1990–1999
Ein Glied der Kette bleibt intakt
Oktober 1999


Ein Glied der Kette bleibt intakt

Während die Welt immer mehr in Sünde verfällt, steht diese wunderbare Kirche fest wie ein riesiger Granitfels.

Alexander Solschenizyn sagte über kurzsichtige Zugeständnisse: ”Man gibt auf und gibt auf und gibt auf und hofft und hofft und hofft, dass der Wolf vielleicht irgendwann einmal genug hat.”

Meine lieben jungen Freunde, ich kann euch versprechen: Der Wolf hat nie genug.

Oliver Wendell Holmes hat gesagt: ”Wo der Geist ins Herz eindringt, da gibt es keine Ruhe. Denn selbst in der finsteren Nacht bleibt ein Glied der Kette intakt, ein Licht, das nicht erlischt.”

Macht es euch nicht zutiefst dankbar, einer Kirche anzugehören, die von Aposteln und Propheten geleitet wird--zu wissen, dass ein Glied der Kette immer intakt bleiben wird, dass ein Licht nie erlöschen wird? Während die Welt immer mehr in Sünde verfällt, steht diese wunderbare Kirche fest wie ein riesiger Granitfels.

Seid ihr nicht stolz darauf, dass die Kirche uns die Wahrheit lehrt? Wir brauchen uns keine Gedanken zu machen über Ohrringe für Jungen und Männer, Tätowierungen, aufgestellte Haare, Kraftausdrücke und obszöne Gesten. Wir haben Propheten, die uns Richtlinien geben. Sie lehren, dass die zehn Gebote nicht veraltet sind. Das Wort des Herrn schallt wie mit Donnerstimme durch alle Generationen hindurch: ”Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht missbrauchen.” (Exodus 20:7.) Wenn man den Namen Gottes entweiht, kränkt man den Geist. Das ist die Kriegslist des Satans, mit der er unseren Gott verspottet.

Jahwe hat auch verkündet: ”Du sollst nicht stehlen.” (Vers 15.) Wenn man stiehlt, beleidigt man Gott. Dies ist eines von nur zehn Geboten. Betrügen, lügen und falsch aussagen, das alles ist eine Art von Stehlen.

Liebe Jugendliche, seid ihr Gott nicht dankbar, dass die Apostel und Propheten im Hinblick auf Sünde nie unschlüssig sind? Wie stark die Stürme der öffentlichen Meinung auch wehen mögen, die Kirche steht unverrückbar. Gott hat geboten, ”dass die heilige Fortpflanzungskraft nur zwischen einem Mann und einer Frau angewandt werden darf, die rechtmäßig miteinander verheiratet sind”.1

Diejenigen, die für verderbte Grundsätze und abnorme Verhaltensweisen eintreten, leben in Sünde. Ob etwas Gesetz ist oder ein Konsens oder von Erwachsenen gebilligt wird, es ist falsch, wenn es im Gegensatz zum Evangelium steht, auch wenn es von der Mehrheit akzeptiert wird. Sünde bleibt Sünde. Das ist Gottes Wahrheit. Der Apostel Paulus hat verkündet: ”Wisst ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid und der Geist Gottes in euch wohnt? Wer den Tempel Gottes verdirbt, den wird Gott verderben… . Denn Gottes Tempel … seid ihr.” (1 Korinther 3:16.)

Pornographie ist ein übel. Mir gefällt die Geschichte, die bei der Beerdigung von Henry Eyrings Vater erzählt wurde. Als er als junger Mann aus den mexikanischen Kolonien über die Grenze in die Vereinigten Staaten kam, fragte ihn der Mann am Zoll: ”Junge, hast du in deinen Koffern irgendwelche Pornographie?” Er antwortete: ”Nein, Sir, wir besitzen nicht einmal einen Pornograph.” Es ist wunderbar, wenn jemand so rein und naiv ist. Wir wissen, dass Pornographie süchtig macht und zerstörerisch ist. Sie hat Kameraden, die sie begleiten--Trinken, Rauchen und Drogen. Sie benutzt manche Art von Musik, manche Art von Tanz, das Internet und das Fernsehen. Diejenigen, die sie produzieren, sind gottlos und haben kein Gewissen. Sie kennen die Folgen, aber es ist ihnen egal. Wie jemand, der mit Drogen handelt, werden sie nicht da sein, um die Scherben aufzusammeln, wenn ihr daran kaputtgegangen seid. Aber wir werden da sein--eure Eltern, euer Bischof, eure Priestertumsführer.

