2019
Die erhabene Mission des Propheten Joseph Smith
Januar 2019


Die erhabene Mission des Propheten Joseph Smith

Nach der Ansprache „Joseph Smith: The Prophet and the Man“, gehalten am 25. Juni 2018 beim Missionsführungsseminar

Joseph Smith hat in so kurzer Zeit mehr erreicht als irgendein anderer Mensch auf Erden. Die einzige plausible Erklärung ist, dass er himmlische Hilfe erhalten hat.

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Painting of Joseph Smith

Joseph Smith, Gemälde von William Whitaker

Ich möchte über Joseph Smith sprechen, den Propheten und den Menschen. Ich hoffe, dass meine Worte dazu beitragen, dass sich Ihr Verständnis von den einzigartigen und erhabenen Leistungen des ersten Propheten dieser Evangeliumszeit vertieft.

Das Verhältnis zwischen Wissen und Zeugnis im Zusammenhang mit Joseph Smith ist bei der Missionsarbeit enorm wichtig. Es ist ja so, dass einige Freunde der Kirche die grundlegenden Lehren des Evangeliums annehmen, jedoch daran zweifeln, dass einem 14-jährigen Jungen der Vater im Himmel und sein Sohn erschienen sind, dass er das Buch Mormon übersetzt hat und dass er der Prophet wurde, als den wir ihn kennen. Wem das so geht, der kann aus den Worten von Präsident Russell M. Nelson etwas mitnehmen:

„Joseph war zu seiner Mission im Erdenleben vorherordiniert. Sein empfänglicher und reiner Geist war für die Anweisungen des Herrn offen. Aber an weltlichen Maßstäben gemessen war er völlig ungeeignet. Und seine Aufgabe, der Prophet dieser letzten Evangeliumszeit zu sein, erschien völlig undenkbar. Dieses Beispiel verdeutlicht ein Prinzip, nach dem der Herr häufig wirkt: Er arbeitet mit denen, die scheinbar ungeeignet sind, und erreicht mit ihnen das Unmögliche.“1

Es ist äußerst wichtig, dass unsere Missionare ein Zeugnis von der göttlichen Berufung und dem erhabenen Werk des Propheten Joseph Smith haben.

Seit 65 Jahren befasse ich mich mit dem Leben von Joseph Smith. Ich wurde 1932 geboren, als die Kirche gerade etwas über 100 Jahre alt war. Ich bin wohl ein typischer gläubiger Heiliger der Letzten Tage dieses zweiten Jahrhunderts der Geschichte der Kirche. Wir haben Joseph Smith zwar nicht kennengelernt, aber wir haben das Gefühl, ihn zu kennen, und schätzen ihn für seine Offenbarungen und Lehren. Wir bezeugen, dass die poetische Vorhersage „da dann mit Ehrfurcht sein Name wird genannt“2 wahr ist.

I. Joseph Smith, der Prophet

Wir alle kennen Joseph als den ersten Propheten dieser Evangeliumszeit und als das Werkzeug des Herrn für die Wiederherstellung. Aber was genau hat der Herr durch diesen Propheten wiederhergestellt? Nicht alle Mitglieder der Kirche (und nur wenige Nichtmitglieder) kennen die aufschlussreichen und umfassenden Ergänzungen, die der Prophet Joseph aufgrund von Inspiration durch den Herrn zur christlichen Lehre beigetragen hat. Dies ist eine kurze Übersicht:

  • das Wesen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes

  • die jeweiligen Aufgaben der drei Mitglieder der Gottheit und deren Beziehung zu den Menschen

  • was es mit dem Fall des Menschen auf sich hat

  • der Zweck, den das Erdenleben im Plan des Vaters für seine Kinder erfüllt, nämlich ewiges Leben zu erlangen

  • die Bedeutung des Sühnopfers Jesu Christi, durch das die Unsterblichkeit und das ewige Leben zustande gebracht werden

  • die Bedeutung der irdischen und der ewigen Ehe im Plan des Vaters

  • die grundlegende Bedeutung des Priestertums und der heiligen Handlungen im Plan des Vaters

  • die grundlegende Bedeutung von Tempeln und stellvertretend zu erledigenden heiligen Handlungen im Plan des Vaters

