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Siebtes Kapitel

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Nachdem Präsident Brigham Young die erste Kompanie erfolgreich über die Prärie nach Utah geführt hatte, konzentrierte er sich darauf, in der Wüste das Gottesreich aufzurichten. Durch seinen Weitblick und seine Führung wurde aus der öden Wüste eine blühendes Gemeinwesen, ein Zufluchtsort für die Heiligen. Seine deutlichen Anweisungen machten den Heiligen klar, welche Möglichkeiten ihnen ihre neue Heimat bot, und sie gaben den Heiligen in dem Bemühen, das Gottesreich aufzubauen, Auftrieb.

Zwei Tage nach der Ankunft der ersten Kompanie bestiegen Brigham Young und einige der Zwölf einen Berg, den Präsident Young vor dem Auszug aus Nauvoo in einer Vision gesehen hatte. Sie blickten über das weite Tal und prophezeiten, daß Menschen aus allen Ländern hier willkommen sein und daß die Heiligen hier in Wohlstand und Frieden leben würden. Sie nannten den Berg „Ensign Peak“ (Bannerspitze) – nach der Schriftstelle, in der Jesaja verheißt: „Er stellt für die Völker ein Zeichen auf, um die Versprengten Israels wieder zu sammeln, um die Zerstreuten Judas zusammenzuführen von den vier Enden der Erde.“ (Jesaja 11:12.)1

Am 28. Juli 1847 vollzog Präsident Young seine erste Amtshandlung. Er wählte eine zentrale Stelle für den Bau eines Tempels aus und berief Männer, die das Gebäude und seine Errichtung planen sollen. Er stieß mit seinem Gehstock in die ausgewählte Stelle und sagte: „Hier werden wir unserem Gott einen Tempel errichten.“ Diese Aussage tröstete die Heiligen, die kurz zuvor gezwungen worden waren, beim Auszug aus Nauvoo die Gottesdienste im Tempel einzustellen.

Im August kehrten die Kirchenführer und der Hauptteil der ersten Pionierkompanie nach Winter Quarters zurück, um ihre Familien darauf vorzubereiten, im kommenden Jahr ins Salzseetal zu reisen. Kurz nach ihrer Ankunft hatten Präsident Young und das Kollegium der Zwölf das Gefühl, daß es an der Zeit sei, die Erste Präsidentschaft neu zu organisieren. Brigham Young, der Präsident des Rates der Zwölf, wurde als Präsident der Kirche bestätigt. Er wählte sich Heber C. Kimball und Willard Richards zu Ratgebern. Die Heiligen stimmten dem einstimmig zu.

Das erste Jahr im Salzseetal

Zwei weitere Kompanien erreichten das Salzseetal im Laufe des Sommers 1847, und über 2000 Mitglieder wurden im Pfahl Salt Lake organisiert. Die Heiligen begaben sich noch an die Aussaat, aber die Ernte fiel spärlich aus. Im Frühjahr des darauffolgenden Jahres litten viele Hunger. John R. Young, der damals noch ein Junge war, schrieb:

„Als das Gras wieder zu wachsen begann, war die Hungersnot sehr schlimm. Mehrere Monate lang hatten wir kein Brot. Unsere Nahrung bestand aus Rindfleisch, Milch, Unkraut, Wurzeln und Disteln. Ich mußte das Vieh hüten, und während ich draußen bei den Tieren war, aß ich Distelhalme, bis mein Magen so voll war ein Kuhmagen. Zum Schluß war der Hunger so schlimm, daß unser Vater die alte Kuhhaut, die von den Vögeln zerpickt war, von der Stange nahm. Daraus wurde eine herrliche Suppe gekocht.“2 Die Siedler arbeiteten zusammen und teilten miteinander. So konnten sie diese schwere Zeit überstehen.

