Mutige Freundinnen
Diese Geschichte spielt in den USA.
Molly wollte so mutig sein wie ihre Freundin.
Die Schulglocke läutete. Molly packte ihre Bücher in den Ranzen. Der Schultag war zu Ende – endlich war Wochenende!
„Bitte denkt daran, dass alle am Montag in Geschichte einen Kurzvortrag halten!“, erinnerte sie Mr. Miller. „Schönes Wochenende euch allen!“
Molly blickte zu Anisha. Sie hatte den Kopf gesenkt und wirkte besorgt.
„Hey, Anisha“, sagte Molly. „Ist alles in Ordnung?“
Anisha seufzte. „Ich habe Angst vor dem Vortrag. Wir wohnen ja noch nicht lange hier, und ich versuche, mein Englisch zu verbessern. Aber im Geschichtsbuch stehen Wörter, die kann ich kaum aussprechen!“
Molly dachte nach. In ein fremdes Land zu ziehen und eine neue Sprache zu lernen, musste wirklich schwer sein.
„Wir könnten zusammen üben. Würde dir das helfen?“, fragte Molly.
Anisha nickte. „Das wäre toll! Vielleicht können wir auch zusammen Grammatik wiederholen?“
„Klar doch!“, rief Molly. „Da lernen wir beide etwas!“
Am Montagmorgen begrüßte Mr. Miller die Klasse. „Wir beginnen direkt mit den Kurzvorträgen.“
Molly schaute zu Anisha und lächelte sie an. Anisha lächelte zurück, aber Molly konnte ihr die Angst ansehen.
Ein paar Mitschüler hielten ihren Vortrag. Dann war Anisha an der Reihe. Als sie nach vorne ging, kicherten einige. Andere zeigten auf sie und flüsterten miteinander.
Anisha holte tief Luft. Das Blatt Papier in ihrer Hand zitterte.
Molly sprach ein stilles Gebet. Himmlischer Vater, bitte hilf Anisha, ihren Vortrag gut zu schaffen! Und hilf mir, damit ich weiß, wie ich ihr helfen kann.
Der Lehrer forderte die Klasse auf, ruhig zu sein und zuzuhören. Aber Molly hörte, dass noch immer einige flüsterten. Als Anisha versuchte, ein paar schwierige Wörter zu sagen, lachten einige. Molly wünschte, sie könnte etwas tun, damit das Gekichere und Geflüstere aufhörte. Wenn Anisha zu ihr sah, lächelte sie ihr aufmunternd zu.
Als Anisha fertig war, ging sie zur Schulbank zurück. Molly sah Tränen in Anishas Augen. Anisha ließ den Kopf auf den Tisch fallen.
Dann war Molly an der Reihe. Sie ging nach vorne. „Bevor ich anfange, möchte ich sagen, dass Anisha einen tollen Vortrag gehalten hat.“
Anisha hob den Kopf.
„Sie wohnt hier erst seit ein paar Monaten und spricht schon so gut Englisch. Sie ist fleißig und gibt nicht auf. Ich hoffe, dass ich einmal so mutig bin wie sie!“
Nach dem Unterricht packte Molly ihre Sachen zusammen. Sie wollte mit Anisha sprechen. Aber viele andere aus der Klasse hatten sich schon um sie geschart. Sie waren sehr nett zu ihr.
„Toller Vortrag, Anisha!“, sagte ein Junge.
„Manche Namen und Orte sind wirklich schwer auszusprechen!“, sagte ein Mädchen.
Molly lächelte und sprach ein weiteres stilles Gebet. Sie dankte dem Vater im Himmel, dass er ihr geholfen hatte, so mutig zu sein wie Anisha.
Illustrationen von Zhen Liu