1990–1999
Of Seeds and Soils
Oktober 1999


Von Samenkörnern und Ackerböden

Wir wollen, dass vor allem ihr jungen Männer ein starkes Zeugnis habt, mit festen Wurzeln, denn nur dann wird es für euch ein unfehlbarer Kompass sein.

Meine lieben Brüder, die Aufgabe, vor dieser großen Schar von Priestertumsträgern zu sprechen, lastet schwer auf mir. Ich wünsche mir dazu den Segen des Herrn und dass Sie für mich beten.

Ich bin dankbar, dass ich als Kind gelernt habe, wie man sät. Wir streuten Samen und brachten durch das Wunder des Lebens in unserem Garten köstliche frische Erbsen, Mais, Karotten, Rüben, Zwiebeln und Kartoffeln hervor. Ich erinnere mich deutlich an ein eindrucksvolles Erlebnis--als mein Großvater uns zeigte, wie man Luzernensamen von Hand aussät. Er hatte den Boden gepflügt und geeggt, um das Saatbett vorzubereiten. Dann nahm er eine Hand voll Saatgut und streute es, mit dem Arm weit ausholend, geschickt in geometrischen Mustern auf das Feld. Obwohl Vögel einen Teil der Saat fraßen, wuchsen die Pflanzen heran und wir hatten viele Jahre lang eine reiche Ernte.

Dieses Erlebnis half mir später, als Missionar, das Gleichnis des Erretters vom Sämann zu verstehen, das eigentlich ein Gleichnis von den verschiedenen Bodenarten ist. Er sagte: ”Als er säte, fiel ein Teil der Körner auf den Weg und die Vögel kamen und fraßen sie.

Ein anderer Teil fiel auf felsigen Boden, wo es nur wenig Erde gab… .

Als aber die Sonne hochstieg, wurde die Saat versengt und verdorrte, weil sie keine Wurzeln hatte.

Wieder ein anderer Teil fiel in die Dornen und die Dornen wuchsen und erstickten die Saat.

Ein anderer Teil schließlich fiel auf guten Boden und brachte Frucht, teils hundertfach, teils sechzigfach, teils dreißigfach.”1

In diesem Gleichnis ist das Samenkorn immer gleich, aber es fällt auf vier verschiedene Arten von Boden. Der Erretter erklärte auch, was das Gleichnis bedeutete. Der Samen, der auf den Wegfiel, steht für diejenigen, die das Wort Gottes hören, es aber nicht verstehen und in die Fänge des Satans geraten. Der zweite Samen, der auf felsigen Boden fiel, beschreibt diejenigen, die das Wort freudigaufnehmen und gedeihen, solange alles gut geht. Wenn aber Prüfungen kommen und sie wegen ihres Glaubens von ihren Mitmenschen unter Druck gesetzt werden, nehmen sie Anstoß und harren nicht aus. Der dritte Samen, der in die Dornen fiel, steht für diejenigen, die das Wort zwar hören, denen jedoch Weltlichkeit und Reichtümer mehr bedeuten und so wenden sie sich von der Wahrheit ab. Der letzte Samen jedoch, der auf guten Boden fiel, steht für diejenigen, die das Wort hören, es verstehen, danach leben und großen ewigen Lohn ernten.2

Im Buch Mormon finden wir mehrere Beispiele für Samenkörner, die auf den Weg fielen, eins davon im Bericht über die Zoramiten. Alma schreibt, den Zoramiten sei ”das Wort Gottes gepredigt worden.

Aber sie waren in große Irrtümer verfallen, denn sie wollten nicht darauf bedacht sein, die Gebote Gottes … zu befolgen.”3

Alma leitete eine Mission, um sie zurückzugewinnen. Als er sie unterwies, verglich er das Wort mit einem Samenkorn und argumentierte folgendermaßen:

”Wenn ihr nun Raum gebt, dass ein Samenkorn in euer Herz gepflanzt werden kann, siehe, wenn es ein wahres Samenkorn, ja, ein gutes Samenkorn ist, wenn ihr es nicht durch euren Unglauben ausstoßt, indem ihr dem Geist des Herrn Widerstand leistet, siehe, so wird es anfangen, in eurer Brust zu schwellen; und wenn ihr dieses Schwellen spürt, so werdet ihr anfangen, euch zu sagen: Es muss notwendigerweise ein gutes Samenkorn sein, nämlich das Wort ist gut, denn es fängt an, meine Seele zu erweitern; ja, es fängt an, mein Verständnis zu erleuchten.”4

Aus der Schilderung geht hervor, dass viele der Armen unter den Zoramiten sich bekehrten und sich dem rechtschaffenen Volk Ammon im Land Jerschon anschlossen, nachdem Alma und seine Mitarbeiter das Samenkorn erneut gepflanzt hatten.