Achtet darauf, wen ihr zu euren guten Freunden macht. Zwei Männer unterhielten sich und einer sagte: ”Du, Joe, ich bin kürzlich an deinem Haus vorbeigegangen.” Und Joe sagte: ”Danke.” Seid dankbar, wenn ihr nicht zu den falschen Gruppen dazugehört. Ihr werdet immer im Voraus eine deutliche Warnung erhalten.

Rudyard Kipling sagte:

”Das ist also das Gesetz des Dschungels und es ist so alt und so wahr wie der Himmel;

dem Wolf, der es befolgt, wird es wohlergehen, aber der Wolf, der es verwirft, wird sterben

Wie sich die Schlingpflanze um den Baumstamm rankt und sich immer weiter vor und zurück windet, so ist der Wolf die Stärke des Rudels, aber das Rudel ist die Stärke des Wolfs.”2

Eure Freunde sind ein Schutz.

Ein Wort an die Erwachsenen und die Eltern. Elder Bruce R. McConkies Vater hat einmal folgenden Rat erteilt: Wenn wir irgendein Gebot, und mag es auch noch so gering sein, brechen, kann es sein, dass unsere Jugendlichen später in ihrem Leben ein Gebot brechen, das vielleicht zehn- oder hundertmal so schlimm ist, und es damit rechtfertigen, dass wir dieses kleine Gebot gebrochen haben.3

Den bedeutendsten Einfluss auf die Religiosität unserer Jugendlichen haben spontane Gespräche über Religion in der Familie. Wenn wir über das sprechen, was wir am meisten lieben, und zwar nicht, weil es auf dem Plan steht wie etwa beim Familienabend, beim Gebet oder beim Schriftstudium, sondern einfach nur, weil es uns so viel bedeutet, hat das einen nachhaltigen Einfluss auf unsere Kinder.

Grady Bogue, ein Hochschulprofessor, sagte: ”Unterrichten ist, wenn man es richtig macht, eine wertvolle Arbeit. Es ist jedoch auch das eine menschliche Bestreben, das die schädlichsten Folgen haben kann, wenn man sorglos oder inkompetent vorgeht. Einen Schüler aufgrund seiner eigenen Unwissenheit oder Arroganz--weil man es nicht besser weiß oder weil es einem egal ist--der Gefahr auszusetzen, ist eine schlimmere Tat als eine verpfuschte Operation. Unsere Fehler bluten nicht. Aber sie tragen unsichtbare Narben, deren böse und tragische Folgen vielleicht erst nach vielen Jahren zum Vorschein kommen, wenn eine Heilung sehr schmerzlich oder gar unmöglich ist.”4

Ihr Jugendlichen, empfindet Gehorsam nicht als Unterdrückung! Gehorsam ist ein besonderer Vorzug. In Abraham 4:18 steht: ”Und die Götter hatten acht auf die Dinge, denen sie befohlen hatten, bis sie gehorchten.” Und wenn die Elemente nun nicht gehorcht hätten? Dann wären sie verdammt oder, mit anderen Worten, zurückgehalten worden. So ist es auch mit uns. Gehorsam gegenüber Gott ist tatsächlich der einzige Weg, um wirklich frei zu sein und unsere Entscheidungsfreiheit auszuüben. Der Satan lehrt genau das Gegenteil, und mit jeder falschen Entscheidung bindet er uns mit Ketten. Ich kann euch versichern, dass Gehorsam ein besonderer Vorzug ist.

Als ich ein Junge war, musste meine Mutter in der Raffinerie Garfield Smelter arbeiten und wie ein Mann schuften, um mitzuhelfen, für ihre sieben Kinder zu sorgen. Sie arbeitete so oft es ging in der zweiten Nachtschicht, sicher damit sie tagsüber bei uns Kindern sein konnte. Ich weiß nicht, wann die arme Frau geschlafen hat. An einem Samstagmorgen kam sie gegen sieben oder acht Uhr morgens von der Arbeit nach Hause. Sie legte sich für ein paar Stunden schlafen und stand dann auf. Sie hatte alle Verwandten zum Abendessen eingeladen. Es waren wohl 35 bis 40 Personen. Sie schmückte die Tische und stellte die Stühle auf und holte das Geschirr und das Besteck hervor. Sie kochte und backte den ganzen Tag lang. Die schmutzigen Töpfe, Pfannen und Teller stapelten sich.

