2007
Die Kraft, sich zu ändern
November 2007


Die Kraft, sich zu ändern

Präsident Faust hat diesen Artikel in den Monaten vor seinem Tod am 10. August 2007 verfasst.

Die Kraft, sich zu ändern, gibt es wirklich, und sie ist eine große geistige Gabe von Gott.

Bild

Einem jeden von uns wurde die Kraft verliehen, sein Leben zu ändern. Im Rahmen von Gottes großem Plan des Glücklichseins hat jeder für sich die Freiheit, Entscheidungen zu treffen. Es liegt an uns, ob wir uns mehr anstrengen und uns bessern oder nicht. In dem einen oder anderen Punkt müssen wir uns alle ändern. Der eine muss zu Hause freundlicher sein oder weniger selbstsüchtig, besser zuhören oder anderen gegenüber rücksichtsvoller sein. Der andere hat Gewohnheiten, die er ändern muss – Gewohnheiten, die ihm und seinen Mitmenschen schaden. Manchmal brauchen wir einen Anstoß, der uns dazu treibt, uns zu ändern.

Saulus machte eine drastische Wandlung durch, als er nach Damaskus unterwegs war. Er hatte „mit Drohungen und Mord gegen die Jünger des Herrn“ gewütet (Apostelgeschichte 9:1). Als er auf dem Weg nach Damaskus war, umstrahlte ihn ein Licht vom Himmel.

„Er stürzte zu Boden und hörte, wie eine Stimme zu ihm sagte: Saul, Saul, warum verfolgst du mich?

Er antwortete: Wer bist du, Herr? Dieser sagte: Ich bin Jesus, den du verfolgst.“ (Apostelgeschichte 9:4,5.)

Vielleicht war das Herz des Saulus erweicht worden, als der Pöbel Stephanus aus der Stadt vertrieben, ihn gesteinigt und seine Kleider zu Saulus’ Füßen hingelegt hatte. Aber es gab keinen Zweifel, als er auf der Straße nach Damaskus die Stimme des Herrn vernahm, die sagte: „Ich bin Jesus, den du verfolgst.

Steh auf und geh in die Stadt; dort wird dir gesagt werden, was du tun sollst.“ (Apostelgeschichte 9:6.) Saulus war blind, als er aufstand, und musste nach Damaskus geführt werden, wo sein Sehvermögen wiederhergestellt und er getauft wurde. Sogleich fing er an, „Jesus in den Synagogen [zu verkünden] und sagte: Er ist der Sohn Gottes.“ (Apostelgeschichte 9:20.) Saulus, der später Paulus genannt wurde, erfuhr eine Veränderung, die vollständig, uneingeschränkt, vollkommen und bis zu seinem Tod von Bestand war.

Änderung durch Bekehrung

Zweifellos haben Sie so etwas noch nicht erlebt, und ich auch nicht. Die Bekehrung läuft für die meisten von uns weitaus weniger dramatisch ab, sie sollte aber genauso tiefgreifend und bedeutungsvoll sein. Wer sich neu zur Kirche bekehrt, hat normalerweise bei seiner Taufe ein geistiges Erlebnis. Jemand hat das einmal so beschrieben: „Ich werde niemals vergessen, was ich tief im Innern empfunden habe – rein zu sein und als Kind Gottes von neuem zu beginnen. … Das war ein ganz besonderes Gefühl.“1

Wahre Bekehrung verändert das Leben. Eine junge Frau schrieb, wie unglücklich sie als kleines Mädchen zu Hause war. Sie berichtete: „Ich spürte deutlich, wie meine Mutter und meine jüngeren Geschwister unter den Wutausbrüchen eines betrunkenen Vaters litten.“ Als sie 14 war, sagte ihr jemand, es sei eines von Gottes Geboten, dass man seine Eltern ehrt. Als sie darüber nachdachte, wie sie dies bewerkstelligen könnte, bekam sie den Eindruck, sie solle lernen, eine gute Schülerin werden und die beste Tochter in der ganzen Stadt sein.