Bis Juni 1848 hatten die Siedler fünf- bis sechstausend Morgen Land bepflanzt, und das Tal wurde grün und fruchtbar. Entsetzt mußten sie nun mit ansehen, wie riesige Schwärme von schwarzen Heuschrecken über die Pflanzen herfielen. Die Siedler taten, was in ihrer Macht stand. Sie hoben Gräben aus und leiteten Wasser über die Heuschrecken. Sie erschlugen die Tiere mit Ästen und Besen, sie versuchten, die Heuschrecken zu verbrennen – aber alles war umsonst. Die Heuschrecken kamen weiterhin in Schwärmen. Patriarch John Smith, der Präsident des Pfahls Salt Lake, rief einen Tag des Fastens und Betens aus. Bald tauchten Möwen in großer Zahl auf und fielen über die Heuschrecken her. Über dieses Erlebnis schrieb Susan Noble Grant: „Zu unserem Erstaunen schienen die Möwen unersättlich zu sein, als sie die krabbelnden hüpfenden Heuschrecken verschlangen.“3 Die Heiligen sahen dem Schauspiel freudig und verwundert zu. Ihr Leben war gerettet worden.

Ungeachtet ihrer schwierigen Situation arbeiteten die Heiligen mit Kraft und Glauben, und bald waren große Fortschritte erreicht. Ein Reisender, der nach Kalifornien unterwegs war, kam im September 1849 durch Salt Lake City. Er lobte die Stadt und ihre Menschen mit folgenden Worten: „Ich war noch nie unter ordentlicheren, strebsameren, fleißigeren und zivilisierteren Menschen, und es ist unglaublich, wieviel sie hier in der Wildnis in so kurzer Zeit geleistet haben. In dieser Stadt mit ihren vier- bis fünftausend Einwohnern habe ich nicht einen Faulenzer oder sonst jemanden gesehen, der wie ein Tagedieb aussieht. Sie haben die Aussicht auf eine gute Ernte, und in allem, was ich ansehe, gewahre ich einen Geist und eine Kraft, die in keiner der Städte jedwelcher Größe, die ich bisher besucht habe, zu finden ist.“4

Erkundungen

Im Spätsommer des Jahres 1848 reiste Brigham Young erneut von Winter Quarters ins Salzseetal. Bei seiner Ankunft erkannte er, daß die Heiligen lernen mußten, welche Rohstoffe ihnen in ihrer neuen Umgebung zur Verfügung standen. Viel konnten sie von den Indianern erfahren, die dort lebten. Präsident Young sandte aber auch Mitglieder auf Erkundungsreisen, um zu erfahren, welche Heilwirkungen die Pflanzen hatten und welche Bodenschätze vorhanden waren.

Er sandte auch noch weitere Forschungstrupps aus, die nach neuen Siedlungsmöglichkeiten Ausschau halten sollten. Auf diesen Reisen wurden Erzvorräte gefunden, Wälder, Wasser und Grasland sowie Gebiete, die für eine Besiedlung geeignet waren. Um das Land vor Spekulanten zu schützen, warnte der Prophet die Heiligen davor, das ihnen zugewiesene Land zu teilen, um es zu verkaufen. Das Land war den Heiligen als Treuhandschaft gegeben worden und sollte mit Weisheit und Fleiß genutzt werden, nicht aber, um finanzielle Vorteile daraus zu ziehen.

Im Herbst 1849 wurde auf Weisung von Präsident Young der Perpetual Emigrating Fund (ständiger Auswanderungsfonds) ins Leben gerufen. Mit diesen Geldern sollten Bedürftige unterstützt werden, die nicht über genügend Mittel verfügten, um ins Salzseetal auszuwandern. Viele Heilige brachten große Opfer, um für diesen Fonds zu spenden. So konnten Tausende Mitglieder ins Salzseetal kommen. Von denen, die Hilfe aus dem Fonds erhalten hatten, wurde erwartet, daß sie, sobald es ihnen möglich war, den erhaltenen Betrag zurückzahlten. Mit diesem Geld wurde dann wieder anderen geholfen. Durch diese gemeinsame Anstrengung halfen die Heiligen den Bedürftigen.

Missionare folgen dem Ruf

Als ins öffentliche und private Leben der Alltag eingekehrt war, wandte sich Präsident Young den Belangen der Kirche zu. Auf der Generalkonferenz am 6. Oktober 1849 beauftragte er verschiedene Mitglieder des Rates der Zwölf sowie neuberufene Missionare, eine Mission im Ausland zu erfüllen. Die Brüder nahmen die Berufung an, obwohl es bedeutete, daß sie ihre Familie, ihr neues Haus und viele unerledigte Aufgaben zurücklassen mußten. Erastus Snow begann, zusammen mit mehreren anderen Missionaren, die Missionsarbeit in Skandinavien; Lorenzo Snow und Joseph Toronto reisten nach Italien. Addison und Louisa Barnes Pratt begaben sich in das frühere Arbeitsgebiet von Addison, auf die Gesellschaftsinseln. John Taylor wurde nach Frankreich und Deutschland berufen. Die Missionare, die nach Osten reisten, trafen unterwegs auf Heilige, die auf dem Weg in die Rocky Mountains, das neue Zion, waren.

