2021
Was von oben kommt, ist heilig
Juni 2021


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Lehre und Bündnisse 63

Was von oben kommt, ist heilig

Wir dürfen kein Gebot Gottes auf die leichte Schulter nehmen

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young man putting money into a tithing envelope

Illustrationen von Dilleen Marsh

Als ich 15 war, beschloss ich, das Gesetz des Zehnten auf die Probe zu stellen. Damals packte ich für die Kunden eines Lebensmittelgeschäfts in Ponce in Puerto Rico den Einkauf in Tüten ein. Alle zwei Stunden hatte ich 15 Minuten Pause. In der Pause zählte ich mein Trinkgeld nach und legte gleich meinen Zehnten beiseite. Nachdem ich begonnen hatte, das so zu handhaben, stellte ich fest, dass ich mehr Trinkgeld als zuvor bekam! Ob Gott in diesem Fall eingegriffen hat, weiß ich nicht. Ich wusste aber, dass ich ein Gebot hielt und wir, wenn wir Gebote halten, früher oder später dafür gesegnet werden.

Natürlich werden wir nicht immer so gesegnet, wie wir uns das vorstellen. Nachdem ich den Zehnten eine Zeit lang gezahlt hatte, wusste ich, dass ich etwas tat, was heilig war. Ich spendete nicht einfach nur der Kirche Geld. Ich begegnete dem, was der Herr gesagt hatte, mit Respekt und achtete darauf, meinen Zehnten regelmäßig und stets pünktlich zu zahlen. Es begeisterte mich, meinen Teil zum Aufbau des Gottesreichs beitragen zu können.

Mein Zehnter lag vergessen zuhause

Eines Sonntagmorgens brauchte ich länger als sonst, um wach zu werden. Meine Eltern wollten zeitig in die Kirche gehen, und als ich mich endlich aus dem Bett gewälzt hatte, war die Zeit knapp. Erst als wir am Gemeindehaus ankamen, fiel mir auf, dass ich meinen Zehnten hatte liegen lassen. „Ich werde ihn einfach nächste Woche zahlen“, dachte ich. Dabei war mir aber gar nicht wohl zumute. Ich wollte den Vater im Himmel wissen lassen, dass ich gehorsam bin.

Als wir nach den Versammlungen nach Hause kamen, mussten wir feststellen, dass bei uns zuhause eingebrochen worden war. Schmuck, eine Videokamera – so ziemlich alles Wertvolle war gestohlen worden. Ich eilte in mein Zimmer und durchsuchte die Schublade, in die ich meinen Zehnten gelegt hatte. Auch dieser Umschlag war fort. Jetzt war mir richtig unwohl. Ich machte mir Vorwürfe. Hätte ich nicht vergessen, meinen Zehnten zur Kirche zu bringen, würde er jetzt nicht fehlen.

Dann hatte ich das Gefühl, ich solle meinen Vater trösten, und so sagte ich zu ihm: „Mach dir keine Sorgen. Alles wird gut ausgehen. Der Einbrecher hat etwas Heiliges gestohlen, nämlich Geld, das dem Herrn gehört.“ Ich war mir sicher, dass der Herr das nicht würde durchgehen lassen.

Ich glaube aber auch, dass der Herr mir nahelegen wollte, umsichtiger mit dem umzugehen, was ihm gehört. Bald wurde der Dieb gefasst, und es wurde tatsächlich alles wiedergefunden – nur mein Zehntengeld nicht. Um alles wieder einzurenken, nahm ich den entsprechenden Betrag von meinem Ersparten und gab ihn gleich am darauffolgenden Sonntag dem Bischof. Seitdem bin ich stets bemüht, meinen Zehnten pünktlich zu zahlen. Ich weiß, dass der Zehnte ein von Gott gegebenes Gesetz ist und ich es daher ernst nehmen soll.