  • die Erkenntnis, dass Gott die Errettung all seiner Kinder möchte und dass jeder, der jemals auf der Erde gelebt hat – ob er nun von Christus gehört hat oder nicht –, nach dem Erdenleben in den höchsten Himmel eingehen kann

  • das Verhältnis der drei Quellen der Wahrheit über den Menschen und das Universum: Wissenschaft, die heiligen Schriften und fortlaufende Offenbarung

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images of the plan of salvation

Auszug aus Eden, Erretter und Zwischen Himmel und Erde, Gemälde von Annie Henrie Nader

Wer sich auch nur mit einem kleinen Teil dieser Liste befasst – ob nun gläubig oder nicht –, der kommt nicht umhin anzuerkennen, dass Joseph Smith wie die Quelle eines gewaltigen Flusses ist – voller kühner, neuer und kostbarer religiöser Vorstellungen. In der Anleitung Verkündet mein Evangelium! erfahren wir, dass die Fülle des Evangeliums durch Joseph Smith auf der Erde wiederhergestellt wurde.3

Vielleicht haben Sie bemerkt, dass ich in meiner Liste nicht explizit erwähnt habe, dass Joseph Smith das Buch Mormon hervorgebracht hat – eine neue heilige Schrift, die gewiss die Quelle von vielen dieser neuen religiösen Vorstellungen ist. Dieses Buch verdient besondere Erwähnung. Sein Titel verdeutlicht seine wichtigste Funktion: Es ist „ein weiterer Zeuge für Jesus Christus“. Abgesehen von dieser grundlegenden Funktion hat es noch viel mehr Nutzen. Ein Wissenschaftler und Bestseller-Autor sagte über dieses Buch:

„Das Buch Mormon zeigt Amerika eine neue Richtung auf: Es soll ein Land der Rechtschaffenheit werden, nicht nur ein Land der Freiheit. Während heutzutage Wohlstand und Ungleichheit immer mehr zunehmen, spricht das Buch Mormon für die Armen. … Anstelle einer aus gewählten Volksvertretern bestehenden Regierung soll es eine rechtschaffene Herrschaft von Richtern und Königen geben, die nach Gottes Gesetz regieren. Im Gegensatz zu Religionen, die nur die Bibel anerkennen und heutzutage nicht mehr an Wunder glauben, steht das Buch Mormon für fortlaufende Offenbarung, Wunder und Offenbarungen in allen Nationen. Entgegen aller Skepsis fördert es Glauben, entgegen allem Nationalismus ein weltumfassendes Israel. Es wird darin vorhergesagt, dass den Nationen Unheil droht, wenn das Streben nach Reichtümern, die Ablehnung von Offenbarung und heidnische Zivilisationen über Rechtschaffenheit, Offenbarung und Israel obsiegen.“4

Noch wichtiger ist das, was Präsident Nelson vor kurzem über das Buch Mormon sagte: Es „ist das Werkzeug, durch das die verheißene Sammlung Israels bewerkstelligt wird“5.

In der Anleitung Verkündet mein Evangelium! finden wir ein Zitat vom Propheten Joseph Smith, der gesagt hat, das Buch Mormon ist „der Schlussstein unserer Religion“6.

Die meisten Menschen, die keine Mitglieder der Kirche sind, wissen nichts von Joseph Smiths wertvollem Beitrag zum religiösen Gedankengut. In einer umfangreichen Studie in den Vereinigten Staaten fand der Meinungsforscher Gary Lawrence heraus, dass nahezu die Hälfte der Probanden dachten, die Heiligen der Letzten Tage seien zurückgezogen und geheimnisvoll und hätten „seltsame Glaubensansichten“7. Auf die Frage „Was sind die zentralen Ansichten der Mormonen?“, konnte ihm nur einer von sieben ansatzweise etwas über die Wiederherstellung oder Wiederaufrichtung des ursprünglichen Christentums sagen. Als es in einer anderen landesweiten Umfrage darum ging, wie die Teilnehmer unsere Religion am besten beschreiben würden, wurde nicht ein einziges Mal das ursprüngliche oder das wiederhergestellte Christentum genannt.8

Diese Ergebnisse zeigen uns, dass unsere Missionare nicht davon ausgehen dürfen, dass die Menschen viel über unseren Glauben wissen. Die Menschen, die sie unterweisen, haben vielleicht schon einmal von den Mormonen gehört, aber die Missionare dürfen nicht annehmen, dass sie auch nur das geringste Verständnis von den wesentlichen Grundsätzen unseres Glaubens haben.

