2019
Dreierlei zum Thema Liebe, Freude und Frieden
April 2019


Dreierlei zum Thema Liebe, Freude und Frieden

Nach der Ansprache „Happiness, Deceit, and Small Things“, die am 5. Dezember 2017 bei einer Andacht an der Brigham-Young-Universität gehalten wurde

Diese drei Ratschläge zu beachten kann Sie sehr voranbringen und Ihnen die Früchte des Geistes spürbarer machen.

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bowl of fruit

Als Student machte ich mir viele Gedanken um die Zukunft. Als ich in der Zukunft angelangt war – also nach meinem Studium –, gewann ich drei wichtige Erkenntnisse, die sich sehr positiv auf mein Leben auswirkt haben. Ich möchte diese Erkenntnisse an Sie weitergeben in der Hoffnung, dass Sie sie sich schneller zu eigen machen können als ich seinerzeit. Sie können Ihnen helfen, mehr Freude im Leben und letztendlich Erhöhung beim Vater im Himmel zu erlangen.

1. Trachten Sie nach Glück, Frieden und dem Heiligen Geist

Ich lernte meine Frau, Melinda, in meinem zweiten Studienjahr kennen, etwa sechs Monate nachdem ich von Mission zurückgekehrt war. Ich wusste sofort, dass ich Melinda heiraten wollte. Melinda erging es jedoch anders. Erst fünf Jahre später erhielt sie endlich die Antwort, es sei „in Ordnung“, mich zu heiraten.

Während dieser fünf Jahre machte ich eine der schwierigsten Prüfungen meines Lebens durch. Ich wusste, wen ich heiraten sollte, und der Geist drängte mich dazu, aber ich hatte scheinbar keine Aussicht darauf, mein Ziel zu erreichen.

Kurz nach Abschluss meines Studiums beschloss Melinda, auf Mission zu gehen – ich bin mir sicher, dass sie das zum Teil auch deshalb tat, um mir zu entkommen. Während sie auf Mission war, war ich manchmal unglücklich – nämlich wenn ich mich auf das konzentrierte, was ich nicht hatte. Ich studierte jedoch jeden Tag in den heiligen Schriften und betete täglich, diente in der Kirche und bemühte mich, alles zu tun, wodurch ich den Heiligen Geist verspüren konnte.

Als ich an einem bitterkalten Sonntagmorgen in Minneapolis gerade zu einer Versammlung der Kirche fuhr, dachte ich bei mir: „Eigentlich sollte ich gerade todunglücklich sein. Nichts scheint so zu laufen, wie ich es mir vorstelle. Aber ich bin nicht unglücklich. Ich bin sogar unglaublich glücklich!“

Wie konnte ich nur glücklich sein, obwohl ich gerade etwas durchmachte, was ich als schwere Prüfung empfand?

Die Antwort steht in Galater 5:22,23: „Die Frucht des Geistes aber ist Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut und Enthaltsamkeit.“

Weil ich all das tat, wodurch ich den Heiligen Geist bei mir haben konnte, verspürte ich Gottes Liebe. Ich war glücklich und verspürte Frieden. Ich konnte geduldig leiden und trotzdem glücklich sein.

Liebe, Freude und Frieden im Leben, in der Familie und in der Ehe hängen nicht davon ab, dass wir ein großes Haus, ein schickes Auto, die neueste Mode, berufliche Erfolge oder alles andere haben, wovon die Welt glaubt, dass es uns glücklich macht. Tatsächlich kommen Liebe, Freude und Frieden durch den Heiligen Geist, und ob man sie verspürt, hängt nicht unbedingt von unseren Lebensumständen ab.

Damit möchte ich natürlich nicht sagen, dass wir jederzeit glücklich sein werden oder unsere Lebensumstände sich nie auf unser Glück auswirken. Wenn wir nie das Bittere hätten, könnten wir das Süße nicht kennen (siehe Lehre und Bündnisse 29:39; siehe auch Mose 6:55).

Es ist nötig, dass wir mitunter gegen Widrigkeiten ankämpfen. Darüber hinaus können manche physischen und seelischen Zustände großes Leid hervorrufen, das es einem äußerst schwierig macht, den Geist zu verspüren. Doch im Allgemeinen können wir glücklich sein, wenn wir auf Gott vertrauen und danach streben, den Geist bei uns zu haben.