Die Missionare erlebten Wunder und tauften viele Menschen. Als Lorenzo Snow, der später Präsident der Kirche wurde, in Italien predigte, sah er einen dreijährigen Jungen, der dem Tod sehr nahe war. Lorenzo erkannte die Möglichkeit, das Kind zu heilen und so den Menschen in der Gegend das Herz zu öffnen. In jener Nacht betete er lange und aufrichtig um Weisung von Gott, und am darauffolgenden Tag beteten und fasteten Lorenzo und sein Mitarbeiter für den Jungen. Am Nachmittag desselben Tages gab er dem Jungen einen Krankensegen und betete im stillen um Hilfe in ihrem Bemühen. Der Junge durchschlief die Nacht friedlich und wurde auf wunderbare Weise geheilt. Die Nachricht von dieser Heilung verbreitete sich in den Tälern des Piemont. Den Missionaren öffneten sich Türen, und die ersten Taufen in diesem Gebiet wurden vollzogen.5

Im August 1852 wurden anläßlich einer besonderen Konferenz in Salt Lake City 106 Missionare berufen, die in alle möglichen Länder der Erde gehen sollten. Diese Missionare und diejenigen, die nach ihnen kamen, verkündigten das Evangelium in Südamerika, China, Indien, Spanien, Australien, Hawaii und im südpazifischen Raum. Anfangs hatten die Missionare in den meisten Gebieten nur wenig Erfolg. Aber sie säten den Samen, der durch die spätere Missionsarbeit aufging, wodurch dann viele Menschen sich der Kirche anschlossen.

Elder Edward Stevenson wurde in die Gibraltar-Mission nach Spanien berufen. Er kehrte an den Ort zurück, wo er geboren war, und verkündete seinen Landsleuten mutig das wiederhergestellte Evangelium. Er wurde inhaftiert und war so lange im Gefängnis, bis die Beamten herausfanden, daß er die Wachen unterwies und einen von ihnen schon fast bekehrt hatte. Nach seiner Freilassung taufte er zwei Menschen. Im Januar 1854 wurde ein Zweig mit zehn Mitgliedern gegründet. Sechs Mitglieder verließen zwar den Zweig, um in der Britischen Armee in Asien zu dienen, aber im Juli hatte er schon 18 Mitglieder, darunter einen Siebziger, einen Ältesten, einen Priester und einen Lehrer. So hatte der Zweig die Führung, die er brauchte, um wachsen zu können.6

Die örtlichen Behörden in Französisch-Polynesien wiesen die Missionare 1852 aus. Die neugetauften Mitglieder jedoch hielten die Kirche am Leben, bis 1892 neue Missionare in das Land eingelassen wurden. Bruder Tihoni und Bruder Maihea waren besonders tapfer; sie wurden verhaftet und mußten alle mögliche Drangsal auf sich nehmen, blieben dem Glauben aber treu. Beide mühten sich ab, damit die Heiligen aktiv und dem Evangelium treu blieben.7

Für diejenigen, die sich außerhalb der Vereinigten Staaten der Kirche anschlossen, war dies die Zeit der Sammlung nach Zion, was bedeutete, daß sie mit dem Schiff nach Amerika reisten. 1860 kamen Elizabeth und Charles Wood mit dem Schiff aus Südafrika, wo sie mehrere Jahre gearbeitet hatten, um das nötige Geld für die Reise zu verdienen. Elizabeth war Haushälterin bei einem reichen Mann; Charles fertigte Ziegelsteine, bis sie das nötige Geld beisammen hatten. Elizabeth wurde nur 24 Stunden, nachdem sie einen Sohn geboren hatte, an Bord des Schiffs getragen. Sie erhielt die Kajüte des Kapitäns, damit sie es bequemer hatte. Während der Überfahrt war sie sehr krank und wäre zweimal fast gestorben, aber sie schaffte es und ließ sich mit ihrem Mann in Fillmore, Utah, nieder.

