1990–1999
Warum soll jedes Mitglied ein Missionar sein?
Oktober 1997


Warum soll jedes Mitglied ein Missionar sein?

Wie ernst nehmen Sie den Auftrag des Herrn, anderen vom Evangelium zu erzählen? Es ist eine Auf gäbe für das ganze Leben. Je nach Lebensabschnitt muß man anders daran herangehen.

Nur wenig im Leben vermittelt uns solche Freude, wie wir sie finden, wenn wir anderen zu einem besseren Leben verhelfen. Diese Freude nimmt zu, wenn unsere Bemühungen dazu beitragen, daß jemand die Lehren des Erretters versteht und den Entschluß faßt, sie zu befolgen, sich bekehrt und sich seiner Kirche anschließt. Daraus resultiert großes Glück, wenn das neue Mitglied in seinem Übergang zu einem neuen Leben gestärkt wird, fest in der Wahrheit verankert wird und alle heiligen Handlungen des Tempels empfängt, die ihm die Segnungen des ewigen Lebens verheißen. Präsident David O. McKay hat uns vermittelt, wie wir solche Freude erlangen können, indem er uns die Verpflichtung, anderen vom Evangelium zu erzählen, klar gemacht hat: „Jedes Mitglied ein Missionar/’1 Ich weiß, daß viel mehr Menschen diesem Auftrag nachkämen, wenn ihnen klar wäre, daß sie dieser Pflicht auf vielerlei Weise nachkommen können. Ich will auf einige davon eingehen. Zuerst jedoch: Warum ist jeder von uns aufgefordert, Missionar zu sein?

Der Erretter hat betont, wie wichtig es ist, anderen vom Evangelium zu erzählen, als er seinen Jüngern auftrug: „Geht hinaus in die ganze Welt, und verkündet das Evangelium allen Geschöpfen! Wer glaubt und sich taufen läßt, wird gerettet; wer aber nicht glaubt, wird verdammt werden.”2 Er trug seinen Knechten auf: „Trachtet nicht nach den Dingen dieser Welt, sondern trachtet danach, … das Reich Gottes zu errichten.”3

Lehi lehrte seinen Sohn Jakob: „Darum kommt die Erlösung im heiligen Messias und durch ihn. … Er bringt sich selbst als Opfer für Sünde dar … für alle, die ein reuiges Herz und einen zerknirschten Geist haben; und für niemanden sonst kann dem Zweck des Gesetzes Genüge geleistet werden. Wie wichtig ist es daher, daß den Bewohnern der Erde all dies verkündet wird, damit sie erkennen, daß kein Fleisch in der Gegenwart Gottes wohnen kann außer durch das Verdienst und die Barmherzigkeit und die Gnade des heiligen Messias.”4

Joseph Smith kannte den Auftrag Gottes, der Welt die Wahrheit mitzuteilen. Während der schwierigsten Zeit seines Lebens, sandte er seine treuen Gefährten aus, das Evangelium zu verkünden, während er sie selbst so nötig brauchte. Inmitten der Prüfung und der widrigen Umstände im Gefängnis von Liberty sagte er: „Denn es gibt … viele auf Erden, die von der durchtriebenen Heimtücke der Menschen verblendet sind und denen die Wahrheit nur deshalb vorenthalten ist, weil sie nicht wissen, wo sie zu finden ist. … Darum … laßt uns frohgemut alles tun, was in unserer Macht liegt, und dann mögen wir mit größter Zuversicht ruhig stehen, um die Errettung zu sehen, die von Gott kommt, und daß sein Arm offenbar wird.”5

Wie ernst nehmen Sie den Auftrag des Herrn, anderen vom Evangelium zu erzählen? Es ist eine Aufgabe für das ganze Leben. Je nach Lebensabschnitt muß man anders daran herangehen. Nicht jeder kann ein Vollzeitmissionar sein. Wenn Sie es können, gehen Sie. Wenn nicht, suchen Sie andere Möglichkeiten zu dienen, die Ihren gegenwärtigen Umständen gerecht werden.

