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Kapitel 3: Lehre und Bündnisse 3; 10


Kapitel 3

Lehre und Bündnisse 310

Einführung und zeitlicher Überblick

Im Sommer 1828 verlässt Martin Harris Harmony in Pennsylvania, um seinen Angehörigen in Palmyra im Bundesstaat New York 116 Manuskriptseiten des Buches Mormon zu zeigen. Als Harris zur vereinbarten Zeit nicht nach Harmony zurückkehrt, begibt sich Joseph Smith zu seinen Eltern nach Manchester im Bundesstaat New York, wo er erfährt, dass Harris die Manuskriptseiten verloren hat. Joseph Smith ist verzweifelt und macht sich am nächsten Tag auf den Rückweg nach Harmony. Als er im Juli 1828 dort ankommt, empfängt er die Offenbarung in Lehre und Bündnisse 3. In dieser Offenbarung wird Joseph Smith vom Herrn zurechtgewiesen und es wird ihm gesagt, dass er das Vorrecht, übersetzen zu können, für eine gewisse Zeit verwirkt habe. Der Herr beruhigt ihn aber mit den Worten: „[Du] bist … noch immer erwählt und bist wieder zum Werk berufen.“ (LuB 3:10.) Des Weiteren erklärt der Herr, zu welchem Zweck er das Buch Mormon hervorbringt, und er sagt, sein Werk lasse sich auch durch menschliche Schlechtigkeit nicht vereiteln.

Nachdem Joseph Smith „eine Zeitlang“ (LuB 3:14) umgekehrt ist, gibt ihm Moroni die Platten mit dem Buch Mormon zurück, die er ihm damals, als das Manuskript verlorenging, weggenommen hat. Joseph Smith erhält auch wieder die Gabe des Übersetzens. Ungefähr im April 1829 empfängt Joseph Smith, nachdem er die Übersetzung wieder aufgenommen hat, die Offenbarung in Lehre und Bündnisse 10 (Teile dieser Offenbarung könnten bereits im Sommer 1828 empfangen worden sein). In dieser Offenbarung wird Joseph Smith geboten, die verlorenen Manuskriptseiten nicht noch einmal zu übersetzen. Der Prophet erfährt, dass bereits vor alters inspirierte Vorkehrungen getroffen wurden, um den Verlust des verlorenen Manuskripts auszugleichen und die Botschaft des Buches Mormon zu bewahren.

14. Juni 1828Martin Harris bringt die 116 Manuskriptseiten des Buches Mormon von Harmony in Pennsylvania nach Palmyra im Bundesstaat New York.

Juli 1828Joseph Smith begibt sich nach Manchester im Bundesstaat New York und erfährt, dass das Manuskript verlorengegangen ist.

Juli 1828Joseph Smith kehrt nach Harmony in Pennsylvania zurück und empfängt Lehre und Bündnisse 3.

22. September 1828Nachdem Joseph Smith die goldenen Platten und der Urim und Tummim infolge seiner Übertretung, die zum Verlust des Manuskripts geführt hat, weggenommen worden waren, erhält er sie von Moroni zurück.

April 1829Oliver Cowdery trifft in Harmony ein, um bei der Übersetzung des Buches Mormon zu helfen.

April 1829Lehre und Bündnisse 10 wird empfangen (Teile davon könnten bereits im Sommer 1828 empfangen worden sein).

Lehre und Bündnisse 3: Weitere Angaben zum geschichtlichen Hintergrund

Der Prophet Joseph Smith erhält die goldenen Platten im September 1827. Damals wohnen er und seine Frau Emma, geb. Hale, im Haus seiner Eltern nahe Palmyra im Bundesstaat New York. Im Dezember 1827 führt die zunehmende Verfolgung, etwa der wiederholte Versuch, ihm die Platten zu stehlen, dazu, dass sich Joseph und Emma Smith wieder in Harmony in Pennsylvania niederlassen, wo Emmas Eltern leben. Martin Harris, ein wohlhabender Farmer und Geschäftsmann in Palmyra und einer der ersten Gönner des Propheten, unterstützt sie beim Umzug finanziell.

Im Februar 1828 kommt Martin Harris nach Harmony und erhält eine Abschrift altertümlicher Schriftzeichen, die Joseph Smith von den goldenen Platten übertragen hat, und dazu auch die Übersetzung, die der Prophet von diesen Schriftzeichen angefertigt hat. Harris reist nach New York, wo er die Gelehrten Professor Charles Anthon und Dr. Samuel Mitchell (oder Mitchill) aufsucht, die über Kenntnisse in alten Sprachen und Kulturen verfügen (siehe Joseph Smith – Lebensgeschichte 1:63-65). Später, von April bis Juni 1828, fungiert Martin Harris dem Propheten als Schreiber, als dieser den ersten Teil des Buches Mormon übersetzt. In dieser Zeit steht Martin Harrisʼ Frau, Lucy, der Unterstützung, die ihr Mann Joseph Smith gewährt, und auch seinem Interesse und seiner finanziellen Beteiligung an der Übersetzung der Platten zunehmend misstrauisch gegenüber. Um ihre Bedenken zu zerstreuen, ersucht Martin Harris den Propheten Joseph Smith, den Herrn um Erlaubnis zu bitten, dass er – Martin – die 116 bereits übersetzten Seiten mitnehmen und seiner Frau und weiteren Angehörigen zum Beweis vorlegen dürfe.