Ich kann aus eigener Erfahrung bezeugen, dass das stimmt. Seit damals, als Melinda auf Mission war, ist mir aufgefallen, dass ich normalerweise glücklich bin, wenn ich all das tue, was den Geist einlädt. Dazu gehört unter anderem, bewusst daran zu glauben, dass sich alles gemäß dem Willen Gottes fügt, und dies auch zu akzeptieren (siehe Jakob 3:2).1

2. Fallen Sie nicht auf Täuschungen herein

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bowl of fake fruit

Für alles, was Gott tut, hat der Satan trügerische Alternativen parat, mit denen er uns verwirren und täuschen möchte. Der Satan möchte uns zwar etwas anderes weismachen, doch der Erretter hat gelehrt, dass ein „verderbter Baum nicht gute Früchte [hervorbringen kann]“ (3 Nephi 14:18). Weil der Satan ein verderbter Baum ist, kann er in uns nicht „Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut und Enthaltsamkeit“ (Galater 5:22,23) auslösen. Ganz im Gegenteil: Der Satan möchte uns elend machen (siehe 2 Nephi 2:27).

Was tut der Satan also? Er versucht, uns zu täuschen.

Eine Freundin von mir, eine der Erwählten, ließ sich täuschen. Diese Freundin ging auf Mission und war eine ausgezeichnete Missionarin. Als sie von ihrer Mission nach Hause kam, nahm sie sich vor, all die Kleinigkeiten zu tun, wodurch man den Geist bei sich haben kann und die sie auf Mission gestärkt hatten. Eine Zeit lang tat sie das auch.

Dann fiel ihr jedoch auf, wie einige ihrer Freunde – viele davon zurückgekehrte Missionare – jeden Sonntag in die Kirche gingen, jedoch außerhalb der Kirche ein weltliches Leben führten. Allem Anschein nach waren sie glücklich. Sie unternahmen alles Mögliche, was „Spaß“ macht. Und ihre Lebensweise erforderte anscheinend nicht so viel Arbeit wie ihre eigene.

Nach und nach hörte sie auf, all das Kleine zu tun, woraus sie auf ihrer Mission geistige Kraft geschöpft hatte. Sie hatte zwar noch ein Zeugnis, doch wie sie mir erzählte, dachte sie sich damals: „Solange ich noch zur Kirche gehe, ist ja alles in Ordnung, bin ich auf dem rechten Weg.“ In Wirklichkeit war sie jedoch, wie sie es ausdrückte, „in geistiger Hinsicht inaktiv“.2 Als sie anfing, auf die Weise der Welt zu leben, zog eine schlechte Entscheidung die nächste nach sich, und bald war sie schwanger.

Nun musste sie mit den Folgen ihrer schlechten Entscheidungen leben. Sie war nicht glücklich und war sich dessen auch bewusst. Zum Glück erkannte meine Bekannte, dass sie sich hatte täuschen lassen, und kehrte um.

An ihrem Beispiel zeigt sich, dass selbst die Besten unter uns getäuscht werden können. Außerdem zeigt sich daran, dass wir ständig vor Täuschungen auf der Hut sein müssen. Das schaffen wir, indem wir all die Kleinigkeiten tun, die den Heiligen Geist einladen.

Voll Freude kann ich berichten, dass meine Bekannte heute glücklich ist, sich bemüht, die Gebote zu halten, und mit Leib und Seele im Evangelium aktiv ist.

Die Täuschungen des Satans können ganz unterschiedliche Formen annehmen. Ich möchte nur einige wenige erwähnen.

Der Satan möchte uns dazu bewegen, zeitliche Angelegenheiten wichtiger als geistige zu nehmen. Wir können feststellen, ob unsere Prioritäten durcheinander geraten sind, wenn wir darauf achten, wie oft wir sagen: „Ich habe einfach keine Zeit für ________________.“ Man kann alles Mögliche in die Lücke einsetzen: einen Tempelbesuch, die Betreuung, das Schriftstudium und Nachsinnen, meine Berufung oder sogar mein Gebet.

Wir haben unter anderem deswegen das Gefühl, so viel zu tun zu haben, weil der Satan alles daran setzt, uns abzulenken. Dazu benutzt er das Smartphone in unserer Hand, das Radio in unserem Auto, den Fernseher in unserem Haus und alles andere, was uns fast unablässig ablenkt. Infolgedessen haben wir den Eindruck, wir hätten weniger Zeit, als es tatsächlich der Fall ist.

Eine weitere Folge dieser Ablenkungen besteht darin, dass wir immer weniger nachsinnen. Der Satan will uns ablenken, weil er weiß, dass das Nachsinnen – besonders über die heiligen Schriften – zu tieferer Bekehrung und vermehrter Offenbarung führt.

Eine weitere Täuschung des Satans besteht darin, dass er uns einredet, unser nach außen sichtbares Verhalten sei wichtiger als unsere inneren Beweggründe. Wenn wir das Geistige ohne die rechte Motivation verrichten, entgeht uns die Freude, die das Evangelium mit sich bringt. Das hat zur Folge, dass uns das Halten der Gebote wie eintönige Plackerei vorkommt. Der Satan weiß ganz genau: Wenn er uns zu dieser Einstellung verleiten kann, dann hören wir wahrscheinlich auf, das zu tun, wovon wir wissen, dass wir es tun sollten.

