2000–2009
Anderen vom Evangelium erzählen
Oktober 2000


Anderen vom Evangelium erzählen

„Wenn wir bedenken, wie wichtig die Botschaft ist, wenn wir die Hilfe bedenken, die der Geist uns anbietet, und die Zahl der Missionare und die Größe des Feldes, das zur Ernte bereit ist, dann sind 300 000 Neubekehrte pro Jahr nicht annähernd genug.“

Es begeistert mich zu sehen, wie der Prophet hier an diesem Pult steht und erklärt, dass er sieht, wie das Werk des Herrn vorangeht, gleich dem Stein, der sich ohne Zutun von Menschenhand vom Berg losgerissen hat und dahin rollt, bis er die ganze Erde erfüllt, wie Daniel es in seiner Vision gesehen hat (siehe Daniel 2:34,35).

Dieses Werk wird durch den Geist des Herrn und durch das Wirken des Priestertums, das den Menschen gegeben ist, vorangetrieben. Es bewegt sich jedoch auf den Rädern der Missionsarbeit vorwärts, die von denjenigen verrichtet wird, die die Aufforderung des Herrn angenommen haben, die besagt: „Geht hinaus in die ganze Welt, und verkündet das Evangelium allen Geschöpfen!“ (Markus 16:15.)

Das Evangelium Jesu Christi in all seiner Reinheit, Schönheit und Schlichtheit wurde in diesen, den Letzten Tagen durch den großen Propheten dieser Evangeliumszeit, nämlich Joseph Smith, auf der Erde wiederhergestellt.

Wir, die wir die süße Fruchtdes Evangeliums gekostet haben, kennen es als Quelle des Glaubens, der Hoffnung und des Friedens, als eine Quelle beständiger Freude. Es ist in der Tat ein kostbares Juwel, das es gilt, in Ehren zu halten und weiter zu verbreiten. Es gibt 60 000 Vollzeitmissionare, die das Evangelium verkünden. Ihre Bemühungen zusammen mit den Anstrengungen der Pfahlmissionare und Mitglieder haben bewirkt, dass sich im letzten Jahr ungefähr 300 000 Menschen zur Kirche bekehrt haben.

Das reicht aber nicht. Wenn wir bedenken, wie wichtig die Botschaft ist, wenn wir die Hilfe bedenken, die der Geist uns anbietet, und die Zahl der Missionare und die Größe des Feldes, das zur Ernte bereit ist, dann sind 300 000 Neubekehrte pro Jahr nicht annähernd genug.

Schließlich hat Präsident Hinckley die Mitglieder der Kirche aufgefordert, die Zahl der Bekehrten beträchtlich zu vergrößern. Wir befinden uns noch nicht auf diesem prophetisch gewiesenen Weg.

Das tun die Propheten – sie helfen uns, neue Höhen zu erreichen. Präsident David O. McKay sagte: „Jedes Mitglied ein Missionar“1 Präsident Kimball hat uns aufgefordert, größere Schritte zu machen2, und uns gesagt: „Tu es jetzt“3, Präsident Benson sprach davon, die Erde mit dem Buch Mormon zu überfluten4, und jetzt sagt Präsident Hinckley zu uns: „Vergrößern Sie die Zahl der Bekehrten und erhalten Sie sie aktiv.“ Brauchen wir noch deutlichere Anweisungen?

Ich will noch einmal die An-weisungen durchgehen, die wir bezüglich der Missionsarbeit der Mitglieder erhalten haben; sie sind in vier Schritte unterteilt:

1) Finden Sie gebeterfüllt heraus, wer von Ihren Freunden und Nachbarn für die Botschaft des Evangeliums wohl am empfänglichsten ist.

2) Machen Sie die betreffenden Personen mit den Missionaren bekannt.

3) Helfen Sie mit, das Evangelium zu lehren; das geschieht am besten bei Ihnen zu Hause.

4) Integrieren Sie Ihre Freunde und auch alle anderen neuen Mitglieder in die Kirche, indem Sie aufmerksam sind und ihnen helfend zur Seite stehen.

Durch diesen einfachen, kompakten Vorgang können wir die Zahl der Bekehrten vergrößern und, was noch wichtiger ist, wir können den Neubekehrten helfen, vollständig in die Gemeinschaft aufgenommen zu werden. Nur durch eine größere Beteiligung der Mitglieder ist es möglich, unsere derzeitige Bekehrtenrate zu erhöhen.

Wir haben das alles schon oft gehört. Warum sind wir nicht besser darin, Empfehlungen weiterzugeben? Es ist nicht Faulheit, Heilige der Letzten Tage sind nicht faul. Ich glaube, es liegt vielmehr daran, dass wir Angst haben, zurückgewiesen zu werden oder einer Freundschaft Schaden zuzufügen, wenn wir versuchen, anderen vom Evangelium zu erzählen.

Sind diese ängste aber wirklich begründet? Wenn Sie einen Freund einladen, mit den Missionaren zusammenzukommen, bieten Sie etwas an, das sehr kostbar ist und geehrt wird. Ist das ungehörig? Meine Frau und ich haben nicht festgestellt, dass das der Fall ist. In Wirklichkeit haben wir bemerkt, dass es die Freundschaft festigt, wenn wir anderen vom Evangelium erzählen; das gilt selbst dann, wenn die Freunde die Evangeliumsbotschaft vielleicht nicht annehmen.

