2020
„Das Beste ist gerade gut genug“ – Gerwin Baasch (1934 – 2020)
Juli 2020


Stimmen von Heiligen der Letzten Tage

„Das Beste ist gerade gut genug“ – Gerwin Baasch (1934 – 2020)

Bischofswerda (JW): Als ich zur letzten Pfahlkonferenz in einer Chorprobe saß, sprach mich eine Missionarin an, die sich wunderte, dass ich die Lieder auswendig singen konnte. Bevor ich ihr antworten konnte, meinte meine Sitznachbarin, dass jeder, der einmal im Missionsjugendchor mitgesungen hatte, die Lieder auswendig singen könne. Sie berichtete ebenfalls, dass mein Vati der damalige Chorleiter gewesen war. Die Missionarin sah mich lächelnd an, wusste jedoch nicht, wovon wir sprachen.

Wie oft habe ich solche oder ähnliche Worte gehört. Jeder, der den Namen Gerwin Baasch kennt, verbindet ihn mit musikalischen Erlebnissen. Mein Vati nutzte sein ganzes Leben, um seine beruflichen Fähigkeiten mit seiner Liebe zur Missionsarbeit zu verbinden.

Von 1962 bis 1973 war er in der ehemaligen DDR zusammen mit den Brüdern Achim Lehnig und Günter Schulze als Leiter des Missionsjugendchores tätig. Wer einmal in diesem Chor mitgesungen oder ihn gehört hat, wird sich immer gerne daran erinnern. Vati hatte ein eigenes Motto, welches mir oft in den Sinn kommt: „Wenn du etwas für den Herrn tust, ist das Beste gerade gut genug.“ So waren seine Chorproben geprägt von Wiederholungen, bis die Botschaft des Liedes geistvoll zum Ausdruck kam. Deshalb behaupte ich, dass jeder Sänger sie heute noch verinnerlicht hat.

Ein weiteres Motto von ihm lautete: „Geht nicht – gibt es nicht!“ Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang an ein Erlebnis aus der Zeit, als ich 15 Jahre alt war. Mein Vati übte mit meiner Schwester Sabine und mir die Sopran- und Altstimme aus dem Halleluja von Händel, weil er es mit dem Jugendchor einstudieren wollte. Da er damit rechnete, dass man sagen könnte, es wäre viel zu schwer und daher nicht zu machen, übte er schon vorab mit uns, um zu zeigen, dass es zu schaffen war. Wir sangen es! Den Geist spüre ich jedes Mal, wenn ich das Halleluja höre. Ich singe meine Stimme auch heute noch auswendig mit.

Mein Vati war ein Missionar durch und durch. Ich erinnere mich an unsere gemeinsame Zeit in unserem Garten. Er besaß die Gabe, innerhalb kürzester Zeit ein Gespräch über Blumen, Wetter oder Ungeziefer auf das Evangelium und das Buch Mormon zu beziehen. Dabei war es ihm völlig egal, ob er auf einem Baum saß oder ganz schnell nach Hause wollte, und so kam es auch vor, dass der Heimweg vom Garten bis zum Parkplatz, wo unser Auto stand, bis zu 30 Minuten oder länger dauerte.

Mit der gleichen Energie widmete sich mein Vati der genealogischen Arbeit. Als Einziger von vier Geschwistern war er in der Kirche aktiv und sah es als seine besondere Verpflichtung an, seine Vorfahren zu erlösen. Da seine Großeltern aus Binz auf der Insel Rügen stammten, verbrachten wir sehr viele Urlaube auf dieser Insel und verpassten so manches herrliche Strandwetter, weil Vati auf Friedhöfen und in Pfarrämtern nach seinen Vorfahren suchte.

Vati war uns bis zu seinem Tod ein Vorbild an Liebe – in seiner großen Familie und seiner Beziehung zum himmlischen Vater. Er war zusätzlich zu seinen anderen Berufungen in der Gemeinde und im Pfahl fünf Jahre lang auf drei Pfahlmissionen: in Weimar, Gera und Magdeburg. Wichtig war ihm auch immer seine Berufung als Tempelarbeiter.

Ich kann wie Nephi sagen, dass ich von guten Eltern abstamme. Mein Vati war Musiker, Missionar, Chorleiter und Genealoge. Für mich ist und bleibt er mein Vorbild, das ich von ganzem Herzen liebe.