Joseph Smith berichtet wie folgt: „Das tat ich, und die Antwort war, dass er es nicht dürfe. Er ließ es dabei aber nicht bewenden, sondern wollte, dass ich den Herrn noch einmal frage. Ich tat es, und die Antwort fiel so aus wie zuvor. Doch er gab sich damit immer noch nicht zufrieden, sondern bestand darauf, dass ich noch ein weiteres Mal frage. Nachdem er mir sehr zugesetzt hatte, fragte ich den Herrn erneut, und es wurde ihm erlaubt, das Geschriebene unter bestimmten Bedingungen an sich zu nehmen.“ (Manuskript History of the Church, Band A-1, Seite 9, josephsmithpapers.org.) Joseph Smith nimmt Martin Harris das Versprechen ab, dass er das Manuskript nur seiner Frau, seinem Bruder Preserved Harris, seinen Eltern Nathan und Rhoda Harris und der Schwester seiner Frau, Mary Harris Cobb, zeigen werde (siehe The Joseph Smith Papers, Documents, Volume 1: July 1828–June 1831, Hg. Michael Hubbard MacKay et al., 2013, Seite 6, Fußnote 25).

Martin Harris begibt sich mit den 116 handgeschriebenen Seiten nach Palmyra im Bundesstaat New York. Einen Tag nach Martin Harrisʼ Abreise bringt Emma Smith einen Sohn zur Welt. Er stirbt kurz nach der Geburt. Auch Emma Smith kostet die Geburt fast das Leben. Ihr Mann weicht mehrere Wochen nicht von ihrem Krankenbett. Anfang Juli 1828 ist Martin Harris mittlerweile drei Wochen fort, und die Smiths haben noch nichts von ihm gehört. Emma Smith erholt sich allmählich und bewegt ihren Mann dazu, in den Bundesstaat New York zu fahren und herauszufinden, warum Harris keine Nachricht gesandt hat. Joseph Smith fährt also zu seinen Eltern und lässt nach Martin Harris schicken.

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Grabstein von Joseph und Emma Smiths neugeborenem Sohn

Emma und Joseph Smiths kleiner Sohn wurde im Juni 1828 auf dem McKune-Friedhof in der Nähe ihres Hauses in Harmony in Pennsylvania beigesetzt (Foto zwischen 1897 und 1927 aufgenommen)

Mit freundlicher Genehmigung des Historischen Archivs der Kirche

Lucy Mack Smith, die Mutter des Propheten Joseph Smith, beschreibt, dass die Familie Martin Harris zum Frühstück erwartet hatte. Sie deckten den Tisch und warteten auf ihn, aber er kam erst am späten Vormittag. Als er schließlich ins Haus kam, setzte er sich an den Tisch und „nahm Messer und Gabel auf, als wolle er sie benutzen, ließ sie aber sogleich wieder fallen“. Auf die Frage, ob alles in Ordnung sei, rief Martin Harris gequält: „‚O, ich habe meine Seele verloren! Ich habe meine Seele verloren!‘

Joseph, der bis jetzt noch nicht gesagt hatte, was er befürchtete, sprang vom Tisch auf und rief: ‚O! Martin, hast du das Manuskript verloren? Hast du deinen Eid gebrochen und Verdammnis über mein Haupt und auch über das deine gebracht?‘

‚Ja‘, erwiderte Martin, ‚es ist fort, und ich weiß nicht, wo es ist.‘

Joseph, von Furcht und Selbstverurteilung überwältigt, rief aus: ‚Alles ist verloren! [Alles] ist verloren! Was soll ich tun? Ich habe gesündigt. Ich habe den Grimm Gottes herausgefordert, als ich ihn um etwas bat, wozu ich kein Recht hatte, denn der Engel hatte mir andere Anweisungen gegeben.‘ Und er weinte und stöhnte und ging ruhelos auf und ab.

Schließlich sagte er Martin, er solle zurück in sein Haus gehen und erneut suchen.

‚Nein‘, sagte Mr. Harris, ‚das ist alles vergeblich, denn ich habe überall im Haus gesucht. Ich habe sogar die Betten und Kissen aufgerissen [und dort nach dem Manuskript gesucht] und ich weiß, dass es nicht da ist.‘

‚Dann muss ich also mit so einem Bericht zu meiner Frau zurückkehren?‘, fragte Joseph. ‚Ich wage es nicht …. Und wie soll ich vor den Herrn treten? Welchen Tadel vom Engel des Allerhöchsten verdiene ich nicht?‘“ („Lucy Mack Smith, History, 1844/45“, Band 7, Seite 5f., josephsmithpapers.org.)

Nachdem Joseph Smith ohne das Manuskript nach Hause nach Harmony zurückgekehrt ist, schüttet er seine Seele vor Gott aus und bittet um Vergebung. Der himmlische Bote Moroni erscheint Joseph Smith und gibt ihm die Übersetzer – den Urim und Tummim –, die Joseph zur Übersetzung benutzt hat. Der Urim und Tummim war Joseph Smith genommen worden, weil er „dem Herrn mit der Bitte zugesetzt hat, Martin Harris zu gestatten, das Manuskript mitzunehmen“ (Manuskript History of the Church, Band A-1, Seite 10, josephsmithpapers.org). Nachdem Moroni erschienen ist und den Urim und Tummim zurückgebracht hat, empfängt Joseph Smith die Offenbarung in Lehre und Bündnisse 3.