II. Joseph Smith, der Mensch

Nun folgen einige meiner Gedanken über das außergewöhnliche Leben von Joseph Smith.9 Der Joseph Smith, wie ich ihn in meinen persönlichen Nachforschungen – überwiegend in Illinois – kennengelernt habe, war ein junger, gefühlsbetonter, dynamischer Mann aus dem damaligen Grenzgebiet der Vereinigten Staaten. Er war derart beliebt und zugänglich für seine Leute, dass sie ihn oftmals „Bruder Joseph“ nannten. Sein verhältnismäßig junges Alter war in Bezug auf sein prophetisches Wirken besonders bemerkenswert. Als er die erste Vision empfing, war er 14 Jahre alt, 21, als er die goldenen Platten erhielt, und gerade einmal 23, als er in weniger als sechzig Arbeitstagen die Übersetzung des Buches Mormon fertigstellte.

Über die Hälfte der Offenbarungen im Buch Lehre und Bündnisse hat der Prophet vor seinem 26. Geburtstag erhalten. Er war 26, als die Erste Präsidentschaft organisiert wurde, und gerade 33, als er der Gefangenschaft in Missouri entkam und die Heiligen wieder führte. Er war erst achtunddreißigeinhalb, als er ermordet wurde.

In seinem kurzen Leben hatte Joseph Smith mehr als genug Prüfungen und Leid zu ertragen. Als er sieben Jahre alt war, musste er eine äußerst schmerzhafte Beinoperation über sich ergehen lassen. Da seine Familie arm war, hatte er wenig Schulbildung und musste als Jugendlicher viele Stunden arbeiten, um die Familie mitzuversorgen. Er wurde oft körperlich angegriffen. Er versuchte, die überwältigenden Pflichten seiner heiligen Berufung zu erfüllen, und musste nebenher als Farmer oder Kaufmann den Lebensunterhalt für seine Familie verdienen. Dies tat er ohne die bemerkenswerten geistigen Gaben, die ihm in seiner Berufung als Prophet eine Stütze waren. Der Herr hatte ihm gesagt: „In zeitlichen Arbeiten wirst du keine Kraft haben, denn das ist nicht deine Berufung.“ (Lehre und Bündnisse 24:9.)

In geistigen Belangen hatte Joseph Smith keine Vorbilder, von denen er lernen konnte, wie man ein Prophet und Führer ist. Er musste sich auf unerfahrene Begleiter verlassen. Gemeinsam lernten sie und machten schwierige Zeiten durch. Joseph eignete sich rasch Wissen an und nahm schnell an Reife zu. Er hatte zweifellos besondere Begabungen. Heutzutage würden wir sagen, dass er ein helles Köpfchen war. Er sagte, dass er von himmlischen Boten und durch andere Offenbarungen von Gott unterwiesen wurde, und das glaube ich ihm.

Eine seiner Begabungen wird durch die Liebe und die Treue deutlich, die ihm die bemerkenswerten Menschen entgegenbrachten, die ihm nachfolgten. Als Joseph seine Anhänger aufforderte, ihre menschlichen Unvollkommenheiten zu überwinden, erhob er sich dabei nicht über sie, und dafür mochten sie ihn. In einer Ansprache, die Joseph etwas über einen Monat vor seinem Tod hielt, erklärte er: „Ich habe euch nie gesagt, ich sei vollkommen; aber in den Offenbarungen, die ich verkündet habe, ist kein Fehler.“10 Joseph Smith hatte „von Natur aus [ein] fröhliches Gemüt“ (Joseph Smith – Lebensgeschichte 1:28), wodurch er die Zuneigung fast aller gewann, die ihn kannten. Eine Bekannte sagte: „Die Liebe, die die Heiligen für ihn hatten, lässt sich nicht in Worte fassen.“11 Die Gemeinschaft mit seinen Freunden brachte Joseph große Freude. Für ihn bestand ein wichtiger Zweck des Evangeliums darin, eine Gesellschaft und eine Gemeinschaft aufzubauen.

