1990–1999
Die Glaubensartikel
April 1998


Die Glaubensartikel

Wenn Sie sich in Ihrer Beschäftigung mit der Lehre des Erretters von ihnen leiten lassen, werden Sie merken, daß Sie bereit sind, von der Wiederherstellung der wahren Kirche des Herrn Zeugnis zu geben.

Das Jahr 1997 war ein wunderbares Jahr für die Kirche. Die 150-Jahrfeier zu Ehren der Ankunft der Mormonenpioniere im Salt Lake Valley hat in aller Welt Beachtung gefunden. über unsere Geschichte wurde in Zeitungen und Zeitschriften, im Fernsehen und im Radio berichtet. Das war eine großartige Möglichkeit für die Menschen in aller Welt, etwas über uns zu erfahren. Jetzt liegt es an uns, ob wir das als einmaliges Medienereignis abtun oder ob wir daraus eine Gelegenheit machen, unserem Auftrag, jeder Nation, jedem Geschlecht, jeder Sprache und jedem Volk das Evangelium zu verkündigen, besser nachzukommen.

Ich bin mir sicher, daß der Herr von uns letzteres erwartet. Als jeder von uns aus dem Wasser der Taufe gestiegen und als Mitglied der Kirche Jesu Christi konfirmiert worden ist, haben wir dem Herrn mit einem Bund gelobt, uns daran zu beteiligen, seinen Kindern die Evangeliumsbotschaft zu bringen. Ich habe über diese erneute Möglichkeit, die sich uns da bietet, nachgedacht und mich geprüft: Inwieweit bin ich bereit, zum Aufbau des Reiches Gottes beizutragen?

Als ich so über mich nachdachte, fiel mir ein, was ich im Alter von 3 bis 12 Jahren in der PV gelernt habe. Die PV hatte einen großen Einfluß auf mein Leben und hat untermauert, was mich meine guten Eltern gelehrt haben. Bevor ich das Aaronische Priestertum empfing, zu den Pfadfindern gehen oder die Sonntagsschule der Großen besuchen konnte, mußte ich erst den PV-Abschluß erhalten. Dazu war unter anderem erforderlich, daß ich die Namen der damaligen zwölf Apostel und die dreizehn Glaubensartikel aufsagen konnte. Ich mußte in der Abendmahlsversammlung vorn neben dem Bischof stehen und auf das antworten, was er mich fragte. Damit bewies ich, daß ich alles Notwendige für den PV-Abschluß getan hatte. Ich wußte, daß der Bischof das Kind für gewöhnlich bat, einen Glaubensartikel aufzusagen oder die Namen der zwölf Apostel zu nennen. Der Bischof war mein Vater, und Sie können sicher sein, daß er es mir nicht leicht gemacht hat! Er hat mich nämlich gebeten, den dreizehnten Glaubensartikel aufzusagen, den längsten von allen, und erst dann hat er mir meine Aufstiegsurkunde überreicht.

Als ich darüber nachsann, überlegte ich, wie gut ich diese beiden Prüfungen heute noch bestehen würde. Ich fand heraus, daß ich die Namen der damaligen Zwölf Apostel noch immer auswendig wußte ­ Rudger Clawson, Reed Smoot, George Albert Smith, George F. Richards, David O. McKay, Joseph Fielding Smith, Stephen L Richards, Richard R. Lyman, Melvin J. Ballard, John A. Widtsoe, Joseph F. Merrill und Charles A. Callis. Aber nach den ersten fünf Glaubensartikeln hatte ich schon Mühe, ihre Reihenfolge und den genauen Inhalt wiederzugeben. Ich beschloß, dagegen etwas zu tun. Ich fotokopierte die Glaubensartikel aus meinen heiligen Schriften und hängte sie im Bad auf, wo ich sie jeden Morgen beim Zähneputzen und Rasieren sehen konnte. Nach ein paar Tagen konnte ich sie wieder ganz auswendig. Dieses Erlebnis hat mich in meiner überzeugung bestärkt, daß die Glaubensartikel dem Propheten Joseph Smith durch Offenbarung gegeben wurden. Ich bin zu dem Schluß gekommen, daß ich, wenn ich mich mit der Aussage der einzelnen Glaubensartikel befasse, jeden Evangeliumsgrundsatz darlegen oder verteidigen kann, wenn ich die Gelegenheit habe, jemandem, der nach der Wahrheit sucht, zu helfen.