Stellen Sie sich vor, Sie sind bei einem Freund zum Frühstück eingeladen. Auf dem Tisch sehen Sie einen großen Krug frisch gepressten Orangensaft, aus dem Ihr Gastgeber sein Glas füllt. Er bietet Ihnen aber nichts davon an. Schließlich fragen Sie: „Kann ich bitte ein Glas Orangensaft haben?“

Er entgegnet: „Oh, es tut mir leid. Ich hatte Angst, dass du Orangensaft vielleicht nicht magst, und ich wollte dich nicht beleidigen, indem ich dir etwas anbiete, was du nicht magst.“

Das klingt absurd, aber wenn wir zögern, etwas weitaus Süßeres als Orangensaft anzubieten, ist das nicht so sehr viel anders. Ich habe mir schon oft Gedanken darüber gemacht, wie ich einem Freund wohl mein Zögern erklären würde, wenn ich ihm auf der anderen Seite des Schleiers begegne.

Eine Geschichte, die Elder Christoffel Golden von Südafrika erzählte, rief mir meine Bedenken wieder ins Bewusstsein. Er besuchte vor kurzem in Lusaka in Sambia eine Versammlung von Neubekehrten. Ein sprachlich gewandter, gut gekleideter Fremder kam mit einem Buch Mormon in der Hand herein. Er sagte, er sei schon oft am Gemeindehaus vorbeigefahren und habe sich gefragt, welche Kirche sich hier wohl versammelt und welche Lehre sie verkündet.

Am Schluss der Versammlung stand der Herr auf, hielt sein Buch Mormon hoch und fragte: „Warum haben Sie dieses Buch vor den Einwohnern von Lusaka versteckt? Warum haben Sie daraus ein Geheimnis gemacht?“

Als ich diese Geschichte hörte, hatte ich plötzlich den unange-nehmen Gedanken, dass ein Freund mich eines Tages fragen könnte: „Warum hast du aus dem Buch Mormon und der darin enthaltenen Botschaft der Wahrheit und Errettung ein Geheimnis gemacht?“

Würde ich antworten: „Ich hatte Angst, unserer Freundschaft Schaden zuzufügen“, wäre das weder für mich noch für meinen Freund sehr befriedigend.

Brüder und Schwestern, ich bete darum, dass wir unsere ängste und unsere zögerliche Haltung hinter uns lassen und den großen Schatz, den wir besitzen, nicht länger geheim halten.

Noch ein letzter Gedanke zur Missionsarbeit: Während der kurzen Zeit, die ich im Südosten Afrikas verbracht habe, hat mich der bemerkenswerte Dienst der älteren Missionarsehepaare sehr beeindruckt. Sie tragen täglich sehr dazu bei, die Mitglieder zu stärken, und sie helfen mit, den Stein, der sich ohne Zutun von Menschenhand vom Berg losgerissen hat, auf seiner ewigen Bahn vorwärts zu rollen. Was für ein mächtiges Team sie doch für die Rechtschaffenheit darstellen, wenn sie mit den jüngeren Missionaren und den örtlichen Mitgliedern vereint sind.

Ob in den Führungsaufgaben, bei der Bekehrungsarbeit, bei den humanitären Diensten, in der Wohlfahrt oder im Bildungswesen der Kirche – der Beitrag dieser erfahrenen zeugnisgebenden Menschen ist von unschätzbarem Wert. Und ohne Ausnahme sehe ich, dass sie aus ihrem Dienst große Befriedigung ziehen.

Wenn Sie bereits im Ruhestand sind oder die Möglichkeit haben, schon in Rente zu gehen, und sich fragen, was Sie mit dem Rest Ihres Lebens noch Nützliches anfangen können, dann wenden Sie sich an Ihren Bischof. Lassen Sie sich von ihm zeigen, welche aufregenden Möglichkeiten es gibt, Missionsarbeit zu tun.

Nehmen Sie heute Ihren Ehepartner bei der Hand und prüfen Sie, ob Sie nicht zu dem gemeinsamen Schluss kommen, dass das Beste, was Sie für alle Beteiligten – die Enkelkinder eingeschlossen – tun können, darin besteht, dem Herrn als Missionare zu dienen und eine entsprechende Berufung anzunehmen. Dies ist sein Werk und er fordert uns auf, sich ihm dabei anzuschließen.

Ich bezeuge, dass Gott, unser ewiger Vater, und sein einziggezeugter Sohn, Jesus Christus, leben. Christus kam auf die Erde und erfüllte seine Berufung als Erlöser der ganzen Menschheit. Ich bezeuge, dass sein Evangelium in seiner Fülle wiederhergestellt wurde und dass es einen lebendenPropheten, nämlich Gordon B. Hinckley, gibt, der dieses Werk auf Weisung des Vaters und des Sohnes leitet. Und ich tue dies im Namen Jesu Christi, amen.

  1. Siehe Conference Report, April 1959, 122.

  2. Siehe „The True Way of Life andSalvation,“ Ensign, Mai 1978, 4.

  3. Siehe „Always a Convert Church,“ Ensign, September 1975, 3.

  4. Siehe „Flooding the Earth with the Book of Mormon,“ Ensign, November 1988, 5.