Zu Hause änderte sich nicht viel, aber sie hatte noch immer das Gefühl, sie solle ihre Ziele weiter verfolgen. Mit 18 Jahren zog sie zu Hause aus, um ein Fachstudium anzutreten. Drei Wochen später kam sie nach Hause zu Besuch. Sie berichtet:

„Meine Mutter empfing mich weinend. Ich dachte, etwas Schreckliches sei passiert, aber sie umarmte mich und sagte: ‚Seit du fort bist, um zu studieren, hat Vater nicht mehr getrunken!‘ …

Sie erzählte, dass an dem Abend, an dem ich abgereist war, Missionare von den Mormonen gekommen seien. …

Mein Vater war wie ein kleines Kind geworden. Ich konnte ihm an den Augen ablesen, dass er Umkehr übte und demütig war. Er hatte sich tatsächlich vollkommen verändert. Er hatte gleichzeitig das Rauchen und das Trinken aufgegeben und versuchte, die Gebote zu halten, von denen die Missionare ihm erzählt hatten. Er behandelte mich, meine Mutter und meine Geschwister wie die Könige. …

Unsere gesamte Familie wurde getauft. … Mein Vater wurde mit 40 Jahren der beste Vater auf der Welt.“2

Die Macht des Evangeliums kann tatsächlich unser Leben verändern und bewirken, dass wir nicht mehr traurig und verzweifelt, sondern glücklich und voll Freude sind.

Änderung durch Umkehr

Übertretung bereitet Schmerzen und Kummer. Aber es gibt einen Ausweg aus der „Galle der Bitternis und den Banden des Übeltuns“ (Mosia 27:29). Wenn wir uns an den Herrn wenden und an seinen Namen glauben, können wir uns ändern. Er wird uns die Kraft verleihen, unser Leben zu ändern, und die Kraft, schlechte Gedanken und Gefühle aus unserem Herzen zu vertreiben. Wir können aus dem „finstersten Abgrund“ dahin gebracht werden, „das wunderbare Licht Gottes“ zu sehen (Mosia 27:29). Wir können Vergebung erlangen. Wir können Frieden finden.

Vor einigen Jahren erzählte Elder Marion D. Hanks, der jetzt emeritierte Generalautorität ist, was ein Mann erlebte, der über Nacht umkehrte und sein Leben änderte:

„Er wollte seinen Sohn zu einer Familie bringen, die bereit war, ihn bei sich zu Hause aufzunehmen, während er selbst an einem Baseball-Turnier teilnahm. Der junge Mann schien nur widerwillig mit seinem Vater zur Wohnung seiner Wohltäter zu fahren, und der Vater fragte sich allmählich, ob sein Sohn dort schlecht behandelt worden war. Der Junge duckte sich halb hinter seinen Vater, als sie an die Tür klopften. Sobald sie allerdings drinnen waren, wurde sein Sohn von der Gastgeberfamilie sehr herzlich begrüßt, und es war offensichtlich, dass er sie sehr gern hatte.

Als der Vater seinen Sohn später wieder abholte, bat er ihn verwundert, ihm sein seltsames Verhalten zu erklären. … Der Sohn sagte:

‚Ich hatte Angst, du könntest dich vergessen und bei ihnen zu Hause Schimpfwörter benutzen, Vati. Dort wird nämlich nicht geflucht, es sind wirklich nette Leute. Sie sprechen freundlich miteinander und lachen viel, und sie beten jedes Mal beim Essen und jeden Morgen und Abend, und ich darf mit ihnen beten.‘

Dazu meinte der Vater: ‚Es ging gar nicht so sehr darum, dass sich der Junge für seinen Vater schämte, sondern er hatte mich so lieb, dass er nicht wollte, dass ich in einem schlechten Licht dastand!‘

Dieser Vater, der sich unzähligen Menschen widersetzt hatte, die ernsthaft versucht hatten, ihn auf einen besseren Weg zu führen, war davon berührt worden, wie liebevoll sein eigener kleiner Sohn war.“3

Die Kraft, sich zu ändern, wurde so stark, dass dieser Vater nicht nur wieder in der Kirche aktiv wurde, sondern sogar ein Führungsamt im Pfahl erhielt.

