2019
Eine Wanderung zum „Speer“
Januar 2019


Eine Wanderung zum „Speer“

(MA) Vor sechs Jahren unternahmen wir als Familie an einem schönen Sommertag eine Wanderung auf jenen Berg, auf dem ich als Knabe mit meinem Vater schon oft gewesen war – den Speer. Der Weg dorthin ist von einer Seite her mit einem fest installierten Seil ausgestattet und enthält Kletterpassagen, die nur für geübte Berggänger geeignet sind. Als abenteuerlustiger Familienvater wollte ich mit meiner Familie diesen Weg begehen.

Über die vielen Jahre hatte ich vergessen, wie steil und anstrengend dieser Aufstieg ist. Die älteren zwei Kinder waren 3 und 6 Jahre alt und sehr gut zu Fuss. Die sechs Monate alte Tochter wurde von meiner Frau auf dem Rücken getragen. Der Anstieg zum Berg dauerte aufgrund von vielen Pausen mehrere Stunden. Wir erreichten den Fuss der Nordflanke erst am späteren Nachmittag. Es waren keine Wanderer mehr unterwegs.

Mittlerweile nahm ich zusätzlich zum Rucksack die dreijährige Tochter auf den Rücken, da die Kletterpassagen für sie zu anspruchsvoll wurden.

30 Meter unter dem Gipfel blieb ich stecken, weil ich nicht mehr Kraft genug aufbrachte, mich am Seil festzuhalten. Meine Frau und unser Sohn waren bereits eine Etage höher gestiegen. Angst und Erschöpfung standen ihnen ins Gesicht geschrieben. Ich konnte weder vor noch zurück. Wir weinten vor Verzweiflung und Erschöpfung, sassen wir doch schon seit 15 Minuten fest. In der Zwischenzeit hatten meine Frau und unser Sohn in einem innigen Gebet zum himmlischen Vater um Hilfe geschrien. Wie durch ein Wunder kam genau in diesem Moment ein Mann den Berg hochgeklettert. Er erschrak angesichts des Zustands, in dem er uns vorfand. Hingebungsvoll half er uns, die knifflige Stelle zu überwinden.

Oben angekommen, mussten wir uns eine Standpauke über unser Unternehmen anhören. Nach einer kurzen Pause wählten wir entkräftet den einfacheren Weg zurück ins Tal. Mit den übermüdeten Kindern dauerte es mehr als zwei Stunden, bis wir schliesslich auf halbem Weg auf eine Bergstrasse stiessen. Erneut flehten wir den Herrn mit aller Kraft um Hilfe an, er möge uns jemanden schicken, der uns mit dem Auto ins Tal fährt.

Plötzlich fuhr ein Auto die Strasse hoch und wollte wieder wenden. Ich rannte los, winkend und rufend, bis der Autofahrer auf mich aufmerksam wurde. Zu meiner Verwunderung stand derselbe vor mir, der uns Stunden zuvor schon einmal gerettet hatte.

Überglücklich und völlig entkräftet stiegen wir ins Auto. Auf der Fahrt fragte ich den „Engel“, weshalb er das Fahrverbot auf der Bergstrasse missachtet habe. Seine Antwort werde ich nie vergessen: „Ich hatte geduscht und warf dann vom Balkon einen Blick auf meinen geliebten Hausberg. In diesem Augenblick hatte ich die Eingebung: ,Fahr los, diese Familie braucht deine Hilfe.‘ Augenblicklich machte ich mich auf, euch zu suchen.“

Der Herr hat an diesem Tag unsere Gebete zweimal erhört und uns Hilfe geschickt.

Dieses Erlebnis gehört zu den heiligsten Momenten unseres Lebens.