Welch großer Segen es doch wäre, wenn jedes Mitglied der Kirche die Glaubensartikel auswendig wüßte und sich in die darin enthaltenen Grundsätze vertiefte. Wir könnten unseren Mitmenschen dann besser vom Evangelium erzählen.

Gehen wir doch einmal dem Ursprung der Glaubensartikel nach: Der Prophet Joseph Smith wurde häufig gebeten, die Lehren und Bräuche des Mormonismus zu erklären. „John Wentworth, Herausgeber des Chicago Democrat, bat Joseph Smith, ihm eine kurze Beschreibung des Ursprungs, des Fortschritts, der Verfolgung und des Glaubens der Heiligen der Letzten Tage zu geben’.“ Wentworth kam ursprünglich aus New Hampshire und wünschte diese Information, um einem Freund bei der Zusammenstellung einer Geschichte seines Heimatstaates zu helfen. „Joseph Smith kam dieser Bitte nach und sandte Wentworth ein mehrseitiges Dokument, das einen Bericht über viele Ereignisse aus der Frühgeschichte der Wiederherstellung enthielt, einschließlich der ersten Vision und des Hervorkommens des Buches Mormon. Das Dokument enthielt auch 13 Aussagen, die umreißen, woran die Heiligen der Letzten Tage glauben, und die als die Glaubensartikel bekannt wurden.“ Wentworth veröffentlichte diese Informationen nicht im Chicago Democrat, aber die Zeitung der Kirche, Times and Seasons, veröffentlichte sie im März 1842. „1851 wurden die Glaubensartikel in die erste Ausgabe der Köstlichen Perle aufgenommen, die in der Britischen Mission veröffentlicht wurde. Nachdem die Köstliche Perle 1878 überarbeitet und 1880 kanonisiert worden war, wurden die Glaubensartikel offizielle Lehre der Kirche.“ (Die Geschichte der Kirche in der Fülle der Zeiten, 256f.)

Vielleicht ist es gut, kurz den Inhalt eines jedes Glaubensartikels zu wiederholen, damit wir sie uns leichter merken und sie verwenden können, um einem anderen die grundlegenden Lehren der Kirche erklären zu können.

Der erste Glaubensartikel spricht von unserem Glauben an Gott, den ewigen Vater, und an seinen Sohn, Jesus Christus, und an den Heiligen Geist.

Wie dankbar wir doch sind, daß wir wissen, daß diese Welt von einem höheren Wesen gelenkt und regiert wird. Unser Glaube gründet sich nicht auf menschliche überlegungen, die Existenz oder das Wesen Gottes betreffend, sondern ist Ergebnis eines Erlebnisses, das der Prophet Joseph Smith im heiligen Wald gehabt hat. Der Welt wurde gezeigt, daß Gott der Vater, Gott der Sohn und Gott der Heilige Geist tatsächlich existieren. Aller Welt wurde in einer Vision kundgetan, daß der große präsidierende Rat des Universums aus drei Wesen besteht, die sich dem Menschen als drei getrennte Wesen kundtun und von denen jedes vom anderen unterschieden werden kann, wie dies in dem allgemein akzeptierten Bericht ihres göttlichen Wirkens unter den Menschen beschrieben wird. Wir kennen ja die Fälle, als sie sich den Menschen als drei getrennte Wesen kundgetan haben. Daraus geht hervor, daß der Vater ein eigenständiges Wesen ist, eine konkrete Form hat, einen Körper sowie alle Gliedmaßen und geistige Empfindungen besitzt. Jesus Christus war als Geist beim Vater, bevor er auf die Erde kam, um in einem irdischen Körper zu leben, und durch ihn sind die Welten erschaffen worden. Auf der Erde hat er als Mensch unter Menschen gelebt und alle physischen Eigenschaften eines Menschen besessen. Nach seiner Auferstehung ist er in gleicher Gestalt erschienen. Der Heilige Geist wird auch Geist oder Geist des Herrn, Geist Gottes, Tröster oder Geist der Wahrheit genannt. Er hat keinen Körper aus Fleisch und Gebein, sondern ist eine Person aus Geist. Der Heilige Geist tritt als Zeuge für den Vater und den Sohn auf und verdeutlicht dem Menschen deren Eigenschaften und gibt Zeugnis von den beiden anderen Personen der Gottheit.

