2016
Halten Sie sich an der eisernen Stange fest
Februar 2016


Halten Sie sich an der eisernen Stange fest

Nach der Ansprache „Continually Holding Fast to the Rod of Iron“, die am 12. Mai 2015 bei einer Andacht an der Brigham-Young-Universität Idaho gehalten wurde. Den englischen Text finden Sie in voller Länge unter web.byui.edu/devotionalsandspeeches.

Beständiges Forschen in den Schriften lässt uns unseren Blick, unsere Gedanken und unser Herz stets auf den Erlöser richten, und wenn wir die Lehren aus den heiligen Schriften im Leben anwenden, werden wir Christus ähnlicher.

Als Lehi und seine Familie eines Morgens auf ihrer Reise durch die Wildnis erwachten, fanden sie „eine runde Kugel von gediegener Machart“ auf der Erde. Sie hatte zwei Spindeln, wovon eine „den Weg [anzeigte], wohin [sie] gehen sollten“ (1 Nephi 16:10).

Auf dem Liahona oder der Kugel war außerdem „eine neue Inschrift“, die sie „die Wege des Herrn verstehen ließ“. Diese Inschrift „wurde von Zeit zu Zeit … geändert, je nach dem Glauben und dem Eifer, die [sie] darauf verwandten“ (siehe 1 Nephi 16:28,29).

Lehi und seine Familie waren bereits im Besitz der Messingplatten, die Schriften und Prophezeiungen mehrerer Propheten des Alten Testaments enthielten. Die Messingplatten und der Liahona waren also ihre heiligen Schriften, und von Lehis Volk wurde erwartet, dass es sich mit ihnen vertraut machte und ihnen stets Beachtung schenkte. Taten sie es, kamen sie auf ihrer Reise vorwärts, taten sie es nicht, wurden sie in der Wildnis aufgehalten und litten Hunger und Durst.

Was wollte der Herr ihnen – und uns – durch die Art und Weise, wie der Liahona funktionierte, beibringen?

Ein Hauptzweck der heiligen Schriften besteht darin, dass wir den Erlöser erkennen, ihn verstehen und ihm ähnlich werden (siehe 3 Nephi 27:27). Beständiges Forschen in den Schriften lässt uns unseren Blick, unsere Gedanken und unser Herz stets auf den Erlöser richten. Wenn wir die Lehren aus den heiligen Schriften im Leben anwenden, werden wir Christus ähnlicher. Wenn wir ihm ähnlicher werden, werden wir Anwärter auf das ewige Leben (siehe Johannes 5:39).

Lehis Traum

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illustration of family looking at the Tree of Life.

Illustration von J. Kirk Richards

In Lehis Traum oder Vision wurden vier Gruppen von Menschen dargestellt. Die ersten drei Gruppen betraten den Pfad, der zum Baum des Lebens führt. Das Tor zu diesem Pfad ist die Taufe (siehe 2 Nephi 31:17,18), wir sprechen also bei den ersten drei Gruppen von Mitgliedern der Kirche.

Auf die vierte Gruppe gehe ich nicht ein. Es sind diejenigen, die sich direkt auf den Weg zum großen und geräumigen Gebäude machten. Wenn wir nun die anderen drei Gruppen betrachten, wollen Sie vielleicht prüfend in sich gehen, um festzustellen, zu welcher Gruppe Sie gehören. Fragen Sie sich dann, zu welcher Gruppe Sie lieber gehören wollen.

1. Gruppe

„Und ich sah zahllose Scharen von Menschen; viele von ihnen strebten vorwärts, um auf den Pfad zu gelangen, der zu dem Baum führte, bei dem ich stand.

Und es begab sich: Sie kamen herzu und betraten den Pfad, der zu dem Baum führte.

Und es begab sich: Es stieg ein Nebel der Finsternis auf, ja, ein überaus dichter Nebel der Finsternis, sodass diejenigen, die den Pfad betreten hatten, ihren Weg verloren, sodass sie abirrten und verlorengingen.“ (1 Nephi 8:21-23.)

Die Menschen in dieser Gruppe lasen oder forschten offenbar nicht in den heiligen Schriften, hörten oder sahen nicht die Generalkonferenz an, lasen nicht den Liahona und besuchten auch nicht die Versammlungen am Sonntag – all das hätte ihnen das Wort Gottes angeboten. Folglich kamen sie vom Weg ab.