Manche Samenkörner fielen in den frühen Tagen der Kirche auffelsigen Boden, als der Prophet Joseph Smith mehrere Bekehrte dazu berief, als Missionare zu dienen. Einer von ihnen war Simonds Ryder, der am 6. Juni 1831 von Joseph Smith zum ältesten ordiniert worden war. Als er die Offenbarung las, die ihn betraf, und feststellte, dass sein Name falsch geschrieben worden war, nämlich ”Rider” statt ”Ryder”, nahm er Anstoß, wobei er offensichtlich nicht wusste, dass Joseph Smith seine Offenbarungen oft Schreibern diktierte. Seine Enttäuschung über die falsche Schreibweise seines Namens führte nicht nur dazu, dass er abtrünnig wurde, sondern schließlich zu der Niederträchtigkeit, dass er mithalf, den Propheten Joseph Smith zu teeren und zu federn.5 Wie der Samen, der auf felsigen Boden fiel, hatte Simonds Ryder das Wort zunächst freudig aufgenommen, hatte aber schnell an einer belanglosen Sache Anstoß genommen und seinen Platz im Reich Gottes verloren.

Manchmal ersticken Dornen die Saat wie bei dem reichen jungen Mann, der den Erretter fragte, was er tun müsse, um ewiges Leben zu gewinnen. Er erklärte, er habe alle Zehn Gebote von Jugend an befolgt, und fragte: ”Was fehlt mir jetzt noch?” Jesus, der erkannte, wie sehr der junge Mann an seinem Reichtum hing, lehrte ihn das höhere Gesetz des Evangeliums: ”Verkauf deinen Besitz und gib das Geld den Armen; so wirst du einen bleibenden Schatz im Himmel haben; dann komm und folge mir nach.” Matthäus berichtet: ”Als der junge Mann das hörte, ging er traurig weg; denn er hatte ein großes Vermögen.”6 Das Samenkorn war in diesem jungen Mann gepflanzt worden, aber wegen seiner Reichtümer war es in die Dornen gefallen und erstickt worden.

Heute sehen wir, wenn wir in alle Welt reisen, dass viele Samenkörner auf guten Boden gefallen sind. Wir begegnen wunderbaren, unerschütterlichen Mitgliedern der Kirche, die treu und voller Eifer sind. Manche, die als Missionare Samen gesät haben, hatten vielleicht das Gefühl, dass sie auf harten Boden gefallen sind. Nicht immer können wir abschätzen, welche Folgen ein einziger Kontakt haben kann. Jahrelang war William R. Wagstaff, der von 1928 bis 1930 in der Mission North Central States gedient hatte, enttäuscht, dass er nicht mehr Menschen getauft hatte. Im Sommer des Jahres 1929 hatten er und sein Mitarbeiter eine Familie besucht, die etwa 180 Meilen westlich von Winnipeg auf einer Farm lebte.

”Bruder Wagstaff erinnerte sich, dass er der Mutter ein Buch Mormon gegeben und bei zahlreichen Besuchen in diesem und dem folgenden Sommer mit ihr über das Evangelium gesprochen hatte.

Er wusste noch, dass sie bei jedem Besuch die Schürze ablegte, und wir setzten uns hin und sprachen über das Evangelium. Sie las und hatte viele Fragen’.

Doch am Ende seiner Mission hatte sie sich noch immer nicht taufen lassen, und er verlor den Kontakt zu ihr.”

Bruder Wagstaff ging nach Hause, heiratete und gründete eine Familie. Im Oktober 1969 besuchte er mit seiner Frau ein Treffen ehemaliger Missionare. ”Eine Dame trat auf ihn zu und fragte: Sind Sie nicht Elder Wagstaff?’…

Sie stellte sich als die Frau vor, die er auf der Farm außerhalb von Winnipeg belehrt hatte. In der Hand hielt sie ein abgegriffenes Exemplar des Buches Mormon--dasselbe, das er ihr vierzig Jahre zuvor gegeben hatte.

Sie zeigte mir das Buch’, erzählte er, ich klappte es auf und da standen mein Name und meine Adresse.’