Änderung durch Genesung von Suchterkrankungen

Eine weitere Form der Veränderung, die ich ansprechen möchte, ist die Genesung von Gewohnheiten, die einen knechten. Dazu gehören Erkrankungen im Zusammenhang mit Alkohol, Drogen und Tabak, mit dem Essen, dem Glücksspiel, mit unanständigen Sexualpraktiken und mit dem Anschauen von Pornografie. Ich zitiere aus einem kürzlich erschienenen Buch über kräftezehrende Süchte: „Drogenmissbrauch ist eine der Hauptursachen für vermeidbare Krankheiten und Todesfälle in den USA. Der Missbrauch von Drogen ruiniert Familien, verursacht Produktionseinbußen in Milliardenhöhe, belastet das Gesundheitssystem und kostet Menschenleben.“4 Er lastet wie ein Fluch auf der Gesellschaft.

Es gibt die verschiedensten Suchtformen. Für jemanden, der schwer abhängig ist, ist es schwierig, sich zu ändern, da einige suchterregende Stoffe das Bewusstsein trüben. In einem kürzlich erschienenen Artikel über Abhängigkeit stand: „Das Gehirn eines Süchtigen zeigt eine Aktivitätsminderung im präfrontalen Kortex, wo das vernünftige Denken das impulsive Verhalten überwinden kann.“5 Manche Abhängigkeiten können uns so weit beherrschen, dass sie uns schließlich die gottgegebene Entscheidungsfreiheit rauben. Eins der wirksamsten Werkzeuge des Satans besteht darin, Wege zu finden, uns zu beherrschen. Daher dürfen wir nichts anrühren, was uns davon abhalten würde, das zu erreichen, was der Herr mit uns vorhat, und dadurch ewige Segnungen gefährden würde. Wir leben hier, damit der Geist den Körper in seine Gewalt bekommt und nicht umgekehrt.

Jegliche Form der Sucht zieht entsetzliche Schmerzen und Leiden nach sich, sie kann uns sogar geistig beeinträchtigen. Es besteht jedoch Hoffnung, weil die meisten Abhängigkeiten mit der Zeit überwunden werden können. Wir können uns ändern, aber es ist immer schwierig.

Zunächst müssen wir uns vornehmen, uns zu ändern. Es gehören Mut und Demut dazu, sich einzugestehen, dass man Hilfe braucht, aber nur wenige von uns können es aus eigener Kraft schaffen – wenn überhaupt. In der Kirche gibt es ein Genesungsprogramm für Suchtkranke, bei dem zwölf ursprünglich von den Anonymen Alkoholikern entwickelte Schritte den Lehren und Glaubensgrundsätzen der Kirche angepasst wurden. Diese zwölf Schritte werden in einem Leitfaden für die Genesung und Heilung von Suchtkranken genannt, den Priestertumsführer und andere Mitglieder sich besorgen können.

Unter Umständen muss man seinen Lebensstil vollkommen ändern. Man muss sich von ganzem Herzen, mit allem Willen und ganzer Kraft wünschen, die schädliche Abhängigkeit zu überwinden. Man muss bereit sein, ganz und gar allen suchterregenden Substanzen und Verhaltensweisen zu entsagen.