Überlegen Sie, während Sie sich Gedanken machen, wie Sie dienen können, was mit einer Familie oder einem einzelnen Menschen geschehen muß, damit er sich dauerhaft bekehrt und alle Segnungen des Evangeliums erhält. Zuerst muß die Familie oder der einzelne ausgesucht und darauf vorbereitet werden, das Evangelium zu empfangen. Darauf folgt die Bekehrung zur Lehre. Das heißt: der Betreffende muß die neuen Lehren verstehen und durch Beten die Bestätigung erlangen, daß sie wahr sind. In dem Maß, wie die Lehren umgesetzt und die Gebote befolgt werden, entsteht ein Zeugnis, das zu Bekehrung und Taufe führt. Diese Bemühungen übernehmen am besten die Vollzeitmissionare, die mit den Pfahlmissionaren und der Unterstützung durch liebevolle Mitglieder ans Werk gehen. Sie tragen systematisch die Evangeliumsgrundsätze vor und sind sorgfältig dafür ausgebildet, diese Lehren zu vermitteln und davon Zeugnis zu geben.

Parallel zur Bekehrung zur Lehre muß auch ein sozialer Übergang stattfinden. Freunde, Gewohnheiten und Traditionen, die mit dem Leben eines Heiligen der Letzten Tage nicht im Einklang stehen, werden aufgegeben; an ihre Stelle treten neue Freunde und Aktivitiäten, die einem neuen Leben förderlich sind. Von den beiden wichtigen Veränderungen, die bei einem neuen Mitglied stattfinden müssen - Bekehrung zur Lehre und sozialer Übergang - ist die zweite schwieriger zu bewerkstelligen. Sie kommt am besten mit Hilfe der Liebe und Unterstützung der Mitglieder zustande. Ihr würdiges Beispiel und Ihre liebevolle Unterstützung kann sie bei jedem Schritt begleiten, der erforderlich ist, damit sie lernen, wie ein Heiliger der Letzten Tage zu leben.

Dieser soziale Übergang erfordert sorgfältiges Nähren und Hilfe, um eine neue Lebensweise zu lehren, neue Freunde zu vermitteln und dem neuen Mitglied zu helfen, daß es gehorsam ist und in der Kirche zu dienen beginnt. In einer Ansprache auf der letzten Konferenz betonte

Präsident Hinckley als Stellvertreter des Herrn, wie wichtig die Aufgabe der Mitglieder und der Führungsbeamten ist, jedem neuen Mitglied zu helfen, daß es sich wohlfühlt und bei den Anforderungen eines neuen Lebens Hilfe bekommt: „Da wir immer mehr neue Mitglieder haben, müssen wir uns auch immer mehr anstrengen, ihnen zu helfen, daß sie ihren Weg finden.”6

Wenn Sie darüber nachdenken und beten, wie Sie als Mitglied missionarisch wirken können, ziehen Sie drei Kategorien des Dienens in Betracht, die Ihnen offenstehen und die Ihren gegenwärtigen Umständen am besten gerecht werden. Ich will auf jede Kategorie kurz eingehen.

Ohne formelle Berufung dienen

Wenn Sie im täglichen Leben gebeterfüllt darum bemüht sind, sich missionarisch zu betätigen, und solche Gelegenheiten schaffen, bieten sich Ihnen viele Möglichkeiten, zu dienen. Dazu gehört, daß Sie neue Mitglieder finden, bekehren und aktiv erhalten. Die Pfahl- und die Vollzeitmissionare können Sie darin unterweisen.

Sie können den Vollzeit- und den Pfahlmissionaren helfen, neue Untersucher zur Kirche zu bringen, dafür zu sorgen, daß sie sich wohlfühlen, und sie wissen lassen, daß sie einen Freund haben. Festigen Sie diese Freundschaft, indem Sie sie zu sich nach Hause oder zu Aktivitäten der Kirche einladen. Sie können ihnen helfen,

die Gebote zu befolgen. Solch wertvoller Missionsdienst ist nicht schwer, weil Sie ihn in Ihren normalen Tagesablauf integrieren können.

Es gibt noch weitere Methoden, die Sie vielleicht nicht als Missionsdienst betrachten. So kann beispielsweise eine junge Mutter ihren heranwachsenden Sohn lehren, sich auf Mission vorzubereiten, das Evangelium zu lehren und Zeugnis von der Wahrheit zu geben. Wenn Mutter und Vater diesen Gedanken hochhalten, während er heranwächst, wird er auf Mission gehen. Das ist ein ausgezeichneter Missionsdienst.

