser Teil unseres Gesprächs lässt sich gut anhand eines Beispiels von Alma verdeutlichen. Er erklärt, wie er sein Zeugnis empfangen hat:

„Siehe, ich habe viele Tage gefastet und gebetet, um dies selbst wissen zu können. Und nun weiß ich selbst, dass es wahr ist; denn der Herr Gott hat es mir durch seinen Heiligen Geist kundgetan; und dies ist der Geist der Offenbarung, der in mir ist.“ (Alma 5:46.)

Drittens: Halte die Gebote. Ich glaube, die Worte des Buches Mormon weisen darauf hin, welche Segnungen wir erlangen können, wenn wir nur reich an guten Taten sind. König Benjamin hat seinem Volk erklärt: „Wenn ihr an dies alles glaubt, so seht zu, dass ihr es tut.“ (Mosia 4:10.) Und der große Missionar Ammon hat gesagt: „Ja, wer umkehrt und Glauben übt und gute Werke hervorbringt und beständig ohne Unterlass betet, dem ist es gegeben, die Geheimnisse Gottes zu wissen.“ (Alma 26:22.)

Nun, Cole, wir haben die verschiedenen Schritte analysiert, die wir befolgen müssen, wenn wir ein Zeugnis erlangen wollen. Da ist jedoch noch die wichtigste Hilfe,die uns Bestätigung und absolute Gewissheit geben kann, und auf sie hast du Anspruch, wenn du würdig lebst und den Heiligen Geist als Begleiter empfängst. Denke an die Verheißung Moronis: „Und durch die Macht des Heiligen Geistes könnt ihr von allem wissen, ob es wahr ist.“ (Moroni 10:5.) Achte darauf: Ich habe gesagt, dass du den Heiligen Geist als Begleiter empfängst. Der Heilige Geist hat die Macht, Licht und Verständnis in unser Leben zu bringen; wir müssen jedoch den Preis zahlen, indem wir ihn als Begleiter suchen und gewinnen.

Elder Marion G. Romney hat einmal geschrieben: „Es ist die Aufgabe des Heiligen Geistes, denen die Wahrheit des Himmels zu offenbaren, die sich dafür bereit machen, sie zu empfangen. Jeder von uns kann sich, wenn er es will, bereit machen. Wir müssen uns jedoch immer im Klaren sein, dass er in keiner unheiligen Umgebung verbleibt. Er ist die Gesellschaft Gottes gewohnt, denn er ist ein Mitarbeiter des Vaters und des Sohnes. Wenn wir die Gabe des Heiligen Geistes empfangen, wird uns geboten, ihn zu empfangen; nicht er wird angewiesen, zu uns zu kommen. Wenn wir jedoch von ganzem Herzen nach ihm suchen, wird er zu uns kommen und uns bei unseren Entscheidungen in jeder schwierigen Lebenslage führen.“ („Revelation in Our Personal Affairs“, Relief Society Magazine, Oktober 1955, 647.) Der Heilige Geist wird uns gegeben, um Zeugnis vom Vater und vom Sohn zu geben, um zu bezeugen, dass Jesus Christus unser Erlöser ist, dass es einen Propheten auf Erden gibt, der über die wahre Kirche präsidiert, die den Namen des Erretters trägt, nämlich die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage, und dass sich alle Werke und Verheißungen Gottes zu seiner Zeit und auf seine Weise erfüllen werden.

Und nun, mein jüngster Enkel, Tate, können wir dieses Gespräch beenden und noch einmal zusammenfassen, was ein Zeugnis ist. Vielleicht lässt es sich am besten beschreiben, indem wir feststellen, was das Zeugnis für unser Leben bedeutet. Es bedeutet, dass man sagt „Ich will hingehen und das tun, was der Herr geboten hat; denn ich weiß“ (1 Nephi 3:7), und dann entsprechend handelt. Es bedeutet, dass man Frieden hat, weil man alles, was einem möglich war, getan hat, weil man alle Talente nach besten Kräften genutzt hat. Es bedeutet, dass man dem Gebot des Herrn an Josua folgt: „Sei mutig und stark. Fürchte dich also nicht, und hab keine Angst, denn der Herr, dein Gott, ist mit dir bei allem, was du unternimmst.“ (Josua 1:9.) Und es bedeutet, dass man in Bedrängnissen geduldig ist (siehe LuB 31:9). Es bedeutet, dass man niemals aufgibt, sondern für andere ein Vorbild ist. Es bedeutet, dass man „stets bereit [ist], jedem Rede und Antwort zu stehen, der nach der Hoffnung fragt, die [uns] erfüllt; aber ... bescheiden und ehrfürchtig“ (1 Petrus 3:15,16). Es bedeutet, dass man seiner Generation verkündet, nämlich: „Jesus Christus, ... der Sohn Gottes, der Vater des Himmels und der Erde, der Schöpfer aller Dinge von Anfang an.“ (Mosia 3:8.) Genau das und noch viele andere Eigenschaften und Taten machen ein Zeugnis aus. Das ist mein Zeugnis für euch. Im Namen Jesu Christi, amen.