2015
Die Geheimwaffe
Januar 2015


Die Gehe imwaffe

Die Verfasserin lebt in Arizona in den USA.

Alle hatten Ida unterschätzt.

„Jeder hat etwas zu geben.“ (Children’s Songbook, Seite 236)

Doch nicht Ida! Sie ist ein Mädchen“, flüsterte Bastian, der hinter Aaron stand.

Aber Aaron war an diesem Tag Mannschaftskapitän beim Völkerball und hatte seine Wahl bereits getroffen. „Ich nehme Ida“, wiederholte er ein wenig lauter. Timo, der andere Mannschaftskapitän, grinste höhnisch. Selbst der Sportlehrer war überrascht, wen Aaron da als zweiten Spieler auswählte.

Auch Ida schaute erstaunt auf und trat dann schüchtern nach vorn. Bastian stöhnte.

Ida war nicht nur ein Mädchen. Sie war das kleinste Mädchen der ganzen Klasse. Sie sah nicht aus, als könne sie schnell rennen, und der Ball schien größer zu sein als sie. „Wahrscheinlich kann sie den Ball nicht einmal aufheben“, knurrte Bastian, als Ida herüberkam.

„Vielleicht ist sie ja auch unsere Geheimwaffe“, meinte Aaron und versuchte, überzeugend zu klingen. Das war aber nicht der Grund, warum er sie gewählt hatte. Ida hatte Aaron einmal gesagt, dass sie keine Ballspiele mochte, weil sie immer als Letzte gewählt wurde. Die anderen Jungs hänselten Ida, aber Aaron hatte von seinen Eltern gelernt, dass ein Junge die Mädchen mit Achtung behandeln solle. Deshalb hatte er Ida in seine Mannschaft gewählt. Aaron sah, wie sich Timo den größten Jungen der Klasse in seine Mannschaft holte, und hoffte inständig, er habe mit seiner Wahl die richtige Entscheidung getroffen.

Nachdem die Mannschaften eingeteilt waren, pfiff der Sportlehrer in seine Trillerpfeife, und die beiden Mannschaften rannten jeweils an ein Ende des Spielfelds. Der Sportlehrer gab Timo den Ball, und Timo ließ die Augen über Aarons Mannschaft schweifen. Sein Blick fiel auf Ida. Er holte aus und warf den Ball.

Wumm! Der Ball prallte auf den Boden und sprang ab, ohne jemanden zu treffen. Aaron blinzelte erstaunt. Ida war gerade rechtzeitig ausgewichen. Alle anderen schienen überrascht, aber Aaron lächelte nur. Vielleicht war es doch eine gute Idee gewesen, Ida zu wählen.

Das Spiel ging weiter. Timo versuchte immer wieder, Ida zu treffen, aber sie wich dem Ball jedes Mal geschickt aus. Niemand gelang es, sie abzuschießen. Timo und andere aus seiner Mannschaft waren so mit dem Versuch beschäftigt, Ida zu treffen, dass sie kaum Zeit dafür hatten, auf jemand anderen zu zielen. Aaron grinste – Ida war wegen ihrer Größe sogar besser im Völkerball, weil sie klein und flink war und deshalb schwerer zu treffen.

Schließlich gewann Aarons Mannschaft. „Du hattest Recht mit der Geheimwaffe“, sagte Bastian. „Ida ist ziemlich gut.“

„Stimmt!“, sagte Timo. „Nächstes Mal spielt sie in meiner Mannschaft. Dann gewinnen wir!“ Ida lächelte, als sie mit den anderen aus der Mannschaft zurück ins Klassenzimmer ging.

Aaron folgte der Gruppe und lächelte unentwegt. Er war nett gewesen zu Ida, und er hatte mitgeholfen, dass die anderen Jungen nun ein wenig mehr Achtung vor den Mädchen hatten. Die beste Geheimwaffe ist eigentlich gar kein Geheimnis: Man muss einfach nur freundlich sein.