1990–1999
Wachen, warnen und retten
Oktober 1999


Wachen, warnen und retten

Unsere Wächter auf dem Turm sind uns als Apostel und Propheten bekannt. Sie sind unsere geistigen Augen am Himmel.

An einem Sonntagmorgen vor über einem Jahr wachten wir in Santo Domingo in der Dominikanischen Republik bei schönem Wetter auf. Die karibische Sonne schien und der Himmel war klar. Eine sanfte Brise wehte, die kaum die Blätter an den Bäumen bewegte; es war warm, friedlich und still. Aber von draußen auf dem Meer, außerhalb der Wahrnehmung durch unsere Sinne, kam ein tödlicher Zerstörer, unerbittlich und unvermeidbar. Das Warnzentrum für Hurrikans, das dafür zuständig war, den Weg des Hurrikans ”Georges” festzustellen und vorherzusagen, brachte ständig die Daten im Internet auf den neuesten Stand. In der friedlichen Stille dieses Morgens konnte ich mit Hilfe der künstlichen Augen am Himmel den vorhergesagten Weg des Sturms sehen, der wie ein Pfeil mitten auf das Herz von Santo Domingo zielte.

Innerhalb von 48 Stunden traf der Sturm die Insel mit enormer und rücksichtsloser Gewalt und ließ einen Pfad der Verwüstung und des Todes hinter sich. Von der relativen Sicherheit unseres Hauses aus sahen wir, wie Bäume durch die Gewalt des Windes--der abwechselnd kreischte, heulte und brüllte--niedergebeugt wurden. Der Wind blies mit solch einer Heftigkeit, dass der Regen durch die Fensterrahmen ins Haus trat. Die einen Meter hohe Sturzflut in der Straße, die durch den starken Regen entstanden war, erreichte ihren Höhepunkt und begann wieder zu fallen, als sie nur wenige Zentimeter davon entfernt war, ins Haus einzudringen.

In der Gegend, in der wir wohnten, wurden die meisten Bäume durch den stürmischen Wind entweder entwurzelt oder gespalten. überall in der Stadt waren äste, Stromkabel und Telefonmasten heruntergekommen. über eine Woche lang waren Straßen blockiert, der Verkehr behindert und der Strom unterbrochen. Auch wenn der Schaden groß war, er wäre ohne die Warnung derer, die für die Vorhersage sorgen und den Menschen raten, sich vorzubereiten, noch viel größer gewesen. Nahezu alle, die sich angemessen vorbereitet hatten, kamen ziemlich unversehrt durch denHurrikan. Ich bin diesen Männern und Frauen dankbar, die ihre Zeit und Aufmerksamkeit opfern, um diese Stürme zu finden und zu beobachten. Ihre rechtzeitigen Warnungen und Ratschläge retten Leben und schützen Menschen. Diejenigen, die diese Warnungen missachten, zahlen den Preis für die Absicht, diesen Wächtern nicht zuzuhören, deren Verantwortung es ist, zu wachen, zu warnen und zu retten.

So groß der Schaden und die Zerstörung und der Tod auch sein mögen, den diese Ehrfurcht gebietenden Erscheinungen physikalischer Kräfte auch bewirken, geistige Hurrikans bewirken im Leben der Menschen noch viel schlimmere Verheerungen. Diese stürmischen Kräfte richten oft einen viel verheerenderen Schaden an als die physischen Wirbelstürme, weil sie unsere Seele vernichten und uns unserer ewigen Perspektiven und Verheißungen berauben. Wenn der physische Sturm vorbei ist, können wir anfangen, unser Leben und unser Zuhause wieder in Ordnung zu bringen. Aber einige geistige Hurrikans fegen uns ins Chaos, und wir sind dann von Fesseln machtvoller und ruinöser Einflüsse umgeben und gefangen, deren Konsequenzen wir zu dem Zeitpunkt nur vage begreifen. Wie diese kreisenden Wirbelwinde können geistige Hurrikans übersehen werden, bis sie fast über uns sind undsie können auch genauso mit enormer und rücksichtsloser Gewalt zuschlagen.