Die Menschen in den Ländern, in denen die Missionare dienten, lernten die Missionare von Herzen lieben. Als Joseph F. Smith 1857 in Hawaii diente, wurde er gegen Ende seiner Mission sehr krank. Er hatte hohes Fieber und konnte drei Monate lang nicht arbeiten. Glücklicherweise kam er in die Obhut von Ma Mahuhii, einem treuen Mitglied der Kirche. Sie pflegte Joseph wie ihren eigenen Sohn, und zwischen den beiden entwickelte sich ein starkes Band der Liebe. Jahre später, als Joseph F. Smith Präsident der Kirche war und Honululu besuchte, sah er, wie eine blinde alte Frau hereingeführt wurde, die ein paar schöne Bananen als Geschenk in der Hand hatte. Er hörte sie rufen: „Iosepa, Iosepa“ (Joseph, Joseph). Sofort lief er zu ihr, umarmte und küßte sie mehrmals, strich ihr über den Kopf und sagte: „Mama, Mama, meine liebe alte Mama.“8

Der Ruf zur Besiedelung

Viele Ortschaften in Utah, im südlichen Idaho und später in Teilen von Arizona, Nevada und Kalifornien wurden von Personen und Familien gegründet, die auf der Generalkonferenz dazu berufen worden waren. Präsident Brigham Young leitete die Gründung dieser Siedlungen, in denen Tausende neuer Siedler leben und als Farmer arbeiten konnten.

Während der Amtszeit von Präsident Young wurden das gesamte Salzseetal und viele umliegende Gebiete besiedelt. Bis 1877, dem Jahr, in dem Brigham Young starb, waren über 350 Siedlungen gegründet worden, bis 1900 wuchs die Zahl auf fast 500. Brigham Henry Roberts, ein Kirchenführer aus der Anfangszeit der Kirche, hat angemerkt, daß die Besiedlung des Westens durch die Mormonen deshalb so erfolgreich war, weil „die Mitglieder ihren Führern treu waren und weil sie selbstlos und engagiert Opfer brachten“, um die Berufung, die Präsident Young ausgesprochen hatte, zu erfüllen.9 Die Siedler opferten materielles Wohlergehen, die Gemeinschaft mit Freunden und manchmal sogar ihr Leben, um dem Propheten des Herrn zu folgen.

Präsident Young verlas in den Versammlungen der Generalkonferenz die Namen der Brüder und ihrer Familien, die berufen wurden, in die Außengebiete zu ziehen. Die Siedler gingen davon aus, daß sie auf Mission berufen waren und bis zu ihrer Entlassung an dem ihnen zugewiesenen Ort leben würden. Sie reisten auf eigene Kosten an ihren neuen Wohnort und nahmen eigene Vorräte mit. Ihr Erfolg hing davon ab, wie gut sie mit den vorhandenen Mitteln umgehen konnten. Sie vermaßen das Land und machten es urbar, bauten Mühlen, hoben Bewässerungsgräben aus, um Wasser auf die Felder zu bringen, umzäunten das Weideland und bauten Wege. Sie bauten Getreide an und legten Gärten an, errichteten Gemeindehäuser und Schulen und bemühten sich, mit den Indianern gut auszukommen. Sie standen einander in Krankheit und Tod, bei Geburten und Hochzeiten bei.

1862 wurde Charles Lowell Walker dazu berufen, sich in Süd-Utah niederzulassen. Er besuchte eine Versammlung, die für diejenigen, die berufen worden waren, abgehalten wurde, und schrieb später: „Hier lernte ich einen Grundsatz, den ich so schnell nicht vergessen werde. Ich erkannte, daß der Gehorsam im Himmel und auf der Erde ein wesentlicher Grundsatz ist. Hier habe ich in den letzten sieben Jahren in Hitze und Kälte, hungrig und in widrigen Umständen gearbeitet und mir ein Zuhause geschaffen, einen Garten mit Obstbäumen, die nun zu tragen beginnen und schön anzusehen sind. Nun, ich muß das alles verlassen und den Willen meines Vaters im Himmel tun, der über allem steht und denen Gutes tut, die ihn lieben und fürchten. Ich bitte Gott um die Kraft, das zu tun, was von mir gefordert wird, und es so zu tun, daß es für ihn annehmbar ist.“10