Der Satan möchte uns auch glauben machen, Freude und Glück seien das Resultat eines bequemen Lebens oder davon, dass man ständig Spaß hat. Das sind sie aber nicht. In Wirklichkeit findet man keine Freude und kein Glück, ohne dass man etwas überwinden muss (siehe 2 Nephi 2:11,23).

Die letzte Täuschung des Satans, die ich erwähnen möchte, ist diese: Er möchte uns weismachen, dass Schlechtigkeit, mit all ihren kurzlebigen Vergnügungen, wirklich glücklich mache. Der Satan weiß, dass bestimmte Gefühle oder Empfindungen wenigstens zeitweise 1.) uns wie die Früchte des Geistes erscheinen, 2.) unser Verlangen nach diesen Früchten überdecken oder 3.) uns wie annehmbare Alternativen vorkommen.

Beispielsweise kann der Satan uns versuchen, dass es uns um Lust anstatt um Liebe geht. Er kann uns mit Aufregung statt nachhaltiger Freude locken. Er versucht, uns abzulenken, anstatt uns Frieden zu verschaffen. Er möchte, dass wir selbstgerecht, leidenschaftlich und politisch korrekt sind, anstatt selbstlos und beständig gehorsam zu sein und uns geistig richtig auszurichten. Seine Versuchungen können uns verwirren, sodass wir womöglich anfangen zu glauben, dass wir durch das Übertreten der Gebote glücklich werden können.

3. Tun Sie das „Kleine“

Meistens sind es die Kleinigkeiten, die den Geist einladen, uns vor Täuschungen schützen und uns letztendlich helfen, die notwendige Kraft zu empfangen, damit wir die Gebote halten und ewiges Leben erlangen können. Der Erretter hat den Ältesten der Kirche in Kirtland diesen Grundsatz offenbart: „Darum werdet nicht müde, Gutes zu tun, denn ihr legt die Grundlage für ein großes Werk. Aus etwas Kleinem geht das Große hervor.“ (Lehre und Bündnisse 64:33.)

Warum ist das Kleine so wichtig? Im nächsten Vers erklärt der Erretter, dass „der Herr … das Herz und einen willigen Sinn“ fordert (Lehre und Bündnisse 64:34). Warum hat der Herr das Herz und einen willigen Sinn damit in Verbindung gebracht, dass man die Kleinigkeiten tut? Aus diesem Grund: Wenn wir die Kleinigkeiten beständig tun, geben wir Gott unser Herz und unseren Sinn hin, und dadurch werden wir gereinigt und geheiligt (siehe Helaman 3:35).

Diese Reinigung und Heiligung verändert allmählich unser innerstes Wesen, sodass wir immer mehr wie der Erretter werden. Damit werden wir auch für die Eingebungen des Heiligen Geistes empfänglicher und wir lassen uns weniger leicht täuschen.

In der zwölften Klasse gab mir mein Vater zuhause Seminarunterricht. Weil in dem Jahr das Buch Mormon an der Reihe war, beschloss mein Vater, dass wir es Vers für Vers gemeinsam lesen und das Gelernte besprechen würden. Beim Lesen stellte mein Vater mir Fragen, die mich zum Nachdenken über den Lesestoff anregten, und wenn ich etwas nicht verstand, erklärte er es mir. Ich weiß noch, wie wir über den Erretter sprachen und wie ich spürte, dass er die Nephiten wirklich besucht hatte und dass ich dank seines Sühnopfers wirklich Vergebung für meine Sünden empfangen konnte.

Die Grundlage für meine Kenntnis der heiligen Schriften wurde in diesen gemeinsamen Stunden des Schriftstudiums mit meinem Vater gelegt. Ich konnte beim Lesen etwas verspüren. Vielleicht noch wichtiger ist, dass sich meine Wünsche, mein innerer Antrieb und mein Verhalten änderten. Ich wollte mich bessern. Nach und nach erkannte ich, wo ich mich hatte täuschen lassen. Ich übte öfter Umkehr. Als mein erstes Studienjahr an der Universität zu Ende ging, hatte ich es mir zur Gewohnheit gemacht, jeden Tag in den heiligen Schriften zu lesen.

Um diese Zeit forderte Präsident Ezra Taft Benson (1899–1994) die Mitglieder der Kirche auf, jeden Tag im Buch Mormon zu lesen und das, was sie dabei lernten, in die Tat umzusetzen.3 Also las ich – zusätzlich zu dem, was ich beim Schriftstudium gerade las – auch immer ein bisschen im Buch Mormon.

