2021
Ich betete viel um Frieden
September 2021


Stimmen von Heiligen der Letzten Tage

Ich betete viel um Frieden

Wetzikon (OB): Im März 2015 wurde bei mir ein gutartiger Tumor an der Hirnhaut festgestellt. Der Tumor drückte auf das Motorik-Zentrum und löste Lähmungen an der rechten Körperhälfte aus. Nach erfolgreicher Entfernung des Tumors musste ich in der Reha wieder gehen lernen, die Feinmotorik wurde wiederhergestellt, die Balance und kognitives, verknüpftes Denken. Oft betete ich, dass ich wieder ganz gesund werden würde. Ich wollte mein altes Leben zurück. Doch die Behinderungen blieben.

Immer wieder bestätigte mir der Herr im Gebet, dass es zu keinen weiteren Hirnschädigungen kommen würde. Jährlich musste ich zur Kontrolle ins Krankenhaus. Jedes Jahr zeigten die Untersuchungen, dass alles in Ordnung sei. Dann im März 2019 entdeckten die Ärzte einen weissen Fleck an der Hirnhaut. Ich war am Boden zerstört. Glaubte ich doch, dass wenigstens das Gehirn gesund bleiben würde, wenn schon meine Motorik in Fuss und Bein nicht mehr richtig funktionierten. Panik machte sich in mir breit. Eine erneute Operation und Bestrahlung würde ich weder körperlich noch seelisch ertragen. Ich betete viel um Frieden.

Vier Monate später sollte eine Kontrolluntersuchung zeigen, ob sich der Fleck vergrössert hatte oder nicht. Es waren vier schwere Monate, in denen ich nicht wusste, was ich denken sollte. Ich betete weiter um Frieden und Lösungen, um Gesundheit und Glauben. An einem Sonntag sprach ein Bruder aus der Pfahlpräsidentschaft über das Gleichnis der Frau, die jahrelang unter Blutungen litt und so viel Glauben hatte, dass sie nur durch das Berühren des Saumes vom Gewand Christi geheilt wurde. Als ich dies hörte, schoss mir der Gedanke durch den Kopf: „Wenn diese Frau das konnte, kann ich das auch!“ So betete ich und sagte zum Vater im Himmel, dass Christus nicht persönlich in der Gemeinde sein kann, aber sein Stellvertreter aus der Pfahlpräsidentschaft sei ja da. Ich werde nach der Abendmahlsversammlung zu ihm hingehen und den Saum seines Sakkos berühren im Glauben, dass ich geheilt werde. Gesagt, getan. Ich spürte so viel Frieden in mir und in dem Moment war der Glaube so stark, dass ich es einfach wusste, dass es gut werden würde.

Später liess ich mir noch einen Krankensegen geben. Bei der Kontrolluntersuchung war der Fleck auf den MRT-Bildern nicht mehr zu sehen. Der Neurochirurg war mehr als erstaunt. Ein Wunder war geschehen. Gott hat mein Gebet erhört. Ich bin dankbar für dieses Erlebnis. Trotzdem leide ich immer noch unter den Folgen des Tumors und der Bestrahlung und habe weiterhin körperliche Beschwerden und Probleme beim Gehen. Gott heilte mich nicht vollständig. Er zeigte mir jedoch, dass er da ist und mich unterstützt und mir beständig hilft.

Ich habe daraus gelernt, dass manche Gebete beantwortet werden, andere nicht; manche Menschen werden geheilt, andere nicht oder nur teilweise. Wie oft denken wir: „Warum ich?“, „Was mache ich falsch?“, „Warum verdiene ich das nicht?“. Der Vater im Himmel hat kein Soll-und-Haben-Konto, in dem steht: „So viel Segen für so viel Glauben und so viele gute Taten.“ Segnungen kommen vom Vater und der Gnade Jesu. Segnungen sind immer ein Geschenk. Und wer sagt, dass eine Prüfung immer negativ sein muss? Mein Leben ist seit meiner Krankheit nicht mehr, wie es vorher war. Viele Dinge kann ich nicht mehr tun. Ist das nun schlechter? Nein. Es ist einfach anders. Türen schlossen sich und neue Türen taten sich dadurch auf.

Anstatt zu denken: „Was mache ich falsch?“ oder „Warum verdiene ich das nicht?“, sollten wir fragen: „Was willst du Herr, was soll ich durch diese Krankheit lernen? Zeige mir bitte, was du damit bezweckst!“ Wenn er Krankheiten zulässt, will er uns vielleicht etwas zeigen. Er liebt jeden und kennt unser Potential. Durch meine Krankheit habe ich so viel gelernt und bin Christus nähergekommen als je zuvor. Dafür bin ich dankbar.

Ich glaube, dass der Vater für jeden einen ganz persönlichen Plan hat und uns immer die Kraft gibt, die wir brauchen. Manchmal sehen wir Wunder, selbst wenn dieses Wunder heisst, eine Schwäche in eine Stärke zu verwandeln, jemandem vergeben zu können, einen Schicksalsschlag zu akzeptieren und trotzdem Freude zu haben, auszuharren, nicht zu zweifeln. Und manchmal sind es die ganz grossen Wunder, für die wir so lange beten. Am Ende geht es um Glaube, ungeachtet dessen, was kommt, damit wir sagen können: „Nicht wie ich will, sondern wie du willst, Vater.“