Charles C. Rich, ein Mitglied des Rates der Zwölf Apostel, wurde auch berufen, sich anderswo anzusiedeln. Brigham Young berief ihn und einige andere Brüder, sich mit ihren Familien im Bear Lake Valley, gut 200 Kilometer nördlich von Salt Lake City, niederzulassen. Das Tal ist sehr hoch gelegen, und es ist dort im Winter sehr kalt, und der Schnee liegt sehr hoch. Bruder Rich war erst vor kurzem aus Europa zurückgekehrt, wo er eine Mission erfüllt hatte, und nicht gerade darauf erpicht, mit seiner Familie umzuziehen und unter schwierigen Bedingungen noch einmal von vorn anzufangen. Er nahm aber die Berufung an und traf im Juni 1864 im Bear Lake Valley ein. Der kommende Winter war sehr streng, und im Frühling entschlossen sich einige Brüder, Bear Lake Valley zu verlassen. Bruder Rich wußte, daß das Leben in diesem kalten Klima nicht einfach sein würde, aber er sagte:

„Es gibt viele Beschwernisse. Das gebe ich zu, … und wir haben sie zusammen getragen. Wenn ihr aber anderswohin gehen wollt, habt ihr das Recht dazu, und ich will es euch nicht nehmen. … Ich aber muß hierbleiben, und wenn ich allein bleibe. Präsident Young hat mich hierher berufen, und ich werde so lange bleiben, bis er mich entläßt und ich gehen kann.“ Bruder Rich blieb mit seiner Familie, und in den darauffolgenden Jahrzehnten wurde er der Führer eines blühenden Gemeinwesens.11 So wie viele tausend andere war er bereit, den Führern zu gehorchen, um beim Aufbau des Reichs des Herrn zu helfen.

Das Verhältnis zu den Indianern

Als die Siedler weiter in das Grenzland zogen, hatten sie oft Kontakt zu Indianern. Anders als die meisten Siedler im Westen lehrte Brigham Young die Heiligen, ihre einheimischen Brüder und Schwestern mit Nahrungsmitteln zu versorgen und zu versuchen, sie in die Kirche zu bringen. Missionsarbeit unter den Indianern wurde bei Fort Lemhi im Gebiet Salmon River in Idaho versucht, ebenso in der Siedlung Elk Mountain am Oberlauf des Colorado in Utah. Präsident Young gründete Gruppen der FHV, die für ihre indianischen Brüder und Schwestern Kleidung nähten und Geld sammelten, um für die Indianer Lebensmittel zu beschaffen.

Als Elizabeth Kane, die Frau von Thomas L. Kane, einem großen Freund der Heiligen, der selbst kein Mitglied der Kirche war, durch Utah reiste, hielt sie sich im Haus einer erschöpften Mormonin auf. Elizabeth hatte zunächst keine hohe Meinung von der Frau, bis sie sah, wie sie die Indianer behandelte. Als die Frau ihre Gäste zum Essen rief, sprach sie auch ein paar Worte zu den wartenden Indianern. Elisabeth fragte, was die Frau zu den Indianern gesagt habe, und ein Sohn der Familie sagte ihr: „Diese Fremden sind zuerst gekommen, und ich habe nur soviel gekocht, daß es für sie reicht. Euer Essen ist nun auf dem Herd und kocht, und ich rufe euch, sobald es fertig ist.“ Elizabeth konnte es nicht glauben und fragte, ob sie wirklich den Indianern zu essen gab. Der Sohn sagte ihr: „Mutter wird ihnen genau wie euch auftischen und ihnen einen Platz an ihrem Tisch geben.“ Sie deckte den Tisch für die Indianer und bediente sie, während sie aßen.12

Die Organisierung der Priestertums- und Hilfsorganisationsaufgaben

In seinen späteren Lebensjahren stellte Präsident Young einige wichtige Aufgaben des Priestertums klar. Er wies die Zwölf an, in jedem Pfahl Konferenzen abzuhalten. Daraus entstanden in ganz Utah sieben neue Pfähle und 140 neue Gemeinden. Die Aufgaben der Pfahlpräsidentschaft, des Hohen Rats, der Bischofschaft und der Kollegiumspräsidentschaft wurden eindeutig festgelegt, und Hunderte Männer wurden berufen, diese Ämter zu bekleiden. Präsident Young riet den Mitgliedern, ihr Leben in Ordnung zu bringen und den Zehnten, das Fastopfer und die übrigen Spenden zu entrichten.