Alle kamen zum Essen, und nach dem Essen wurde das ganze schmutzige Geschirr in die Küche gebracht. Das Essen wurde abgeräumt und auf den Küchentisch und die Schränke gestellt. Dann wurde die Küchentür geschlossen und die Familie saß beisammen. Das war gegen acht Uhr abends.

Ich weiß noch, wie ich ganz allein in der Küche stand und überlegte: ”Meine Mutter hat die ganze Nacht gearbeitet, und den ganzen Tag lang hat sie das Essen vorbereitet. Wenn alle gehen, muss sie noch das Geschirr spülen und das Essen verstauen. Das dauert zwei, drei Stunden, und das ist nicht fair.” Dann entschied ich: ”Ich werde das Geschirr spülen.”

Also spülte ich das Geschirr, das Besteck und die Gläser. Wir hatten keine elektrische Spülmaschine, sondern eine, die von Hand spülte. Ich war an diesem Abend die Spülmaschine. Ich brauchte ein halbes Dutzend Geschirrtücher. Ich war völlig durchnässt. Ich verstaute das Essen, wischte den Tisch und die Spüle ab und ging dann auf Knie und Hände, um den Boden zu schrubben. Als ich fertig war, fand ich die Küche tadellos. Es hatte drei Stunden gedauert.

Da hörte ich, wie Stühle gerückt wurden und alle gingen. Die Haustür fiel ins Schloss und ich hörte meine Mutter kommen. Ich freute mich und dachte, sie würde sich auch freuen. Die Tür ging auf und ich erkannte, obwohl ich erst elf war, dass sie verdutzt war. Sie sah sich in der Küche um, sah mich an und dann hatte sie einen Blick, den ich damals noch nicht erkannte. Heute kenne ich ihn. Er bedeutet in etwa: ”Danke. Ich bin müde. Das wirst du wohl verstehen, und ich liebe dich.” Und sie kam zu mir und nahm mich in den Arm. Ihre Augen leuchteten, und mir wurde warm ums Herz. Ich erfuhr, dass es ein wunderbares Gefühl ist, die Augen unserer Eltern zum Leuchten zu bringen.

Und ich erinnere mich an einen Sonntag vor dem Erntedankfest, es war wohl um 1943. Ich ging zur Priestertumsversammlung. Da gab es ein großes Anschlagbrett mit den Bildern von allen jungen Männern, die im Militär dienten. Priester, die noch vor wenigen Monaten am Abendmahlstisch amtiert hatten, waren nun im Krieg. Jede Woche wurde die Tafel auf den neuesten Stand gebracht. Diejenigen, die gefallen waren, hatten einen goldenen Stern neben dem Bild, die verwundet waren einen roten Stern und die vermisst wurden einen weißen Stern. Als 12-jähriger Diakon sah ich jede Woche nach, wer gefallen oder verwundet war.

An jenem Morgen sagte einMitglied der Bischofschaft in der Kollegiumsversammlung: ”Am Donnerstag ist Erntedankfest. Wir sollten alle zu Hause mit der ganzen Familie beten.” Dann sagte er: ”Wir wollen an die Tafel schreiben, wofür wir dankbar sind.” Das taten wir. Er sagte: ”Denkt daran in eurem Gebet zum Erntedankfest.” Mir wurde ganz flau im Magen. Ich war nicht einmal sicher, ob mein Vater nach Hause kam, denn Mittwoch war Zahltag, und gewöhnlich kam er nicht nach Hause; und selbst wenn er kam, wurde bei uns nie gebetet, auch nicht vor dem Essen.

An jenem Abend gingen wir um halb sieben zur Abendmahlsversammlung. Am Schluss der Versammlung stand der Bischof auf und war sehr bewegt. Er sprach über die jungen Männer aus unserer Gemeinde, die getötet oder verwundet worden waren. Er sprach über unsere Freiheit und Unabhängigkeit, über unsere Fahne, unser wunderbares Land und über unsere Segnungen. Dann sagte er: ”Ich hoffe, dass jede Familie beim Erntedankfest niederkniet und betet und Gott für seine Segnungen dankt.”

Mir tat das Herz weh. Ich dachte: Wie kann es bei uns ein Familiengebet geben? Ich wollte gehorsam sein. Ich konnte die ganze Nacht kaum schlafen. Ich wollte, dass wir beim Erntedankfest als Familie beteten. Ich wäre sogar bereit gewesen, das Gebet zu sprechen, wenn mich jemand gefragt hätte, aber ich war zu schüchtern, um es selbst anzubieten. Den ganzen Montag, den ganzen Dienstag und den ganzen Mittwoch in der Schule war ich sehr beunruhigt.