2. Gruppe

„Und es begab sich: Ich sah andere vorwärtsstreben, und sie kamen herzu und ergriffen das Ende der eisernen Stange; und sie strebten durch den Nebel der Finsternis vorwärts und hielten sich an der eisernen Stange fest, ja, bis sie herzukamen und von der Frucht des Baumes aßen. …

Und nachdem diese von der Frucht gekostet hatten, schämten sie sich, weil die anderen sie verspotteten; und sie fielen ab auf verbotene Pfade und gingen verloren.“ (1 Nephi 8:24,28.)

Beachten Sie, dass diese Gruppe die eiserne Stange ergriff und sich daran festhielt. Sie ließen sie nicht los, bis sie zum Baum des Lebens kamen und von der Frucht aßen. Aber dann schämten sie sich des Evangeliums Jesu Christi, hielten den Blick nicht mehr auf den Erlöser gerichtet und ließen sich von den Verlockungen, den Versuchungen und den Reichtümern der Welt ablenken. Daraufhin gingen auch sie verloren.

Der Schlüssel zum Verständnis dieser Verse ist die Aussage: Sie „hielten sich an der eisernen Stange fest“. Wenn ich mir vorstelle, wie sie sich festhalten, sehe ich in Gedanken vor mir, wie ihre Fingerknöchel weiß hervortreten. Vielleicht haben Sie das zum Beispiel beim Wildwasser-Rafting erlebt, als Sie sich mit aller Kraft am Schlauchboot festgehalten haben. Und was haben Sie gemacht, als das Wasser ruhiger wurde? Sie haben losgelassen!

Auf das Evangelium bezogen verstärkt man seinen Griff vielleicht, wenn man gebeten wird, eine Ansprache vorzubereiten, oder in einer Krise, wenn etwa ein Angehöriger stirbt oder eine Beziehung zerbricht. Dann befasst man sich mit Generalkonferenzansprachen, die man sonst selten anhört, oder schlägt die heiligen Schriften auf, die man sonst eher vernachlässigt. Man bemüht sich um geistige Führung und Unterstützung, weil man geistig schwach ist. Aber sobald die Krise vorüber ist, lässt man los! Man stellt die Schriften wieder zurück ins Regal und fällt in alte Gewohnheiten zurück – geht nicht mehr regelmäßig in die Kirche, vernachlässigt das tägliche Gebet – zumindest bis zur nächsten Krise, bis zur nächsten Wildwasserfahrt. Mit anderen Worten: Man wendet sich nicht beständig an den Erlöser, sondern nur dann, wenn die dringende Notwendigkeit besteht.

Die Menschen in dieser Gruppe haben sich taufen lassen, und viele von ihnen wurden wahrscheinlich zum Priestertum ordiniert, haben die heiligen Handlungen des Tempels empfangen, eine Vollzeitmission erfüllt und im Tempel geheiratet. Aber sie haben losgelassen! Sie hörten auf, beständig in den heiligen Schriften zu lesen, irrten auf verbotene Pfade ab und gingen verloren.

Glücklicherweise bleiben die meisten jungen Erwachsenen und zurückgekehrten Missionare den Lehren des Evangeliums, die sie gelernt und verkündet haben, treu. Sie richten ihr Leben durch tägliches Schriftstudium und Gebet auf den Erlöser aus. Wir sind für sie und ihre Treue dankbar. Sie sind die Zukunft der Kirche und die zukünftigen Eltern derer, die die Kirche weiter aufrichten werden.

3. Gruppe

„Siehe, [Lehi] sah andere Scharen vorwärtsstreben; und sie kamen und ergriffen das Ende der eisernen Stange, und sie strebten auf ihrem Weg vorwärts und hielten sich dabei beständig an der eisernen Stange fest, bis sie herzukamen und niederfielen und von der Frucht des Baumes aßen.“ (1 Nephi 8:30.)

Beachten Sie die Aussage: Sie „hielten sich dabei beständig an der eisernen Stange fest“. Diese Gruppe las beständig in den heiligen Schriften. Sie hielten den Blick beständig auf den Erlöser gerichtet.

