1990–1999
Hören Sie doch den Ruf
April 1992


Hören Sie doch den Ruf

„ Wer eine Weile nur wenig am offiziellen Kirchenleben teilgenommen hat, kann die Herzlichkeit und spontane Wärme der Mitglieder erfahren, wenn er sich zu den Aktivitäten der Kirche einladen läßt.”

Brüder und Schwestern, ich möchte Ihnen die Einladung ins Gedächtnis rufen, die die Erste Präsidentschaft im Dezember 1985 ausgesprochen hat. Ich zitiere: „Wir freuen uns zur Weihnachtszeit an den Segnungen, die die Mitgliedschaft und Aktivität in dieser Kirche, deren Oberhaupt der Sohn Gottes ist, mit sich bringt. Aufrichtigen Herzens übermitteln wir unseren Brüdern und Schwestern in aller Welt unsere Liebe und Dankbarkeit.

Wir wissen, daß es manche gibt, die inaktiv sind, sowie andere, die kritisch geworden sind und dazu neigen, Fehler zu suchen, sowie manche, über die Gemeinschaftsentzug verhängt worden ist oder die exkommuniziert worden sind, weil sie schwerwiegende Übertretungen begangen haben.

Ihnen allen wenden wir uns voll Liebe zu. Wir wollen bereitwillig vergeben, ganz im Sinne dessen, der gesagt hat:, Ich, der Herr, vergebe, wem ich vergeben will, aber von euch wird verlangt, daß ihr allen Menschen vergebt.’ (LuB 64:10.)Wir fordern alle Mitglieder der Kirche auf, denen zu vergeben, die sie verletzt haben. Denen, die nicht mehr aktiv sind, und denen, die kritisch geworden sind, sagen wir:, Kommen Sie zurück. Kommen Sie zurück, und feiern Sie mit uns das Festmahl des Herrn, und kosten Sie wieder die süße, beglückende Frucht der Gemeinschaft mit den Heiligen.’” („An Invitation to Come Back”, Church News, 22. Dezember 1985, Seite 3; Hervorh. v. Verf.)

Die meisten von uns in der Kirche verstehen unter Aktivitäten zwar vor allem Spaß und Spiele, aber die Aktivitäten in der Kirche spielen doch eine wesentliche Rolle, die weit über diese oberflächliche Betrachtungsweise hinausgeht.

Für diejenigen, die einer kirchlichen Disziplinarmaßnahme unterworfen waren, sind die Gefühle der Einsamkeit und Isolierung sehr real, und zwar unabhängig davon, ob die Disziplinarmaßnahme formell oder informell war. Wenn jemand exkommuniziert worden ist, ist die Isolierung und Einsamkeit mehr als ein Gefühl. Sein Name wird nämlich aus den Kirchenbüchern gestrichen, und ihm wird die Gabe des Heiligen Geistes entzogen, die ihm bei der Konfirmierung nach der Taufe übertragen worden war.

Die meisten von uns haben sich schon einmal isoliert und einsam gefühlt. Haben Sie sich schon einmal mitten in der Stadt, auf dem Flughafen, auf dem Bahnhof usw., von Hunderten oder sogar Tausenden von Menschen umgeben, doch allein gefühlt? Haben Sie schon einmal, wenn Sie mit Ihrer Familie Schwierigkeiten hatten, ob als Kind, als Jugendlicher oder auch als Erwachsener, das Gefühl gehabt, Sie seien ganz allein, obwohl Sie mit Ihrer Familie unter einem Dach lebten? Haben Sie sich schon einmal einsam und allein gefühlt, wenn Sie mit anderen zusammen in einer Versammlung in der Kirche oder im Unterricht in der Schule saßen?