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Painting of Joseph Smith

Joseph Smith, Gemälde von William Whitaker

Einmal fiel mir auf: „Sein ganzes Leben lang lebte Joseph Smith im [damaligen amerikanischen] Grenzgebiet, wo Männer mit ganzer Kraft gegen Naturgewalten und manchmal auch gegeneinander kämpfen mussten. Er war ein großer Mann, stark und körperlich aktiv. Er fand Gefallen an Wettkämpfen wie Stockziehen, wo man seine körperliche Kraft messen konnte (siehe History of the Church, 5:302). In unseren Archiven gibt es viele Erzählungen über ihn, wie er mit Freunden und Bekannten gerungen hat. Eines Sonntags sprachen er und Brigham Young zu den Heiligen in Ramus in Illinois, zu Pferd etwa eine Tagesreise von Nauvoo entfernt. Bevor sie Ramus verließen, stellte Joseph am Montag noch gegen den sogenannten ‚Raufbold von Ramus‘ sein Können im Ringkampf unter Beweis (siehe Joseph Smith Journal, 13. März 1843, aufgeschrieben von Willard Richards, Joseph Smith Collection, Archiv der Kirche Jesu Christi). Joseph war ihm deutlich überlegen. Was bin ich froh, dass die Mitglieder bei unseren heutigen Konferenzen nicht mehr die Möglichkeit haben, die besuchende Autorität so herauszufordern!“12

Nur wenige Menschen waren während ihrer Mission oder was den Nachruf auf sie betrifft mehr Angriffen ausgesetzt als Joseph Smith. Im Zuge meiner persönlichen Nachforschungen in Illinois, wo Joseph die letzten fünf Jahre seines Lebens gelebt hatte, untersuchte ich Original-Anklageschriften gegen ihn. Eine dieser Anklagen kam zustande, weil Joseph Smith, damals Bürgermeister und Stadtrat von Nauvoo, eine gegen die Kirche gerichtete Zeitung namens Nauvoo Expositor verbieten ließ. Dieses Verbot sorgte für Feindseligkeiten gegen die Kirche und führte letztlich zu Josephs Ermordung.

Die ersten Historiker der Kirche wie Elder B. H. Roberts, die sich mit der Geschichte der Kirche befassten, räumten ein, dass dieses Verbot illegal war. Als ich mich allerdings als junger Juraprofessor mit diesem Thema befasste, fand ich zu meiner Überraschung im Gesetz von Illinois aus dem Jahr 1844 eine rechtliche Grundlage für dieses Verbot. Vor dem Bürgerkrieg kam es im damaligen amerikanischen Grenzgebiet häufig zu Verboten von Zeitungen. Bis 1931 waren die Obrigkeiten der Städte und Bundesstaaten nicht an die in der Verfassung der Vereinigten Staaten verankerten Pressefreiheit gebunden; und auch danach nur, als der oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten im Jahr 1868 mit einer knappen Mehrheit von fünf zu vier Stimmen eine verfassungsgemäße Gesetzesänderung bewirkte.13 Man muss Joseph Smiths Handeln nach den Gesetzen und Umständen seiner Zeit beurteilen, nicht nach den heutigen.

Als der Historiker Marvin S. Hill und ich Studenten an der Universität von Chicago waren, machte uns die Tatsache neugierig, dass kaum jemand wusste, dass fünf Männer in Illinois wegen Mordes an Joseph Smith vor Gericht gestanden hatten. Über 10 Jahre lang durchforsteten wir landesweit Büchereien und Archive, um jede Kleinigkeit über diesen Prozess aus dem Jahr 1845 und über die daran Beteiligten herauszufinden. In unserem Buch ist nachzulesen, was die Einwohner Illinoisʼ, die Joseph Smith persönlich kannten, sagten und taten. Manche mochten ihn sehr gerne und riskierten ihr Leben für ihn, während andere ihn hassten und Pläne schmiedeten, ihn umzubringen. Bei unseren Recherchen konnten wir weder in den Original-Gerichtsakten noch in den Zeugenaussagen des langwierigen Prozesses etwas finden, was diesen Mann, der ermordet wurde, entehrte.14