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fruit and scriptures

Auf meiner Mission lernte ich, wie man wirklich in den heiligen Schriften studiert und sich an ihnen weidet. Ich verspürte beim Lesen bald nicht nur den Heiligen Geist, sondern auch Freude, wenn ich in den heiligen Schriften nach Antworten suchte – Antworten auf meine eigenen Probleme und auf die Probleme der Menschen, die ich unterwies.

Nach meiner Mission weidete ich mich weiterhin täglich an den heiligen Schriften. Weil ich mit dieser Gewohnheit den Heiligen Geist einlud, konnte er mir eingeben, wie ich meine Zeit besser nutzen konnte. Das hatte zur Folge, dass ich in meinem Studium und später bei meiner Arbeit erfolgreicher war. Es fiel mir leichter, gute Entscheidungen zu treffen. Ich betete öfter und erfüllte meine Berufungen gewissenhafter. Meine Probleme lösten sich zwar nicht alle in Luft auf, weil ich mich an den heiligen Schriften weidete, doch mein Leben wurde leichter.

Im August 2005 forderte Präsident Hinckley (1910–2008) uns auf, das Buch Mormon bis zum Ende des Jahres zu lesen oder erneut zu lesen.4 Weil ich ohnehin jeden Tag im Buch Mormon las, war ich bereits beim Buch Ether oder Moroni angelangt. Als ich also ein, zwei Wochen darauf fertig war, kam ich zu dem Schluss, dass ich damit Präsident Hinckleys Aufforderung nachgekommen war.

Doch dann kam unser treuer Heimlehrer zu Besuch. Er fragte mich, wie es mir mit Präsident Hinckleys Aufforderung erging.

Ich erwiderte, dass ich glücklicherweise schon vor Präsident Hinckleys Aufforderung im Buch Mormon gelesen hatte. Dann verkündete ich mit einem Anflug von Selbstgerechtigkeit, dass ich diese Aufgabe bereits erfüllt hatte.

Zum Glück sah mein Heimlehrer das anders. Als er mir freundlich widersprach, flüsterte der Geist mir ein, dass mein Heimlehrer recht hatte.

Nun musste ich jeden Tag zwei Kapitel lesen, damit ich das Buch Mormon bis zum Jahresende noch einmal durchgelesen hatte. Als ich nun täglich länger im Buch Mormon las, bemerkte ich, dass ich auf noch machtvollere Weise dafür gesegnet wurde. Ich empfand mehr Freude. Ich bekam auf vieles eine klarere Sicht. Ich übte noch häufiger Umkehr. Ich wollte anderen geistlich dienen und sie retten. Ich war für die Täuschungen und Versuchungen des Satans weniger anfällig. Ich verspürte größere Liebe zum Erretter.

Im November desselben Jahres wurde ich als Bischof unserer Gemeinde berufen. Präsident Hinckleys Aufforderung hatte mich auf diese Berufung vorbereitet. Seitdem ist mir aufgefallen: Je mehr ich auf der Arbeit oder in der Kirche zu tun habe, desto nötiger habe ich es, in den heiligen Schriften – und vor allem im Buch Mormon – zu studieren.

Sie können dieselben Segnungen und dieselbe Macht in Ihrem Leben erfahren, wenn Sie sich ebenfalls täglich an den heiligen Schriften weiden. Ich verheiße Ihnen: Wenn Sie sich täglich an den heiligen Schriften – besonders am Buch Mormon – weiden, werden Sie den Heiligen Geist bei sich haben, und Sie werden ganz von sich aus jeden Tag beten, öfter Umkehr üben und es leichter finden, in die Kirche zu gehen und jede Woche vom Abendmahl zu nehmen.

Ich bezeuge, dass Sie Liebe, Freude, Frieden und Glück finden können – ungeachtet Ihrer Lebensumstände –, wenn Sie das Kleine tun und auf den Herrn vertrauen. Ich bezeuge auch, dass dies dank des Sühnopfers Jesu Christi möglich ist. Alles Gute kommt von Christus (siehe Moroni 7:22,24).

Anmerkungen

  1. Wenn wir im Glauben an Christus standhaft sind, können wir uns an Gottes Liebe weiden – ungeachtet unserer Lebensumstände.

  2. Mitschrift und Gesprächsnotizen im Besitz des Verfassers

  3. Siehe Ezra Taft Benson, „Eine heilige Pflicht“, Der Stern, 1986, Nummer 6, Seite 77f.; siehe auch „Das Buch Mormon – der Schlussstein unserer Religion“, Der Stern, Januar 1987, Seite 3ff.

  4. Siehe Gordon B. Hinckley, „Ein lebendiges und wahres Zeugnis“, Liahona, August 2005, Seite 2–6