Daß um uns herum Menschen sind, unter welchen Umständen auch immer, bedeutet nicht immer, daß man auch das Gefühl hat, man werde akzeptiert und verstanden, man gehöre dazu und sei in die Gemeinschaft integriert. Allzu oft ist genau das Gegenteil der Fall. Wir haben das Gefühl, daß man uns akzeptiert und daß wir dazugehören, wenn uns jemand in seinen Kreis der Freundschaft und Aktivität einlädt. Über den Spaß und die Spiele hinaus sind unsere Aktivitäten eine Möglichkeit, andere auf nicht bedrohliche Weise zu akzeptieren, sie einzubeziehen, zu verstehen und in die Gemeinschaft aufzunehmen. Wenn wir die Aktivitäten unter diesem Aspekt betrachten, werden sie zu einem weiteren Mittel, Nächstenliebe, Güte, Vergebungsbereitschaft, Dienstbereitschaft zu erweisen und Menschen einzubeziehen, statt sie auszuschließen. Amulek hat gesagt: „Wenn ihr darum nicht daran denkt, mildtätig zu sein, so seid ihr wie der Abschaum, den die Schmelzer hinauswerfen (denn er ist nichts wert).”(Alma 34:29.)

Wer eine Weile nur wenig am offiziellen Kirchenleben teilgenommen hat, kann die Herzlichkeit und spontane Wärme der Mitglieder erfahren, wenn er sich zu den Aktivitäten der Kirche einladen läßt. Die Isolierung hört allmählich auf, wenn man in Familienabend, Essen, gesellige Veranstaltungen, Firesides, Roadshows, Theateraufführungen, Interessengruppen, Haushaltsführungsaktivitäten, Familienausflüge, Gemeinde-Zeltlager, Treffen usw. einbezogen wird.

Durch die Aktivitäten kann der einzelne spüren, daß er dazugehört, daß man ihn braucht. Bei den Aktivitäten der Kirche kann man mit den Mitgliedern des Kollegiums, der FHV, der Gemeinde auf neutralem Boden zusammenkommen. Ich sage es noch einmal: Die Isolierung hört allmählich auf, wenn man in die Gemeinschaft aufgenommen und in die Aktivitäten einbezogen wird. Die Beteiligung an den Aktivitäten geht häufig der Beteiligung am sonntäglichen Gottesdienst voraus, auch wenn man sich eine Zeitlang am Gottesdienst und am Unterricht nur als Zuschauer beteiligen kann.

Ich möchte dazu einige wichtige Fragen stellen: Spielen die Aktivitäten in Ihrer Familie, Ihrem Kollegium, Ihrer FHV, Ihrer Einheit der Kirche eine wesentliche Rolle? Werden regelmäßig Aktivitäten geplant und durchgeführt, die diejenigen einbeziehen, die sich darum bemühen, wieder ganz in die Gemeinschaft zurückzukehren, und die weniger aktiv sind? Kann bei den Aktivitäten jeder das Gefühl haben, daß man ihn akzeptiert, daß die anderen wirklich seine Brüder und Schwestern sind? Sind Sie denen, die darum ringen, ihren Glauben und ihr Zeugnis zurückzuerlangen, dabei behilflich, sich auf den Tag zu freuen, wo sie die Rechte und Segnungen, die mit der vollen Gemeinschaft in der Kirche verbunden sind, zurückerhalten?

Durch alle möglichen Aktivitäten mit der Familie, mit dem Priestertum, der FHV, der Gemeinde und dem Pfahl können wir erreichen, daß -

  1. alle von uns an sinnvollen Aktivitäten teilnehmen können, die von der Sinnlichkeit und Rohheit vieler Aktivitäten, die die Welt bietet, frei sein müssen.

  2. es wichtiger ist, den einzelnen einzubeziehen, als einzelne Menschen oder Gruppen auszuschließen, unabhängig von Alter, sozialem Status, Berufungen in der Kirche usw.

  3. sowohl die Aktiven als auch die weniger Aktiven und diejenigen, die sich um den Weg zurück in die Gemeinschaft bemühen, teilnehmen können.

  4. Vergebungsbereitschaft und Vergessen bekundet werden und daß der einzelne spürt, daß man ihn mit offenen Armen und ehrlichem Herzen aufnimmt. Wenn wir nicht vergeben und vergessen, gilt uns diese Warnung des Herrn: „Meine Jünger in den alten Tagen haben Anlaß gegeneinander gesucht und einander im Herzen nicht vergeben; und wegen dieses Übels sind sie bedrängt und schwer gezüchtigt worden.

