2006
Wie der Tempel in Hongkong Wirklichkeit wurde
Dezember 2006


Wie der Tempel in Hongkong Wirklichkeit wurde

Die Art und Weise, wie Präsident Hinckley den Bauplatz für den Hongkong-Tempel in China ausgewählt hat, veranschaulicht, wie Offenbarung zum Wohle der Kinder Gottes auf Erden wirkt.

Im Frühjahr 1991 gab die Erste Präsidentschaft der Präsidentschaft des Gebietes Asien – Elder Merlin R. Lybbert, Elder W. Eugene Hansen und Elder Monte J. Brough – den Auftrag, in Hongkong diskret nach einem Bauplatz für einen Tempel zu suchen. Die Gebietspräsidentschaft fand mehrere kleine und ihrer Meinung nach unzureichende Grundstücke, die auch noch extrem teuer waren. Präsident Gordon B. Hinckley besichtigte die Grundstücke im April desselben Jahres und legte der Gebietspräsidentschaft ans Herz, weiterzusuchen.

Nicht lang vor Jahresende wurden zwei weitere Grundstücke gefunden. Eines davon war Bestandteil eines staatlichen Bauprojekts in der Nähe einer Ozeanbucht, die in der Region als Dschunken-Bucht (eine Dschunke ist ein chinesisches Segelschiff) bekannt war. Das andere in Frage kommende Grundstück lag in Fanling. Doch weder der Platz in Fanling noch der in der Dschunken-Bucht war für die Mitglieder, die den Tempel nutzen sollten, gut und bequem zu erreichen, also ging die Suche weiter.

Doch leider wurde die Zeit knapp. Wenn in Hongkong ein Tempel entstehen sollte, war es ratsam, dass dies bis zum 1. Juli 1997 geschah.

An dieser Stelle ist wohl ein kleiner Ausflug in die Weltgeschichte angebracht, um nachvollziehen zu können, warum der Tempel in Hongkong unbedingt bis Juli 1997 fertig gestellt werden musste. Hongkong war 1898 mit der Unterzeichnung eines Pachtvertrags über 99 Jahre eine britische Kolonie geworden. Der Vertrag lief am 30. Juni 1997 aus. Im Dezember 1984 unterzeichneten Vertreter Großbritanniens und Chinas eine Erklärung, in der bekräftigt wurde, dass die britische Regierung Hongkong am 1. Juli 1997 der Volksrepublik China übergeben werde.

Im Juni 1992 wurde die Gebietspräsidentschaft umgebildet – ihr gehörten nun Elder Monte J. Brough, Elder John K. Carmack und Elder Kwok Yuen Tai an.

Im Juli rief Präsident Hinckley die Gebietspräsidentschaft zweimal an, um mit ihr über die Grundstücke in Fanling und in der Dschunken-Bucht zu sprechen. Dabei sagte er, dass er und Ted Simmons, der geschäftsführende Direktor der Abteilung Grundstücke und Gebäude, am 25. Juli nach Hongkong kommen würden, um den Bauplatz für den Tempel auszuwählen.

Nachdem Präsident Hinckley und Bruder Simmons angekommen waren, zeigten Elder Brough und Elder Carmack ihnen ein halbes Dutzend möglicher Bauplätze, angefangen bei der Kom Tong Hall, in der das Gebietsbüro beheimatet war (Elder Tai war aufgrund einer Reise gerade nicht in Hongkong). Nachdem Präsident Hinckley, Bruder Simmons, Elder Brough und Elder Carmack sich alle Grundstücke angesehen hatten, kamen sie mit vier Pfahlpräsidenten aus der Region Hongkong zusammen. Präsident Hinckley sagte, was er hinsichtlich der verschiedenen Grundstücke empfand, und wollte wissen, wie die Pfahlpräsidenten dachten. Es war deutlich, dass sie jede Entscheidung unterstützen würden, die er traf.

Die Gruppe war nach dem anstrengenden Tag, an dem sie sich gebeterfüllt jedes Grundstück angesehen hatte, erschöpft. Präsident Hinckley zog sich in sein Hotelzimmer zurück und bat Elder Brough und Elder Carmack, am nächsten Tag wiederzukommen, um die Sache weiter zu erörtern. Es war offenkundig, dass die Gebietspräsidentschaft nach wie vor eine Lösung finden musste, die für Präsident Hinckley annehmbar war.

Gegen 6.45 Uhr rief Präsident Hinckley Elder Brough an und bat ihn, mit Elder Carmack um 8.00 Uhr in sein Hotelzimmer zu kommen. Bruder Simmons stieß zur vereinbarten Zeit zu ihnen. Präsident Hinckley legte dann eine detaillierte Zeichnung vor, die er auf einem leeren Blatt Papier angefertigt hatte. In der Nacht hatte er ein achtstöckiges Gebäude vor Augen gehabt, in dessen oberen Stockwerken der Tempel untergebracht war und weitere Einrichtungen in den unteren Etagen. Dazu zählten auch Ersatzeinrichtungen für das Gemeindehaus in Kowloon Tong und das Missionsheim und -büro der Mission Hongkong, da diese auf zwei angrenzenden Grundstücken stehenden Gebäude abgerissen werden müssten, um Platz für das neue Gebäude zu schaffen. Dieses Multifunktionsmodell, so erklärte Präsident Hinckley, würde vom bisher Üblichen abweichen, da alle anderen Tempel der Kirche zu diesem Zeitpunkt eigenständige Gebäude waren.