Mit Heiligem dürfen wir nicht nachlässig umgehen

In Abschnitt 63 des Buches Lehre und Bündnisse geht der Herr auf einen heiligen Grundsatz ein: Gehorsam. „Ich, der Herr, lasse meine Stimme erschallen, und ihr soll gehorcht werden.“ (Vers 5.) Was von ihm kommt, „ist heilig und muss mit Sorgfalt … gesprochen werden“ (Vers 64).

Zu der Zeit, als diese Offenbarung empfangen wurde, wurde Joseph Smith von einigen, die sich gegen ihn gewandt hatten, kritisiert. Einer davon war Ezra Booth. Booth war Pastor in einer anderen Glaubensgemeinschaft gewesen, hatte sich aber taufen lassen, als er gesehen hatte, wie Joseph durch die Macht des Priestertums den Arm einer Frau geheilt hatte.

Bald schon verlor Booth jedoch den Glauben an das, was er miterlebt hatte. Er äußerte sich dem Propheten gegenüber kritisch. Er begriff nicht, dass Zeichen und Wunder allein keinen dauerhaften Glauben hervorbringen. Als er begann, mit Heiligem nachlässig umzugehen, kam er vom Weg ab und wurde einer von den „Schlechten und Widersetzlichen“ (Vers 2).

Ich finde es interessant, dass der Herr auch seine eigene Vorgehensweise darlegt, wenn er über unseren Gehorsam spricht. Seine Entscheidungen sind keinesfalls beliebig oder willkürlich, sondern stützen sich auf Lehren und Grundsätze. In Abschnitt 82 des Buches Lehre und Bündnisse erklärt er: „Ich, der Herr, bin verpflichtet, wenn ihr tut, was ich sage.“ (Vers 10.)

Für mich bedeutet das Verlässlichkeit: Wenn wir gehorsam sind, verspricht er, seine Verheißungen immer zu erfüllen. Er beschützt uns. Er führt uns. Wir sollen nicht nach Zeichen Ausschau halten, um andere von der Wahrheit zu überzeugen oder um unseren Glauben auf den Prüfstein zu stellen. Dennoch folgen entsprechend dem Willen Gottes und aufgrund des Glaubens an Jesus Christus Zeichen und Wunder (siehe Lehre und Bündnisse 63:9,10). Unserem Gehorsam kommt tatsächlich große Bedeutung zu, was die Bedingungen anbelangt, unter denen der Herr uns segnen kann. Für mich ist das sehr tiefgründig.

Die Richtersprüche des Herrn sind gerecht

Ein anderer Aspekt des Gehorsams ist der, dass – auch wenn es unvorstellbar traurig ist – die Vernichtung der Schlechten und das Gericht, das ihnen zugemessen wird, gerecht sein werden. Würde den Menschen Gehorsam weder beigebracht noch von ihnen erwartet, könnte dies nicht so sein. Aber ewige Gesetze haben Auswirkungen auf die Ewigkeit, und auch der von den Auswirkungen Betroffene wird wissen, dass die Richtersprüche des Herrn gerecht sind (siehe Mosia 16:1). „Alles Fleisch wird wissen, dass ich Gott bin.“ (Lehre und Bündnisse 63:6.)

Belohnung und Bestrafung sind Sache des Herrn. Wenn der Herr diejenigen warnt, die sich auflehnen, tut er das aus Liebe. Er möchte sie anspornen, auf den rechten Weg zurückzukehren, solange sie noch dazu in der Lage sind, „denn ohne Glauben kann kein Mensch Gott gefallen“ (Vers 11).

„Wer im Glauben ausharrt und meinen Willen tut, der wird überwinden“ (Vers 20), und „wer meine Gebote hält, dem werde ich die Geheimnisse meines Reiches geben, und diese werden in ihm eine Quelle lebendigen Wassers sein, das zu immerwährendem Leben emporquillt“ (Vers 23).

