2003
Hat mein Leben einen Sinn?
April 2003


Hat mein Leben einen Sinn?

Ich hatte mich schon oft gefragt, ob mein Leben einen Sinn hatte, aberinzwischen war mir die Beantwortung dieser Frage sehr wichtig geworden. Obwohlich erst 22 Jahre alt war, hatte mich ganz plötzlich die Kraft in den Beinen verlassen. „Vielleicht bin ich ja nur erschöpft, weil ich so viel in der Diskothek war und getanzt habe“, überlegte ich. „Vielleicht streiken meine Beine einfach nur.“

Ich ging zu einem Arzt, der eine Muskelerkrankung vermutete und mich sofort ins Krankenhaus einwies. Nun wurde ich zu Hause in Deutschland von einem Krankenhaus ins andere geschickt. Ich musste viele Untersuchungen über mich ergehen lassen, aber es kam nichts dabei heraus. Trotzdem hatte ich große Schmerzen und meine Beine waren kraftlos. Es war kaum zu ertragen. Weil die Untersuchungen keinen Befund ergeben hatten, glaubten alle, ich würde nur simulieren. Ich fühlte mich allein und sah keinen Sinn im Leben, obwohl ich mir diesen Sinn doch so sehnlichst wünschte.

Ungefähr zu dieser Zeit wurde ich in ein Krankenhaus in Koblenz gebracht. Als ich dort angekommen war, lernte ich eine junge Frau in meinem Alter kennen, die anders war als die übrigen Patienten. Sie schien eine positive Lebenseinstellung zu haben, obwohl sie schwer krank war. Eines Sonntags traf ich sie auf dem Flur. Sie trug ein Sonntagskleid, und ich fragte sie, warum sie sich denn so schick gemacht habe. Sie antwortete: „Ich war in der Kirche.“

Ich hatte mich lange Zeit nicht für Religion interessiert. Obwohl ich evangelisch erzogen worden war, hielt ich Religion für leeres Gerede. Ich wusste zwar, dass es einen Gott gab, aber ich war der Meinung, dass es hier auf der Erde nicht unbedingt eine Kirche geben musste.

„Kirche?“, fragte ich deshalb und schluckte mein Erstaunen hinunter. Dann wollte ich wissen, welcher Kirche sie denn angehöre.

„Der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage“, gab sie zur Antwort. Ich wurde ganz blass. „Was soll denn das sein? Eine merkwürdige Sekte?“, fragte ich mich. Ich stellte ihr viele Fragen zu ihrer Kirche. Obwohl sie viel durchgemacht hatte, zweifelte sie nicht. Sie betete zum himmlischen Vater und vertraute auf ihn. Das faszinierte und ängstigte mich zugleich.

Meine neue Freundin gab mir ein Buch Mormon und ich fing an, darin zu lesen. Schon bald nahmen die Missionare in Koblenz die erste Lektion mit mir durch. Doch dann bekam ich eine Infektion und wurde in ein anderes Krankenhaus verlegt. Meine Freundin besuchte mich oft. Ich hatte das Buch Mormon mitgenommen und las weiter darin. So lernte ich viel über das Leben und hatte auch zum ersten Mal eine wirkliche Freundin gefunden.

Als ich das Krankenhaus einmal verlassen durfte, besuchte ich meine Freundin und ihre Familie in Solingen. Sie waren die liebsten Menschen, die ich je kennen gelernt hatte, und am Sonntag ging ich zusammen mit ihnen zur Kirche. Als ich wieder im Krankenhaus war, musste ich unablässig an die Kirche denken. Ich hatte schon vorher gewusst, dass am Buch Mormon etwas Wahres war, aber jetzt war alles viel klarer geworden. Ich fragte mich immer wieder: „Soll ich mich der Kirche anschließen?“

Als ich schließlich ganz aus dem Krankenhaus entlassen worden war, kehrte ich in meine Heimatstadt Fulda zurück. Dann luden mich meine neuen Freunde wieder nach Solingen ein und begrüßten mich noch herzlicher als beim ersten Besuch. Ich erfuhr mehr über das Evangelium und entschloss mich zur Taufe. Als ich wieder zu Hause war, machte ich die für Fulda zuständigen Missionare ausfindig. Sie nahmen dort die restlichen Lektionen mit mir durch. Nun hatte ich endlich den Sinn des Lebens gefunden und ließ mich taufen.

Ich danke dem himmlischen Vater von ganzem Herzen dafür, dass er mir geholfen hat, sein Evangelium und seine Kirche zu finden. Meine Beine sind wieder ganz gesund. Die Ärzte haben nie herausgefunden, was die Schmerzen verursacht hat. Aber wenn ich nicht krank geworden wäre, würde ich noch heute nach dem Sinn des Lebens suchen. Wie sehr uns der himmlische Vater doch liebt! Er gibt niemanden auf!

Ich hatte mich früher immer wieder gefragt, was ich wohl aus meiner Krankheit lernen sollte. Nun weiß ich es.

Michael Renker gehört zur Gemeinde Cedar Pass 6, Pfahl Eagle Mountain, Utah.