1990–1999
Bekehrung und Selbstverpflichtung
April 1996


Bekehrung und Selbstverpflichtung

Wenn Sie im Augenblick nicht die Segnungen genießen, die mit wahrer Bekehrung und Selbstverpflichtung einhergehen, dann bitte ich Sie dringend, die nötigen Schritte zu unternehmen, die diesen Wandel im Herzen hervorrufen.

Brüder und Schwestern hier und überall, ich begrüße Sie. Wie schön ist es, hier in der Gegenwart des Propheten Gottes zu sein und von ihm und anderen, die der Herr berufen hat, inspirierten Rat, Zeugnis und Unterweisung zu hören. Ich bezeuge: Was wir gehört haben, ist „der Wille des Herrn … der Sinn des Herrn … die Stimme des Herrn” und, wie die Schrift sagt: „die Kraft Gottes zur Errettung” (siehe LuB 68:4).

Dies erinnert mich an etwas, was Eider Marion G. Romney vom Kollegium der Zwölf Apostel vor vielen Jahren am Ende einer Konferenz gesagt hat: „Auf dieser Konferenz haben wir genug Wahrheit und Unterweisung erhalten, um in die Gegenwart Gottes zu gelangen, wenn wir danach leben.” (Generalkonferenz, April 1954.)

Beachten Sie bitte, daß es nicht genügt, das Wort Gottes in Versammlungen wie dieser Konferenz nur zu hören. Damit Gottes Wort sich wirklich auf unser Leben auswirkt - damit wir die verheißenen Segnungen erhalten - müssen wir es befolgen. Der Herr hat ja gesagt: „Denn ihr sollt von jedem Wort leben, das aus dem Mund Gottes

hervorkommt.” (LuB 84:44; Hervorhebung hinzugefügt.)

Auf dieser Konferenz haben wir Gottes Wort gehört, und nun müssen wir danach leben. Am Schluß der vorigen Generalkonferenz hat Präsident Gordon B. Hinckley gesagt: „Ich werde ein besserer Mensch sein, wenn ich in meinem Leben umsetzte, woran wir in dieser Konferenz erinnert wurden, und ich möchte sagen, daß auch Sie ein besserer Mann bzw. eine bessere Frau sein werden, wenn Sie etwas von dem, was Sie hier in dieser Konferenz gehört haben, in Ihr Leben einbringen.” (Der Stern, Januar 1996, Seite 81.)

Wenn wir diesen Rat befolgen, bekehren wir uns immer mehr zu Christus und seinem Evangelium und verpflichten uns so noch stärker, die Gebote zu befolgen und in der Kirche unsere Pflicht zu erfüllen. Das ist meiner Meinung nach die Lösung für eins der größten Probleme, die ich in meiner jetzigen und in früheren Führungsaufgaben in der Kirche beobachtet habe.

Wenn ich Pfahlpräsidenten nach ihrer größten Schwierigkeit oder Sorge frage, sagen sie häufig: „Die Mitglieder dazu bewegen, daß sie sich verpflichten und bekehren, damit sie ihre Bündnisse einhalten und ihre Berufungen erfüllen.” Darüber habe ich viel gebetet und viel nachgedacht. Die Heiligen der Letzten Tage haben bestimmt genug Gelegenheit, das Wort Gottes zu hören, aber leider sind sie oft langsam darin, nach dem Wort zu handeln.

Was gibt uns eigentlich ein Zeugnis und den Wunsch, dem Herrn „mit ganzem Herzen, aller Macht, ganzem Sinn und aller Kraft” (LuB 4:2) zu dienen und „eifrig im Halten der Gebote des Herrn” (l Nephi 4:34) zu sein?

Ich habe über diese Frage nachgedacht und gebetet und bin zu dem Schluß gekommen, daß das Problem darin liegt, daß wir nicht hinreichend bekehrt sind und uns nicht hinreichend verpflichtet haben; und zwar bekehrt zu Christus, zu seinem Evangelium und seiner Kirche und infolgedessen den Bündnissen und der Berufung verpflichtet, die wir empfangen haben, nämlich unseren Mitmenschen zu dienen und sie zu stärken. In diesem Zusammenhang ist interessant, was Christus zu Petrus gesagt hat: „Wenn du dich … bekehrt hast, dann stärke deine Brüder” (Lukas 22:32). Die Selbstverpflichtung ist also wohl eine Folge oder eine Frucht der Bekehrung.