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Karte 3: Der Nordosten der Vereinigten Staaten
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Karte 4: Palmyra-Manchester im Bundesstaat New York, 1820–1831

Lehre und Bündnisse 3

Der Herr verkündet, dass sich sein Werk nicht vereiteln lässt; er weist Joseph Smith zurecht

Lehre und Bündnisse 3:1-3. Die Absichten Gottes lassen sich nicht vereiteln

Wahrscheinlich sah Joseph Smith im Verlust der 116 Manuskriptseiten einen großen Stolperstein für den Plan des Herrn, das Buch Mormon hervorzubringen. Der Herr beruhigte seinen Propheten aber und versicherte ihm, dass sich die Absichten und das Werk Gottes durch nichts vereiteln lassen und auch nicht zunichtegemacht werden können. Eine wichtige Eigenschaft Gottes ist seine Allwissenheit, unter anderem sein Vorherwissen. Menschen oder der Satan können nichts tun, was Gott überrascht oder ihn daran hindern könnte, seine Absichten auszuführen. Er weiß alles, denn alles ist vor ihm gegenwärtig, darunter auch „Vergangenes, Gegenwärtiges und Zukünftiges“ (LuB 130:7; siehe auch LuB 38:2; 88:41). Elder Neal A. Maxwell (1926–2004) vom Kollegium der Zwölf Apostel hat darüber gesprochen, warum das Werk Gottes nicht vereitelt werden kann: „Die Erfolge und Misserfolge des Menschen waren dem Herrn von Anfang an bekannt und wurden von ihm bei der Erstellung seines Erlösungsplans bereits mitberücksichtigt (siehe 1 Nephi 9:6). Seine Absichten werden in jeder Hinsicht verwirklicht.“ („Shine as Lights in the World“, Ensign, Mai 1983, Seite 11.)

Lehre und Bündnisse 3:2. Gott wandelt nicht auf krummen Pfaden und seine Bahn ist eine ewige Runde

Um zu verdeutlichen, warum „die Absichten Gottes … sich nicht vereiteln [und] auch … nicht zunichtemachen [lassen]“ (LuB 3:1), hat der Herr wichtige Aussagen zu seinem Wesen gemacht. Der Pfad, dem Gott folgt, ist weder krumm noch gewunden. Er ist gerade, was bedeutet, dass er unveränderlich ist und dass sein Kurs durch alle Zeiten beständig ist. Weil Gott „sich weder zur rechten Hand noch zur linken“ (LuB 3:2) wendet, können wir ihm vertrauen und uns auf seine Worte und Verheißungen verlassen.

Elder Bruce R. McConkie (1915–1985) vom Kollegium der Zwölf Apostel hat darüber gesprochen, was damit gemeint ist, dass Gottes Bahn „eine ewige Runde“ (LuB 3:2) ist: „Gott regiert durch Gesetze – ganz und gar, restlos, unveränderlich und allezeit. Er hat bestimmt, dass gleiche Ergebnisse immer der gleichen Ursache entspringen. Er sieht nicht auf die Person und ist ein Wesen, ‚bei dem es keine Veränderung oder Verfinsterung gibt‘. (Jakobus 1:17; LuB 3:1,2.) Somit ist seine ‚Bahn eine ewige Runde‘, er ist ‚derselbe heute wie gestern und immerdar‘. (LuB 35:1).“ (Mormon Doctrine, 2. Auflage, 1966, Seite 545f.)

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Foto: Martin Harris

Martin Harris fungierte bei der Übersetzung des Buches Mormon vorübergehend als Schreiber

Mit freundlicher Genehmigung des Historischen Archivs der Kirche

Lehre und Bündnisse 3:4-8,15. Du hättest die Menschen nicht mehr fürchten sollen als Gott

Joseph Smith muss es schwergefallen sein, Martin Harrisʼ hartnäckige Bitten, die Manuskriptseiten mit Übersetzungen des Buches Mormon mitnehmen zu dürfen, abzuschlagen. Martin Harris war über 20 Jahre älter als Joseph Smith. Er war unter den Ersten, die ihm glaubten und im Werk mitwirken wollten. Er hatte den Propheten finanziell unterstützt und viel Zeit geopfert, um ihm bei der Übersetzung zu helfen. Dennoch tadelte der Herr hier Joseph Smith, weil er Martin Harrisʼ Drängen nachgegeben hatte, und er erklärte, Joseph hätte Gott fürchten und auf seine Macht, ihm zu helfen, vertrauen sollen. Elder D. Todd Christofferson vom Kollegium der Zwölf Apostel hat darüber gesprochen, was es bedeutet, Gott zu fürchten:

„Vielfach wird dem Menschen in den heiligen Schriften geraten, Gott zu fürchten. Heutzutage legen wir den Begriff Furcht in der Regel als ‚Respekt‘, ‚Achtung‘ oder ‚Liebe‘ aus, mit anderen Worten: Gottesfurcht bedeutet, Gott zu lieben und ihn und seine Gesetze zu achten. Das mag oft die richtige Lesart sein, aber ich frage mich, ob mit Furcht nicht manchmal wirklich Furcht gemeint ist, beispielsweise wenn ein Prophet sagt, er fürchte, Gott zu beleidigen, wenn er seine Gebote bräche. …

Ich finde, dass die Furcht vorm Herrn oder, wie Paulus sagt, die ‚ehrfürchtig[e] Scheu‘ (Hebräer 12:28) Teil unserer Gottesverehrung sein sollte. Wir sollen den Herrn auf eine Weise lieben und verehren, dass wir uns davor fürchten, etwas zu tun, was in seinen Augen falsch ist, auch wenn andere anderer Ansicht sind und uns unter Druck setzen.“ („A Sense of the Sacred“, Fireside an der Brigham-Young-Universität, 7. November 2004, Seite 8; speeches.byu.edu.)