Darum sage ich euch: Ihr sollt einander vergeben; denn wer die Verfehlungen seines Bruders nicht vergibt, der steht schuldig vor dem Herrn; denn auf ihm verbleibt die größere Sünde.” (LuB 64:8,9.)

Wenn jemand aufgrund der Liebe, Güte und Vergebungsbereitschaft von Menschen, denen er wichtig ist, ganz in die Gemeinschaft der Kirche zurückkehrt, dann ist die Freude darüber unbeschreiblich. Wie groß diese Freude ist, kommt im Buch Mormon zum Ausdruck, wo Alma voll Freude wieder auf Ammon trifft:

„Die Freude Ammons aber war so groß, daß er davon erfüllt war; ja, er war in der Freude an seinem Gott verschlungen, so sehr, daß sich seine Kraft erschöpfte; und er fiel abermals zur Erde.

War dies nicht eine überaus große Freude? Siehe, dies ist eine Freude, die niemand empfängt als nur der, der wahrhaft bußfertig und demütig nach dem Glücklichsein trachtet.” (Alma 27:17,18.)

Aktivitäten können sehr viel mehr sein als Spaß und Spiele und wirklich mehr als momentanes Vergnügen. Zielgerichtet geplante Aktivitäten, bei denen es darum geht, den Beteiligten auf dem Weg zur Vollkommenheit voranzuhelfen, bringen immerwährende Freude mit sich und nehmen in der Kirche einen wichtigen Platz ein.

Wir dürfen nicht vergessen, daß die kirchlichen Aktivitäten nichts Neues sind. In der Amtszeit jedes der dreizehn Propheten der Neuzeit, die über die Kirche präsidiert haben, haben die Aktivitäten im Leben der Heiligen der Letzten Tage eine wichtige Rolle gespielt. Die kirchlichen Aktivitäten dienen auch heute noch dazu, die Menschen einzubeziehen, damit sie sich nicht ausgeschlossen fühlen, damit sie mitmachen und nicht bloß zuschauen, damit sie inmitten aller Schwierigkeiten Freude haben. Sie fördern die Gemeinschaft und Einigkeit und wirken der Isolierung und Uneinigkeit entgegen. Sie stellen diejenigen, die sich auf dem Weg zurück in die volle Gemeinschaft mit den Heiligen und dem Haushalt Gottes befinden, auf neutralen Boden, wo sie nicht beurteilt werden.

Zum Abschluß möchte ich noch etwas aus der Weihnachtsbotschaft der Ersten Präsidentschaft zitieren: „Wir sind sicher, daß viele sich schon danach sehnen zurückzukehren, sich dabei aber etwas unbehaglich fühlen. Wir versichern Ihnen, Sie werden mit offenen Armen empfangen, und es werden viele bereit sein, Ihnen zu helfen.

Jetzt, zur Weihnachtszeit, feiern wir die Geburt des Herrn, der sein Leben für die Sünden aller hingegeben hat. Wir wissen, daß es viele Menschen gibt, die eine schwere Last aus Schuldgefühlen und Bitterkeit tragen. Ihnen sagen wir:, Schütteln Sie die Last ab, und hören Sie auf die Worte des Herrn: „Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt und schwere Lasten zu tragen habt. Ich werde euch Ruhe verschaffen. … Denn mein Joch drückt nicht, und meine Last ist leicht.” (Matthäus 11:28,30.)’”

Weiter sagt die Erste Präsidentschaft: „Wir bitten Sie inständig. Wir beten für Sie. Wir laden Sie ein und heißen Sie voll Liebe und Wertschätzung willkommen.

In aufrichtiger Verbundenheit Ihre Brüder, Die Erste Präsidentschaft.” („An Invitation to Come Back”, Seite 3.)

Ich möchte Sie alle einladen, zu Christus zu kommen. Kommen Sie zurück, und haben Sie teil an seiner Freude. Im Namen Jesu Christi. Amen.