Der Zugang zu den Gerichtsakten von Illinois führte uns zu einem weiteren bisher unerforschten Gebiet im Zusammenhang mit Joseph Smith. Joseph I. Bentley, damals noch Jurastudent in Chicago, und ich entdeckten eine Vielzahl an Aufzeichnungen über die Geschäftstätigkeiten Joseph Smiths. 1976 schrieben wir zu diesem Thema gemeinsam einen Artikel für die Brigham Young University Law Review, eine juristische Fachzeitschrift der Brigham-Young-Universität.15 Nach den Vierzigerjahren des 19. Jahrhunderts folgten landesweit finanzielle Unruhen und Krisen. Die wirtschaftlichen Bedingungen in damaligen Randstaaten wie Illinois waren sehr schlecht. Beispielsweise schrieben die Biografen von Abraham Lincoln über seine Zahlungsschwierigkeiten während dieser Zeit, in der Geschäftsaktivitäten unsicher waren, Zahlungen in Verzug gerieten und Rechtsstreitigkeiten zur Tagesordnung gehörten.16

Joseph Smiths Gegner verklagten ihn bei mehreren Eigentumsübertragungen zugunsten der Kirche wegen Betrugs. Bei einer Reihe von Gerichtsverfahren, die sich beinahe über ein Jahrzehnt hinzogen, wurden diese Vorwürfe akribisch bis ins Detail untersucht. Lange nachdem die Heiligen Illinois verlassen hatten (und es somit weder politisch noch anderweitig Grund gab, sich für die Heiligen oder deren Anführer zu verwenden), beendete 1852 ein Bundesrichter das Verfahren. Der Beschluss besagte, dass Joseph Smith in keiner Weise Betrug oder moralisches Fehlverhalten nachzuweisen war.17

Wissenschaftler, die sich mit öffentlichen Streitfällen aus dieser Zeit auskennen, schrieben über Joseph Smiths Wahlkampf für die US-Präsidentschaftskandidatur:

„Obwohl es sehr unwahrscheinlich war, dass er 1844 die landesweite Wahl gewann, ließ er sich in weiser Voraussicht als Drittkandidat aufstellen, der seine Kandidatur sehr ernst nahm und sich bemühte, Justizreformen in den Vereinigten Staaten durchzusetzen. Mit viel Eifer und Hoffnung versuchte er die öffentliche Meinung zu wichtigen Themen wie Sklaverei, Religionsfreiheit, Gefängnisse und öffentliches Land zu ändern. Er und Robert F. Kennedy sind bis heute die einzigen beiden Amerikaner, die ermordet wurden, während sie noch für das Amt des Präsidenten der Vereinigten Staaten kandidierten.“18

Den Charakter von Joseph Smith haben wohl die Männer am besten wahrgenommen, die ihn wirklich gut kannten und mit ihm gemeinsam die Kirche führten. Sie verehrten und unterstützten ihn als Propheten. „Sein Bruder Hyrum entschied sich dafür, an seiner Seite zu sterben. John Taylor, der auch bei ihm war, als er ermordet wurde, sagte: ‚Ich bezeuge vor Gott, Engeln und Menschen, dass er ein guter, ehrenwerter, tugendhafter Mensch war, … dass sein Charakter im Privatleben und in der Öffentlichkeit untadelig war – und dass er als Mann Gottes gelebt hat und gestorben ist.‘ (The Gospel Kingdom, 1987, Seite 355; siehe auch LuB 135:3.) Brigham Young erklärte: ,Ich glaube nicht, dass es auf der Erde irgendeinen Menschen gibt, der [Joseph Smith] besser kannte als ich; und ich bin so frei zu sagen, dass es, Jesus Christus ausgenommen, auf der Erde niemals einen besseren Menschen gab oder gibt.‘ („Remarks“, Deseret News, 27. August 1862, Seite 65.)“19