Lehre und Bündnisse 3:9-11. Gott ist barmherzig; darum kehre um von dem, was du getan hast

Die Mutter des Propheten, Lucy Mack Smith, schrieb, Joseph Smith habe sich selbst die Schuld gegeben, als er erfuhr, dass Martin Harris das Manuskript verloren hatte. Sie beschrieb, wie ihr Sohn litt: „Er weinte und stöhnte und lief unaufhörlich hin und her. … Im ganzen Haus waren Schluchzen und Stöhnen und bitteres Wehklagen zu vernehmen. Insbesondere Joseph war verzweifelter als alle anderen, denn er kannte mit Sicherheit und durch traurige Erfahrung die Folgen dessen, was andere für eine ausgesprochen geringfügige Nachlässigkeit halten würden. Er lief immer wieder vor und zurück, weinte und grämte sich wie ein kleines Kind, bis die Sonne unterging. Wir überredeten ihn, etwas Nahrung zu sich zu nehmen.“ („Lucy Mack Smith, History, 1844/45“, Band 7, Seite 6f., josephsmithpapers.org.)

Joseph Smiths Verzweiflung hielt an, bis ihm in Harmony in Pennsylvania Moroni erschien und er vom Herrn diese Offenbarung empfing: „Denke daran, Gott ist barmherzig; darum kehre um von dem, was du getan hast, … dann bist du noch immer erwählt und bist wieder zum Werk berufen.“ (LuB 3:10.)

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Abschrift von Schriftzeichen aus dem Buch Mormon

Schriftzeichen, von den Platten übertragen, auf denen das Buch Mormon geschrieben war

Elder Lynn G. Robbins von den Siebzigern hat Joseph Smiths Erfahrungen wie folgt beschrieben:

„Dem jungen Joseph Smith wurde eine vierjährige Bewährungszeit auferlegt, ehe er die goldenen Platten erhielt, ‚weil du die Gebote des Herrn nicht befolgt hast‘ [in: The Joseph Smith Papers, Volume 1: Joseph Smith Histories, 1832–1844, Hg. Karen Lynn Davidson et al., 2012, Seite 83]. Später, als Joseph die 116 Manuskriptseiten verlor, wurde ihm wieder eine Lektion erteilt. Obgleich er wirklich reumütig war, entzog ihm der Herr dennoch eine kurze Zeit lang seine Rechte, denn ‚die ich liebe, die züchtige ich auch, damit ihre Sünden vergeben seien‘ (LuB 95:1).

Joseph Smith erklärte: ‚Der Engel freute sich, als er mir den Urim und Tummim zurückgab, … und sagte mir, dass Gott mit meiner Treue und Demut zufrieden sei und dass er mich wegen meiner Reue und meines Eifers im Gebet liebe.‘ [Lehren der Präsidenten der Kirche: Joseph Smith, Seite 78; Hervorhebung hinzugefügt.] Weil der Herr bei Joseph Smith eine Herzenswandlung herbeiführen wollte, forderte er ein herzzerreißendes Opfer von ihm. Opfer sind ein wesentlicher Bestandteil von Disziplin.“ („Der rechtschaffene Richter“, Liahona, November 2016, Seite 97.)

In neuzeitlicher Offenbarung finden sich viele Beispiele dafür, wie der Herr Menschen züchtigt oder sie zur Umkehr ruft (siehe LuB 19:13-15; 30:1-3; 64:15-17; 112:1-3,10-16). Die Schriftstelle in Lehre und Bündnisse 3:6-11 ist ein Beweis dafür, dass der Prophet Joseph Smith nicht davon ausgenommen war, vom Herrn wegen seiner Fehler und Schwächen zurechtgewiesen zu werden. Weil Joseph Smith aber umkehrte, war er immer noch vom Herrn zum Werk berufen.

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Foto: Charles Anthon

Charles H. Anthon von der Columbia University in New York begutachtete die Schriftzeichen, die von den Platten mit dem Buch Mormon abgeschrieben worden waren

Elder M. Russell Ballard vom Kollegium der Zwölf Apostel hat daran erinnert, dass die Führer der Kirche nicht vollkommen sind. Wir können aber darauf vertrauen, dass sie inspiriert sind und dass der Herr durch sie arbeitet:

„Die Kirche Jesu Christi wird seit jeher von lebenden Propheten und Aposteln geführt. Die Knechte des Herrn sind zwar sterblich und menschlicher Unvollkommenheit unterworfen, werden aber dennoch dazu inspiriert, uns zu helfen, damit wir in geistiger Hinsicht lebensbedrohliche Hindernisse umgehen, und auch, damit wir sicher durchs Erdenleben zu unserem letzten, endgültigen himmlischen Bestimmungsort gelangen.

In fast 40 Jahren enger Zusammenarbeit habe ich persönlich miterlebt, wie die Propheten und Apostel, die übrigen Generalautoritäten und die Führer der Hilfsorganisationen durch stille Inspiration sowie durch tiefgreifende Offenbarung zum Handeln bewogen wurden. Obwohl sie weder vollkommen noch unfehlbar sind, haben sich diese guten Männer und Frauen doch voll und ganz der Aufgabe gewidmet, das Werk des Herrn so voranzubringen, wie er sie angewiesen hat. …

Zu viele sind der Meinung, dass die Führer und Mitglieder der Kirche vollkommen oder nahezu vollkommen sein müssten. Sie vergessen, dass die Gnade des Herrn ausreicht, damit sein Werk von Menschen verrichtet werden kann. …

Wenn wir uns darauf konzentrieren, wie der Herr seine erwählten Führer inspiriert und die Heiligen dazu bewegt, Erstaunliches und Außergewöhnliches zu leisten, obgleich sie bloß Menschen sind, so ist dies eine Möglichkeit, am Evangelium Jesu Christi festzuhalten.“ („Gott steht am Ruder“, Liahona, November 2015, Seite 24f.)