Wir müssen uns bekehren, wenn wir die Fülle der verheißenen Segnungen empfangen und in unserer Berufung völlig wirksam sein wollen. Wenn wir im Herzen wirklich ganz bekehrt wären, würde dann jemand von uns weniger als sein Bestes tun, um ein Bündnis oder ein Gebot zu halten, einen Auftrag zu erfüllen oder Christus zu folgen?

Wer wirklich zu Christus bekehrt ist und die Bezeichnung Jünger oder Heiliger verdient, könnte weder in seiner Aufgabe in der Kirche noch im Halten der Bündnisse und Gebote nachlässig oder selbstzufrieden sein. Vielmehr würde er bestimmt der Aufforderung des Herrn folgen, zu „lernen, was ihm obliegt, … und mit allem Eifer” (LuB 107:99) zu handeln.

Was heißt es, bekehrt zu sein? Präsident Harold B. Lee hat gesagt: „Bekehrung muß mehr sein, als daß man dem Namen nach Mitglied ist und eine Zehntenquittung und einen Tempelschein besitzt.” Wer bekehrt ist, „bemüht sich unablässig, seine inneren Schwächen zu überwinden und nicht nur sein äußeres Erscheinungsbild zu verbessern.” (Church News, 25. Mai 1974.)

Wer bekehrt ist und sich verpflichtet hat, erfüllt seine Aufgaben in der Kirche nicht nur „pro forma”. Einem bekehrten Heimlehrer genügt es nicht, eine ihm zugeteilte Familie bloß zu besuchen, damit er seinem Kollegiumsführer berichten kann, daß er seine Heimlehrarbeit „erledigt” hat. Eine bekehrte PV-Lehrerin ist nicht damit zufrieden, eine Lektion einfach „durchzunehmen”, sondern sie möchte durch den Geist lehren und dadurch bei den Kindern, die ihr anvertraut und noch so leicht zu beeinflussen sind, einen bleibenden Eindruck hinterlassen.

Ein wirklich bekehrter Heiliger der Letzten Tage geht nicht in den Tempel, um eine Quote zu erfüllen, die von ihm erwartet wird, sondern weil er den ehrlichen Wunsch hat, heilige und errettende heilige Handlungen für verstorbene Vorfahren - oder sogar für völlig Fremde - zu vollziehen, die das selbst nicht mehr können. Wir dienen nicht anderen und erfüllen nicht Aufträge, um einen guten Bericht oder eine gute Statistik zu erstellen, sondern im Geist der Liebe und der Verpflichtung gegenüber Christus und dem Vater im Himmel.

Hierzu paßt der Rat, den Präsident Gordon B. Hinckley in einer Führerschaftsschulungsversammlung erteilt hat: „Wir müssen viel mehr erreichen als eine Verbesserung der Statistik. Wir müssen uns Gedanken um den Grad der Geistigkeit unserer Mitglieder machen und darum, wie wir diesen Grad erhöhen können. Wir neigen alle dazu, nach besserer statistischer Leistung zu verlangen. Es besteht die Neigung, Ziele vorzugeben, und dahinter steht im allgemeinen der Druck, diese Ziele, die der Verbesserung der Statistik dienen, zu erreichen. Im Werk des Herrn gibt es eine Motivation, die besser geeignet ist als Druck. Das ist die Motivation, die der wahren Bekehrung entspringt. Wenn im Herzen eines Heiligen der Letzten Tage ein lebendiges Zeugnis von der Wahrheit dieses Werkes pulsiert, dann tut er (damit sind natürlich Männer und Frauen gemeint) seine Pflicht in der Kirche. Man findet ihn in der Abendmahlsversammlung und in der Priestertumsversammlung. Er zahlt ehrlich seinen Zehnten und andere Spenden. Er besucht regelmäßig die Familien, die er als Heimlehrer zu betreuen hat, und geht in den Tempel, sooft er kann. Er spürt in sich den starken Wunsch, andere am Evangelium teilhaben zu lassen, und er stärkt seine Brüder und Schwestern. [Mit anderen Worten,

er hat sich dem Evangelium verpflichtet.] Auf die Bekehrung kommt es an. (Seminar für Regionalrepräsentanten, 6. April 1984; Hervorhebungen hinzugefügt.)