III. Joseph Smith und das Gesetz

An meinen bereits angeführten Beispielen wird deutlich, dass meinem langgehegten Interesse an der Rechtsgeschichte ein besonderes Interesse Joseph Smith und seinem Umgang mit dem amerikanischen Rechtssystem seiner Zeit galt. Historiker haben immer behauptet, Joseph Smith sei in nicht mehr als etwa 40 Gerichtsverfahren involviert gewesen. Heutzutage wissen wir dank der Arbeit, die in die Joseph Smith Papers investiert wurde, dass es mehr als 220 Gerichtsverfahren waren. In diesen Gerichtsverfahren ging es „mal um einfache Beschlagnahmungen, mal um komplexe Verfahren mit ausgeklügelten Rechtstheorien. … Joseph hatte viele Anwälte, … die ihn sowohl in zivil- als auch strafrechtlichen Angelegenheiten verteidigten.“20

All den bemerkenswert umfangreichen Erkenntnissen, die wir über das Leben des Propheten haben, fügt Jeffrey N. Walker, Mitglied der Kirche und Historiker, hinzu: „Es ist nicht zu bestreiten, dass Joseph Smith mit dem amerikanischen Rechtssystem vertraut und aktiv immer wieder darin involviert war. Würde man diese wichtigen Aktivitäten ignorieren, könnte man sich kein vollständiges Bild davon machen, wie brillant und wirksam er seine Zeit und Energie eingesetzt hat. Das fiel auch Daniel H. Wells auf, der Anwalt, Richter und Generalbundesanwalt war und Smith gut kannte. Er sagte: ,Mein Leben lang habe ich mit Juristen zusammengearbeitet. Joseph Smith war der beste Anwalt, den ich je kennengelernt habe.‘ [Zitiert in: The Journal of Jesse Nathaniel Smith: Six Decades in the Early West: Diaries and Papers of a Mormon Pioneer, 1834–1906, 1953, Seite 456].“21

Drei Autoren, die der Kirche Jesu Christi angehören, schreiben zusammenfassend: „Da Joseph Smith so häufig mit dem Rechtssystem in Berührung kam, lernte er schnell die Spielregeln kennen und war in der Lage, dieses Wissen zu seinem Vorteil zu nutzen, indem er die neuen Möglichkeiten und den dargebotenen Schutz durch die Gesetze dieser jungen Nation nutzte. Seine Rechtsentscheidungen und -handlungen machen deutlich, dass er sich mit rechtlichen Angelegenheiten gut auskannte. Jeder Schritt war wohlüberlegt, um das Gesetz für seine Zwecke zu nutzen, beispielsweise die Erlangung des Urheberrechts für das Buch Mormon unter dem Bundesgesetz, das rechtmäßige Schließen von Ehen in Ohio, der Erlass von Verordnungen für die Stadt Nauvoo, der umfassende Schutz der Religionsfreiheit, die wirksame Nutzung neuer Gesetze, durch die der Verkauf von staatlichen Grundstücken geregelt war, die Durchsetzung des Habeas-Corpus-Rechts, die Änderung des Gerichtsstands oder die Beantragung einer Deckung gemäß dem geltenden Bundesgesetz im Falle eines Bankrotts. In seiner Freizeit las er Gesetzesbücher. Er kannte den genauen Wortlaut der Verfassung sowie die typische Ausdrucksweise beim Formulieren von Staatsgesetzen. Zweifellos kannte er viele rechtliche Entwicklungen auf Staats- und Bundesebene, die während seines Lebens vonstattengingen.“22

Es ist bezeichnend, dass diese drei Autoren folgende Erklärung abgaben: „Als Angeklagter wurde er niemals wegen eines strafrechtlichen Verstoßes verurteilt. Immer wenn es eine faire Anhörung gab, befand man ihn als gesetzestreuen und ehrlichen Bürger.“23

Die detaillierten Zusammenfassungen der Prozesse des Propheten, die in dem von mir zitierten Buch ausgewählt und analysiert wurden, basieren auf der Arbeit einiger Jurastudenten an der J. Reuben Clark Law School. Diese Studenten belegten Kurse zu diesem Thema und arbeiteten viele Einzelheiten heraus, die zu dem Buch dieser drei Autoren führten. Ich war fasziniert von deren Beschreibung der Meinung dieser Jurastudenten:

„Die Jurastudenten, die frühere Ausgaben dieses Buches als ihr Lehrbuch verwendeten, gelangten durchweg zu der Ansicht, dass Joseph verantwortungsbewusst, rechenschaftspflichtig, loyal, bedacht, nachsichtig, gründlich, gesetzestreu, geduldig, optimistisch, einfallsreich, scharfsinnig, klug, ein Menschenkenner und auch juristisch brillant war (um nur einige ihrer Worte zu verwenden), besonders wenn es darum ging, die religiösen oder zivilen Rechte anderer zu schützen oder die ihm aufgetragenen Aufgaben zu erledigen. … Joseph Smith verlor nie das Vertrauen in die Verfassung und war bestrebt, sich streng in deren Rahmen zu bewegen, obgleich er oftmals frustriert und enttäuscht war und sich vor den Menschen, die diese durchsetzten, in Acht nahm.“24

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Drawing of Joseph Smith

Joseph Smith, der Prophet, Gemälde von Dan Weggelend, Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Historischen Museums der Kirche

IV. Zum Abschluss

In seinem Leben hat Joseph Smith mehr erreicht, als irgendein anderer Mensch auf Erden in so kurzer Zeit je erreichen könnte. Die einzige plausible Erklärung ist, dass er himmlische Hilfe erhalten hat. Mir gefällt diese Zusammenfassung:

„Er übersetzte und veröffentlichte das Buch Mormon in New York; er gründete die Kirche in New York und sorgte dann dafür, dass sie in Ohio, Missouri und Illinois wieder Fuß fasste; er gründete Städte wie Kirtland, Far West und Nauvoo; er berief und schulte hunderte Führer der Kirche; er lernte Hebräisch und studierte die Bibel; er gründete die Frauenhilfsvereinigung von Nauvoo; er leitete Unternehmen sowohl alleine als auch mit Partnern; er war Grundbesitzer und baute Tempel; er schrieb und veröffentlichte Aufsätze und Leitartikel; er hatte eine große Familie und einen großen Freundeskreis und hatte diverse kommunale Ämter inne, unter anderem war er oberster Befehlshaber einer großen Miliz sowie Bürgermeister und vorsitzender Richter der Stadt Nauvoo. Er sprach regelmäßig im wöchentlichen Gottesdienst, bei Weihungen und auf zahllosen Beerdigungen; er gewann zehntausende Anhänger, wodurch es eine größere Einwanderungswelle von Bekehrten in die Vereinigten Staaten gab.“25

In einer Generalkonferenzansprache, die ich vor über 20 Jahren gehalten habe, sagte ich:

„Wie andere gläubige Heilige der Letzten Tage habe auch ich mein Leben auf das Zeugnis und die Mission des Propheten Joseph Smith gebaut. Alles, was ich gelesen habe, und meine ganze Recherche konnten mich nicht von meinem Zeugnis abbringen, dass er eine prophetische Berufung hatte und dass der Herr das Evangelium und das Priestertum durch ihn wiederhergestellt hat. Ich bekräftige feierlich das Zeugnis, welches Joseph Smith im berühmten Wentworth-Brief aus dem Jahr 1842 gegeben hat:

‚Das Banner der Wahrheit ist aufgerichtet, keine unheilige Hand kann den Fortschritt dieses Werks aufhalten; Verfolgung mag wüten, Horden mögen sich zusammenrotten, Armeen mögen aufgestellt werden, Verleumdung mag sich gegen uns richten, aber die Wahrheit Gottes wird vorwärtsschreiten, unerschrocken, erhaben und unbeirrbar, bis sie jeden Kontinent durchdrungen, jeden Breitengrad erreicht, jedes Land überzogen hat und in jedem Ohr erklungen ist, bis die Pläne Gottes verwirklicht sind und der erhabene Jehova sagt: Das Werk ist getan.‘ (Times and Seasons, 1. März 1842, Seite 709; zitiert in: Daniel H. Ludlow, Hg., Encyclopedia of Mormonism, 5 Bände, 1992, 4:1754.)“26

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Missionaries in Indonesia

Brüder und Schwestern, ich gebe Zeugnis für Jesus Christus, unseren Erlöser, der gemeinsam mit dem Vater dem jungen Propheten erschienen ist und über den der Vater sagte: „Dies ist mein geliebter Sohn. Ihn höre!“ (Joseph Smith – Lebensgeschichte 1:17.) Seit dieser Zeit haben wir unseren Herrn Jesus Christus durch Offenbarung gehört. Dies ist seine Kirche. Wir tragen die Vollmacht seines heiligen Priestertums. Wir gehen für seine Sache voran. Ich gebe Zeugnis für die Berufung des Propheten Joseph Smith und für die Berufung der Propheten, die in diesem großartigen Werk, zu dem wir gehören, nach ihm kamen.