Lehre und Bündnisse 3:12,13. Die Hände eines schlechten Mannes

Martin Harrisʼ Nichteinhaltung der Vereinbarung, das Manuskript nur fünf namentlich genannten Menschen zu zeigen, brachte ihm einen ernsten Tadel vom Herrn ein, und er nannte Martin Harris einen schlechten Mann (siehe LuB 3:12). Harris hatte sich auf seine eigene Weisheit und sein Urteilsvermögen verlassen und verlor daher die Manuskriptseiten des Buches Mormon; Joseph Smith verlor „eine Zeitlang“ (LuB 3:14) das Vorrecht zu übersetzen. Präsident Joseph Fielding Smith (1876–1972) hat erläutert: Martin Harrisʼ „Schlechtigkeit bestand in seinem selbstsüchtigen Verlangen, entgegen dem Willen des Herrn seinen eigenen Wünschen nachzukommen, nachdem ihm diese Bitte zuerst abgeschlagen worden war, ehe sie ihm dann gewährt wurde“ (Church History and Modern Revelation, 1953, 1:28).

Lehre und Bündnisse 3:16-20. Zu ebendiesem Zweck sind die Platten bewahrt worden

Propheten aus dem Buch Mormon wie Nephi, Jakob und Moroni haben über die Absichten geschrieben, die der Herrn beim Hervorbringen dieses heiligen Berichts verfolgt (siehe Titelblatt des Buches Mormon; 2 Nephi 33:4,5; Jakob 4:3,4; Ether 8:26). Der Prophet Joseph Smith hatte zu der Zeit, als er die Offenbarung in Lehre und Bündnisse 3 empfing, noch keine dieser Schriftstellen übersetzt. Durch Vers 16 bis 20 hätte er Zweck und Bestimmung des Buches Mormon besser verstanden.

Lehre und Bündnisse 10: Weitere Angaben zum geschichtlichen Hintergrund

Der Prophet Joseph Smith empfängt die Offenbarung in Lehre und Bündnisse 10 in Harmony im Bundesstaat Pennsylvania. Der genaue Zeitpunkt ist nicht bekannt. Abschnitte dieser Offenbarung könnte der Prophet bereits Anfang Juli 1828 empfangen haben, nachdem die Offenbarung in Lehre und Bündnisse 3 gegeben worden war. Die Offenbarung scheint jedoch erst im darauffolgenden Frühjahr, also im April 1829 (siehe Einleitung zu Lehre und Bündnisse 10), niedergeschrieben worden zu sein.

Einige Zeit nach dem Verlust der 116 Manuskriptseiten werden dem Propheten die goldenen Platten und der Urim und Tummim wiedergegeben – mit der Zusicherung des Herrn, dass ihm die Gabe des Übersetzens „jetzt wiederhergestellt worden“ sei (LuB 10:3). Spätestens im März 1829 nimmt der Prophet die Übersetzung des Buches Mormon wieder auf, wobei ihm seine Frau Emma bisweilen als Schreiberin behilflich ist. Die Übersetzung kommt aber nur schleppend voran, bis Oliver Cowdery am 5. April eintrifft und gleich vom nächsten Tag an als Schreiber fungiert.

Mit Oliver Cowderys Hilfe beginnt Joseph Smith mit der Übersetzung offenbar beim Buch Mosia, an dem er vor dem Verlust des Manuskriptes gerade gearbeitet hatte. Als sich Joseph Smith dem Ende der Übersetzung des Buches Mormon nähert, fragt er sich, ob er sich noch einmal dem Anfang des Berichts zuwenden und den verlorengegangenen Teil erneut übersetzen solle. Daraufhin unterrichtet der Herr den Propheten über den Plan des Satans, der das Werk Gottes zu vernichten beabsichtigt. Er sagt ihm, er solle jenen Teil der Platten nicht noch einmal übersetzen, sondern stattdessen die kleinen Platten Nephis übersetzen. (Siehe The Joseph Smith Papers, Documents, Volume 1: July 1828–June 1831, Seite 38f.) Die kleinen Platten sind ein Bericht über geistige Belange. Sie enthalten in erster Linie Predigten, Offenbarungen und Prophezeiungen (siehe Jakob 1:4). Der Herr erklärt, dass die kleinen Platten denselben Zeitraum abdecken wie der verlorene Teil. In mancherlei Hinsicht gewähren sie aber „größere Einsichten“ (LuB 10:45) in sein Evangelium.

Lehre und Bündnisse 10:1-29

Der Herr tut den Plan des Satans kund, Joseph Smith und das Werk Gottes zu vernichten

Lehre und Bündnisse 10:1-4. Laufe nicht schneller und verrichte nicht mehr Arbeit, als du Kraft hast

Etwa bis März 1829 besaß der Prophet Joseph Smith, obwohl ihm die Platten im September 1827 übergeben worden waren, aufgrund der Tatsache, dass die 116 Manuskriptseiten ja verlorengegangen waren, keine Abschrift mehr, der er hätte entnehmen können, wo er bei der Übersetzung gerade gewesen war. Zwar kam der Übersetzung des Buches Mormon höchste Dringlichkeit zu, doch verlangte der Herr nicht, dass der Prophet über die Kraft und die Mittel hinaus arbeitete, die der Herr für ihn vorgesehen hatte. Elder Neal A. Maxwell hat erläutert, wie die Diener des Herrn auf Erden im Werk arbeiten sollen:

„Der Herr möchte, dass wir eifrig, aber auch klug sind. Wir dürfen unser Kreuz nicht bloß hastig anheben, um herauszufinden, ob wir das schaffen, und es dann wieder ablegen. Wir müssen es für den Rest unseres Leben tragen. Das Tempo spielt dabei eine große Rolle. …