Dann erzählte sie Bruder Wagstaff, dass fast sechzig Personen aus ihrer Familie Mitglieder der Kirche waren, darunter auch ein Zweigpräsident.”7

Elder Wagstaff hatte während seiner Mission das Samenkorn gepflanzt, war aber nach Hause gegangen, während es noch in der Erde war. Vierzig Jahre später erfuhr er von der reichen Ernte, die letztlich zustande gekommen war, denn ”was der Mensch sät, wird er ernten”.8

Jeder von uns muss sein Samenkorn des Glaubens nähren, damit es weiter Wurzeln schlägt. Präsident Hinckley hat uns eindringlich aufgefordert, den neuen Mitgliedern zu helfen, ihre Seele vorzubereiten, damit das Samenkorn des Glaubens, das von den Missionaren gepflanzt wurde, wachsen und gedeihen kann.

Aber zur gleichen Zeit scheint sich der Boden auch zu verhärten und viele sind weniger empfänglich für Geistiges. Die Wunder der modernen Technologie mögen zwar in einer Art und Weise, die man sich vor nur einer Generation nicht hätte träumen lassen, mehr Leistungsfähigkeit in unser Leben bringen, aber mit dieser neuen Technologie kam auch eine Flut von neuen Herausforderungen im Hinblick auf unsere moralischen Grundsätze und unsere Werte. Manche verlassen sich lieber auf Technologie als auf Theologie. Hier möchte ich gleich anfügen, dass wissenschaftliche Erkenntnisse, die erstaunlichen Kommunikationsmittel und die Wunder der modernen Medizin vom Herrn gegeben worden sind, damit sich sein Werk auf der ganzen Welt ausbreiten kann. Um nur ein Beispiel zu nennen: In die FamilySearch-Web-Site der Kirche loggen sich durchschnittlich acht Millionen Nutzer am Tag ein. Aber der Satan kennt natürlich den großen Fortschritt in der Technologie und nutzt sie für seine Absichten, nämlich um zu zerstören und um uns zu berauben. Er freut sich über die Pornographie im Internet und das Seichte in vielen Filmen und Fernsehsendungen. Er hat sogar einige seiner satanischen Botschaften in manche moderne Musik hineinmanövriert. Damit das Samenkorn des Glaubens in unserem Leben aufgehen kann, müssen wir vermeiden, dass der Satan uns zu fassen bekommt.

Wir müssen auch unser Saatbeet des Glaubens vorbereiten. Dazu müssen wir den Boden pflügen, indem wir täglich demütig beten und um Kraft und Vergebung bitten. Wir müssen den Boden eggen, indem wir unseren Stolz überwinden. Wir müssen das Saatbeet vorbereiten, indem wir die Gebote halten so gut wir nur können. Wir müssen beim Zahlen des Zehnten und der übrigen Spenden dem Herrn gegenüber ehrlich sein. Wir müssen würdig und fähig sein, die große Macht des Priestertums hervorzurufen, damit es für uns selbst, unsere Familie und andere, für die wir Verantwortung tragen, ein Segen ist. Es gibt keinen besseren Ort, um das geistige Samenkorn unseres Glaubens zu nähren, als den heiligen Tempel und das Zuhause.

Ihr jungen Männer imAaronischen Priestertum sollt euch sehr eifrig darum bemühen, eine Fertigkeit zu erlernen und so viel Bildung wie möglich zu erlangen. Ihr Diakone und Lehrer braucht noch nicht euren Beruf festlegen, aber ihr müsst jetzt die Grundlage schaffen und euch darauf vorbereiten, die Herausforderungen des Lebens zu bewältigen und schließlich für eure zukünftige Frau und eure zukünftige Familie zu sorgen. In gewisser Hinsicht ehrt ein junger Mann sein Priestertum nicht voll und ganz, wenn er sich nicht schon früh seiner gottgegebenen Talente und Möglichkeiten bewusst wird. Ich weiß, dass dies in manchen Teilen der Welt eine sehr schwierige Herausforderung ist, aber euch jungen Männern werden sich mehr Möglichkeiten bieten, wenn ihr eine grundlegende Fertigkeit gewissenhaft erlernt. Auch wäre es für euch junge Männer von Vorteil, wenn ihr eine Fremdsprache lernt. Wenn ihr es versäumt, euch schon in eurer Jugend vorzubereiten, wird es zu spät sein, mit der Vorbereitung zu beginnen, wenn ihr erwachsen seid.

Wenn ich mit manchen unserer jungen Leute zusammenkomme, frage ich mich, warum der Samen auf harten Boden gefallen ist. Es scheint oft so zu sein, dass nicht genügend Anstrengung unternommen worden ist, den Boden darauf vorzubereiten, das Samenkorn des Glaubens zu empfangen, wie es mein Großvater mit dem Luzernenfeld getan hat.