„Durch Wort und auch durch Flucht“

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men and women walking to and from a temple

Im Grunde sagt der Herr, dass wir nicht nur selbst gehorsam sein sollen, sondern auch andere hierzu anspornen sollen. Er sagt: Ein jeder nehme „Rechtschaffenheit in seine Hände … und [erhebe] für die Bewohner der Erde warnend die Stimme … und [verkünde] durch Wort und auch durch Flucht …, dass Verwüstung über die Schlechten kommen wird“ (Vers 37).

„Durch Wort und auch durch Flucht.“ Ich finde, das ist sehr einprägsam formuliert! Die Gehorsamen entfliehen der Welt und sammeln sich in Zion. Früher bedeutete das, sich am Hauptsitz der Kirche zu sammeln; heute sammeln wir uns an Orten der Rechtschaffenheit, etwa auch im Tempel. Präsident Russell M. Nelson hat gesagt: „Jeder von uns [braucht] die fortwährende geistige Stärkung und Weiterbildung, die nur im Haus des Herrn möglich ist.“1

Die Tatsache, dass wir uns in Zion sammeln, sollte für unsere Mitmenschen ein Signal sein. Mit anderen Worten: Die Leute sollen merken, dass wir nicht alles mitmachen. Von bestimmten Orten ziehen wir uns zurück. Wir suchen Zuflucht im Tempel, im Gemeindehaus und in unserem Zuhause. Für unsere Mitmenschen soll klar ersichtlich sein, was wir zu uns nehmen und was nicht, was wir anschauen und was nicht, was wir lesen und was nicht oder was wir sagen und was nicht. Unsere Flucht aus der Welt muss bemerkt werden, und schon das ist ja bereits ein Signal an die Ungehorsamen.

Darüber hinaus erwartet der Herr von uns, dass wir unsere Stimme erheben. Wir entfliehen nicht nur dem Bösen in der Welt; wir müssen auch die Schönheit des Evangeliums kundtun. Es ergibt sich auf ganz normale, natürliche Weise, dass wir gefragt werden, warum wir bei bestimmten profanen Vergnügungen nicht mitmachen. Dann sollen wir den Mut haben, es den Leuten zu erklären – nicht herablassend oder mitleidig, sondern liebevoll und aus dem aufrichtigen Wunsch heraus, sie mögen errettet werden.

Elder Dieter F. Uchtdorf vom Kollegium der Zwölf Apostel hat gesagt: „Ich bitte Sie nicht darum, sich mit einem Megafon an eine Straßenecke zu stellen und Verse aus dem Buch Mormon zu zitieren. Ich bitte Sie vielmehr darum, stets nach Gelegenheiten Ausschau zu halten, in den Gedankenaustausch mit anderen ganz natürlich und normal einfließen zu lassen, woran Sie glauben – sei es in Person oder online. Ich bitte Sie, jederzeit ein Zeuge für die Kraft des Evangeliums zu sein [siehe Mosia 18:9] und, wenn nötig, dafür Worte zu gebrauchen.“2

Das Richtige tun

Als ich vor vielen Jahren anfing, den Zehnten zu zahlen, war mir nicht in vollem Umfang bewusst, was ich da eigentlich tat. Ich wusste aber, dass es richtig ist und ich die Gebote Gottes ernst nehmen soll – denn was von oben kommt, ist heilig. Interessant finde ich, dass es in Abschnitt 63 auch um finanzielle Entscheidungen und Spenden an die Kirche geht und der Herr dazu diese Verheißung ausspricht: „Wer glaubenstreu ist und ausharrt, wird die Welt überwinden.

Wer Schätze in das Land Zion hinaufsendet, wird ein Erbteil in dieser Welt empfangen, und seine Werke werden ihm nachfolgen, und auch einen Lohn in der künftigen Welt.“ (Vers 47 und 48.)

Anmerkungen

  1. Russell M. Nelson, „Wie wir beispielhafte Heilige der Letzten Tage werden“, Liahona, November 2018, Seite 114

  2. Dieter F. Uchtdorf, „Missionsarbeit – sagen Sie, was Ihr Herz bewegt“, Liahona, Mai 2019, Seite 17