1867 wurde George Q. Cannon vom Propheten zum General-Superintendenten der Sonntagsschule berufen, und schon wenige Jahre später war die Sonntagsschule ein fester Bestandteil der kirchlichen Organisation. 1869 begann Präsident Young, seine Töchter formell in sittlicher Lebensführung zu unterweisen. 1870 weitete er dies auf alle jungen Mädchen aus und gründete die Mäßigkeitsvereinigung, einen Vorläufer der heutigen Organisation der Jungen Damen. Im Juli 1877 reiste er nach Ogden und gründete dort die erste Pfahl-FHV.

Präsident Youngs Tod und sein Vermächtnis

Präsident Young war ein pragmatischer und dynamischer Führer. Er reiste in die Siedlungen der Kirche und unterwies die Heiligen und spornte sie an. Mit Rat und Tat lehrte er die Mitglieder, ihre Berufungen in der Kirche zu erfüllen.

Einem Zeitungsverleger aus New York gegenüber hielt Präsident Young einmal Rückblick auf sein Leben:

„Die Ergebnisse meiner Anstrengungen in den letzten 26 Jahren sind, kurz gesagt: Die Ansiedlung von etwa 100000 Heiligen der Letzten Tage in diesem Territorium, die Gründung von über 200 Städten, Dörfern und Siedlungen, die von unseren Leuten bewohnt werden, … die Errichtung von Schulen, Fabriken, Mühlen und anderen Einrichtungen, die uns das Leben in unseren Gemeinwesen erleichtern sollen. …

Mein ganzes Leben ist dem Dienst des Allmächtigen geweiht.“13

Im September 1876 gab Präsident Young eindrucksvoll Zeugnis vom Erretter: „Ich bezeuge, daß Jesus der Messias ist, der Erretter und Erlöser der Welt; ich habe seinen Worten gehorcht, und seine Verheißungen haben sich erfüllt. Die Erkenntnis, die ich von ihm habe, kann die Weisheit der Welt nicht geben, noch kann sie sie wegnehmen.“14

Im August 1877 wurde Präsident Young sehr krank; die Ärzte bemühten sich zwar sehr um ihn, aber er starb innerhalb einer Woche. Er wurde 76 Jahre alt; 33 Jahre hatte er die Kirche geführt. Für uns ist er heute der dynamische Prophet, der das neuzeitliche Israel in sein verheißenes Land geführt hat. Seine Ansprachen berührten alle Lebensbereiche und verdeutlichten, daß die Religion ein Teil des täglichen Lebens ist. Seine Kenntnis vom amerikanischen Grenzland und seine vernunftgeprägte Führung inspirierten sein Volk, Aufgaben zu bewältigen, die zunächst unmöglich schienen, so daß sie mit dem Segen des Himmels in der Wüste ihr Reich schufen.

Anmerkungen

  1. Siehe Journal of Discourses, 13:85f.

  2. John R. Young, Memoirs of John R. Young (1920), 64.

  3. Carter E. Grant, The Kingdom of God Restored (1955), 446.

  4. Zitiert in B.H. Roberts, Life of John Taylor (1963), 202.

  5. Francis M. Gibbons, Lorenzo Snow: Spiritual Giant, Prophet of God (1982), 64.

  6. „The Church in Spain and Gibraltar“, Friend, Mai 1975, 33.

  7. R. Lanier Britsch, Unto the Islands of the Sea: A History of the Latter-day Saints in the Pacific (1986), 21f.

  8. Charles W. Nibley, „Reminiscences of President Joseph F. Smith“, Improvement Era, Jan. 1919, 193f.

  9. Zitiert in Russell R. Rich, Ensign to the Nations (1972), 349.

  10. Diary of Charles Lowell Walker, Hg. A. Karl Larson und Katharine Miles Larson, 2 Bände (1980), 1:239.

  11. Leonard J. Arrington, Charles C. Rich (1974), 264.

  12. Elizabeth Wood Kane, Twelve Mormon Homes Visited in Succession on a Journey Through Utah to Arizona (1974) 65f.

  13. Zitiert in Gordon B. Hinckley, Truth Restored (1979), 127f.

  14. Brigham Young, Journal of Discourses, 18:233.