Mein Vater kam am Mittwoch nicht nach Hause, erst früh am Donnerstagmorgen. Wir waren fünf Jungen und zwei Schwestern. Wir ließen das Frühstück aus, damit wir wirklich Appetit auf das Festessen bekamen. Um unseren Appetit noch zu vergrößern, gingen wir zu einem nahe gelegenen Feld und gruben ein Loch, zwei auf zwei auf zwei Meter. Wir zogen noch einen Graben darum als Versteck. Ich weiß noch, wie ich bei jeder Schaufel Erde, die ich aushob, dachte: Bitte, himmlischer Vater, lass uns ein Gebet sprechen.

Schließlich um halb drei rief uns meine Mutter zum Essen. Wir wuschen uns und setzten uns an den Tisch. Irgendwie hatte es Mutter fertig gebracht, einen Truthahn und all die anderen Beilagen zu besorgen. Sie stellte das Essen auf den Tisch, auch den Truthahn. Ich dachte, mein Herz müsse zerspringen. Die Zeit lief mir davon. Ich schaute meinen Vater an, dann meine Mutter. Ich dachte: Bitte, jetzt, irgendjemand, können wir nicht ein Gebet sprechen? Ich geriet fast in Panik, da begannen plötzlich alle zu essen. Ich hatte mich den ganzen Morgen und Nachmittag wirklich angestrengt, um einen großen Appetit zu bekommen, aber jetzt war ich nicht mehr hungrig. Ich wollte nichts essen. Mehr als sonst etwas auf der Welt wollte ich beten, und jetzt war es zu spät.

Liebe Jugendliche, seid dankbar für Eltern, die mit euch beten und die heiligen Schriften lesen. Betrachtet den Familienabend als etwas Kostbares. Seid dankbar für alle, die euch unterweisen und schulen.

Meine jungen Freunde, es gibt in dieser grandiosen Welt so vieles, das wunderbar und lohnend ist. Ich mag es sehr, dass Präsident Hinckley immer wieder davon spricht, welche Liebe und welches Vertrauen er zu euch, unserer geliebten Jugend, hat und welche Größe er in euch sieht.

Bereitet euch darauf vor, in den Tempel zu gehen. Es gibt ein paar schöne Zeilen darüber:

”Geh durch diese Tür, als wäre der Boden aus purem Gold

und als wären die Wände voller Juwelen von unschätzbarem Wert,

als sänge hier ein Chor in flammenden Gewändern.

Kein Ruf, keine Eile, nur Stille, denn Gott ist nah.”5

Und Präsident Joseph F. Smith hat gelehrt: ”Nachdem wir für die Sache der Wahrheit alles getan haben, was wir nur konnten, und dem Bösen widerstanden haben, das die Menschen über uns gebracht haben, und sie uns mit ihrem Unrecht überwältigt haben, müssen wir trotzdem standhaft bleiben. Wir können nicht aufgeben; wir dürfen uns nicht niederlegen. Eine große Sache wird nicht in einer einzigen Generation gewonnen.”6

Junge Männer und junge Damen, haltet das Banner hoch, tragt die Fackel für eure Generation. Wir vertrauen fest darauf, dass ihr es tun werdet.

Ich danke Gott für das eine Glied der Kette, das immer intakt bleibt, für das eine Licht, das nie erlischt. Vergesst nicht, welch ein Segen es ist, dass eure Familie miteinander betet. Und versucht immer, die Augen eurer Mutter zum Leuchten zu bringen. Das ist das mindeste, was wir für sie tun können.

Wir lieben euch, liebe Jugendliche, und beten, dass Gott jeden von euch segnen möge. Im Namen Jesu Christi, amen.

  1. ”Die Familie: Eine Proklamation an die Welt”, Der Stern, Januar 1996.

  2. Rudyard Kipling’s Verse (1935), 559.

  3. Gespräch mit Brit McConkie.

  4. ”A Friend of Mine: Notes on the Gift of Teaching”, Vital Speeches, 15. Juli 1988, 615.

  5. Gedicht von Orson F. Whitney, zitiert in Spencer W. Kimball, ”The Things of Eternity--Stand We in Jeopardy?”, Ensign, Januar 1977, 7.

  6. Lehren der Präsidenten der Kirche: Joseph F. Smith (1998), 107.