Sie wollen vielleicht Ihre Vorfahren ausfindig machen und dafür sorgen, daß die heiligen Handlungen für sie im Tempel verrichtet werden. Oder wenn Sie in der Nähe eines Tempels wohnen, können Sie die Segnungen selbst empfangen, indem Sie diese Arbeit stellvertretend verrichten. Präsident Kimball hat gesagt:

„Die Missionsarbeit beschränkt sich nicht darauf, das Evangelium … den Menschen zu verkünden, die jetzt auf der Erde leben. Sie geht auch jenseits des Schleiers weiter, und zwar bei denen, die gestorben sind, ohne vom Evangelium zu hören oder ohne es in diesem Leben anzunehmen. Unsere große Aufgabe … besteht darin, hier auf der Erde die heiligen Handlungen zu vollziehen, die diejenigen, die dort das Evangelium annehmen, noch brauchen. … Ich hoffe, daß wir die künstliche Trennungslinie zwischen der Missionsarbeit und der Tempelarbeit und der genealogischen Arbeit aufheben, da es sich ja bei dem allen um ein und dasselbe große Erlösungswerk handelt!”7

Sie in den Vereinigten Staaten und Kanada können die Fernseh- und Radiospots der Kirche nutzen, um bei einem Familienangehörigen, Nachbarn, Freund oder Bekannten mögliches Interesse am Evangelium zu wecken. Fragen Sie einfach, ob sie die Spots der Kirche gesehen haben. Die Aussagen zur Familie sind wertvolle Hilfsmittel, die Familie zu stärken. Unsere Fernsehspots, bei denen wir kostenlose lehrreichen Videokassetten, das Buch Mormon und die Bibel anbieten, haben schon viele dazu veranlaßt, nach einer Lösung für die Probleme des Lebens zu suchen. Laden Sie Menschen, die solche Spots gehört haben, zu einem Familienabend oder zu Kirchenaktivität oder -Versammlung ein. Stellen Sie sie dann den Missionaren vor. Erleben Sie schon heute die Begeisterung und die Freude, die sich einstellen, wenn Sie nach Gelegenheiten, sich missionarisch zu betätigen, Ausschau halten.

Eine Teilzeitmission erfüllen

Eine Berufung auf Teilzeitmission umfaßt vier bis dreißig Stunden pro Woche, während man zu Hause wohnen bleibt. Dazu gehört der übliche Dienst als Pfahlmissionar oder Gemeinde-Missionsleiter. Darüber hinaus gibt es eine Vielfalt an Möglichkeiten, in jedem Bereich der Kirche zu dienen, wie zum Beispiel im Tempel, in der Genealogie, in der Wohlfahrt, im Bildungswesen und in der Öffentlichkeitsarbeit. Wenn Sie ein bestimmtes Talent haben, sprechen Sie mit Ihrem Bischof. Ziemlich sicher werden Ihre Fähigkeiten gebraucht.

Eine Vollzeitmission erfüllen

Präsident Hinckley ruft zu Missionen von vierzig Stunden oder mehr pro Woche auf - zu Hause oder anderswo. Wenn Sie ein körperlich gesunder und seelisch stabiler junger Mann sind, dann bete ich, daß Sie die Gelegenheit und die Pflicht, die Sie dem Herrn gegenüber haben, erkennen und sich auf eine Vollzeitmission vorbereiten. Dazu gehört, daß Sie die heiligen Schriften kennen und sich rein und würdig halten, die Begabung zu empfangen. Wenn Sie dann das entsprechende Alter erreicht haben, nehmen Sie die Berufung durch den Präsidenten der Kirche an, zwei Jahre als Bote des Herrn zu dienen. Ich ermutige Sie mit aller Kraft, beten Sie über eine Vollzeitmission, damit Sie erkennen, welche Erfüllung sie Ihnen im Leben bringen wird, wenn Sie anderen helfen, die Wahrheit zu finden und die errettenden heiligen Handlungen zu empfangen. Alles, was ich heute in meinem Leben wertschätze, ist meiner heiligen Erfahrung als Vollzeitmissionar entsprungen.