Viele Menschen haben es schon geschafft, ihren Drogenkonsum zu ändern. Susan, Mutter von drei Kindern, nahm nur am Wochenende Drogen, weil sie ihr Problem vor ihren Kindern verbergen wollte. Aber die Kinder bekamen es trotzdem mit und baten sie, damit aufzuhören. Nach drei Jahren gelang es ihr dank professioneller Hilfe und der Unterstützung ihrer Kinder, insbesondere ihres siebenjährigen Sohnes, tatsächlich aufzuhören. Zurückblickend wurde ihr klar, dass der himmlische Vater ihr durch diese Phase durchgeholfen und sie darauf vorbereitet hatte, vom Evangelium zu hören. Sie sagte:

„Das Evangelium veränderte mein Herz, mein Aussehen, meine Einstellung, meine Gefühle. Ich lernte auch zu beten. Immer wenn ich ein Problem habe, wende ich mich an den himmlischen Vater und bitte ihn um Hilfe. Und er sorgt dafür, dass ich es schaffe. … Jetzt kann ich erhobenen Hauptes durchs Leben gehen, weil ich den himmlischen Vater bei jedem Schritt des Weges an meiner Seite weiß. …

Ja, ein neuer Tag ist angebrochen. Ich hatte eine Menge verloren, weil ich aus dem Drogenmilieu nicht heraus wollte – ich hatte meine Wohnung verloren, mein Sohn war bei einem Brand beinahe umgekommen, meine Ehe war gescheitert, ich hatte alles Glück verspielt. Aber ich habe es wiederbekommen. Der himmlische Vater hat mir die Chance gegeben, noch einmal von vorn anzufangen. Ich bin jetzt ein neuer Mensch – innerlich und äußerlich rundum neu!“6

Mit jedem neuen Tag bietet sich uns von neuem die Gelegenheit, uns zu ändern. Wir können unser Umfeld verändern. Wir können unser Leben ändern, indem wir alte Gewohnheiten durch neue ersetzen. Wir können unseren Charakter formen und die Zukunft gestalten, indem wir reiner denken und anständiger handeln. Jemand drückte das einmal so aus: „Man kann sich jederzeit ändern; darin liegt die Verheißung von Frieden, Glück und einer besseren Art zu leben.“7

Abhängig zu sein beleidigt den Geist. Auch wenn manche Abhängigkeiten fachärztlicher Hilfe bedürfen, wollen wir doch nicht den geistigen Beistand übersehen, der uns durch Priestertumssegen und das Gebet zur Verfügung steht. Der Herr hat uns verheißen: „Meine Gnade ist ausreichend für alle Menschen, die sich vor mir demütigen; denn wenn sie sich vor mir demütigen und Glauben an mich haben, dann werde ich Schwaches für sie stark werden lassen.“ (Ether 12:27.) Denken wir doch daran, dass es die Kraft, sich zu ändern, wirklich gibt und dass sie eine große geistige Gabe von Gott ist.

Ich bezeuge: Wenn wir umkehren und anschließend rechtschaffen leben, kann unser Körper durch die Macht unseres Herrn, Jesus Christus, letztlich „in die Gestalt seines verherrlichten Leibes“ verwandelt werden, „in der Kraft, mit der er sich alles unterwerfen kann“ (Philipper 3:21).

Anmerkungen

  1. Vivian Ford, „Ask and Ye Shall Receive“, No More Strangers, 4 Bd., Hg. Hartman Rector Jr. und Connie Rector, 1971–1990, 3:175

  2. Estilla Ayala, „The Change in My Father“, Ensign, Februar 1975, Seite 42f.

  3. „Fitting into Your Family“, New Era, Juni 1991, Seite 8

  4. Lynn R. Webster und Beth Dove, Avoiding Opioid Abuse While Managing Pain (2007), Seite 11

  5. Michael D. Lemonick und Alice Park, „The Science of Addiction“, Time, 16. Juli 2007, Seite 44

  6. LaRene Gaunt, „Testimonies from the Inner City“, Ensign, April 1992, Seite 40

  7. Joseph Walker, „The Miracle of Change“, Ensign, Juli 1992, Seite 12