Anders – aber nicht allein!
Manchmal fühlte es sich einsam an, das einzige Mitglied der Kirche zu sein.
Drrrrring! Die letzte Schulstunde begann! Megan ging seit kurzem in die 5. Klasse, und sie hatte viel mehr Unterricht als noch in der Grundschule. Sie musste viiiiiel lernen! Die letzte Stunde war aber für Hausaufgaben vorgesehen. Megan war froh, dass sie mit den Aufgaben schon beginnen konnte.
Megan setzte sich an einen leeren Tisch. Ein Junge namens Bennett kam auf sie zu.
„Hey Megan, du bist Mormonin, oder?“
„Ja, ich gehöre zur Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage“, erwiderte Megan.
„Also glaubst du, dass dieser Joseph Smith das Buch Mormon geschrieben hat, oder?“, fragte Bennett.
Megan sprach schnell ein stilles Gebet, damit sie wusste, was sie sagen konnte. „Er hat das Buch Mormon übersetzt“, erklärte sie. „Gott hat ihn als Propheten berufen, damit er die Kirche Christi zurückbringt.“
Bennett rümpfte die Nase. „Das klingt ja total bescheuert“, sagte er lachend und entfernte sich.
Megan stieg die Hitze ins Gesicht. Sie starrte auf ihr Buch.
„Hey, Megan!“
Was war denn jetzt schon wieder? Megan hob den Kopf. „Ach, Taj. Du bistʼs.“
„Mach dir keinen Kopf wegen Bennett“, meinte Taj. Er setzte sich ihr gegenüber. „Was du gesagt hast, scheint dir ja wichtig zu sein.“
„Danke“, sagte Megan. „Das ist es auch.“
„Ich weiß, wie du dich fühlst“, meinte Taj. „Ich bin der einzige Hindu an der Schule. Es ist schwer, wenn andere nicht verstehen können, woran man glaubt.“
Manchmal fühlte sich Megan einsam, weil sie das einzige Mitglied der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage an der Schule war. Sie hätte aber nie gedacht, dass es jemand anderem auch so ging!
„Meine Eltern sagen immer, dass jemand, der gemein zu anderen ist, selbst nicht glücklich ist“, sagte Megan. Sie ließ ihren Bleistift um einen Finger drehen. „Ob Bennett traurig ist? Oder einsam?“
Taj neigte den Kopf zur Seite. „Ich glaub, du hast Recht. Vielleicht braucht er einen Freund!“
Megan grinste. „Oder gleich zwei!“
Am nächsten Tag sahen Megan und Taj, dass Bennett bei den Hausaufgaben ganz allein war.
„Hi Bennett!“, begrüßte Taj ihn.
Bennett sah überrascht aus. „Hallo.“
„Was machst du grad?“, fragte Megan und ließ sich auf einen Stuhl fallen.
„Geschichte.“
„Lernst du für den Test morgen?“ Auch Taj setzte sich dazu.
„Ja“, meinte Bennett.
„Wir müssen echt viel wissen“, sagte Taj. Bennett nickte.
„Vielleicht können wir uns gegenseitig abfragen!“ Megan schlug ihr Geschichtsbuch auf. Abwechselnd stellten und beantworteten sie Fragen, bis die Schulglocke läutete.
Sie standen auf und wollten losgehen. „Megan, es tut mir leid wegen gestern“, sagte Bennett. „Ich hab so ein paar Sachen über deine Kirche gehört und war neugierig.“ Er wippte auf seinen Füßen hin und her. „Ich glaube zwar an etwas anderes, aber ich hätte netter sein sollen.“
Megan lächelte. „Danke. Meine Kirche ist mir wichtig, aber es ist doch in Ordnung, dass du an etwas anderes glaubst als ich.“
„Und ich finde, wir sind beim Lernen ein gutes Team, auch wenn wir unterschiedliche Ansichten haben“, meinte Taj.
Bennett grinste. „Das stimmt! Den Test morgen schaffen wir jedenfalls locker.“
Illustrationen von Mark Robison