Wir begeben uns selbst in den Weg eines dieser geistigen Hurrikans, wenn wir uns dem ärger, dem Alkohol und dem Missbrauch, der Begierde und der Unzüchtigkeit, der Unzucht und der Pornografie, den Drogen, dem Stolz, der Gier, der Gewalt, dem Neid und dem Lügen hingeben--die Liste ist lang. Manchmal scheint das Leben einfach wie gehabt weiterzugehen, und in dieser Ruheperiode gibt es keinen Hinweis auf den Schrecken, der kommen wird. Doch dann sind wir plötzlich in ihrem satanischen Griff und sie machen unser Leben zuschanden, bringen uns Qual, Pein, Depressionen, Verzweiflung und Verheerung--und bringen auch unseren Lieben viel zu oft Betrübnis, Kummer, Leid und Sorgen. In den Nachwirkungen ihres zerstörerischen Pfades ist es oft schwerer, eine geistig zerstörte Seele wiederherzustellen, als eine Stadt wiederaufzubauen, die in Trümmern liegt. Es gibt Wirbelwinde aus Missgunst, Boshaftigkeit, Gehässigkeit und Bösem, die sich durch die Gesellschaft bewegen--sie werden die, die sich ihnen in den Weg stellen, nicht verschonen.

Aber auch wir haben Wächter für die geistigen Hurrikans, diejenigen nämlich, deren Aufgabe es ist, zu wachen, zu warnen und uns zu helfen, geistigen Schaden, Zerstörung und selbst den Tod zu vermeiden. Unsere Wächter auf dem Turm sind uns als Apostel und Propheten bekannt. Sie sind unsere geistigen Augen am Himmel und sie kennen aufgrund von Inspiration, Erkenntnis und reiner Intelligenz den Weg, den diese Stürme möglicherweise ziehen werden. Sie hören nicht auf, die Stimme der Warnung zu erheben und uns die tragischen Konsequenzen des leichtfertigen und willentlichen übertretens der Gebote des Herrn zu nennen. Absichtlich diese Warnungen zu missachten heißt, Elend, Kummer und Ruin einzuladen. Ihnen zu folgen heißt, den erwählten Dienern des Herrn auf geistige Weiden des Friedens und des überflusses zu folgen.

Von dieser Kanzel aus erteilen sie uns hinsichtlich der Wirbelstürme in unserer Gesellschaft und Zivilisation Rat. Sie warnen uns hinsichtlich des Bösen in all seinen Formen und Verkleidungen und fordern uns immer wieder auf, zu den Wegen des Herrn zurück zu kehren. Es gibt vielleicht Zeiten, wo wir nicht zuhören wollen. Es gibt Zeiten, wo wir uns weigern, zu glauben, dass der Hurrikan kommen wird, aber kommen wird er trotzdem, zu seiner Zeit, denn wer den Wind sät, erntet den sturm (siehe Hosea 8:7). Der Herr wusste das, und es gibt vielleicht keinen ergreifenderen Augenblick in den heiligen Schriften als den, wo der Herr auf Jerusalem hinabschaut und voll Sehnsucht und Liebe und Trauer sagt: ”Jerusalem, Jerusalem, … wie oft wollte ich deine Kinder um mich sammeln, so wie eine Henne ihre Küken unter ihre Flügel nimmt; aber ihr habt nicht gewollt.” (Lukas 13:34.)

In seinem Evangelium finden sich Friede und Ruhe, Trost und Sicherheit. Wenn wir ganz einfach denen zuhören, die berufen sind, zu wachen und zu warnen, wenn wir die Worte des Meisters selbst beachten, dann wird unser geistiges Haus sicher stehen, dann kann der Wolkenbruch kommen und die Wassermassen können heranfluten, die Stürme toben und an unserem Haus rütteln; denn wir sind auf diesem Felsen gebaut (siehe Matthäus 7:24,25).

Der Herr hat gesagt: ”Und die Stimme der Warnung wird an alles Volk ergehen, nämlich durch den Mund meiner Jünger, die ich mir in diesen letzten Tagen erwählt habe.” (LuB 1:4.) Auch hat er gesagt: ”Sei es durch meine eigene Stimme oder durch die Stimme meiner Knechte, das ist dasselbe.” (LuB 1:38.)

Ich bezeuge, dass es einen Gott im Himmel gibt, den Gestalter des Himmels und der Erde und all dessen, was darinnen ist. Ich bezeuge, dass er für uns, seine Kinder, einen Plan hat. Ich bezeuge, dass in Erfüllung dieses Planes Jesus Christus auf die Erde kam, um die Sünden der Welt auf sich zu nehmen und es uns zu ermöglichen, von den schrecklichen Konsequenzen der Sünde und des Bösen befreit zu werden. Aber wenn er diese schreckliche Bürde von uns nehmen soll, müssen wir auf seinen Wegen gehen und seiner Stimme Gehör schenken. Und wenn wir dies tun, können wir inmitten des Sturmes Frieden haben und Schutz vor dem wütenden Wind.

Mögen wir immer auf jene hören, deren Aufgabe es ist, zu wachen, zu warnen und zu retten. Mögen wir auf den Wegen des Herrn gehen und auf den Pfaden des Friedens bewahrt bleiben. Im Namen Jesu Christi, amen.