‚Es ist nicht erforderlich‘, dass wir schneller laufen, als wir Kraft haben. Alles muss ‚in Weisheit und Ordnung‘ getan werden, wenn wir den Preis gewinnen wollen [siehe Mosia 4:27]. Die Ausgewogenheit zwischen Tempo und Eifer ist eine anspruchsvolle und schwierige Aufgabe im Umgang mit unserer Zeit, unseren Talenten und unserer Entscheidungsfreiheit. …

Wenn unser Tempo über unsere Kraft und unsere Mittel hinausgeht, folgt darauf Erschöpfung statt nachhaltigem Eifer. In dieser Hinsicht kann uns durch den Vorgang persönlicher Inspiration Führung gegeben werden, und so geschieht es auch. …

Ein Tempo, das eifrige, nachhaltige Anstrengung erfordert, entspricht jedoch nicht der Weise derjenigen, die sich Hals über Kopf in eine Aufgabe stürzen und dabei verausgaben und daraufhin wieder eine Weile nicht mithelfen können.“ (Notwithstanding My Weakness, 1981, Seite 4, 6f.)

Lehre und Bündnisse 10:5. Bete immer, damit du den Satan besiegst

Die bittere Erfahrung, als die Manuskriptseiten des Buches Mormon verlorengegangen waren, brachte den Propheten Joseph Smith dazu, sich eifriger auf Gottes Führung zu verlassen. Er wurde ermahnt, immer zu beten, um dem zerstörerischen Einfluss des Satans und seiner Knechte zu entgehen (siehe LuB 10:5). Präsident Henry B. Eyring von der Ersten Präsidentschaft hat einen Grund dafür genannt, weshalb der Herr das Gebot gegeben hat, dass wir immer beten sollen:

„Sicherlich haben Sie sich so wie ich gefragt, wieso er das Wort immer verwendet – angesichts der Besonderheiten des Erdendaseins, unter denen wir leben. Sie wissen aus Erfahrung, wie schwer es ist, bewusst die ganze Zeit an etwas Bestimmtes zu denken. Selbst im Dienste Gottes betet man nicht immer bewusst. Warum ermahnt der Herr uns also, immer zu beten?

Ich bin nicht weise genug, all die Gründe zu kennen, warum er uns das Bündnis gibt, immer an ihn zu denken, und uns warnend darauf hinweist, dass wir immer beten müssen, damit uns nichts überwältigen kann. Doch einer ist mir bekannt. Er kennt die machtvollen Kräfte ganz genau, die auf uns einwirken, und er weiß außerdem, was es bedeutet, ein Mensch zu sein. …

Er weiß, wie es ist, wenn die Alltagssorgen auf uns lasten. … Er weiß auch, dass die Prüfungen, denen wir gegenüberstehen, und unsere menschlichen Kräfte, mit ihnen fertigzuwerden, ständigen Schwankungen unterliegen.

Er kennt den Fehler, der uns so leicht unterläuft, nämlich die Kräfte, die für uns sind, zu unterschätzen und uns zu sehr auf unsere menschliche Kraft zu stützen. Und darum bietet er uns das Bündnis an, ‚immer an ihn zu denken‘, und ermahnt uns, ‚bete immer‘, damit wir unser Vertrauen in ihn setzen, unsere einzige Sicherheit. Zu wissen, was zu tun ist, ist nicht schwierig. Das eigentlich Schwierige dabei, dass wir immer an ihn denken und immer beten, ist der Ansporn, den wir brauchen, um uns noch mehr anzustrengen. Die Gefahr liegt im Aufschub und in der Ablenkung.“ („Always“, Ensign, Oktober 1999, Seite 8f.)

Präsident Eyring hat weiter eine Möglichkeit dargelegt, wie wir im Lauf des Tages fortwährend beten können: „Der Herr hört die Gebete, die Sie im Herzen haben. Die Liebe, die Sie für Ihren Vater im Himmel und seinen geliebten Sohn empfinden, kann so andauernd sein, dass Ihre Gebete immerfort aufsteigen.“ („Always“, Seite 12.)

Lehre und Bündnisse 10:6-19. Der Teufel hat danach getrachtet, einen schlauen Plan zurechtzulegen, damit er dieses Werk zerstöre

Der Satan trachtet danach, das Werk des Herrn zu vereiteln (siehe Matthäus 4:1-11; Mose 1:12-23; 4:6; Joseph Smith – Lebensgeschichte 1:15). Der Verlust der Manuskriptseiten des Buches Mormon und die Verschwörung schlechter Menschen, um den Propheten Joseph Smith in eine Falle zu locken, falls er denselben Text noch einmal übersetzen sollte, gehören zu den vielen Versuchen des Satans, das Hervorkommen des Buches Mormon zu verhindern. (Eine Zusammenfassung dessen, was Joseph Smith über den Plan des Satans hinsichtlich der 116 Manuskriptseiten erfährt, findest du in der Einleitung zu Lehre und Bündnisse 10.)

Elder Richard G. Scott (1928–2015) vom Kollegium der Zwölf Apostel hat über den Satan und dessen höchstes Ziel gesagt: „Der Satan hat einen Plan. Es ist ein schlauer, böser, subtiler Plan der Vernichtung. Sein Ziel besteht darin, die Kinder des Vaters im Himmel gefangen zu nehmen und alles zu tun, um den großen Plan des Glücklichseins zu vereiteln.“ („Die Freude, die das Leben nach dem großen Plan des Glücklichseins bereitet“, Der Stern, Januar 1997, Seite 70.)