Es gibt für uns keine wichtigere Lektüre als die heiligen Schriften. Sie haben Vorrang vor Chemie, Physik, Buchhaltung, Tanz, Musik oder Sport, vor jedem sonstigen weltlichen Fachgebiet, vor jeder sonstigen Betätigung.

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Family studying scriptures together

Beginnen Sie jeden Tag mit den heiligen Schriften. Gebet und Schriftstudium gehen Hand in Hand. Sie sind unzertrennliche Gefährten. Beständiges Beten führt Sie zu den heiligen Schriften, und beständiges Schriftstudium führt Sie zum Beten. Beides hält Ihren Blick auf den Erlöser gerichtet und macht Sie empfänglich für Offenbarung und den Frieden, den man nur erlangt, wenn man „beständig an der eisernen Stange“ festhält. Das Beten und das Schriftstudium führen Sie zum Tempel. Sie führen dazu, dass Sie den Sabbat heilighalten wollen. Sie helfen Ihnen, die Versuchungen des Widersachers zu meiden oder zu überwinden.

Achten Sie nun bitte auf die Aussage, dass „sie herzukamen und niederfielen und von der Frucht des Baumes aßen“. Ein Schlüssel zum Verständnis dieser Aussage findet sich in 1 Nephi, Kapitel 11:

„Und es begab sich: Nachdem ich den Baum gesehen hatte, sprach ich zum Geist: Ich sehe, du hast mir den Baum gezeigt, der kostbarer als alles ist.

Und er sprach zu mir: Was wünschst du?

Und ich sprach zu ihm: Die Bedeutung davon zu wissen.“

Der Engel erwiderte: „Schau!“ Daraufhin sah Nephi in einer Vision die Jungfrau Maria, die der Engel als „die Mutter des Sohnes Gottes“ bezeichnete. Dann sah Nephi, dass Maria ein Kind – „das Lamm Gottes“ – auf den Armen trug.

Beachten Sie nun Vers 24: „Und ich schaute, und ich sah den Sohn Gottes, wie er unter die Menschenkinder ging; und ich sah viele ihm zu Füßen fallen und ihn anbeten“ (siehe 1 Nephi 11:9-24; Hervorhebung hinzugefügt).

Der Baum stellt die Liebe Gottes dar, die durch seinen Sohn Jesus Christus offenbar wird (siehe 1 Nephi 11:21,22). Die Menschen in der zweiten Gruppe, die am Baum ankamen, fielen nicht nieder wie die Menschen in der dritten Gruppe. Kann man in der Gegenwart des Sohnes Gottes sein und es überhaupt nicht bemerken? Man braucht nur das Neue Testament zu lesen, um die Antwort darauf zu finden. Der Erlöser wirkte drei Jahre lang unter den Menschen, unterwies sie und vollbrachte Wunder, aber nur wenige erkannten ihn als den, der er war.

Forschen Sie in den Schriften

Fragen Sie sich:

  • Wie sorge ich dafür, dass ich beständig an der eisernen Stange festhalte, damit ich, wenn ich beim Baum des Lebens ankomme, den Erlöser erkenne und niederfalle und ihn anbete?

  • Was kann ich tun, um meinen Blick, meine Gedanken und mein Herz stets auf den Erlöser zu richten?

  • Was kann ich tun, um dem Erlöser ähnlicher zu werden?

Die Antwort auf alle drei Fragen findet man in den heiligen Schriften. Der Herr hat gesagt: „Ihr erforscht die Schriften, weil ihr meint, in ihnen das ewige Leben zu haben; gerade sie legen Zeugnis über mich ab.“ (Johannes 5:39.) Wenn Sie sich jeden Tag Ihres Lebens in die heiligen Schriften vertiefen, haben Sie die Kraft, schweren Übertretungen zu widerstehen, und, was noch wichtiger ist, Sie lernen den Erlöser kennen. Sie sind dann imstande, Ihren Blick, Ihre Gedanken und Ihr Herz stets auf ihn zu richten.

Wenn Sie Jesus Christus kennenlernen, seine Lehren anwenden und seinem Beispiel folgen, werden Sie ihm ähnlicher. Wenn Sie ihm ähnlicher werden, werden Sie Anwärter auf das ewige Leben in seiner Gegenwart.