Präsident Hinckley bat Elder Brough und Elder Carmack, ihre Meinung zu äußern. Beide antworteten, dass ein mehrstöckiges, multifunktionales Gebäude bisher noch nie in Betracht gezogen worden war, doch dass sie deutlich spürten, dass Präsident Hinckley Inspiration – ja sogar Offenbarung – darüber empfangen hatte, was der Herr beabsichtigte.

Die anwesenden Brüder sprachen noch kurz die anderen Möglichkeiten durch, ehe Präsident Hinckley zu einem gemeinsamen Gebet bat. Er fragte, ob er das Gebet selbst sprechen dürfe. Dann besprach er die Angelegenheit mit dem Herrn. Er sprach davon, dass ein Tempel in China gebraucht werde, um den Menschen in diesem Teil der Welt ein Segen zu sein. Das Gebet war machtvoll und eindringlich und spiegelte die Liebe wider, die Präsident Hinckley für alle Menschen in Asien empfand.

Anschließend machten sich die Anwesenden erneut auf den Weg zu dem Grundstück in Kowloon Tong und sahen sich in der Umgebung um. Sie überquerten die Straße, um die Nachbarschaft in Augenschein zu nehmen und das Grundstück aus allen Gesichtspunkten zu betrachten. Vor allem wurde festgestellt, ob es von der U-Bahn aus gut zu erreichen war. Danach brachten Elder Brough und Elder Carmack Präsident Hinckley und Bruder Simmons zum Internationalen Flughafen Kai Tak zurück.

Nach seiner Rückkehr nach Salt Lake City legte Präsident Hinckley seinen Entwurf dem Temple Department vor und beauftragte die Architekten, sein Konzept so schnell wie möglich in einen Bauplan zu verwandeln. Die Architekten erkannten die Gelegenheit, die Funktionen des Gebäudes auszuweiten, und erstellten einen Plan für ein noch größeres Gebäude – es war fast zweimal so groß wie Präsident Hinckleys Originalentwurf. Um es zu bauen, war eine Ausnahme von den Höhen- und sonstigen Baubeschränkungen in diesem Gebiet notwendig.

Als die Pläne fertig waren, wurde die Genehmigung für den Bau dieser umfangreichen Einrichtung beantragt, doch nach sich über viele Monate hinziehenden Verhandlungen mit den Behörden in Hongkong wurde die Baugenehmigung verweigert.

Bei der Frühjahrs-Generalkonferenz 1993 bat Präsident Hinckley Bruder Simmons sowie Elder Brough, Elder Carmack und Elder Tai in sein Büro. Er erkundigte sich, warum das Genehmigungsverfahren sich so lange hinziehe und was getan werden könne, um eine Baugenehmigung zu erhalten. Die Gebietspräsidentschaft erinnerte an Präsident Hinckleys Besuch in Hongkong und gab Zeugnis von den Gefühlen, die sie damals verspürt hatte. Dann sprach sie sich einstimmig dafür aus, dass die Kirche zu dem Entwurf zurückkehre, den Präsident Hinckley in Hongkong ursprünglich vorgestellt hatte.

Neue Pläne wurden erstellt, die Präsident Hinckleys Originalentwurf entsprachen, und schon bald lagen die notwendigen Genehmigungen vor – innerhalb weniger Tage erteilten verschiedene britische und chinesische Behördenvertreter sowie die Verantwortlichen in Hongkong Genehmigungen für den Bau des Tempels.

Am 26. und 27. Mai 1996 weihte Präsident Gordon B. Hinckley den Hongkong-Tempel in China. Im Weihungsgebet sagte er:

„Mit der Weihung dieses heiligen Tempels erreicht deine Kirche in diesem Gebiet nun ihre volle Reife. Wir beten, dass diese Seelenernte weiter vorangehen möge, dass dein Volk in der Zukunft wie in der Gegenwart dich frei und in Sicherheit verehren kann, und dass niemand die Arbeit der Missionare behindern möge, die in dieses Gebiet berufen werden. Wir beten, dass dein Werk in China – diesem großen Land – wachsen und gedeihen möge, und dass die Regierenden diejenigen, die als Botschafter der offenbarten Wahrheit ausgesandt werden, stets freundlich aufnehmen mögen.“

Elder Monte J. Brough wurde 1988 als Mitglied der Siebziger bestätigt; Elder John K. Carmack gehörte den Siebzigern von 1984 bis 2001 an.