Im zweiten und im dritten Glaubensartikel wird unser Glaube an das Sühnopfer unseres Herrn und Erretters Jesus Christus behandelt, und es steht dort, daß durch ihn jeder Mensch mit Unsterblichkeit gesegnet wird. Es wird darin erklärt, daß wir dafür verantwortlich sind, ihn als unseren Erretter anzunehmen, und daß wir nur für unsere eigenen Sünden verantwortlich sind und nicht für die übertretung Adams (siehe den 2. Glaubensartikel).

Der vierte und fünfte Glaubensartikel besagt, daß wir daran glauben, daß die ersten Grundsätze des Evangeliums der Glaube an den Herrn Jesus Christus und die Umkehr sind. Es heißt darin weiter, daß die ersten Verordnungen des Evangeliums die Taufe und die Gabe des Heiligen Geistes sind. Diese Verordnungen werden durch Männer vollzogen, die „durch Prophezeiung und das Händeauflegen derer, die Vollmacht haben, von Gott berufen werden“ und die entsprechende Vollmacht besitzen (siehe den 5. Glaubensartikel).

Wir glauben, daß der Herr schon immer einen Plan für seine Kinder auf der Erde gehabt hat. Zu bestimmten Zeiten sollte das Priestertum auf der Erde sein, damit die Menschen mit der Vollmacht gesegnet seien, die heiligen Handlungen zu vollziehen, wodurch der Mensch beweist, daß er dem Willen Gottes gehorsam ist. Es waren Prüfungen vorgesehen, die uns bei jedem Schritt hin zur größten aller Gaben Gottes, ewigem Leben, begleiten sollen. Es ist also von grundlegender Bedeutung, daß wir an seinen Plan und an sein Gesetz glauben, daß wir rein und heilig sind und von unseren Sünden umkehren, daß wir die heilige Handlung der Taufe, die für die Zulassung in sein celestiales Reich erforderlich ist, annehmen und daß wir nach der Taufe die große Gabe, nämlich den Tröster, empfangen, damit er mit uns sei und uns durch die Sterblichkeit geleite. All das geschieht mit der Vollmacht, die die Menschen von Gott erhalten haben. Jeder Mann, der eine heilige Handlung vollzieht, kann diese Vollmacht direkt auf den Herrn zurückführen, der den Menschen dieses Recht eingeräumt hat.

Ausgehend von der Grundlage, die in den ersten fünf Glaubensartikeln gelegt wird, erklärt uns der sechste Glaubensartikel, daß eine Organisation notwendig ist und daß die gleiche Organisation, die schon in der Urkirche bestanden hat, wiederhergestellt worden ist. Die wiederhergestellte Kirche besteht heute auf der Erdezusammen mit der heiligen Vollmacht, die bei der Wiederherstellung des heiligen Priestertums übertragen wurde.

Im siebten und im neunten Glaubensartikel wird dargelegt, daß die Himmel nicht verschlossen sind, daß Gott auch weiterhin den Menschen seinen Willen kundtut, so wie er dies in der Vergangenheit getan hat und es in Zukunft tun wird. Die Menschen erhalten heute geistige Gaben, wie es auch in der Vergangenheit der Fall war.

Im achten Glaubensartikel wird dargelegt, daß wir daran glauben, daß die Bibel, soweit richtig übersetzt, das Wort Gottes ist. Wir glauben auch daran, daß das Buch Mormon das Wort Gottes ist. Das Buch Mormon ist ein weiterer Zeuge, der die Wahrheit der heiligen Schriften, wie in der Bibel enthalten, bezeugt. Der Herr hat aufgrund seines göttlichen Plans für die Wiederherstellung des Evangeliums in den Letzten Tagen das Buch Mormon hervorgebrachtals weiteren Zeugen für die Mission unseres Herrn und Erretters. Es ist außerdem ein religiöser Geschichtsbericht, der für jedes Kind des himmlischen Vaters sehr wichtig ist.