Brüder und Schwestern, wenn Sie im Augenblick nicht die Segnungen genießen, die mit wahrer Bekehrung und Selbstverpflichtung einhergehen, dann bitte ich Sie dringend, die nötigen Schritte zu unternehmen, die diesen Wandel im Herzen hervorrufen. Vielleicht ähnelt mein Appell dem des Propheten Alma, der zu den Menschen seiner Zeit sagte: „Und nun siehe, ich frage euch, meine Brüder [und Schwestern] in der Kirche: Seid ihr geistig aus Gott geboren? Habt ihr sein Abbild in euren Gesichtsausdruck aufgenommen? Habt ihr diese mächtige Wandlung im Herzen erlebt?” (Alma 5:14.)

Um diese „mächtige Wandlung im Herzen” geht es bei der Bekehrung. Präsident Joseph Fielding Smith hat gesagt: „Man wird bekehrt, indem das Herz vom Geist des Herrn durchdrungen wird, wenn man dem Zeugnis der Diener des Herrn demütig Beachtung schenkt.” (Church History and Modern Revelation, 1953,2 Bände, Seite 1:40.)

Ich möchte noch einmal hervorheben, was ich zu Beginn gesagt habe: Es genügt nicht, das Wort Gottes zu hören, wie es auf dieser Konferenz oder anderswo verkündigt wird. Damit es wirksam wird - damit man die verheißenen Segnungen empfängt - müssen wir es befolgen, oder, wie Präsident Smith gesagt hat, wir müssen „dem Zeugnis der Diener des Herrn demütig Beachtung schenken”.

Darf ich jedem von Ihnen vorschlagen, den Zustand seiner Bekehrung und seiner Selbstverpflichtung zu überprüfen? Ich bitte Sie, eine persönliche Unterredung mit sich selbst durchzuführen, in der Sie sich fragen, wie wirksam Sie in Ihrer gegenwärtigen Berufung sind. Überlegen Sie, wie vollständig Sie die Gebote befolgen und gemäß den Ratschlägen handeln, die Sie von den Propheten und den anderen von Gott berufenen Führern der Kirche - ja, auch Ihrem Pfahlpräsidenten und Ihrem Bischof - empfangen. Müssen Sie an Ihre Pflichten erinnert werden, oder beginnen Sie Ihre Arbeit selbst und führen sie auch zu Ende?

Lassen Sie uns zu Almas Frage zurückkehren: „Seid ihr geistig aus Gott geboren?” Es ist beachtenswert, daß Alma am Ende seiner Ermahnung den Menschen seiner Zeit Zeugnis davon gibt, wie seine Bekehrung vor sich gegangen war: „Siehe, ich bezeuge euch, ich weiß, daß das, wovon ich gesprochen habe, wahr ist. Und wie, meint ihr, weiß ich denn, daß es richtig ist?

Siehe, ich sage euch: Es wird mir durch den Heiligen Geist Gottes zu wissen gegeben. Siehe, ich habe viele Tage gefastet und gebetet, um dies selbst wissen zu können. Und nun weiß ich selbst, daß es wahr ist; denn der Herr Gott hat es mir durch seinen Heiligen Geist kundgetan; und dies ist der Geist der Offenbarung, der in mir ist.” (Alma 5:45,46; Hervorhebung hinzugefügt.)

Dieser selbe Geist der Offenbarung - der Geist der Bekehrung, wenn Sie so wollen steht jedem von uns zur Verfügung, wenn wir eifrig danach trachten und fasten, beten, gehorsam sind und in der Schrift forschen. (Siehe Alma 17:2,3.)

Mögen wir diese Konferenz mit dem erneuten Wunsch verlassen, uns vollständiger zum Evangelium Jesu Christi zu bekehren und uns ihm stärker zu verpflichten. Mögen wir die Ermahnung des Apostels Jakobus beherzigen: „Hört das Wort nicht nur an, sondern handelt danach.” (Jakobus 1:22.)

Ich glaube von ganzem Herzen an Jesus Christus. Mögen wir seine Lehren, wie wir sie in der Schrift finden, verstehen und befolgen! Dies ist seine Kirche. Der Herr hat in dieser letzten Evangeliumszeit durch den Propheten Joseph Smith die Fülle des Evangeliums wiedergebracht. Präsident Gordon B. Hinckley ist unser wahrer und lebender Prophet. Das bezeuge ich Ihnen im Namen Jesu Christi. Amen.