Die Kirche braucht heute dringend Missionarsehepaare, nicht um den ersten Kontakt mit Nichtmitgliedern zu suchen oder die Lektionen durchzunehmen - außer Sie möchten das -, sondern um sinnvollen Missionsdienst in allen Tätigkeitsbereichen der Kirche auf der ganzen Welt zu leisten. Beim Dienst der Ehepaare gibt es weitaus größere Flexibilität als für alleinstehende Missionare und Missionarinnen. In Rücksprache mit Ihrem Bischof können Sie darauf hinweisen, was Sie auf Mission gern tun möchten. Wir müssen eine wachsende Anzahl von Priestertums- und HO-Führern und -Führerinnen auf der ganzen Welt schulen, die dem Herrn so gern dienen möchten, denen aber einfach die entsprechenden Kenntnisse fehlen. Sie können ihnen als Missionarsehepaar mit Führungsaufgaben beistehen. Sie können im Bereich Tempel, Genealogie, Bildungswesen, im medizinischen Bereich, bei Wohlfahrtsprojekten, in der Öffentlichkeitsarbeit und in Informationszentren helfen. Es gibt Bedarf in fast jeder Disziplin. Zweifellos gibt es irgendwo auf der Welt Bedarf an Ihren einzigartigen Fähigkeiten und Talenten. Auf besondere gesundheitliche Überlegungen kann Rücksicht genommen werden. Die Gefühle, die Sie dem Bischof gegenüber zum Ausdruck bringen, werden im Berufungsvorschlag weitergeleitet. Der Präsident der Kirche macht es möglich, daß diese Berufungen vom Herrn inspiriert werden, und berücksichtigt Ihre besonderen Bedürfnisse und Wünsche als Ehepaar. Der Pfahlpräsident und der Bischof sind über den gegenwärtigen Bedarf an Vollzeitmissionaren informiert. Wenn Ihnen in Gemeinde und Pfahl niemand etwas über die Missionsgelegenheiten sagen kann, schreiben Sie an das Missionary Department der Kirche in Salt Lake City, und wir schicken Ihnen eine Liste des gegenwärtigen Bedarfs zu. Ich ermutige jedes Ehepaar, dem Zeit zur Verfügung steht, eine Vollzeitmission gebeterfüllt in Betracht zu ziehen. Für den Mut, die Berufung anzunehmen, werden Sie reichlich gesegnet werden. Ihre Kinder und Enkelkinder werden dadurch sicher positiv beeinflußt, so wie viele Ehepaare es erlebt haben, die - in manchen Fällen auf ihrer dritten, vierten oder fünften Mission - ehrenhaft gedient haben.

Lassen Sie sich nicht bitten. Ich fordere jeden von Ihnen auf: Beteiligen Sie sich auf die eine oder andere Weise an den herrlichen, vielfältigen Gelegenheiten, sich missionarisch zu betätigen und diejenigen, die das Evangelium als neue Mitglieder annehmen, zu stärken und zu stützen.

Sie, die Pfahlpräsidenten und Bischöfe, können sich gebeterfüllt um Weisung bemühen, um Mitglieder zu benennen und dazu zu berufen, sich für eine Vollzeit- oder Teilzeitmission bereitzumachen. Während ein Teil an Sie herantreten wird, können Sie die größere Anzahl benennen und dazu ermutigen, daß sie infolge Ihrer gebeterfüllten Anstrengung die Papiere für eine Berufung einreichen. Der Dienst in der Kirche gründet sich seit jeher auf eine inspirierte Berufung und nicht auf freiwillige Meldungen.

Warum soll jedes Mitglied ein Missionar sein? Weil der Herr uns dazu auffordert. Ziehen Sie es gebeterfüllt in Betracht. Menschen werden Sie für immer den Engel des Verständnisses und des Mitgefühls nennen, der sie zur Wahrheit

geführt, sie im Glauben gestärkt und ihnen geholfen hat, dem Herrn dienen zu lernen. Tun Sie es. Sprechen Sie mit Ihrem Bischof. Lassen Sie sich von ihm die Möglichkeiten grenzenloser Freude in einem Aspekt des Ausspruchs „Jedes Mitglied ein Missionar” zeigen. Sie werden Erneuerung in Ihrem Leben finden, Begeisterung und ein inniges Gefühl der Erfüllung, weil Sie den Mut gehabt haben, eine Missionsberufung anzunehmen. Ich weiß, daß der Herr Ihnen dabei helfen wird. Im Namen Jesu Christi, amen.

  1. Conference Report, April 1959,121 f.

  2. Markus 16:15,16; Hervorhebung hinzugefügt.

  3. JST, Matthäus 6:38; Hervorhebung hinzugefügt. Siehe auch LuB 84:106; 108:7.

  4. 2 Nephi 2:6-8; Hervorhebung hinzugefügt. Siehe auch Alma 29:2.

  5. LuB 123:12,17.

  6. ”Converts and Young Men”, Ensign, Mai 1997, 47.

  7. ”The Things of Eternity-Stand We in Jeopardy?” Ensign, Januar 1977, 3.