Ich denke, dass viele intelligente und tapfere und besondere Geister für diese schwierige Zeit bewahrt worden sind. Dabei denke ich an einen aufgeweckten kleinen Jungen namens Timmy.

Timmy hatte nur zwei Penny in der Tasche, als er auf den Farmer zuging und auf eine Tomate zeigte, die am Strauch hing und einfach köstlich aussah.

”Zwei Cent gebe ich Ihnen dafür”, bot der Junge an.

”Für so eine bekomme ich fünf Cent”, sagte der Farmer.

”Und diese?” fragte Timmy und zeigte auf ein kleineres, grüneres und weniger verlockendes Exemplar. Der Farmer nickte. ”Okay”, sagte Timmy und besiegelte den Handel, indem er dem Farmer zwei Penny in die Hand legte. ”Ich werde sie in etwa einer Woche abholen.”9

Ihr jungen Männer könnt von Timmy lernen, der zwei Cent in eine Tomate investiert hat, die später fünf Cent wert sein sollte. Wenn ihr bereit seid, jetzt zu investieren, könnt ihr so viel erreichen wie jede andere Generation, die je gelebt hat. Bei zu vielen fällt das Samenkorn des Glaubens jedoch in die Dornen und trägt keine Frucht.10

Sie, meine Brüder, die Sie das heilige Priestertum Gottes tragen, fragen sich vielleicht, warum wir so sehr darauf bedacht sind, dass das Samenkorn des Glaubens in Ihnen genährt wird. Wir wollen, dass vor allem ihr jungen Männer ein starkes Zeugnis habt, mit festen Wurzeln, denn nur dann wird es für euch ein unfehlbarer Kompass sein, der euch befähigt, den heftigen Stürmen der Widerwärtigkeiten des Lebens standzuhalten. Wir glauben, das die Errettung der Welt dem Priestertum dieser Kirche aufgetragen worden ist. Diese Verantwortung ruht ausschließlich auf uns. Wir können uns ihr nicht entziehen. Wie Präsident Gordon B. Hinckley gesagt hat:

”Wenn die Welt errettet werden soll, dann müssen wir es tun. Da gibt es für uns kein Entrinnen. Kein anderes Volk in der Weltgeschichte hat diesen Auftrag erhalten, den wir erhalten haben. Wir tragen Verantwortung für alle, die auf der Erde gelebt haben. Das umfasst die Genealogie und die Tempelarbeit. Wir tragen Verantwortung für alle, die jetzt auf der Erde leben, und das betrifft unsere Missionsarbeit. Und wir werden Verantwortung tragen für alle, die noch auf der Erde leben werden.”11

Nun, Brüder, da wir diese kostbare Vollmacht tragen, denke ich, dass wir für unsere Bemühungen, diese überwältigende Aufgabe zu vollbringen, Rechenschaft ablegen müssen. Wir dürfen uns nicht der Lehre wegen schämen, weil sie nicht populär oder gesellschaftlich anerkannt ist. Wir dürfen uns nicht für das entschuldigen, was durch unsere Propheten in unserer Zeit offenbart worden ist. Es ist das Wort des Herrn an die Welt. Wir müssen immer einen Preis zahlen, wenn wir ein Zeugnis von diesem heiligen Werk haben wollen. Und immer muss unser Glaube geprüft werden.12

Alma sagte, wenn wir spürten, dass das Samenkorn des Glaubens wächst, werde es uns die Seele erweitern, uns das Verständnis erleuchten und uns köstlich sein. Möge Gott Sie segnen, damit Sie erfahren, was in diesen Worten geschildert wird. Darum bete ich im Namen Jesu Christi, amen.

  1. Matthäus 13:3­8.

  2. Siehe Matthäus 13:19­23.

  3. Alma 31:8,9.

  4. Alma 32:28.

  5. Siehe Milton V. Backman jun., The Heavens Resound, a History of the Latter-day Saints in Ohio 1830-1838 (1983), 93f., und Donald Q. Cannon, Lyndon W. Cook, Hg. Far West Record: Minutes of The Church of Jesus Christ of Latter-day Saints, 1830­1844 (1983), 286.

  6. Matthäus 19:21,22.

  7. Julie A. Dockstader, ”Missionary Moments: A Lot of Rejoicing”, Church News, 4. Mai 1991, 16.

  8. Galater 6:7.

  9. In Jacob M. Braude, Hg., Braudes Treasury of Wit and Humor (1964), 175

  10. Siehe Matthäus 13:22.

  11. Seminar für Missionspräsidenten, 25. Juni 1999.

  12. Siehe LuB 105:19.