Im zehnten Glaubensartikel geht es um unseren Glauben an die buchstäbliche Sammlung Israels und daran, daß Zion erneut aufgerichtet und daß Christus wiederkehren und persönlich auf der Erde regieren wird. Im Juni 1830 machte sich Samuel Smith, der Bruder des Propheten, auf die erste Missionsreise, um zu verkünden, daß das Buch Mormon wahr ist. Damals begann die Sammlung Israels. Die Botschaft ging vom Berg Zion aus an die Völker der Erde, daß nämlich das Evangelium wiederhergestellt worden ist. Heute dauert dieses Werk, die Sammlung der Kinder unseres himmlischen Vaters, weiter an, und wir bereiten uns darauf vor, daß der Herr schließlich erscheinen und tausend Jahre auf der Erde regieren wird. Wir sind eifrig und jeder für sich bestrebt, bei dieser großen buchstäblichen Sammlung mitzuhelfen, indem wir unseren Freunden und Nachbarn und den Menschen in aller Welt von seinem immerwährenden Evangelium berichten.

Im elften und im zwölften Glaubensartikel kommt unser Glaube an Religionsfreiheit, Toleranz und Entscheidungsfreiheit zum Ausdruck. Die Entscheidungsfreiheit ist eine der großen Gaben Gottes an seine Kinder. Sie ermöglicht es jedem Menschen, sich selbst zu entscheiden und sich die Errettung zu erarbeiten. Es kommt darin auch zum Ausdruck, daß eine weltliche Regierung notwendig ist und daß wir die Landesgesetze befolgen, sie achten und für sie eintreten (siehe den 12. Glaubensartikel).

Der dreizehnte Glaubensartikel betont eingehend, wie wir leben und wie wir uns den Menschen auf der Erde gegenüber verhalten sollen. Er lautet: „Wir glauben, daß es recht ist, ehrlich, treu, keusch, gütig und tugendhaft zu sein und allen Menschen Gutes zu tun; ja, wir können sagen, daß wir der Ermahnung des Paulus folgen ­ wir glauben alles, wir hoffen alles, wir haben viel ertragen und hoffen, alles ertragen zu können. Wenn es etwas Tugendhaftes oder Liebenswertes gibt, wenn etwa guten Klang hat oder lobenswert ist, so trachten wir danach.“

Die Glaubensartikel sind keine Gemeinschaftsarbeit einer Gruppe von Wissenschaftlern, sondern sie wurden von einem einzelnen, inspirierten Mann verfaßt, der umfassend und prägnant die wesentlichen Lehrpunkte des Evangeliums Jesu Christi darstellte. Es sind einfache, klare Aussagen über die Grundsätze unserer Religion, und sie sind ein deutlicher Beweis dafür, daß der Prophet Joseph Smith von Gott inspiriert war.

Ich fordere Sie alle auf, sich mit den Glaubensartikeln und den darin enthaltenen Lehren zu befassen. Sie wurden „zu einer der wichtigsten Aussagen über Inspiration, Geschichte und Lehre für die Kirche… . Jeder Artikel ist ein deutliche Aussage über die Unterschiede zwischen dem Mormonismus und [den Glaubensvorstellungen anderer Menschen in der Welt].“ (Die Geschichte der Kirche in der Fülle der Zeiten, Seite 257.) Wenn Sie sich in Ihrer Beschäftigung mit der Lehre des Erretters von ihnen leiten lassen, werden Sie merken, daß Sie bereit sind, von der Wiederherstellung der wahren Kirche des Herrn Zeugnis zu geben. Sie werden voll überzeugung sagen können: „Daran glauben wir.“

Ich bezeuge, daß diese besonderen, offenbarten Wahrheiten wahr sind, und tue dies im Namen unseres Herrn und Erretters, Jesus Christus, amen.