Lehre und Bündnisse 10:20-29. Er stachelt ihnen das Herz zum Zorn gegen dieses Werk auf

Der Satan beeinflusste schlechte Menschen, den Propheten Joseph Smith zu verfolgen und das Buch Mormon vernichten zu wollen. Er täuschte die Schlechten, schmeichelte ihnen und redete ihnen ein, „es sei keine Sünde, wenn sie lügen“ und das Gute zerstören (LuB 10:25). Der Prophet Joseph Smith (1805–1844) hat gesagt: „Der Teufel hat große Macht, die Menschen zu täuschen; er wandelt alles so um, dass man diejenigen bestaunt, die den Willen Gottes tun.“ (Lehren der Präsidenten der Kirche: Joseph Smith, Seite 79f.)

Auch in unserer Zeit gibt es Menschen, die zum Zorn gegen das Werk Gottes aufgestachelt werden. Elder Neil L. Andersen vom Kollegium der Zwölf Apostel hat die Mitglieder der Kirche gewarnt:

„Niemand von uns ist gegen die Einflüsse der Welt immun. Der Rat des Herrn hilft uns, auf der Hut zu sein. …

Wenn wir dem Erlöser folgen, werden uns zweifelsohne Herausforderungen begegnen. Wenn wir uns ihnen glaubensvoll stellen, werden sie zu Erfahrungen, die uns läutern und unser Bewusstsein, dass der Erlöser lebt, noch vertiefen. Wenn wir sie auf die weltliche Art angehen, trüben dieselben Erfahrungen unseren Blick und schwächen unsere Entschlossenheit. Einige, die wir gern haben und bewundern, kommen vom engen und schmalen Pfad ab und wandern ‚nicht mehr mit ihm umher‘ [Johannes 6:66]. …

Werden wir mitunter überrascht sein, wenn wir erkennen, wie zornig einige auf die Kirche des Herrn sind und wie sie versuchen, den Schwachen auch noch das letzte Fünkchen Glauben zu nehmen? Ja. Doch das wird weder das Wachstum noch die Bestimmung der Kirche behindern, auch muss es unseren geistigen Fortschritt als Jünger des Herrn Jesus Christus nicht aufhalten.“ („Mögen wir ihn niemals verlassen“, Liahona, November 2010, Seite 39, 41).

Lehre und Bündnisse 10:30-70

Joseph Smith erfährt von Gottes Plan, den Bemühungen des Satans, das Werk zu zerstören, entgegenzuwirken

Lehre und Bündnisse 10:30-37. Du sollst die Worte nicht noch einmal übersetzen

Der Herr wusste, dass schlechte Menschen vorhatten, eine Fassung des gestohlenen Manuskripts mit verändertem Wortlaut zu veröffentlichen. Sollte Joseph Smith die verlorengegangenen Seiten noch einmal übersetzen, so würde diese Fassung jedenfalls seiner Erstübersetzung widersprechen. Aus diesem Grund gebot der Herr, dass Joseph Smith diesen Teil der Platten nicht neu übersetzen solle. Die Feinde des Propheten veröffentlichten die 116 Manuskriptseiten nie und die Seiten tauchten auch nie wieder auf. Als später die erste Ausgabe des Buches Mormon herausgegeben wurde, fügte Joseph Smith eine Einleitung hinzu, in der er auszugsweise Lehre und Bündnisse 10 zitiert und den Plan schlechter Menschen öffentlich macht, die einen Text herausgeben wollten, der „widersprechend zu dem [sein sollte], was [Joseph] übersetzt [hatte und hatte] schreiben lassen“ (LuB 10:11).

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Ausschnitt einer Seite des Originalmanuskripts des Buches Mormon

Ausschnitt einer Seite des Originalmanuskripts des Buches Mormon

Lehre und Bündnisse 10:38-45. Meine Weisheit ist größer als die Schlauheit des Teufels

Die verlorengegangenen 116 Manuskriptseiten des Buches Mormon stammten von der Übersetzung der großen Platten Nephis und enthielten unter anderem das Buch Lehi (siehe 1 Nephi 1:16; 19:1) und möglicherweise auch den ersten Teil des Buches Mosia. Nach dem Verlust des Manuskripts übersetzte der Prophet diese Teile der Platten nicht noch einmal. Stattdessen übersetzte er den übrigen Teil des Auszugs, den Mormon von den großen Platten angefertigt hatte. Allerdings wurde Joseph Smith vom Herrn angewiesen, auch die Gravierungen auf den kleinen Platten Nephis zu übersetzen, die den gleichen Zeitraum wie das Buch Lehi umfassen (siehe LuB 10:41).

Als der Prophet Nephi im Buch Mormon die Anweisung des Herrn schilderte, er solle einen zweiten Satz Platten anfertigen, schrieb er, es sei in Gottes „weise[r] Absicht, aber ich kenne diese Absicht nicht. Doch der Herr weiß alles von Anfang an; darum bereitet er einen Weg, um alle seine Werke unter den Menschenkindern zu vollbringen.“ (1 Nephi 9:5,6; siehe auch 1 Nephi 19:1-5; 2 Nephi 5:29-33; Worte Mormons 1:6,7.)

Elder Jeffrey R. Holland vom Kollegium der Zwölf Apostel hat dargelegt, inwiefern der zweite Bericht Nephis einerseits ein Beispiel für die unendliche Weisheit Gottes ist und andererseits auch belegt, was für ein Segen dieser Bericht für uns heute ist:

„Mindestens sechsmal kommt im Buch Mormon die Formulierung ‚zu einem weisen Zweck‘ oder ‚in seiner weisen Absicht‘ in Bezug auf die Herstellung, das Eingravieren oder das Bewahrtwerden der kleinen Platten Nephis vor (siehe 1 Nephi 9:5; Worte Mormons 1:7; Alma 37:2,12,14,18). Von einer weisen Absicht – der offensichtlichsten – wissen wir: Es sollte ein Ausgleich für den späteren Verlust der 116 Manuskriptseiten geschaffen werden, die der Prophet Joseph Smith vom ersten Teil des Buches Mormon übersetzt hatte (siehe LuB 3; 10).