Anmerkungen

  1. Russell M. Nelson, Accomplishing the Impossible, 2015, Seite 1f.

  2. „Preiset den Mann“, Gesangbuch, Nr. 17

  3. Siehe die Anleitung für den Missionsdienst Verkündet mein Evangelium!, Seite 42f.

  4. Richard Lyman Bushman, Joseph Smith: Rough Stone Rolling, 2005, Seite 105

  5. Russell M. Nelson, zitiert in: Sarah Jane Weaver, „President Nelson Shares the ,Hopes of My Heart‘ with New Mission Leaders“, Nachrichten der Kirche, 26. Juni 2018, news.lds.org

  6. Verkündet mein Evangelium!, Seite 121f.; siehe auch Einleitung zum Buch Mormon

  7. Gary C. Lawrence, How Americans View Mormonism: Seven Steps to Improve Our Image, 2008, Seite 32

  8. Gary C. Lawrence, How Americans View Mormonism, Seite 42

  9. Dieser Abschnitt bis Anmerkung 10 ist angelehnt an: Dallin H. Oaks, „Joseph Smith in a Personal World“, in: John W. Welch, Hg., The Worlds of Joseph Smith: A Bicentennial Conference at the Library of Congress, 2006, Seite 159

  10. Lehren der Präsidenten der Kirche: Joseph Smith, Seite 579

  11. Mary Alice Cannon Lambert, zitiert in: „Joseph Smith, the Prophet“, Young Woman’s Journal, Dezember 1905, Seite 554

  12. Dallin H. Oaks, „Joseph, the Man and the Prophet“, Ensign, Mai 1996, Seite 72

  13. Siehe Dallin H. Oaks, „The Suppression of the Nauvoo Expositor“, Utah Law Review, 9. Jahrgang, Nr. 4, 1965, Seite 862–903

  14. Siehe Dallin H. Oaks und Marvin S. Hill, Carthage Conspiracy: The Trial of the Accused Assassins of Joseph Smith, 1975

  15. Siehe Dallin H. Oaks und Joseph I. Bentley, „Joseph Smith and Legal Process: In the Wake of the Steamboat Nauvoo“, BYU Law Review, Ausgabe aus dem Jahr 1976, Nr. 3, Seite 735–782

  16. Siehe David Herbert Donald, Lincoln, 1995, Seite 94–118

  17. Siehe Dallin H. Oaks und Joseph I. Bentley, „Joseph Smith and Legal Process“, Seite 781

  18. Gordon A. Madsen, Jeffrey N. Walker und John W. Welch, Hg., Sustaining the Law: Joseph Smith’s Legal Encounters, 2014, Seite Xf.

  19. Dallin H. Oaks, „Joseph, the Man and the Prophet“, Seite 73

  20. Jeffrey N. Walker, zitiert in: Gordon A. Madsen et al., Hg., Sustaining the Law, Seite VI

  21. Jeffrey N. Walker, zitiert in: Gordon A. Madsen et al., Hg., Sustaining the Law, Seite VII

  22. Gordon A. Madsen et al., Hg., Sustaining the Law, Seite XVII

  23. Gordon A. Madsen et al., Hg., Sustaining the Law, Seite XVIIf.

  24. Gordon A. Madsen et al., Hg., Sustaining the Law, Seite XVIII

  25. Gordon A. Madsen et al., Hg., Sustaining the Law, Seite XIf.

  26. Dallin H. Oaks, „Joseph, the Man and the Prophet“, Seite 73

Alter:

Ereignis:

14

erste Vision

21

erhält die goldenen Platten

23

beendet die Übersetzung des Buches Mormon

25

erhält die Hälfte aller Offenbarungen aus dem Buch Lehre und Bündnisse

26

organisiert die Erste Präsidentschaft

33

flieht aus dem Gefängnis in Missouri, nimmt seine Führungsaufgaben wieder auf

38

stirbt als Märtyrer