Ich habe aber den Eindruck, dass ein noch weiserer Zweck dahintersteckt oder vielleicht eine weisere Absicht darin steckt. Wie das? Das geht aus LuB 10:45 hervor. Der Herr gab Joseph Smith Anweisungen dazu, wo er das Material von den kleinen Platten in den Teil einfügen sollte, der als Übersetzung des Auszugs von den großen Platten begonnen hatte, und tat kund: ,Siehe, vieles ist auf den [kleinen] Platten Nephis eingraviert, was größere Einsichten in mein Evangelium gewährt.‘ (Hervorhebung hinzugefügt.)

Es handelte sich also eindeutig nicht um einen äquivalenten Ersatz bei der Erstellung der Endfassung des Buches Mormon. Offensichtlich war das kein Tauschhandel – 116 Manuskriptseiten gegen 142 Druckseiten. Darum ging es nicht. Wir haben mehr zurückbekommen, als wir verloren hatten. Es war von Anfang an bekannt, dass es so sein werde. Wir wissen nicht genau, was wir auf den 116 Seiten verpasst haben. Aber wir wissen, dass wir auf den kleinen Platten die Aussagen dreier Hauptzeugen [Nephi, Jakob und Jesaja] erhalten haben – dreier bedeutender Lehrer im Buch Mormon, die uns bestätigen, dass Jesus der Messias ist.“ („For a Wise Purpose“, Ensign, Januar 1996, Seite 13f.)

Lehre und Bündnisse 10:46-52. Eine Antwort auf die Gebete der nephitischen Jünger

Mehrere nephitische Propheten und Jünger beteten darum, ihr Bericht möge bewahrt werden und dass durch ihn schließlich das Evangelium zu den Lamaniten und deren Nachkommen gelangen möge (siehe 2 Nephi 26:15; Enos 1:13,16,17; Mosia 12:8; 3 Nephi 5:14; Mormon 8:25,26; 9:34-37). Die Gebete dieser Propheten wurden durch das Hervorkommen des Buches Mormon in den Letzten Tagen erhört.

Lehre und Bündnisse 10:53-56,67. Meine Kirche

In Lehre und Bündnisse 10:53-56 ist einer der ersten Hinweise des Herrn darauf zu finden, dass er sich bereitmacht, seine Kirche nochmals auf der Erde zu errichten (siehe auch LuB 5:14; 6:1; 11:16). Der Herr gab die Verheißung, dass diejenigen, die zu seiner Kirche gehören, „sich nicht zu fürchten [brauchen], denn so jemand wird das Himmelreich ererben“ (LuB 10:55). Manch einer meint, dass durch die Mitgliedschaft in der wiederhergestellten Kirche des Herrn die Errettung garantiert sei. Um die Lehre des Herrn in diesem Punkt zu verstehen, muss man wissen, was es bedeutet, zur Kirche des Herrn zu gehören. Der Herr legt dar, dass man nicht zur Kirche gehört, nur weil man sich hat taufen lassen und sein Name in den Büchern der Kirche verzeichnet ist, sondern „wer auch immer umkehrt und zu mir kommt, der ist meine Kirche“ (LuB 10:67). Der Herr fügt hinzu, dass diese Mitglieder seiner Kirche, die bis ans Ende ausharren, nicht von den Pforten der Hölle überwältigt werden sollen (siehe LuB 10:69).

Lehre und Bündnisse 10:57-70. Die wahren Punkte meiner Lehre ans Licht bringen

Durch die Offenbarung in Lehre und Bündnisse 10 bezeugt Jesus Christus, dass er der Sohn Gottes ist, unser Herr und der Erlöser der Welt (siehe LuB 10:57,70). Der Herr hat verheißen, dass er durch das Hervorkommen des Buches Mormon und die Wiederherstellung der Kirche Jesu Christi „die wahren Punkte [s]einer Lehre ans Licht bringen“ werde (LuB 10:62). Er tut seine Lehre unter anderem deswegen durch das Buch Mormon kund, weil dieses Buch den Kindern Gottes hilft, sein Wort klar zu verstehen, wodurch Streit und die Neigung ferngehalten werden, das Gotteswort zu verdrehen und heilige Schrift falsch auszulegen (siehe LuB 10:63).

Die Aussage des Herrn, das Buch Mormon werde „die wahren Punkte [s]einer Lehre ans Licht bringen“ (LuB 10:62) und Streit abstellen, ist die Erfüllung der Prophezeiung Josefs aus Ägypten in Bezug auf die Schriften der Frucht seiner Lenden, die in den Letzten Tagen hervorkommen sollen (siehe 2 Nephi 3:12). In der Zeit des großen Abfalls vom Glauben wurde das Priestertum von der Erde genommen. Viele klare und kostbare Lehren wurden aus der Bibel herausgenommen oder zurückgehalten (siehe 1 Nephi 13:26-29). Infolgedessen war auf der Erde weder die Fülle der Wahrheit noch göttliche Offenbarung zu finden, obwohl beides erforderlich ist, will man das Wort Gottes verstehen und umsetzen. Dieser Mangel an Licht und Wahrheit führte zu Meinungsverschiedenheiten und Streitigkeiten über die Lehren Gottes und ermöglichte es dem Satan, das Herz der Menschen zum Streit aufzustacheln. Das Hervorkommen des Buches Mormon in den Letzten Tagen stellt die Wahrheit Gottes in ihrer Fülle wieder her, schafft Klarheit darüber und bezeugt sie aufs Neue.